Phantasmes - Jean Rollin (1975)

Moderator: jogiwan

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Canisius
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Phantasmes - Jean Rollin (1975)

Beitrag von Canisius »

Phantasmes
Alternativtitel: Geile Unzucht

Bild

Herstellungsland: Frankreich/1975

Regie: Jean Rollin

Darsteller: Evelyne Thomas, Jean-Louis Vattier, Jean-Pierre Bouyxou, Catherine Castel...

Story: „An evil count lures beautiful women to his castle, there to imprison them in his torture chamber for his amusement.“ (IMDb)


Jean Rollins „Horrorporno“ wurde tatsächlich mehrfach für den deutschen h/c Markt ausgewertet. Das Label Sexplosion hat allerdings drastisch gekürzt und den geschmackvollen Titel „Geile Unzucht“ erfunden. Wie viele Videothekenstreuner, damals auf einen herzhaften Hobelabend hoffend, mögen wohl zu dieser Kurzfassung sexplodiert sein?
Meine alte Kassette hat erst tapfer gegen Bandsalat gekämpft, musste sich gegen Schimmel behaupten und wurde schließlich dem Wertstoffkreislauf zugeführt.
Wie dem auch sei: wer den sexplosiven Film sehen möchte, sollte zur niederl. VHS greifen, die meinen Informationen zufolge, komplett ist. Monsieur Rollin selbst hat auch einen kurzen Auftritt als derangierter Vergewaltiger.
„Ist es denn schade um diesen Strohhalm, Du Hampelmann?“
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Salvatore Baccaro
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Re: Phantasmes - Jean Rollin (1975)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

GEILE UNZUCHT? Herrje, im Ernst?! :shock:

Ich kenne den Film einzig noch als SEDUCTION OF AMY, unter dem er zusammen mit solchen Meisterwerken der unheiligen Unzucht wie SUCKULA oder THE DEVIL INSIDE HER auf der zweiten SATANIC-SICKIES-BOX enthalten ist.

Danke jedenfalls für die Erinnerung, lieber Canisius, denn ich mag den Film sehr gerne. Weshalb? Nun, lasst mich kurz überlegen...

1. Es hat mich durchaus erstaunt, wie Rollin nicht nur seine generellen Avantgarde-Sensibilitäten, sondern vor allem auch seine Vorliebe für elegische Erzähltempi, für eine märchenhaft-elegische Atmosphäre und schlicht wunderhübsche Bildkompositionen nahezu unbeschadet gleich in den knapp neunminütigen Prolog seines Porno-Debuts hinüberrettet. PHANTASMES beginnt mit einer Begegnung vor einem blutroten Rosenstock. Dort lädt ein schnauzbärtiger Graf eine dunkelhaarige Dame dazu ein, doch mit zu ihm in sein Schloss zu kommen, das direkt irgendwo hinter ihnen liege: Es sei alt, und halb verfallen, doch er wohne dort, zusammen mit seiner Frau, die seit Jahren schon von einer schweren Krankheit befallen sei und daher das Bett hüten müsse. Natürlich begleitet ihn die Dame in das Gemäuer, das Rollin Gelegenheit gibt, uns in Detailaufnahmen vor Augen zu führen, wie sehr er die morbide Schönheit solcher geschichtsträchtiger Orte liebt – vor allem die Krypta, in der der Graf seine Beute zielstrebig führt, hat es ihm mit ihren Nischen voller Heiliger aus Stein und ihren vergangenheitsschweren Grabmälern angetan -, sowie Didier William Lepauw, der im gleichen Jahr auch den Score für LÈVRES DE SANG besorgt hat, die Gelegenheit, eine wirklich unheimlich Orgelmelodie aus den tieferen Bassregistern anzuschlagen, die am ehesten noch an die nicht weniger Gänsehäute evozierende musikalische Begleitung in LA ROSE DE FER erinnert. Eigentlich ist alles wie immer bei diesem stimmungsvollen Maler schauerromantischer Landschaften und Szenerien, und der einzige Unterschied besteht darin, dass der Graf und seine Besucherin, umringt von den Sarkophagen seiner Urahnen, zwischen all dem Schwelgen in Grabbaukunst ungeschminkt miteinander kopulieren. Den Sex spielt Rollin alles andere als spekulativ in den Vordergrund. Während Monsieur Lepauw seine Orgelklänge bis weit in die Atonalität hineinführt, und die Kamera sich immer wieder in zärtlichen Studien darüber verliert wie die nackten Körper der Kopulierenden sich von den rissigen Furchen des sie umgebenden Mauerwerks abzeichnen, sind die close-ups auf die Geschlechtsteile der Darsteller mehr schmückendes Beiwerk als integraler Bestandteil der Inszenierung. Wie beiläufig wird uns gezeigt, dass der gräfliche Penis rhythmisch in den Unterleib oder den Mundraum seines Gastes eindringt, während dieser sich über einen Holzsarg beugt oder vor dem Gastgeber auf dem Boden kniet, und wie selbstverständlich verschwinden diese pikanten Einzelheiten immer wieder zwischen Schlagschatten oder Mauernischen, so, als sollten die Darsteller ganz fundamental mit den sie umgebenden Mauern verwoben werden: Sie schlafen nicht nur miteinander, sondern die gesamte Familiengruft schläft gleichzeitig auch mit ihnen. Rollin ist nicht an stumpfem, perfekt ausgeleuchtetem Gebalze interessiert, sondern daran, die Körper seiner Darsteller in eine ästhetische Relation zu ihrer Umwelt zu setzen – und das erreicht er vorrangig damit, dass er seine superbe Beleuchtung wie mit Pinselstrichen Scheidelinien zwischen Hell und Dunkel verteilen lässt: Es ist eine wahre Lust für mich zuzuschauen wie die Schatten sich auf den nackten Körpern verteilen, und wie einzelne Körperpartien der Darsteller plötzlich aus ihnen hervortauchen oder in ihnen untergehen, als seien sie von den Wellen des Rollin‘schen Lieblingsstrandes in Pourville umspült.

2. Diesem lyrischen, zarten Stil wird Rollin in PHANTASMES weitgehend treubleiben. Zu einem Märchen für Erwachsene entwickelt sich der Film nach diesem anregenden Auftakt allein schon auf der Story-Ebene: Ein junges Mädchen, Isabelle, ist mit knapper Not einem Triebtäter – (Rollin höchstselbst!) – entronnen, und von unserem Grafen bewusstlos am Rande eines Teichs aufgefunden worden. Sie erwacht in seinem Schloss, wo der ihr zusichert, sie könne so lange bei ihm bleiben bis sie sich aufgepäppelt genug fühle, zurück in ihre eigene Realität zu kehren. Isabelle, Vertrauen zu ihrem Retter fassend, bleibt eine weitere Nacht, wird in dieser aber von lautem Stöhnen aufgeschreckt, das aus dem Kellergewölbe zu dringen scheint. Sie ist neugierig genug nachzusehen und staunt nicht schlecht, eine nackte, mit Ketten gefesselte Frau vorzufinden, die behauptet, die Gattin des Grafen zu sein. Seit einer Ewigkeit schon halte sie der psychosadistische Teufel in Menschengestalt in diesem Verließ gefangen, und foltere sie unaussprechlich. Isabelle läuft ihrem Gastgeber direkt in die Arme, als sie Hilfe für die arme Gefangene suchen will, worauf der beschwichtigend auf sie einredet: Ihre Nerven seien überreizt, ihr Verstand habe ihr einen Streich gespielt – und tatsächlich: Nun ist der Schlosskerker menschenleer, von einer vor Schmerzen stöhnenden Insassin keine Spur. Um Isabelle zu beweisen, dass sie von ihm kein einziges gekrümmtes Haar zu befürchten habe, führt er sie in der Nacht zurück zu dem Gewässer, an dem er sie vorgefunden hat, und überlässt ihr die Entscheidung, ob sie hinüber zum andern Ufer und damit zurück in ihr altes Leben schwimmen oder bei ihm bleiben will. Es ist vielleicht eine der bezauberndsten Szenen in einem Rollin-Film überhaupt, wenn die Kamera und wir beim Grafen am diesseitigen Ufer verharren, und Isabelle in ihrem weißen Kleid zu dem überlauten Rufen von Käuzchen und Unken und dramatischer Streichermusik als Mitternachtsnymphe zur Mitte des Teichs schleicht, es sich dort plötzlich anders überlegt, und doch wieder Kurs zurück zu dem Mann nimmt, für den sie inzwischen scheinbar mehr als Sympathie hegt. Die Szene ist umso beeindruckender, wenn man ihre reduzierten Mittel bedenkt: Ein, scheint es, einzelner Scheinwerfer, der die Stelle im Wasser erhellt, wo Isabelle sich gerade aufhält, ein wenig Musik, viele rahmende Schatten, und ansonsten nur der Körper von Evelyne Thomas – die Rollin erneut in LES RAISINS DE LA MORT (1978) und FASCINATION (1979) einsetzen wird –, der, eingehüllt in das weite, weiße und triefend feuchte Gewand, zuweilen das Einzige ist, was das Dunkel der Leinwand durchbricht. Wenn sie, mit ausgebreiteten Armen, sodass ihr Kleid sich um sie bauscht wie Fledermausflügel, langsam am Ufer umherstakst, ist das ein derart schlichtes, offenes, zugleich aber vertrautes und intensives Bild, dass es einen ganzen Rattenschwanz an Assoziationen hervorruft, angefangen von romantische Nixengestalten über nordische Nymphen auf naturmystischen Gemäldes des neunzehnten Jahrhunderts bis hin zu Rollins eigenen lesbischen Vampiren der Vorgängerfilme.

3. Das Finale setzt dem Film letztlich vollends die Märchenkrone auf: Während es zuvor beinahe an das ausgeprägte Chiaroscuro von Renaissance-Malereien erinnert hat, wie Rollin seine Schauspieler und Interieurs wahlweise unter meterhohen Schatten begräbt oder sie schlagartig an bestimmten Stellen pointiert mit weichen Lichtbündeln behängt, flutet in den letzten zehn Minuten die Sonne unsere Augen. Inzwischen hat Isabelle herausbekommen, dass ihr Liebster doch nicht das Unschuldslamm ist, für das er sich ausgegeben hat. Als das Schloss plötzlich voller Männer und Frauen ist, die eine Sex-Orgie abhalten, dauert es nicht lange und unsere naive Heldin wird Zeugin von genau den sadistischen Ritualen, die der Graf zuvor von sich gewiesen hat: Mehrere weibliche Opfer, darunter auch die Dame aus dem Prolog, werden gefangengesetzt und sollen zwischen Kettenrasseln und Peitschenhieben dem Satan geopfert werden, dem der Graf seinerzeit seine Seele überschrieben hat. Nur die Liebe, erklärt er Isabelle zerknirscht, könne ihn von dem schrecklichen Fluch erlösen, die Liebe einer Jungfrau wohlgemerkt, deren Herz so rein ist, dass es nicht zögert, sich ihm zu opfern. Isabelle küsst ihn und ihr Kuss katapultiert die Liebenden unter Überwindung raum-zeitlicher Grenzen an einen Sandstrand. Es ist nicht der von Pourville, den man aus so viele anderen Filmen Rollins als Pforte zwischen der Vernunftwelt und dem Reich der Imagination kennt – es fehlen die Steilklippen, die Holzbuhnen an der Küste, der Seegrasschimmer des Meeres -, doch die Art und Weise wie Rollin diesen Strand und vor allem die an ihn versetzten nackten Körper inszeniert, unterscheidet sich wenig von den visuellen Liebesbriefen, die er seinem Lieblingsstrand zwischen 1958 und 2007 immer wieder geschrieben hat: Die Feinkonturen der Dünen ahmen die innigen Bewegungen der Liebenden genauso nach wie die vom Wind gestreichelten Grasbüschel oder, später, die anstürmenden, und sich, je näher sie dem Festland kommen, in einem leichten Säuseln verlierenden Wellen. Streichermusik erklingt, wenn Isabelle und ihr Liebhaber den Sand zerwühlen wie Bettzeug oder wenn sie sich, einander umarmend, eine Düne hinunterkullern lassen. Explizit ist hierbei übrigens noch weniger als beim Prolog, der immerhin mit einigen Detailaufnahmen der Geschlechtervereinigung aufgewartet hat, und wenn Isabelle sich vor ihren Liebsten hinkniet, ihm einen runterholt und sich das Gesicht von seinem Sperma besprenkeln lässt, dann wird selbst diese kurze eindeutige Szene gewissermaßen dadurch abgemildert bzw. ins Sakral-Märchenhafte durch den dahinterstehenden Erlösungsmythos verklärt. Isabelle selbst spricht nämlich von einer gegenseitigen Kommunion: So wie der Samen ihres Liebhabers sie segnen würde, wenn er ihre Haut benetzt, so entbindet sie ihn dadurch, dass sie in den Kontakt mit seinem Sperma kommt, von dem Teufelspakt, den er wiederum leichtsinnigerweise eingegangen ist. Patriarchalische Gesellschaftsmodelle zu reproduzieren, das war nie die Sache von Rollins rebellischen Filmen mit ihren starken, emanzipatorischen, ihre Leidenschaften offen ausagierenden Frauenfiguren und ihren schwachen, ältlichen, impotenten Vampiren, und in PHANTASMES beweist er einmal mehr, dass für ihn Mann und Frau zwei Seiten einer Medaille darstellen, die nur zusammengenommen für eine gemeinsame, individuell gar nicht erfahrbare Transzendenzerfahrung sorgen können. Oder, anders gesagt: Das könnte der Eindruck sein, wenn Rollin am Ende nicht noch einen Horror-Twist eingebaut hätte. Im Epilog verläuft sich erneut eine Frau ins gräfliche Schloss. Er hält ihr die gleiche Rede, die wir schon von Anfang kennen. Er wohne allein in dem herrschaftlichen Anwesen, seine Frau sei lange krankgewesen, dann gestorben. Dazu zoomt Rollin auf eine Photographie Isabelles an der Wand. Die Erlösung hat nicht funktioniert – vielleicht beim nächsten Mal?, oder soll vielmehr darauf hingewiesen werden, dass jeder Mann sich nur selbst an den Haaren aus den Teufelszirkeln ziehen kann, und nicht auf einen weiblichen Messias warten sollte, den er, wenn er ihn in irgendeine beliebige Frau hineinprojiziert, viel eher mit in den Abgrund reißt als durch ihn vor dem Untergang gerettet werden wird?

4. Dass ich mich in solchen nahezu philosophischen Fragestellungen verheddere, hat, glaube ich, nur zu einem Teil mit mir selbst zu tun, sondern vor allem damit, dass Rollin seinen Film regelrecht vollgepumpt hat mit Motiven, Topoi, Symbolen, mit denen man aus Literatur, Filmgeschichte und Märchen-Tradition sattsam vertraut ist. Nur die drei prominentesten möchte ich aus dem Potpourri einmal herausgreifen: Wie LA BELLE ET LA BÊTE beginnt PHANTASME mit dem Abschneiden an einer Rose. Dort ist es zwar der Vater der Namensvetterin unserer Isabelle, der ahnungslos das vermeintliche Sakrileg des Blumenmords begeht, und außerdem ist es die Bestie, die ihm befiehlt, ihm eine seiner Töchter zu bringen, will er nicht selbst das Leben verlieren, sodass Belle ungleich unwilliger dem zum Ungeheuer verzauberten Prinz in sein verwunschenes Schloss folgt, als die sexwillige Dame, die Rollins Grafen ins Netz geht. Dennoch: Gerade wenn wir noch das Erlösungs-Motiv in die Waagschale werfen – genau wie die Bestie im Märchen muss Rollins Graf, will er kein (menschliches) Monstrum mehr sein, das reine Herz einer reinen Jungfer für sich gewinnen -, wird deutlich, dass PHANTASMES zumindest einige Determinanten des bekannten Stoffes heranzieht, um sie schwächeren oder stärkeren Variationen zu unterziehen. (Ganz ähnlich tut das im gleichen Jahr freilich auch Walerian Borowczyk in LA BÊTE, dort ebenfalls die Grenze zum Hardcore spielerisch überschreitend.) Auch ein weiteres Märchen, nämlich LA BARBE BLEUE, hat seinen Niederschlag in PHANTASMES gefunden. Perraults Blaubart ist ein reicher Adliger, der vor seiner jungen Frau ein grausiges Geheimnis hütet: Noch jede ihrer Vorgängerinnen hat er bestialisch abgeschlachtet, und ihre Leichenteile in einer verbotenen Kammer des Schlosses verwahrt. Nicht nur, dass Rollins Graf ähnliche Lügenmärchen über seine angeblich von Krankheiten dahingeraffte Gattinnen erzählt, um neue weibliche Opfer anzulocken, gerade die Szene, wenn Isabelle nachts den Stöhnschreien einer Gefangenen ihres Gastgebers folgt, und sie in erbärmlichen Zustand an die Kellermauer geschmiedet findet, ist das nichts weniger als eine etwas abgeschwächte Variante des berühmten Moments in BLAUBART, wo dessen junge Frau hinter die berühmt-berüchtigte Tür linst, deren Öffnen ihr eigentlich unter schweren Strafen verboten ist. Zu guter Letzt hat Rollin sogar noch seine früheste und nachdrücklichste Kinoerfahrung in PHANTASMES verwertet: Es ist Abel Gances Kostümfilm-Adaption von Théophile Gautiers Kolportageroman CAPITAIN FRANCASSE von 1942 gewesen, erwähnte er in Interviews immer wieder, der ihn, als kleinen Bub noch, auf der großen Leinwand zutiefst beeindruckte – vor allem die Eröffnungsszene, in der sich ein lebensmüde, isoliert dahinvegetierender Baron freiwillig zu den Ahnen in die Gruft begeben möchte, und seinen greisen Diener bittet, doch endlich den Sargdeckel über ihm zu schließen, während der pausenlos nach Argumentationen sucht, die seinen Herrn doch noch ans irdische Leben binden könnten. Zu dem grotesk-tragischen Gespräch der Beiden braust draußen ein Sturm, und erhellen Blitze das schaurige Gemäuer, in dem Plastikfledermäuse unter der Decke kreisen, und wo zahllose Totenschädel ihre Gebisse zu makabrem Grinsen blecken - allesamt Ingredienzien, denen wir in ihrer Theatralik auch in späteren Rollin-Filmen wie beispielweise LES FRISSONS DES VAMPIRES oder REQUIEM POUR UN VAMPIRE begegnen werden. Der Selbstmord des Barons gelingt schließlich nicht, denn die Erlösung steht in Gestalt einer Theatertruppe, die vor dem Unwetter Zuflucht in seinem Schloss sucht, bereits auf der Schwelle: Er wird sich in der Folge in eine der Schauspielerinnen verlieben, sich der Kolonne anschließen, und letztlich zu ihrem Oberhaupt, dem titelgebenden Capitain Fracasse, werden. Auch PHANTASMES erzählt, wie wir wissen, eine (halbe) Erlösungsgeschichte von einem seelisch gequälten, einem einsamen Schloss ausgelieferten Grafen, der im Prolog zu seinen Ahnen in die Krypta hinabklettert – jedoch nicht, um sich dort verscharren zu lassen, sondern – ein weiterer Beweis für die Rollin eigene augenzwinkernde Ironie - um der Lendenlust zu frönen.

5. Wen das alles noch nicht von den Qualitäten dieses kleinen Meisterstücks überzeugt hat, das wohl von allen Pornos, die Rollin unter wechselnden Pseudonymen gedreht hat, noch am nähesten an seinem Hauptwerk lagern dürfte, dem sei aufgezählt, dass: a) die Castel-Zwillinge sich zu einem sexuellen Stelldichein einfinden, b) der unvermeidliche Jean-Pierre Bouyxou ebenfalls einen (non-sexuellen) Cameo-Auftritt bestreitet, und c) Jean Rollin einfach nur göttlich als, wie Canisius es treffend nennt, "derangierter Vergewaltiger" aufspielt, der "Waaahhhh!" schreiend auf sein gar nicht so wehrloses Opfer losstürmt, und dies letztlich bitter bereut...

Schöner Film, durchweg!
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Canisius
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Registriert: Mo 27. Dez 2010, 18:44

Re: Phantasmes - Jean Rollin (1975)

Beitrag von Canisius »

Salvatore Baccaro hat geschrieben:
Ich kenne den Film einzig noch als SEDUCTION OF AMY, unter dem er zusammen mit solchen Meisterwerken der unheiligen Unzucht wie SUCKULA oder THE DEVIL INSIDE HER auf der zweiten SATANIC-SICKIES-BOX enthalten ist.
Interessant, was es alles so für Boxen gibt... :mrgreen:
„Ist es denn schade um diesen Strohhalm, Du Hampelmann?“
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