Darsteller: Gérard Depardieu, Miou-Miou, Patrick Dewaere, Christian Alers, Brigitte Fossey, Michel Peyrelon, Gérard Boucaron, Jacques Chailleux, Eva Damien, Dominique Davray, Isabelle Huppert, Marco Perrin u. A.
Zwei junge Landstreicher vagabundieren durch Frankreich, indem sie Autos klauen, Gelegenheitseinbrüche verüben, und reihenweise Mädchen verführen. Eines Tages treffen sie eine Frau in mittleren Jahren, die gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde. Zu dritt verbringen sie in einem Hotelzimmer eine Liebesnacht. Doch der nächste Morgen beginnt mit einem Schock…
Nach einer Dokumentation und einem Kurzfilm debütierte Bertrand Blier, Sohn des renommierten französischen Charakterdarstellers Bernard Blier, 1967 mit dem hierzulande weitestgehend unbekannten Drama „Wenn ich ein Spion wäre“. Sein zweiter abendfüllender Spielfilm wurde sieben Jahre später die skandalträchtige, provokante Erotikkomödie „Die Ausgebufften“.
„Nun guck dir bloß diese Schlampe an: Besitzt nicht mal 'nen Schlüpfer!“
Jean-Claude (Gérard Depardieu, „Der Hornochse und sein Zugpferd“) und Pierrot (Patrick Dewaere, „Themroc“) sind zwei Herumtreiber und Kleinganoven, schwanzgesteuert und vulgär. Neben Diebstählen ist ihr Alltag bestimmt vom Sex mit der gelangweilten Friseurin Marie-Ange (Miou-Miou, „Die Abenteuer des Rabbi Jacob“), die beide zugleich ranlässt, ohne dadurch selbst Befriedigung zu erlangen, aber auch mit allen anderen halbwegs attraktiven Frauen, die ihnen vor die Flinte geraten – ob sie wollen oder nicht. Als sie auf die Idee kommen, dass gerade aus dem Knast entlassene Frauen besonders sexhungrig sein müssten, lesen sie die etwas ältere Jeanne (Jeanne Moreau, „Der Boss“) vor der JVA auf, die sich nach dem gemeinsamen Sex im Hotelzimmer erschießt. Sie suchen nach dem Sohn (Jacques Chailleux, „Kommando R.A.S.“) der Toten, finden ihn und müssen bald zur Kenntnis nehmen, dass ausgerechnet er der erste war, der es Marie-Ange zu besorgen verstand. Doch als er bei einem Coup jemanden erschießt, wird das ganze Trio steckbrieflich gesucht…
„Himmel, Arsch und Zwirn! Es muss doch irgendwo eine Möse geben, die auf uns wartet!“
Die beiden Antihelden dieser seltsamen Geschichte nehmen sich sämtliche Freiheiten nach der sexuellen Revolution heraus, verhalten sich dabei jedoch höchst sexistisch. Dies wird schnell deutlich, obwohl der Schnitt oftmals auslässt und verschleiert, im Unklaren darüber lässt, wie eine Szene ausgeht. Direkt zu Beginn beispielsweise könnte es sich um eine versuchte Vergewaltigung handeln, aber auch um eine vollzogene oder lediglich den fingierten Versuch zwecks Handtaschendiebstahls. Unabhängig davon verkörpern Jean-Claude und Pierrot sämtliche Bürgerschreckklischees, ohne über etwaiges politisches Bewusstsein oder soziale Werte zu verfügen. Der Humor des Films speist sich derweil zu etwa gleichen Teilen aus dem häufigen Misserfolg der beiden Trottel (so sorgt sich Pierrot nach einem Hodenschuss vor möglicher Impotenz) und ihrer permanenten, auf Dauer ermüdenden Sprücheklopferei.
„Wir müssen uns entscheiden: Entweder wir haben Angst vor den Bullen oder wir wollen ficken!“
Aus männlich-heterosexueller Sicht sorgt Miou-Miou, vor allem aber auch Jeanne Pirolle als wunderschöne reife Frau mit ihrer leider wenig freizügigen Sexszene für den Erotikanteil, bevor der Film eine Wendung hin zu einer Kriminalposse nimmt: Ihr Sohnemann Jacques erweist sich als noch wesentlich skrupelloser als die beiden Halunken, plötzlich hat man die Polizei auf dem Hals. „Die Ausgebufften“ ist zu einer Art Road Movie geworden und gerät nicht nur ad absurdum, sondern auch verdammt langweilig, wenn die 17-jährige Jacqueline (Isabelle Huppert, „Das beständige Gleiten der Begierde“) von ihren Eltern abhaut, sich den Ganoven anschließt und sich auch noch bereitwillig von ihnen entjungfern lässt.
„Macht bloß keine Umstände. Wenn ihr mich bumsen wollt: bitte sehr!“
Ein offenes Ende suggeriert letztlich, dass es für das Trio ewig so weitergehen könnte. Glücklicherweise findet Blier nach über 110 Minuten zumindest ein Ende seines dramaturgisch aus den Fugen geratenen Films, der mich von seinem obszönen Gequatsche ermüdet, aber auch ratlos zurückgelassen hat: Für eine Komödie ist „Die Ausgebufften“ bei Weitem nicht lustig genug, für einen Erotikfilm ist der Erotikanteil trotz allem zu gering und für einen Road Movie fehlt es ihm an fast allem, was dieses spezielle Genre über die reine Rastlosigkeit hinaus ausmacht. Eine sozialkritische Haltung ist schwer auszumachen, denn obwohl Jean-Claude und Pierrot unzweifelhaft als flegelhafte Idioten dargestellt werden, fehlt jede kritische Distanz zu ihrem Treiben. Ihre Ablehnung der französischen Gesellschaft bleibt weitestgehend unbegründet und somit nebulös, wirkt eher alibihaft zur Rechtfertigung der eigenen egozentrischen Asozialität. Zudem stört das transportierte Frauenbild, das vollständige Fehlen einer starken weiblichen Figur, die den beiden Paroli bieten könnte.
„Habt ihr überhaupt 'ne Ahnung, was Weiber sind? Das ist was Widerliches, Weiches, das auf nichts reagiert!“
Was bleibt, ist ein merkwürdiges bis befremdliches Sittenbild, das frauenverachtende Fantastereien seiner Entstehungszeit widerzuspiegeln scheint, ein aufdrehendes männliches Hauptdarsteller-Duo, das sich für nichts zu schade ist (in diesem Falle durchaus positiv gemeint), eine weichzeichnende, violinenlastige musikalische Untermalung durch Stéphane Grappelli und der betörende Anblick der Schauspielerinnen, die sich für Bliers Drehbuch und Regie erotisch in Szene setzen ließen.
Re: Die Ausgebufften - Bertrand Blier (1974)
Verfasst: Mo 3. Apr 2023, 21:13
von CamperVan.Helsing
buxtebrawler hat geschrieben: ↑Mi 27. Feb 2019, 18:41
Ein offenes Ende suggeriert letztlich, dass es für das Trio ewig so weitergehen könnte. Glücklicherweise findet Blier nach über 110 Minuten zumindest ein Ende seines dramaturgisch aus den Fugen geratenen Films, der mich von seinem obszönen Gequatsche ermüdet, aber auch ratlos zurückgelassen hat: Für eine Komödie ist „Die Ausgebufften“ bei Weitem nicht lustig genug, für einen Erotikfilm ist der Erotikanteil trotz allem zu gering und für einen Road Movie fehlt es ihm an fast allem, was dieses spezielle Genre über die reine Rastlosigkeit hinaus ausmacht. Eine sozialkritische Haltung ist schwer auszumachen, denn obwohl Jean-Claude und Pierrot unzweifelhaft als flegelhafte Idioten dargestellt werden, fehlt jede kritische Distanz zu ihrem Treiben. Ihre Ablehnung der französischen Gesellschaft bleibt weitestgehend unbegründet und somit nebulös, wirkt eher alibihaft zur Rechtfertigung der eigenen egozentrischen Asozialität. Zudem stört das transportierte Frauenbild, das vollständige Fehlen einer starken weiblichen Figur, die den beiden Paroli bieten könnte.
„Habt ihr überhaupt 'ne Ahnung, was Weiber sind? Das ist was Widerliches, Weiches, das auf nichts reagiert!“
Was bleibt, ist ein merkwürdiges bis befremdliches Sittenbild, das frauenverachtende Fantastereien seiner Entstehungszeit widerzuspiegeln scheint, ein aufdrehendes männliches Hauptdarsteller-Duo, das sich für nichts zu schade ist (in diesem Falle durchaus positiv gemeint), eine weichzeichnende, violinenlastige musikalische Untermalung durch Stéphane Grappelli und der betörende Anblick der Schauspielerinnen, die sich für Bliers Drehbuch und Regie erotisch in Szene setzen ließen.
Tja, ich hab den Film vor einigen Wochen gesehen und war auch ziemlich ratlos. Gibt es hier jemanden, dessen Verhalten wirklich nachvollziehbar wäre? Eigentlich nicht. Ein bißchen gestraffter hätte das Werk auch sein können, und dennoch hat der Film durchaus eine gewisse Faszination an sich. Und er führt in Erinnerung, dass Depardieu vor langer Zeit mal der junge Wilde des französischen Films war. Später aß er jede Woche ein ganzes Wildschwein, um sich in Obelix zu verwandeln und wurde zum besten Kunden seines eigenen Weinguts. Patrick Dewaere ist für mich immer der Typ für Außenseiterrollen, er hat auch einmal Francois Perrin verkörpert (in einem Frühwerk von Jean-Jacques Annaud), einen ganz anderen Perrin als bei Pierre Richard. Und bei Miou-Miou schnurre ich wie eine Katze...