Darsteller: Frederick Lau, August Diehl, Fritzi Haberlandt, Dagmar Manzel, Devid Striesow, Alice Dwyer, Jürgen Tarrach, Traute Hoess, Ricarda Juelich, Elea Geissler, Philipp Danne, Waldemar Kobus u. A.
Eine Kleinstadt im bergigen Nirgendwo Deutschlands. Am Kafka-Gymnasium ist gerade Rettungsschwimmerprüfung, wenig Chancen für den mit einem Hörgerät belasteten Rico (Frederick Lau). Doch nach dem Schwimmen wird er Zeuge, wie sein Konkurrent, das muskulöse Schul-As, an einem vergifteten Eclair stirbt, das scheinbar ihm zugedacht war. Von da an wird alles anders in der Stadt und an der Schule. Der Rektor will alles herunterspielen, der bullige Schullehrer mit begrenztem emotionalem Intellekt ist sowieso mehr mit Ricos Mutter beschäftigt, die vamp-artige Mitschülerin Regine zeigt rätselhaftes Verhalten und der frustrierte Musiklehrer Wegner (August Diehl) hält die naive Kollegin Michaela (Fritzi Haberlandt) auf Distanz. Auch der Tod von Ricos Vater vor Jahren scheint eine Rolle zu spielen, aber erst als Rico, von der Schule pausierend, näheren Kontakt zu Wegner und seinem Umfeld aufnimmt, kommt man der Lösung eines furchtbaren Rätsels näher und der Katastrophe gleich mit...
„Tatort“- und „Polizeiruf 110“-Regisseur Andreas Kleinert wagte sich für „Freischwimmer“ an eine Kinoproduktion nach einem Drehbuch Thomas Wendrichs. Die Mischung aus Drama und (Psycho-)Thriller wurde 2007 gedreht und 2008 veröffentlicht.
Der schwerhörige Gymnasiast Rico Bartsch (Frederick Lau, „Neger, Neger, Schornsteinfeger“) leidet unter der Tyrannei seines Quasi-Stiefvaters Richard Sammer (Devid Striesow, „Der rote Kakadu“), der nicht nur mit seiner Mutter (Dagmar Manzel, „Schtonk!“) liiert, sondern auch noch sein Sportlehrer ist. Einen guten Draht hat Rico wiederum zu seinem Klassenlehrer Martin Wegner (August Diehl, „23“), der mit Musiklehrerin Michaela Rammelow (Fritzi Haberlandt, „Heimatfilm!“) eine Affäre unterhält. Rico und Herrn Wegner wird vom Sport-Ass der Schule, Robert Greiner (Philipp Danne, „Sommernachtstod“), zugesetzt, der zudem mit dem schönsten Mädchen der Schule und Ricos heimlichem Schwarm Regine Weyler (Alice Dwyer, „Baby“) angebändelt hat. Robert jedoch muss bald sein Leben lassen, als er einen vergifteten Liebesknochen verspeist. Doch galt der Mordanschlag nicht eigentlich Rico? Wer ist der Täter? Und was ist sein Motiv? Rico bleibt der Schule fern, lässt sich von Herrn Wegner privat unterrichten und freundet sich eng mit dem Lehrkörper an, während Regine seine Nähe sucht…
Wendrichs und Kleinerts Intention dürfte diejenige so vieler Kollegen vom Horrorfilmfach gewesen sein: Zu zeigen, dass hinter den idyllischen Kulissen einer Kleinstadt das Grauen lauert. So haben auch hier mehr oder weniger alle einen Hau weg oder sind listig und durchtrieben, um ihre egoistischen Interessen durchzusetzen, was der Film nach und nach offenbart. Zudem ist er eine Außenseitergeschichte, indem er vornehmlich aus Verlierer Ricos Perspektive erzählt wird. Leider tritt die Handlung recht lange auf der Stelle und kreist um sich selbst, um gegen Ende mit überraschenden Wendungen aufzuwarten, anstatt sich um Charakterisierungen seiner Figuren zu bemühen.
Diese verkörpern meist überzeichnete Klischees, während der Film stilistisch trotz seltsamer humoristischer Einlagen jedoch keine Komödie, sondern spannende, abgründige Unterhaltung sein will. Die daraus resultierende Problematik fürs Publikum lässt sich beispielhaft an Dwyer und Lau ablesen: Die blondierte Dwyer wird kaum gefordert; sie soll lediglich eine verführerische Sexbombe darstellen, die sich ausschließlich an „Gewinnertypen“ heranschmeißt. Darüber hinaus erfährt man so gut wie nichts über ihre Rolle. Sie scheint in erster Linie dabei zu sein, um erotische Akzente zu setzen. Dies gelingt ihr zweifelsohne, ihr darüberhinausgehendes Potential aber wird verschenkt. Auch wäre interessant, was Rico überhaupt von ihr will und was dieses Begehren über ihn aussagt. Dies bleibt jedoch ebenso diffus wie die Psychologie der meisten Figuren, die dual im Sinne von zwei konträren Extremen, jedoch nicht ambivalent im Sinne von Graustufen zwischen beiden Polen zu sein scheinen.
So gerät letztlich die Wandlung Herrn Wegners zum Psychopathen sehr plötzlich und wenig glaubwürdig, wenngleich das „böse“ Ende ganz nett geraten ist und den Genres Drama und Thriller durchaus gerecht wird. Jeglicher Realismus misslingt jedoch und intendierte Sozialkritik verpufft im Absurden. Diverse Anflüge experimentell-künstlerischer Kameraführung wie z.B. der Blick durch die Kamera des Protagonisten peppen das Geschehen angenehm auf, das durch den Verzicht auf Filmmusik ansonsten aber unnötig spröde geriet und insgesamt doch eher an eine TV- denn an eine Kinoproduktion erinnert. Das Plakatmotiv indes ist ein Geniestreich.