Mondo Cane Teil III - Stelvio Massi (1986)
Verfasst: So 28. Apr 2019, 19:48
Originaltitel: Mondo cane oggi - l'orrore continua
Produktionsland: Italien 1986
Regie: Stelvio Massi
Dem unermüdlichen Einsatz unseres Jogis, mich mit jedem einzelnen Mondo-Film zu versorgen, der jemals irgendwo auf der Welt deren Licht erblickt hat, ist es zu verdanken, dass ich nun auch ein paar Zeilen zu MONDO CANE OGGI – L’ORRORE CONTINUA schreiben kann – Zeilen allerdings, die mir vorkommen, als ob ich sie im Zusammenhang mit derartiger Genre-Ware schon mindestens ein Dutzendmal getippt hätte…
Dass MONDO CANE OGGI mit den beiden Genre-Initialzündungen von Jacopetti, Prosperi und Cavara aus den frühen 60ern nicht viel mehr teilt als seinen Titel, dürfte ebenso klar sein wie, dass dieses immerhin von einem mehr oder minder namenhaften Regisseur der zweiten oder dritten Garde der Filone-Industrie, Stelvio Massi, inszenierte Kuriositätenkonvolut zu keinem Zeitpunkt auch nur den leisesten Versuch unternimmt, an dem durchaus intelligenten, teilweise am Experimentalkino geschulten Einsatz von Schock-Bildern und Montage-Juxtapositionen zu rühren, den MONDO CANE und MONDO CANE 2 seinerzeit nicht nur kommerziell ausgezeichnet hat. Andererseits kann MONDO CANE OGGI in seiner Formelhaftigkeit relativ gut als Prototyp des Balanceakts herhalten, den das 80er Mondo-Kino zwischen der Drastik von Shockumentaries à la FACES OF DEATH, die den Italienern zu dem Zeitpunkt längst das Wasser abgegraben hatten, und einer halbherzigen Erbverwaltung der obligatorischen Genre-Ingredienzien versucht.
Zuallererst ist MONDO CANE OGGI aber vor allem ein Panoramaschwenk über alles, was sich seither an Derivationen im Exploitation-Kino tummelt. Zur Eröffnung gibt es einen Hundekampf in bester (oder wohl eher schlechtester) Jahrmarktskinomanier; eine ausgedehnte Nudisten-Camp-Sequenz wirkt, als könne sie exakt so auch in einem Nudisten-Exploiter der 30er gefunden werden; es gibt gleich zwei graphische Autopsie-Sequenzen, bei der der Körper eines AIDS-Opfers beziehungsweise die Leiche eines Mannes geöffnet werden, zwischen dessen Eingeweiden sich etliche Päckchen voll mit Kokain befinden, die schon deutlich auf Exzesse wie die bald den Markt überschwemmenden Heimvideos im Stil von TRACES OF DEATH oder FACES OF GORE vorverweisen. Dazwischen wilder der Film – was anders soll er auch tun! – in genau jenen Gefilden, die bereits mehr als genug Mondos vor ihm abgegrast haben: Eine „sexy show notturni“ entführt uns in einen Nachtclub, wo zur Freude des männlichen Publikums zwei Damen Schau-Wrestling betreiben; im Ganges treiben die Leiber Verstorbener wesend zwischen Touristenkähnen umher; im Finale begeben wir uns ans Set eines gerade in der Produktion befindlichen Porno-Streifens. Kommentar des unvermeidlichen Off-Sprechers: Die Pornographie habe noch nie irgendeinen Schaden über die Welt gebracht, denn bei ihr würden sich die Beteiligten ja einzig derjenigen Werkzeuge bedienen, die ihnen von der Natur zur Verfügung gestellt worden seien. Auch sonst strotzt die verbale Unterfütterung der rasant wechselnden, teilweise kaum eine Minute beanspruchenden Szenen, Szenerien und Themen vor genau jenem rassistischen, sexistischen, kalauernden Blödsinn, den man sich von einem Film dieses Schlages erwartet: Beispielweise amüsiert man sich darüber, dass obdachlose Inder, die mitten auf der Straße schlafen müssen, ja gar nicht morgens aus dem Bett hüpfen können, oder aber angesichts eines Jünglings, der sich nach Casablanca begibt, um dort eine Geschlechtsumwandlung an sich vollziehen zu lassen, heißt es, Bogart habe sein Herz hier gelassen, dieser junge Mann würde ein ganz anderes Stück seiner selbst verlieren.
Eigentlich nur durch drei Merkmale sticht MONDO CANE OGGI aus den ihn zeitlich und geographisch umlagernden Spät-Mondos wie NUDO E CRUDELE von Bitto Albertini oder Climatis/Morras DOLCE E SELVAGGIO hervor: 1) Der Anteil an offensichtlichen Fakes hält sich in engumsteckten Grenzen. Gerade mal bei einer Handvoll Szenen bin ich mir sicher, dass wir es hier nicht nur mit freimütigen Verbiegungen der Wahrheit zu tun haben, sondern um Material, dessen dokumentarischer Gestus reines Blendwerk darstellt: Einmal wird angeblich die rituelle Einführung eines Adepten in einen Geheimbund gezeigt, bei der dieser sich, ohne einen Schmerzensschrei ausstoßen zu dürfen, einen Finger abschneiden lassen muss – zugegeben, der Spezialeffekt ist ein durchaus effektiver. Ein anderes Mal wird behauptet, mittels Speziallinsen habe man heimlich aufzeichnen können, wie verarmte Eltern in Indien ihren Kindern sämtliche Gelenke brechen, um sie danach als Bettler zur Aufstockung des Haushalts auf die Straße schicken zu können. Abgesehen davon, dass erwachsene Menschen tatsächlich wimmernden Kindern an die Arme und Beine greifen, habe ich die versprochenen Verstümmelungen (glücklicherweise, muss man sagen) nicht ausmachen können. 2) Der Anteil an Tier-Snuff übertrifft das Maß der meisten mir bekannten italienischen Mondos der 80er sowohl qualitativ wie vor allem quantitativ; höchstens die Castiglioni-Gebrüder können da noch mithalten: Kaum fünf Minuten vergehen in diesem Machwerk, ohne dass irgendeine arglose Kreatur ihr Leben auf möglichst blutige Weise lassen muss. Die Rinder im Schlachthaus sind da noch am ehesten zu konsumieren, aber wenn beispielweise in einer Art Miniaturversion der berühmt-berüchtigten CANNIBAL-HOLOCAUST-Szene einer kleinen Wasserschildkröte von einem Mann der Kopf abgetrennt und der Panzer aufgebrochen wird, und wir anschließend zuschauen dürfen, wie er in aller Seelenruhe ihr Blut trinkt und ihre Eingeweide verputzt, hört bei mir der „Spaß“ ebenso auf wie bei einer Sportveranstaltung von berittenen Gauchos, bei der als Ball eine lebende Ente herhalten muss; am Ende sehen wir den abgetrennten Kopf des Tiers zerfleddert im Gras liegen. Zumindest für das männliche Publikum dürfte möglicherweise nur ein Segment vorliegenden Films noch unerträglicher sein: Die minutiös gefilmte Geschlechts-OP an dem erwähnten Jüngling in einem marokkanischen Krankenhaus; nein, der Phantasie wird hierbei nicht der geringste Spielraum belassen. 3) Riz Ortolani hat für den Soundtrack von MONDO CANE seinerzeit einen Oscar eingeheimst; der von MONDO CANE OGGI rangiert allerdings an jenem Ende der Skala, wo man ihn liebend gerne für sein Verstummen mit einem Preis beschenken würde. Ohne Scherz, was man einem hier an völlig deplatzierter New-Age-Disco-Mucke zumutet, das grenzt mindestens an Körperverletzung. Gerade in Kombination mit den grausigen Bildern ergibt sich stellenweise eine schier unerträgliche Heterogenität: Pumpende Synthie-Beats zu Aufnahmen einer armen, als Ball hin und her geschleuderten Ente, Soundschnipsel von Gestöhne und Gebalze aus irgendeinem Porno zu in Stein gemeißelten Liebesszenen an einem hinduistischen Tempel, und lustiger Country zu Rindern, die zur Schlachtbank gelotst werden, euer Ernst?
An einer Hand kann ich abzählen, was an MONDO CANE OGGI mich in irgendeiner Weise positiv affiziert hat. Da sind zum einen die Szenen, die derart unfreiwillig komisch wirken, dass mir dann doch der Bauch zumindest ein bisschen hüpfte: Eine Frau irgendwo in Asien, die ihrer Libido verlustig ist, wird von ihrem Ehemann zum örtlichen Hexendoktor geschickt, der wiederum es für die erfolgversprechendste Therapie hält, ihr eine lebende Maus vor den geöffneten Mund zu halten – angeblich würde das die Frau (wohlgemerkt nicht die Maus!) in eine Schockstarre versetzen, die zwangsläufig die Rückkehr ihrer sexuellen Lust zur Folge habe. Auch eine bizarre Hommage an CLOCKWORK ORANGE ließ mich wenigstens kurz schmunzeln: Ein impotenter junger Mann wird auf einem Stuhl fixiert, und soll sich pausenlos Pornofilme anschauen, wobei ihm Elektrostöße in den Anus gejagt werden. Einzige Gefahr dieser Methode: Er könne Gefallen an der rektalen Stimulation finden, und homosexuell werden! Ein einziges Mal hat der Film es außerdem vollbracht, hauchzart an die Dichotomien anzuknüpfen, mit denen Jacopetti und Prosperi so gerne arbeiteten: Wir sehen einen Reigen junger Frauen auf irgendeiner Südasieninsel, wie sie nach Seegras tauchen. Dieser Broterwerb sei beschwerlich und kräftezehrend, weswegen die Damen wohlgenährt sein müssten. Über kurz oder lang sei Fettleibigkeit und vorzeitiges Altern die Folge – genau das also, dem die Damen entgegenwirken wollen, die fernab unserer Insel in luxuriösen Schönheitskliniken in den Genuss von Seetankmassagen kommen, und dabei keinen Gedanken daran verschwenden, unter welchen beschwerlichen Umständen das, womit ihnen die Leiber eingerieben werden, gewonnen worden ist. Ein weiter Wurf stellt auch diese vermeintlich klassenkämpferisch motivierte Szene nicht da, - zumal keine der gezeigten Taucherinnen, zumindest meinen Begriffen nach, auch nur ansatzweise adipös ausschaut –, aber in einem Wust zusammenhangloser Bilder wie vorliegendem ist man froh um jeden Strohhalm.
Die DVD von Retrofilm, die meiner Fassung offenbar zugrunde liegt, bietet eine kleine Kiste mit Bonusmaterial – etwa drei Minuten an Szenen, in denen sich Frauen manuell selbstbefriedigen –, einen bunten Reigen an Mondo-Trailern, und den Film selbst in den drei Sprachfassungen Italienisch, Englisch, Deutsch. Ein besonderes Vergnügen ist es, die deutsche Fassung mit den anderen beiden abzugleichen. Allein beim Prolog spie ich bereits prustend meinen Monitor an. Dort heißt es: „Männer, die widersprüchlichsten aller Lebewesen. Geschaffen zum Schöpfen und zum Zerstören. Egozentrischer Mittelpunkt aller Dinge. Sie manipulieren und werden selbst manipuliert. Sieger und Opfer aller Konflikte, die durch diese turbulente Welt toben. Eine Kraft, fähig zu unglaublichen Entwicklungen, fähig die Zerstörung der Natur zu verschulden. Grausames Kind und verspielter Erwachsener. Verursacher von Vergnügen, aber auch von Schmerz. Held und Feigling. Manchmal hässlich, manchmal schön. Sie verkörpern den Kompromiss der Götter zwischen Gut und Böse auf dieser wilden Welt.“ Mal abgesehen davon, dass diese hanebüchenen Stilblüten im Italienischen und Englischen nur halb so deppert klingen, ist dort natürlich nicht von „Männern“, sondern von „Uomo“ oder „Man“, also dem "Menschen" die Rede, Himmel…
Dass MONDO CANE OGGI mit den beiden Genre-Initialzündungen von Jacopetti, Prosperi und Cavara aus den frühen 60ern nicht viel mehr teilt als seinen Titel, dürfte ebenso klar sein wie, dass dieses immerhin von einem mehr oder minder namenhaften Regisseur der zweiten oder dritten Garde der Filone-Industrie, Stelvio Massi, inszenierte Kuriositätenkonvolut zu keinem Zeitpunkt auch nur den leisesten Versuch unternimmt, an dem durchaus intelligenten, teilweise am Experimentalkino geschulten Einsatz von Schock-Bildern und Montage-Juxtapositionen zu rühren, den MONDO CANE und MONDO CANE 2 seinerzeit nicht nur kommerziell ausgezeichnet hat. Andererseits kann MONDO CANE OGGI in seiner Formelhaftigkeit relativ gut als Prototyp des Balanceakts herhalten, den das 80er Mondo-Kino zwischen der Drastik von Shockumentaries à la FACES OF DEATH, die den Italienern zu dem Zeitpunkt längst das Wasser abgegraben hatten, und einer halbherzigen Erbverwaltung der obligatorischen Genre-Ingredienzien versucht.
Zuallererst ist MONDO CANE OGGI aber vor allem ein Panoramaschwenk über alles, was sich seither an Derivationen im Exploitation-Kino tummelt. Zur Eröffnung gibt es einen Hundekampf in bester (oder wohl eher schlechtester) Jahrmarktskinomanier; eine ausgedehnte Nudisten-Camp-Sequenz wirkt, als könne sie exakt so auch in einem Nudisten-Exploiter der 30er gefunden werden; es gibt gleich zwei graphische Autopsie-Sequenzen, bei der der Körper eines AIDS-Opfers beziehungsweise die Leiche eines Mannes geöffnet werden, zwischen dessen Eingeweiden sich etliche Päckchen voll mit Kokain befinden, die schon deutlich auf Exzesse wie die bald den Markt überschwemmenden Heimvideos im Stil von TRACES OF DEATH oder FACES OF GORE vorverweisen. Dazwischen wilder der Film – was anders soll er auch tun! – in genau jenen Gefilden, die bereits mehr als genug Mondos vor ihm abgegrast haben: Eine „sexy show notturni“ entführt uns in einen Nachtclub, wo zur Freude des männlichen Publikums zwei Damen Schau-Wrestling betreiben; im Ganges treiben die Leiber Verstorbener wesend zwischen Touristenkähnen umher; im Finale begeben wir uns ans Set eines gerade in der Produktion befindlichen Porno-Streifens. Kommentar des unvermeidlichen Off-Sprechers: Die Pornographie habe noch nie irgendeinen Schaden über die Welt gebracht, denn bei ihr würden sich die Beteiligten ja einzig derjenigen Werkzeuge bedienen, die ihnen von der Natur zur Verfügung gestellt worden seien. Auch sonst strotzt die verbale Unterfütterung der rasant wechselnden, teilweise kaum eine Minute beanspruchenden Szenen, Szenerien und Themen vor genau jenem rassistischen, sexistischen, kalauernden Blödsinn, den man sich von einem Film dieses Schlages erwartet: Beispielweise amüsiert man sich darüber, dass obdachlose Inder, die mitten auf der Straße schlafen müssen, ja gar nicht morgens aus dem Bett hüpfen können, oder aber angesichts eines Jünglings, der sich nach Casablanca begibt, um dort eine Geschlechtsumwandlung an sich vollziehen zu lassen, heißt es, Bogart habe sein Herz hier gelassen, dieser junge Mann würde ein ganz anderes Stück seiner selbst verlieren.
Eigentlich nur durch drei Merkmale sticht MONDO CANE OGGI aus den ihn zeitlich und geographisch umlagernden Spät-Mondos wie NUDO E CRUDELE von Bitto Albertini oder Climatis/Morras DOLCE E SELVAGGIO hervor: 1) Der Anteil an offensichtlichen Fakes hält sich in engumsteckten Grenzen. Gerade mal bei einer Handvoll Szenen bin ich mir sicher, dass wir es hier nicht nur mit freimütigen Verbiegungen der Wahrheit zu tun haben, sondern um Material, dessen dokumentarischer Gestus reines Blendwerk darstellt: Einmal wird angeblich die rituelle Einführung eines Adepten in einen Geheimbund gezeigt, bei der dieser sich, ohne einen Schmerzensschrei ausstoßen zu dürfen, einen Finger abschneiden lassen muss – zugegeben, der Spezialeffekt ist ein durchaus effektiver. Ein anderes Mal wird behauptet, mittels Speziallinsen habe man heimlich aufzeichnen können, wie verarmte Eltern in Indien ihren Kindern sämtliche Gelenke brechen, um sie danach als Bettler zur Aufstockung des Haushalts auf die Straße schicken zu können. Abgesehen davon, dass erwachsene Menschen tatsächlich wimmernden Kindern an die Arme und Beine greifen, habe ich die versprochenen Verstümmelungen (glücklicherweise, muss man sagen) nicht ausmachen können. 2) Der Anteil an Tier-Snuff übertrifft das Maß der meisten mir bekannten italienischen Mondos der 80er sowohl qualitativ wie vor allem quantitativ; höchstens die Castiglioni-Gebrüder können da noch mithalten: Kaum fünf Minuten vergehen in diesem Machwerk, ohne dass irgendeine arglose Kreatur ihr Leben auf möglichst blutige Weise lassen muss. Die Rinder im Schlachthaus sind da noch am ehesten zu konsumieren, aber wenn beispielweise in einer Art Miniaturversion der berühmt-berüchtigten CANNIBAL-HOLOCAUST-Szene einer kleinen Wasserschildkröte von einem Mann der Kopf abgetrennt und der Panzer aufgebrochen wird, und wir anschließend zuschauen dürfen, wie er in aller Seelenruhe ihr Blut trinkt und ihre Eingeweide verputzt, hört bei mir der „Spaß“ ebenso auf wie bei einer Sportveranstaltung von berittenen Gauchos, bei der als Ball eine lebende Ente herhalten muss; am Ende sehen wir den abgetrennten Kopf des Tiers zerfleddert im Gras liegen. Zumindest für das männliche Publikum dürfte möglicherweise nur ein Segment vorliegenden Films noch unerträglicher sein: Die minutiös gefilmte Geschlechts-OP an dem erwähnten Jüngling in einem marokkanischen Krankenhaus; nein, der Phantasie wird hierbei nicht der geringste Spielraum belassen. 3) Riz Ortolani hat für den Soundtrack von MONDO CANE seinerzeit einen Oscar eingeheimst; der von MONDO CANE OGGI rangiert allerdings an jenem Ende der Skala, wo man ihn liebend gerne für sein Verstummen mit einem Preis beschenken würde. Ohne Scherz, was man einem hier an völlig deplatzierter New-Age-Disco-Mucke zumutet, das grenzt mindestens an Körperverletzung. Gerade in Kombination mit den grausigen Bildern ergibt sich stellenweise eine schier unerträgliche Heterogenität: Pumpende Synthie-Beats zu Aufnahmen einer armen, als Ball hin und her geschleuderten Ente, Soundschnipsel von Gestöhne und Gebalze aus irgendeinem Porno zu in Stein gemeißelten Liebesszenen an einem hinduistischen Tempel, und lustiger Country zu Rindern, die zur Schlachtbank gelotst werden, euer Ernst?
An einer Hand kann ich abzählen, was an MONDO CANE OGGI mich in irgendeiner Weise positiv affiziert hat. Da sind zum einen die Szenen, die derart unfreiwillig komisch wirken, dass mir dann doch der Bauch zumindest ein bisschen hüpfte: Eine Frau irgendwo in Asien, die ihrer Libido verlustig ist, wird von ihrem Ehemann zum örtlichen Hexendoktor geschickt, der wiederum es für die erfolgversprechendste Therapie hält, ihr eine lebende Maus vor den geöffneten Mund zu halten – angeblich würde das die Frau (wohlgemerkt nicht die Maus!) in eine Schockstarre versetzen, die zwangsläufig die Rückkehr ihrer sexuellen Lust zur Folge habe. Auch eine bizarre Hommage an CLOCKWORK ORANGE ließ mich wenigstens kurz schmunzeln: Ein impotenter junger Mann wird auf einem Stuhl fixiert, und soll sich pausenlos Pornofilme anschauen, wobei ihm Elektrostöße in den Anus gejagt werden. Einzige Gefahr dieser Methode: Er könne Gefallen an der rektalen Stimulation finden, und homosexuell werden! Ein einziges Mal hat der Film es außerdem vollbracht, hauchzart an die Dichotomien anzuknüpfen, mit denen Jacopetti und Prosperi so gerne arbeiteten: Wir sehen einen Reigen junger Frauen auf irgendeiner Südasieninsel, wie sie nach Seegras tauchen. Dieser Broterwerb sei beschwerlich und kräftezehrend, weswegen die Damen wohlgenährt sein müssten. Über kurz oder lang sei Fettleibigkeit und vorzeitiges Altern die Folge – genau das also, dem die Damen entgegenwirken wollen, die fernab unserer Insel in luxuriösen Schönheitskliniken in den Genuss von Seetankmassagen kommen, und dabei keinen Gedanken daran verschwenden, unter welchen beschwerlichen Umständen das, womit ihnen die Leiber eingerieben werden, gewonnen worden ist. Ein weiter Wurf stellt auch diese vermeintlich klassenkämpferisch motivierte Szene nicht da, - zumal keine der gezeigten Taucherinnen, zumindest meinen Begriffen nach, auch nur ansatzweise adipös ausschaut –, aber in einem Wust zusammenhangloser Bilder wie vorliegendem ist man froh um jeden Strohhalm.
Die DVD von Retrofilm, die meiner Fassung offenbar zugrunde liegt, bietet eine kleine Kiste mit Bonusmaterial – etwa drei Minuten an Szenen, in denen sich Frauen manuell selbstbefriedigen –, einen bunten Reigen an Mondo-Trailern, und den Film selbst in den drei Sprachfassungen Italienisch, Englisch, Deutsch. Ein besonderes Vergnügen ist es, die deutsche Fassung mit den anderen beiden abzugleichen. Allein beim Prolog spie ich bereits prustend meinen Monitor an. Dort heißt es: „Männer, die widersprüchlichsten aller Lebewesen. Geschaffen zum Schöpfen und zum Zerstören. Egozentrischer Mittelpunkt aller Dinge. Sie manipulieren und werden selbst manipuliert. Sieger und Opfer aller Konflikte, die durch diese turbulente Welt toben. Eine Kraft, fähig zu unglaublichen Entwicklungen, fähig die Zerstörung der Natur zu verschulden. Grausames Kind und verspielter Erwachsener. Verursacher von Vergnügen, aber auch von Schmerz. Held und Feigling. Manchmal hässlich, manchmal schön. Sie verkörpern den Kompromiss der Götter zwischen Gut und Böse auf dieser wilden Welt.“ Mal abgesehen davon, dass diese hanebüchenen Stilblüten im Italienischen und Englischen nur halb so deppert klingen, ist dort natürlich nicht von „Männern“, sondern von „Uomo“ oder „Man“, also dem "Menschen" die Rede, Himmel…