Seite 1 von 1

The Last Horror Movie - Julian Richards (2003)

Verfasst: Do 5. Aug 2010, 19:58
von horror1966
Bild





The Last Horror Movie
(The Last Horror Movie)
mit Kevin Howarth, Mark Stevenson, Antonia Bearnish, Christabel Muir, Jonathan Coote, Rita Davies, Joe Hurley, Jamie Langthome, John Berlyne, Mandy Gordon, Jim Bywater, Lisa Renee, Christopher Adamson, Adrian Johnson, John MacCrossan
Regie: Julian Richards
Drehbuch: James Handel / Julian Richards
Kamera: Chris St. John Smith
Musik: Simon Lambros
Ungeprüft
Großbritannien / 2003

Wenn Max Parry nicht gerade als Hochzeitsfotograf wichtige Momente im Leben junger Paare belichtet (und anwesenden Damen den Hof macht), ermordet er wahl- und reuelos wildfremde Menschen, einige Dutzend pro Jahr, ohne Ansehen von Geschlecht und Alter, ganz nach Lage der Gelegenheit. Neuerdings begleitet ihn auf seinen Spaziergängen ein Kameramann, denn Max möchte die ganze Welt an seinen Taten, Familienfesten und vor allem Betrachtungen die Dinge des Lebens betreffend teilhaben lassen.


Eigentlich wirkt Max sehr sympathisch, rein optisch gesehen und auch von seiner Art, wie er sich verbal ausdrückt. Wenn da nur nicht die abartigen Inhalte seiner Aussagen wären, die auf der einen Seite abstoßend, aber auf der anderen Seite absolut faszinierend sind. Doch Max schafft es auf jeden Fall, den Zuschauer von der ersten Minute an in seinen Bann zu ziehen, so das erst gar kein Zweifel darüber aufkommt, das man ihn ganzzeitig bei der Erzählung seiner Geschichte begleitet, die er einem in Form eines Video-Tagebuchs präsentiert.

Nun ist "The Last Horror Movie" auf jeden Fall ein sehr aussergewöhnlicher Film, der auch die Meinungen spaltet. Von vielen Leuten als Mist oder Schund verschrien, ist dieser Film für viele sogar ein kleines Meisterwerk. Ich persönlich zähle mich zur zweiten Gruppe, denn dieses Werk hat mich doch nachhaltig sehr stark beeindruckt. Man bekommt es hier definitiv nicht mit dem Splatter-Festival zu tun, das man durch diverse Kritiken vielleicht erwartet hat, was aber nicht heissen soll, das hier keine harten und teils blutigen Passagen zu sehen wären. Nur hat sich manch einer eventuell durch Mudpropaganda auf eine falsche Fährte locken lassen und ist somit mit falschen Erwartungen an diesen Film herangegangen.

Der Haupteil der vorhandenen Härte entsteht vielmehr durch die Erzählweise von Max (Kevin Howarth), denn diese wirkt so abgebrüht und eiskalt, das es einem kalte Schauer über den Rücken jagt. Die Selbstverständlichkeit, mit der er seine Morde beschreibt und mit der Kamera filmt, wirkt so autenthisch und glaubwürdig, das einen nicht selten das Gefühl überkommt, das man es mit einem Tatsachenbericht zu tun hat. Generell ist die darstellerische Leistung von Kevin Howarth einfach nur als genial zu bezeichnen und stellt somit ein absolutes Highlight des Films dar. Der Mann spielt die ihm zugedachte Rolle nicht nur, nein er lebt sie richtiggehend. Es entsteht zu keiner Zeit das Gefühl, das man es hier mit einem Schauspieler zu tun hat, man kann sich kaum des Gefühls erwehren, mit einem wirklichen Serienkiller konfrontiert zu werden.

Phasenweise trägt "The Last Horror Movie" schon leicht philosophische Züge, denn es werden etliche fragen aufgeworfen und die Aussagen von Max können einen schon sehr nachdenklich stimmen. Immer wieder wird dabei auch das Sehverhalten des Zuschauers in den Vordergrund gestellt. So wird auch oft die Frage gestellt, wer den eigentlich krank sei, der Mörder, der zu seinen Greueltaten steht, oder der Zuschauer, der sich dessen Taten fasziniert auf Video anschaut. Man kann keineswegs verhehlen, das dieses Werk gezielte Fragen stellt und einen äusserst kritischen Blick auf das eigene Sehverhalten wirft. Man wird fast dazu gezwungen, sich mit sich selbst und der eigenen Vorliebe für Horrorfilme auseinanderzusetzen, was ich für einen sehr gelungenen Aspekt halte.

So bin ich abschließend zu der Meinung gelangt, das dieser Film viel mehr ist, als ein ganz gewöhnlicher Horrorfilm, denn irgendwie wird man auch dazu ermahnt, sich einmal etwas kritischer mit seinen eigenen Vorlieben und Gewohnheiten auseinanderzusetzen, was in diesem speziellen Fall natürlich vor allem auf die eigenen Sehgewohnheiten bezogen ist. Ein Film, der nicht einfach nur unterhält, sondern auch viele Fragen aufwirft und mit Sicherheit nachhaltig im Gedächtnis des Betrachters hängenbleibt. Auf jeden fall aber sollte man sich diese Perle keinesfalls entgehen lassen.


9/10

Re: The Last Horror Movie - Julian Richards

Verfasst: Fr 6. Aug 2010, 09:26
von Arkadin
Den Film habe vor einigen Jahren mal auf dem FFF gesehen.
Ganz nett, aber nix Großes. Im Grunde ein "Mann beißt Hund"-Ripp-Off mit einigen erfrischend eigenen Ideen.
Die Schlußpointe ist sehr nett, auch wenn diese im Kino (oder auf digitalen Medien) nicht rüberkommt. Aber der Gedanke zählt! :opa:

Kann man gut gucken und ich würde mal aus dem Gedächnis heraus 6/10 verteilen.

Re: The Last Horror Movie - Julian Richards

Verfasst: Mo 20. Dez 2010, 07:24
von jogiwan
Interessantes und zutiefst zynischer Fake-Snuff-Horror-Videotagebuch eines Massenmörders, der stark an den bereits erwähnten "Man bites dog" erinnert. Leider muss man jedoch sagen, der der Streifen bzw. der gewünschte Bruch der Distanz des Zuschauers zum Geschehen wie von Arkadin bereits erwähnt im Kino und auf DVD nicht wie beabsichtigt funktinieren kann. Das nimmt zwar etwas Spannung, aber gucken kann man den natürlich trotzdem, auch wenn die deutsche Fassung wohl eher an einen Fleckerlteppich, als an die Originalversion erinnert. Aber zum Glück gibts ja auch noch einen Uncut-Fassung: 7/10

Re: The Last Horror Movie - Julian Richards

Verfasst: Mi 21. Aug 2013, 00:52
von dr. freudstein
von wegen zeitsparende Fassung. Zeitraubende Fassung wäre das richtige Wort. Bei der überarbeiteten Langfassung wurden beanstandete Szenen einfach zensiert, in dem der Ton weggelassen wurde (man konnt diese Szenen aber überspringen) oder bei den Tötungsszenen das Bild eingeschwärzt und der Ton war weg. Unfug sowas. Die ganze Brisanz wurde durch die Zensur genommen, so vermute ich zumindest. Naja geschenkt bekommen die DVD, stell ich mir nicht ins Regal. Hhhhm, bei dem was übrig blieb, hat mich das alles aber auch eher unbefriedigt gelassen. MANN BEISST HUND und FETISCH-DAS PORTRAIT hatten ja die gleiche Idee, wobei hier auch noch gegen die Zuschauer des Videos gewettert wird, denn der Killer weiß ja, das er nicht "normal ist", bekennt sich dazu, aber wie ist es um den ach so harmlosen Zuschauer bestellt, der solche Videos bis zum Ende schaut? Wer von uns würde abdrehen, wenn er das Gefühl hätte, das dort Gezeigte ist vermutlich realistisch?

Re: The Last Horror Movie - Julian Richards

Verfasst: Mi 21. Aug 2013, 13:34
von CamperVan.Helsing
dr. freudstein hat geschrieben:von wegen zeitsparende Fassung. Zeitraubende Fassung wäre das richtige Wort. Bei der überarbeiteten Langfassung wurden beanstandete Szenen einfach zensiert, in dem der Ton weggelassen wurde (man konnt diese Szenen aber überspringen) oder bei den Tötungsszenen das Bild eingeschwärzt und der Ton war weg. Unfug sowas. Die ganze Brisanz wurde durch die Zensur genommen, so vermute ich zumindest.
Sinn war hier ja, zu zeigen, dass tatsächlich zensiert wurde, das dürfte in der Regel den meisten Zuschauern ja nicht bekannt sein.

Re: The Last Horror Movie - Julian Richards

Verfasst: Mi 21. Aug 2013, 15:54
von dr. freudstein
du meinst das war ja der ganze Gag an der Sache? Ich dachte, weil hier noch von einer uncut Fassung die Rede war. Wird da auch nicht mehr gezeigt? Nicht, das ich jetzt geil bin auf Gewaltszenen (nicht das der dortige Regisseur mir dann wieder einen Vorwurf machen könnte), aber grad die Dialogstellen hätten mich dann interessiert, wie anderswo von erzählt wurde.

Re: The Last Horror Movie - Julian Richards

Verfasst: Do 22. Aug 2013, 09:22
von buxtebrawler
dr. freudstein hat geschrieben:du meinst das war ja der ganze Gag an der Sache? Ich dachte, weil hier noch von einer uncut Fassung die Rede war. Wird da auch nicht mehr gezeigt?
Doch, soweit ich das verstanden habe.

Re: The Last Horror Movie - Julian Richards

Verfasst: Fr 23. Aug 2013, 15:26
von CamperVan.Helsing
dr. freudstein hat geschrieben:du meinst das war ja der ganze Gag an der Sache? Ich dachte, weil hier noch von einer uncut Fassung die Rede war. Wird da auch nicht mehr gezeigt? Nicht, das ich jetzt geil bin auf Gewaltszenen (nicht das der dortige Regisseur mir dann wieder einen Vorwurf machen könnte), aber grad die Dialogstellen hätten mich dann interessiert, wie anderswo von erzählt wurde.
Ich kenne den Film nicht, aber ich weiß, dass Legend den auch bei der JK nicht ungekürzt durchbekam. Daraufhin entschloss man sich, eben nicht die beanstandeten Szenen einfach so rauszuschneiden, sondern auf diesem Weg zu verdeutlichen, dass Zensurmaßnahmen angeordnet wurden.

Re: The Last Horror Movie - Julian Richards

Verfasst: Mi 11. Mai 2016, 07:18
von jogiwan
„The Last Horror Movie“ ist irgendwie schon ein fieses kleines Stück Film im Stil von "Mann beißt Hund", dass mit der direkten Ansprache des Serienmörders auch immer geschickt mit der Erwartungshaltung des interessierten Publikums spielt und diese vorführt. Dabei ist der hoffnungslos selbstverliebte und ziemlich arrogante Max wohl fraglos ein A-Lo sondergleichen, der sich anderen weit überlegen fühlt und mit dem man wohl auch nicht auf ein Bier gehen wollen würde. Dummerweise hat er mit einigen seinen Ausführungen aber nicht so unrecht und so ertappt man sich im Verlauf des Streifens selbst auch immer wieder bei eigenen und moralisch fragwürdigen Gedanken. Leider wirkt der vermeintlich „Slasher“-Gag als Auftakt doch etwas lahm und auch das auf ein vergangenes Videotheken-Zeitalter zugeschnittene Finale funzt in Zeiten von DVD und Streaming leider nicht mehr. So kann sich der Zuschauer auch beruhigt zurücklehnen und das „Manifest“ des Killers in aller Ruhe verfolgen, anstatt sich zu fragen, ob Max um die Ecke nicht bereits mit dem Messer wartet um ihn zum Star seiner nächsten Doku zu machen. „The Last Horror Movie“ hat zwar seine Schwachpunkte ist aber ansonsten hübsch böse.