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Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]
Verfasst: Mo 13. Apr 2020, 22:34
von buxtebrawler
Originaltitel: Die Schule am See
Herstellungsland: Deutschland / 1997-2000
Regie: Brigitte Dresewski, Cornelia Grünberg, Michael Knof, Guido Pieters und Georg Schiemann
Darsteller(innen): Mareike Carrière, Patrick Elias, Jenny-Marie Muck, Harald Maack Julian Friedrich, Jörg Friedrich, Erika Skrotzki, Philipp Niedersen, Karim Köster, Dorina Maltschewa, Susanne Walbaum, Max Volkert Martens u. A.
Die von ihrem Mann frisch getrennte Pädagogin Vera Herzog (Mareike Carrière) tritt eine Stelle am altehrwürdigen Schlossinternat Lüttin in Schleswig-Holstein an. Sie übernimmt die berüchtigte Prinzenhäusler-Wohngruppe, die bei ihren Kolleginnen und Kollegen als unerziehbar gilt. Unter dem altmodischen Internatsleiter Henning Seld (Max Volkert Martens) nimmt Vera die Herausforderung an und sieht sich mit der frechen Punkerin Antonia (Jenny-Marie Muck), der quirligen Lolle (Dorina Maltschewa), Computerfreak Alf (Philipp Niedersen), der nach außen hin ruhigeren, sich jedoch in verquere Beziehungskisten verwickelnden Nina (Sotiria Loucopoulos), dem Casanova Mario (Julian Friedrich), dem sensiblen Stefan (Karim Köster) und dem glücklosen Karlchen (Torben Liebrecht) konfrontiert. Ein bunter verhaltensauffälliger Haufen, der jedoch letztlich ebenso seine oft turbulenten Erfahrungen mit dem Erwachsenwerden macht wie andere Gleichaltrige auch. Vera findet dank ihres erfrischend junggebliebenen Naturells und ihrer unkonventionellen pädagogischen Herangehensweise einen Draht zu den Jugendlichen und formt aus ihnen eine Clique mit sozialer Kompetenz – nicht selten gegen den Widerstand verknöcherter erzkonservativer Kollegen wie Dr. Leonhard Blüm (Jörg Friedrich). Verlassen kann sie sich jedoch meist auf Sekretärin Frau Ehrchen (Erika Skrotzki) sowie auf Hausmeister Manne Zierlich (Harald Maack) – seines Zeichens der größte Elvis-Fan nördlich der Isar –, und Sportlehrer Fritz Bülow (Patrick Elias) ist eigentlich auch ganz nett…
Re: Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]
Verfasst: Mo 13. Apr 2020, 22:42
von buxtebrawler
Staffel 1
Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir
„Die Schule am See“ ist eine Jugendserie, die für die ARD produziert und dort von Dezember 1997 bis April 2000 im Vorabendprogramm ausgestrahlt wurde. Die Regisseurinnen und Regisseure Brigitte Dresewski, Cornelia Grünberg, Michael Knof, Guido Pieters und Georg Schiemann inszenierten 44 rund 50-minütige Episoden nach den Drehbüchern verschiedener Autorinnen und Autoren in drei Staffeln, jeweils unterbrochen von einem Werbeblock. Drehort war das Städtchen Plön in Schleswig-Holstein, das für die Serie zum fiktionalen Ort Lüttin wurde – angelehnt an die ebenfalls in Plön gedrehte Serie „Kleinstadtbahnhof“. Jason Everly sang „We Stick Together“, einen Ohrwurm von einem Titellied im Pop-Rock-Gewand.
„Ich scheiß‘ auf das Abi!“
Die von ihrem Mann frisch getrennte Pädagogin Vera Herzog (Mareike Carrière, „Schuldig auf Verdacht“) tritt eine Stelle am altehrwürdigen Schlossinternat Lüttin in Schleswig-Holstein an. Sie übernimmt die berüchtigte Prinzenhäusler-Wohngruppe, die bei ihren Kolleginnen und Kollegen als unerziehbar gilt. Unter dem altmodischen Internatsleiter Henning Seld (Max Volkert Martens, „Ein Richter für Berlin“) nimmt Vera die Herausforderung an und sieht sich unter anderem mit der frechen Punkerin Antonia (Jenny-Marie Muck, „Molly“), der quirligen Lolle (Dorina Maltschewa, „Engel + Joe“), Computerfreak Alf (Philipp Niedersen, „Großmutters Courage“), der nach außen hin ruhigeren, sich jedoch in verquere Beziehungskisten verwickelnden Nina (Sotiria Loucopoulos, „Verbotene Liebe“), dem Casanova Mario (Julian Friedrich, „Faust“), dem sensiblen Stefan (Karim Köster, „Stahlnetz: Die Zeugin“), und dem glücklosen Karlchen (Torben Liebrecht, „Polizeiruf 110: Blutiges Eis“) konfrontiert. Ein bunter verhaltensauffälliger Haufen, der jedoch letztlich ebenso seine oft turbulenten Erfahrungen mit dem Erwachsenwerden macht wie andere Gleichaltrige auch. Vera findet dank ihres erfrischend junggebliebenen Naturells und ihrer unkonventionellen pädagogischen Herangehensweise einen Draht zu den Jugendlichen und formt aus ihnen eine Clique mit sozialer Kompetenz – nicht selten gegen den Widerstand verknöcherter erzkonservativer Kollegen wie Dr. Leonhard Blüm (Jörg Friedrich, „Happy Weekend“). Verlassen kann sie sich jedoch meist auf Sekretärin Frau Ehrchen (Erika Skrotzki, „Ärzte: Dr. Schwarz und Dr. Martin“) sowie auf Hausmeister Manne Zierlich (Harald Maack, „Schtonk!“) – seines Zeichens der größte Elvis-Fan nördlich der Isar –, und Sportlehrer Fritz Bülow (Patrick Elias, „Rosamunde“) ist eigentlich auch ganz nett…
Mein persönlicher Bezug ergibt sich aus der Sichtung größerer Teile, wenn nicht gar der kompletten ersten Staffel im Zuge ihrer Erstausstrahlung, während ich ungefähr gleichaltrig wie die Internatsschülerinnen und -schüler war und insbesondere an der Rolle der rebellischen Antonia ein gesteigertes Interesse entwickelt hatte. Für einen langsam, aber umso sicherer in die Punk-Subkultur rutschenden Schüler, dem Schule, Staat und Gesellschaft schwer auf die Nerven gingen, barg die Serie ein gewisses Identifikationspotential, bot aber auch angenehme Zerstreuung.
In der ersten Episode werden Vera und das Fernsehpublikum zunächst einmal mit einem Haufen verklammter Pedanten bekanntgemacht: Leitung und Kollegium des Schlossinternats, einen möglichst radikalen Kontrast zu den jugendlichen Bewohnerinnen und Bewohnern setzend. Die Prinzenhäusler-Wohngruppe soll aufgelöst werden, Fritz Bülow ist mit ihrer Betreuung heillos überfordert. Doch trotz eines abweisenden Empfangs durch die juvenilen Delinquentinnen und Delinquenten setzt sich Vera für sie ein und erwirkt, dass sie zusammen mit Fritz deren Betreuung übernimmt. Typisch für eine Vorabendserie sind die Familientauglichkeit, manch Overacting in den Nebenrollen, die etwas arg konstruierten bis gestelzten Dialoge sowie die klar umrissenen Charaktere – von denen sich die Unsympathen zum Positiven wandeln sollen. Und Neuankömmling Alf, der passenderweise mit einem Plüsch-Alf im Gepäck zu den Prinzenhäuslern stößt, schlägt gewissermaßen eine Brücke zur gleichnamigen SitCom, die im vorausgegangenen Jahrzehnt zur einer überaus beliebten Vorabendserie der Deutschen geworden war.
Episode 2 nutzt Vera, um sich im Bootshaus am See häuslich einzurichten. Der spießige Schulleiter Henning Seld sorgt sich derweil darum, dass beim Besuch Gloria von Ahlefelds (Tilly Lauenstein, „Otto – Der Film“), der Vorsitzenden des Stiftungsrats des Internats, etwas schiefgehen könnte. Lolle gibt sich einem Techtelmechtel mit Bauernsohn Hans (Oliver Broumis, „Stalingrad“) hin und will die Kuh Charlotte vor der Schlachtung bewahren. Zusammen mit Antonia versteckt sie die Kuh im Internat. Das hat natürlich chaotische Erfolgen und ruft Vera auf den Plan… Diese Episode ist verdammt naiv und konzentriert sich auf ein einzelnes Tierschicksal, statt Nutztierhaltung und Fleischverzehr generell infrage zu stellen. Das Ganze ist lediglich der Aufhänger für eine Geschichte à la „Kinder vom Süderhof“ und spielt im weiteren Verlauf der Serie überhaupt keine Rolle mehr. Für eine Jugendserie zu infantil.
Dafür bekommt Antonia in der dritten Episode endlich ihren großen Auftritt: Man erfährt, dass sie sich im Internat befindet, weil ihre Eltern einfach keine Zeit für sie haben. Nicht einmal an ihrem Geburtstag lassen sie sich blicken. Nachvollziehbarerweise nagt dies an Antonia, die nach einer Provokation ihres Lehrers im Unterricht die Nerven verliert und randaliert. Sie läuft Gefahr, einen weiteren Schulverweis zu bekommen. Das ist ihr aber schnuppe. Sie zieht sich in eine abgelegene Ecke des Internats zurück, während Vera & Co. sie im ganzen Ort suchen. Lediglich Stefan findet sie, und beide kommen sich näher. Diese Episode erzählt auf grandiose, empathische Weise eine schöne Außenseiterromanze, im Zuge derer sich die hübsche Antonia auch oben ohne zeigt. Der sensible Umgang mit der jugendlichen Gefühlswelt sollte auf diese Folge hin zum Markenzeichen der Serie werden, wenngleich er längst nicht jedes Mal erreicht werden sollte – bis zum Serienende blieb diese Episode eine der stärksten und dürfte manch Zuschauerin und Zuschauer zum Dabeibleiben animiert hatten.
„Big Business“ in Episode 4: Alf arbeitet Tag und Nacht an einem Computerspiel, an dem ein Unternehmen Interesse bekundet hat – und vernachlässigt dafür den Schulalltag. Vera gelingt es weitestgehend, Alf für sein Projekt den Rücken freizuhalten, nur Schulleiter Seld weiß von nichts. Diese Episode trägt zur Charakterisierung Alfs als Computer-Crack und Veras als verständnisvolle Kuschelpädagogin bei, erhält aber vor allem durch den Kuss zwischen Vera und Fritz, die daraufhin eine Nacht miteinander verbringen, wichtige Funktion für die horizontale Handlungskonzeption.
Die fünfte Episode gehört Nina, die sich auf eine Affäre mit Deutschlehrer Schubert (Ole Pfennig, „Cypress“) eingelassen hat. Ihr Freund Eric (Jan Hendrik Heinzmann, „Alina“) kommt dahinter und die Situation eskaliert, als Eric und Schubert während einer Theaterprobe nonverbal aneinandergeraten. Neben dem sexuellen Missbrauch einer Schutzbefohlenen durch ihren Lehrer werden Eifersucht, Lügen und Gefühlschaos thematisiert. Starker Tobak, emotional präsentiert.
In Episode 6 stößt Mario als neuer Mitschüler zu den Prinzenhäuslern hinzu, schickt jedoch den Ausreißer Bruno (Martin Glade, „Polizeiruf 110: Feuer!“) vor, der sich für ihn ausgibt, damit er noch ein paar freie Tage genießen kann. Das sorgt für einige amüsante Szenen und für einen denkbar misslungenen Einstand Marios gegenüber dem Internat. Starke Momente hat Lolle in dieser Folge, die betont süß wirkt. Zwischen Vera und Fritz kriselt es hingegen stark…
Deshalb trennen sie sich in der siebten Episode. Es darf davon ausgegangen werden, dass damit angedeutet werden soll, beide hätten ihre negativen Erfahrungen aus vorausgegangenen Beziehungen noch nicht verarbeitet, ihr Verhalten lässt sie aber vielmehr irritierend unreif für ihr Alter wirken. Eher altersgemäß verhält sich Karlchen, der an einem DJ-Wettbewerb in Lübeck teilnimmt und dafür Fritz‘ Auto entwendet. Er gewinnt nicht nur den Wettbewerb, sondern lernt auch noch die junge Zazie kennen, die von ihm begeistert ist. Doof nur, dass das Auto plötzlich weg ist – und die Polizei ihn am nächsten Morgen verhört, weil in der letzten Nacht jemand mit dem Auto angefahren wurde. Was nach Karma klingt, entpuppt sich als ein Handlungsstrang über Verantwortungsbewusstsein, aber auch den Drang nach Freiheit und Selbstverwirklichung abseits des Schul- und Internatsalltags. Wer will es Karlchen verdenken?
Als eine der ausgefeiltesten Folgen der ersten Staffel entpuppt sich Episode 8: Wenn Karlchen sich mit Casanova Marios Hilfe als Gigolo René per Zeitungsannonce ausgibt, um so an Treffen mit Frauen zu gelangen, Antonia jedoch davon Wind bekommt und mit Vanessa (Vijak Bayani, „Tatort: Mord hinterm Deich“) einen Plan ausheckt, um die beiden auflaufen zu lassen, hat das fast schon Spielfilmformat. Erstaunlicherweise verzichtete man auf einen erhobenen pädagogischen Zeigefinger und lässt Karlchen doch noch als Gewinner aus der prekär gewordenen Lage hervorgehen.
Noch rigoroser geht es in der neunten Episode zu: Der als Arschlochlehrer charakterisierte Dr. Blum scheint es besonders auf Lolle abgesehen zu haben, die er im Unterricht immer wieder piesackt und vorführt. Die Prinzenhäusler wollen sich an Dr. Blüm rächen. Mit Alfs Hilfe verschaffen sie sich auf der Suche nach belastendem Material Zutritt zu dessen Wohnung und finden Anhaltspunkte, dass der Pauker etwas mit dem Tod eines Schülers während einer Klassenfahrt zu tun haben könnte. Als sie ihn daraufhin öffentlich bloßstellen, erleidet er einen Herzinfarkt. Bezeichnenderweise wird er durch diese Ereignisse jedoch tatsächlich umgänglicher, man nähert sich einander an. Vera ist unterdessen in großer Sorge um eine an Brustkrebs leidende Freundin. Für eine Jugendserie ist das Thema Tod hier ungewöhnlich omnipräsent, zugleich wird ein respektvoller Umgang zwischen den Generationen angemahnt – von beiden Seiten.
Einem angenehmeren Thema widmet sich Episode 10, denn Lolle lernt Marios Cousine Carla (Türkiz Talay, „Alles getürkt!“) kennen. Beide entdecken tiefergehende Gefühle füreinander, die Lolle sich jedoch lange nicht eingestehen will. Es geht also um erste gleichgeschlechtliche Liebeserfahrungen und die damit einhergehenden Verwirrungen, sensibel und selbstbewusst unverklemmt zugleich inklusive ein wenig Erotik inszeniert.
Eine wesentlich unappetitlichere Thematik greift die elfte Episode auf, die die Schatten der NS-Vergangenheit, die über dem Internat liegen, zum Anlass nimmt, den von Totschweigen und Leugnung geprägten Umgang mit der deutschen Vergangenheit zu kritisieren. Die Schülerinnen und Schüler wollen das Schweigen durchbrechen, nachdem sie auf einen Selbstmord eines Schülers im Jahre 1942 gestoßen sind – auch wenn dies für Antonia den Bruch mit ihrem geliebten Großvater (Ferdinand Dux, „Die Piefke-Saga“) bedeutet. Eine gute, zu antifaschistischen Aktionen aufrufende Folge.
Die einen einholende Vergangenheit ist auch Bestandteil von Episode 12, in der Stefan übel mitgespielt wird: Nicht nur, dass sein krankhaft ehrgeiziger Vater ihn unter Druck setzt, ausschließlich Bestleistungen in der Schule zu bringen, nein, auch noch seine ehemalige Mitschülerin Mira aus seinem ehemaligen Gymnasium taucht unvermittelt auf. Sie findet heraus, dass Stefan sein Abgangszeugnis gefälscht hat und erpresst ihn damit. Als Stefan sich nicht mehr anders zu helfen weiß, als sich an der Klassenfahrtskasse zu bedienen, fliegt alles auf. Diese Folge empfiehlt einen nachsichtigen pädagogischen Umgang mit derartigen Vorfällen, warnt aber auch davor, dass früher oder später alle Lügen auffliegen – und vor fiesen ehemaligen Mitschülerinnen...
Die dreizehnte Episode schickt die Schülerinnen und Schüler auf eine Camping-Exkursion in Wald und Flur, um Selds langweiligen Biologieunterricht aufzulockern. Jedoch hat kaum jemand Lust darauf – außer Mario, der dem Schulleiter einen bösen Streich spielt, indem er ihn in ein Bordell lockt, wo dieser mit einem Türsteher aneinandergerät. Zu allem Überfluss vergnügt sich Mario auch noch in der Disco, statt rechtzeitig zum Camp zurückzukommen. Doch als Seld ihn dort aufspürt, gelingt es ihm, Mario gegen eine Rockerclique zu verteidigen, die ihn verprügeln will. Auf der nächtlichen Flucht durch den Wald schweißt diese Erfahrung die beiden ein gutes Stück weit zusammen – dank des nun bestehenden Vertrauensverhältnisses hat sich die Exkursion doch noch gelohnt. Es ist ein Genuss, wie diese Folge Schulklassenexkursionen und Camping-Ausflüge entromantisiert und sich auf den einen fokussiert, der bei so etwas immer aus der Reihe tanzt. Die Nebenhandlung schickt Alf auf Freiersfüße, womit erstmals deutlich wird, dass auch der Computer-Freak kein komplett asexuelles Wesen ist.
In Episode 14 steht plötzlich alles auf der Kippe: Seld entdeckt seine Gefühle für Vera und trennt sich von seiner Freundin, Fritz allerdings steht auch noch immer auf Vera – genau wie ihr Noch-Ehemann Philipp (Stephan Schwartz, „Die Rättin“), der aus heiterem Himmel auftaucht und sie mit nach Paris nehmen möchte, wo sie als Fotoreporterin arbeiten soll. Dabei sollte sie doch gerade ihren Vertrag als Lehrerin verlängern… Vera ist hin- und hergerissen, doch als Seld ihr seine Liebe gesteht, reagiert sie abweisend und hat schon fast mit ihrer Internatsanstellung abgeschlossen – wären da nicht die Prinzenhäusler, die kreative Wege finden, sie zum Bleiben zu überreden. Gleich drei Männer, die um Veras Gunst werben, dazu eine ganze Schüler(innen)schar – so viel Zuneigung dürfte einem nur selten entgegenschlagen. Da sich Seld letztlich gezwungen sieht, mit der Schülerschaft zusammenzuarbeiten und deren von großen Teilen des Kollegiums missbilligte Methoden zu unterstützen, ist am Ende ein weiterer Schritt in Richtung Entspießigung des Schulleiters getan und die Serie kann mit Vera weitergehen.
Die fünfzehnte Episode hält eine Überraschung für Mario parat: Seine ehemalige Urlaubsbekanntschaft Dana (Marny Bergerhoff, „Schicksalsspiel“) besucht ihn hochschwanger und behauptet, dass das Kind von ihm sei. Mario versucht sie zunächst loszuwerden, doch als Dana um sein Mitleid buhlt – sie habe weder Geld noch jemanden, der ihr beistünde – beginnt er, Verantwortung zu übernehmen und wächst immer mehr in die Vaterrolle hinein. Als er sogar die Schule abbrechen will, um für Dana und das Kind da sein zu können, gesteht sie ihm jedoch, dass er gar nicht der Vater ist. Trotzdem ist er bei der Geburt dabei und bietet Dana an, bei ihr zu bleiben, doch diese zieht zu ihren Eltern zurück. Fritz wiederum droht seinen Job zu verlieren, weil er beschuldigt wird, einen Schüler geschlagen zu haben. Doch auch dieser Disput löst sich schließlich in Wohlgefallen auf. Diverse Unverfrorenheiten also, die diese Folge abhandelt – umso ungläubiger reibt man sich die Augen, wie sich am Schluss alle wieder miteinander vertragen und Friede, Freude, Eierkuchen vorherrscht. Das erscheint diesmal doch arg unwahrscheinlich und macht die Handlung letztlich oberflächlicher, als sie eigentlich sein dürfte. Schade.
Vera und Seld sind mittlerweile ein Paar, versuchen in Episode 16 aber noch, ihre Beziehung geheimzuhalten. Dennoch dringt sie langsam zu allen durch, was Probleme und Missgunst mit sich bringt. Eric hingegen steht zwischen zwei Mädchen und läuft Gefahr, beide zu verlieren. Die Verkupplungsversuch Antonias und Stefans, um Eric und Vanessa einander näherzubringen, scheitern letztlich. Wieder einmal sind schwierige Beziehungskisten das vorherrschende Thema – dankenswerterweise in dieser eher desillusorischen Folge kitschfrei verarbeitet und damit näher am wirklichen Leben.
Loverboy und Vielweiberer Mario beißt sich in der siebzehnten Episode die Zähne an Donna (Gruschenka Stevens, „Voll normaaal“), Hausmeister Zierlichs Nichte, die Zähne aus: Die junge Frau ist als Journalistin für einen Artikel über das Internat vor Ort und lässt Mario eiskalt abblitzen, steigt stattdessen mit Fritz ins Bett. So etwas hat Mario noch nicht erlebt – und verknallt sich gerade deshalb bis über beide Ohren in sie. Erstmals in seinem Leben muss er sich mit Liebeskummer auseinandersetzen. Doch auch für Donna bleibt der Internatsbesuch nicht folgenlos: Ihr eigentlicher Freund Wolfgang erwischt sie mit Fritz und macht daraufhin mit ihr Schluss. Alle anderen interessieren sich jedoch mehr für die Sonnenwendfeier, die dieses Jahr ausfallen soll, von den Prinzenhäuslern mit Veras Hilfe, die sich damit über offizielle Anweisungen hinwegsetzt, aber kurzerhand privat arrangiert wird. Der propagierte zivile Ungehorsam weiß zu gefallen, ansonsten ist diese Folge aber zu seifig ausgefallen. Wie schnell hier von Liebe gesprochen wird, ist auch nicht mehr mit der Jugendlichkeit der Protagonistinnen und Protagonisten zu erklären. Dennoch schön, dass Mario endlich einmal nicht mit seiner Masche durchkommt – diese Erfahrung trägt zur Charakterbildung bei.
Der Staffelabschluss in Episode 18 bereitet auf den Abschied einer vertrauten Figur vor: Seld hat sich um eine Dozentenstelle an der Universität Hamburg beworben, jedoch ohne sich wirklich Chancen auszumalen. Vera ist alles andere als begeistert, und sie soll mit ihren Befürchtungen Recht behalten: Seld bekommt eine Zusage und wird die Stelle antreten. Der konservative Dr. Blüm ist bereit, Selds Nachfolge anzutreten, doch Stiftungsratsvorsitzende Gloria von Ahlefeld tritt an Vera heran und bietet ihr die Schulleitung an. Somit konkurrieren Vera und Dr. Blüm um den Posten. Sekretärin Ehrchen hingegen freut sich auf die Sommerferien, hat sie doch eine Reise nach Florida gewonnen. Hausmeister Zierlich bietet sich gern als Reisebegleiter an… Offene Enden zum Schuljahresschluss und Staffelfinale also, die durchaus neugierig auf die zweite Staffel machen. Schade nur, dass diesmal die Prinzenhäusler zu kurz kommen, indem sie kaum eine Rolle spielen. Das hätte man eleganter lösen können.
Unterm Strich hat sich diese erste Staffel manch Drehbucheskapade und fragwürdiger Leistung des einen oder anderen Nachwuchstalents zum Trotz aber ganz gut geschlagen, indem sie mit nicht immer sympathischen, aber stets interessanten Figuren vertraut gemacht, das oft pittoreske schleswig-holstein‘sche Ambiente gut einzufangen wusste und den einen oder anderen Höhepunkt zu bieten hat, der Lust auf mehr macht – sofern man mit dieser Mischung aus Coming-of-age, Drama, Seifenoper und Komik klarkommt. Für Montagabende vor der Glotze war das 1997/’98 aber sicher nicht die schlechteste Wahl.
Re: Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]
Verfasst: Di 14. Apr 2020, 18:08
von FarfallaInsanguinata
Sehr schön ausgeführte Episodenbesprechungen, bux!
Vieles davon habe ich nicht mehr so explizit in Erinnerung, ist halt über zwanzig Jahre her, klingt mir dennoch stimmig. Toll auch, dass Du die 3. Folge so treffend geschildert hast, denn diese "Antonia in Not"-Folge war tatsächlich eine der besten der gesamten Serie, die mich auch zum Weiterschauen animierte.
Eigentlich war ich damals ja bereits zu alt für solche Jugendserien, aber dieser Spleen ist mir bis heute erhalten geblieben. Deshalb schaue ich immer noch derartiges, siehe "Schloss Einstein" über Ostern.
Re: Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]
Verfasst: Mi 15. Apr 2020, 08:46
von buxtebrawler
FarfallaInsanguinata hat geschrieben:Sehr schön ausgeführte Episodenbesprechungen, bux!
Vieles davon habe ich nicht mehr so explizit in Erinnerung, ist halt über zwanzig Jahre her, klingt mir dennoch stimmig. Toll auch, dass Du die 3. Folge so treffend geschildert hast, denn diese "Antonia in Not"-Folge war tatsächlich eine der besten der gesamten Serie, die mich auch zum Weiterschauen animierte.
Vielen Dank
FarfallaInsanguinata hat geschrieben:Eigentlich war ich damals ja bereits zu alt für solche Jugendserien, aber dieser Spleen ist mir bis heute erhalten geblieben. Deshalb schaue ich immer noch derartiges, siehe "Schloss Einstein" über Ostern.
Jugend ist schließlich keine Altersspanne, sondern eine Lebenseinstellung
Re: Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]
Verfasst: Do 23. Apr 2020, 17:41
von buxtebrawler
Staffel 2
School's out for summer,
school's out forever
Im Herbst 1999 ging’s mit der zweiten Staffel weiter:
Kaum hat Vera Herzog in der ersten Episode ihre neue Stelle als Schulleiterin des Internats angetreten, stellt sie ein neuer Schüler vor Probleme: Georg Brückner (Jan Andres, „Laura und Luis“), Spitzname: Grobi, ist impulsiv und gewalttätig und gerät direkt nonverbal mit Mario aneinander. Grobi fliegt gleich wieder vom Internat und ist daraufhin so verzweifelt, dass er einen Selbstmordversuch unternimmt. Als Vera Grobis Hintergrundgeschichte erfährt (er stammt aus einem zerrütteten Elternhaus und hat einen ebenfalls gewalttätigen, alkoholabhängigen Stiefvater), gibt sie ihm noch eine Chance, er kann also doch auf dem Internat bleiben. Weniger überlegt handelt Vera jedoch ihr Privatleben betreffend: Aus nichtigen Gründen trennt sie sich von Fritz Bülow. Diese Folge versucht die häufig traurigen Hintergründe gewalttätigen Verhaltens aufzuzeigen und empfiehlt pädagogische Ansätze statt Sanktionen. Die Beziehung zwischen Vera und Fritz mutet immer bizarrer an und ist für Außenstehende kaum noch nachvollziehbar. In einer Nebenrolle: „Großstadtrevier“ und „Neues aus Büttenwarder“-Star Peter Heinrich Brix.
In Episode 2 kommt Lolle zum Zuge: Zusammen mit ihrer Freundin Rosa (Bernadette Heerwagen, „Die Nacht der Engel“) trainiert sie für die Aufnahmeprüfung an der Hamburger Musicalschule. Daraus entbrennt jedoch ein Konkurrenzkampf untereinander, der erst endet, als beide von der Schule abgelehnt werden. Lolle-Darstellerin Dorina Maltschewa kann damit endlich einmal zeigen, wie gut sie singen und tanzen kann. Kein Wunder, ist sie doch eine ausgebildete Musicaldarstellerin, die, 1973 geboren, wesentlich älter als ihre Rolle war. Bisweilen enervierend wirkt jedoch das Gezicke zwischen Lolle und Rosa, wenngleich die daraus letztlich abgeleitete Aussage, Freundschaft sei wichtiger als eine etwaige Karriere, wiederum stimmt. Im Nebenstrang streiten sich Vera und Dr. Blüm um Lieblingsschüler Alf, an dem beide einen Narren gefressen haben. Gut gelungene, in sich abgeschlossene Folge, die auch den Umgang mit Niederlagen thematisiert.
Eine weitere neue Mitschülerin und damit ein weiterer Konflikt in der dritten Episode: Passend zum Thema „Gewalt zweier rivalisierender Gruppen“ wird im Unterricht „Clockwork Orange“ behandelt. Laras Freund Magga (Matthias Koeberlin, „Schimanski: Rattennest“) hat nämlich Streit mit den Prinzenhäuslern und fordert ein Duell. Neuling und Boxsportler „Prince“ alias Grobi wird auserkoren, sich mit ihm zu messen, will aber eigentlich nicht – schließlich hat er seine Lektion aus der vorausgegangenen Folge gelernt. Andererseits will er aber auch nicht als feiger, kneifender Verräter dastehen. Er sucht den Dialog und lässt sich sogar erniedrigen, nur um dem Kampf zu entgehen. Maggas Clique misshandelt jedoch Alf, womit das Fass zum Überlaufen gebracht wird. Die übrigen Prinzenhäusler trainieren nun ebenfalls Boxen. Stefan soll’s an Grobis Stelle richten, Grobi wird geschnitten. Und Ex-Boxer Fritz Bülow mischt sich auch noch ein… Der sekundäre Erzählstrang hat diesmal die Krise zwischen Hausmeister Zierlich und Sekretärin Ehrchen zum Thema, denn Zierlich hat eine Rendezvous mit einer Amateurfunkbekanntschaft, das vom hereinplatzenden Ehrchen unwirsch beendet wird. Zeit für die beiden, sich einmal auszusprechen. Insgesamt handelt es sich um eine spannende Folge um Konfliktbewältigung, die dankens- und auch ein bisschen überraschenderweise nicht in die hippiepädagogische Litanei von der absoluten Gewaltlosigkeit verfällt, sondern verdeutlicht, dass man nicht umhinkommt, sich manchen Konflikten konfrontativ zu stellen – und dass manche Soziopathen einfach mal ein paar aufs Maul brauchen.
In Episode 4 steht Alf im Mittelpunkt: Seine Eltern wollen sich trennen, was ihn wie der Schlag trifft. Er versucht, sie wieder zusammenzubringen, doch als zur Debatte steht, dass er aus diesem Grunde das Internat verlässt, entscheidet er sich letztlich für seine Freunde und die Schule. Außerdem lernt er in Anna (Katharina Eckerfeld, „Härtetest“) ein Mädchen kennen, in das er sich verguckt und die ihm ihrerseits Interesse suggeriert, ihn jedoch auch für dumm verkauft und sich vor einer festen Beziehung ziert. Eine Folge also über die Abkapselung von den Eltern und das Einschlagen eigener Wege, in der Alf zudem lernen muss, dass er ein Mädchen nicht ohne Weiteres an sich binden kann.
Das war jedoch noch verhältnismäßig harmlos gegenüber dem, was die fünfte Episode an Beziehungskonflikten bereithält: Lolle hat Geburtstag. Obwohl sie mit Carla liiert ist, ist sie eigentlich noch immer mit Hans (Oliver Broumis, „Stalingrad“) zusammen, der nichts von Carla weiß, ihr aber seinerseits einen längeren Auslandsaufenthalt als ursprünglich geplant vorschwindelt. Der Grund dafür ist, dass er als Überraschungsgast auf ihrer Party auftaucht. Lolle gesteht ihm ihre Beziehung zu Carla, die wiederum verständlicherweise genervt auf Hans‘ Anwesenheit reagiert, zumal Lolle Carla gegenüber ihrer Mutter verschweigt. Tatsächlich lässt sich Lolle dazu hinreißen, noch einmal mit Hans herumzumachen, was jedoch nicht lang andauert, da sie herausfindet, dass er eine Affäre in den USA hatte. Und was macht eigentlich Antonia? Die hat ihre Matheklausur versemmelt, woraufhin sich Dr. Blüm arrogant über sie auslässt und ihr ein Durchfallen durchs Abitur prognostiziert. Der Konflikt zwischen beiden Parteien droht zu eskalieren, doch Antonia büffelt für die Nachprüfung – und reagiert eifersüchtig, als ihr Freund Stefan derweil mit Lara einen trinken geht. Anstatt die Nachprüfung anzutreten, dreht sie durch und will abhauen. Du liebe Güte, geht’s hier hoch her! Es ist schön, dass sich die Serie wieder mehr Antonia widmet, und es weiß auch zu gefallen, wie Lolles und Carlas Beziehung noch einmal aufgegriffen wird – gleichzeitig ist man angesichts all dieser Verunsicherungen, gekränkter Eitelkeiten und Zankereien jedoch froh, selbst kein Teenager mehr zu sein. Obwohl, sind die Erwachsenen so viel besser…?
Fritz' jüngerer Bruder Leo (Oliver Böttcher, „Black Jack“) kommt in Episode 6 zu Besuch und versucht, ihn für seine Segelschule an der Côte d'Azur abzuwerben. Eigentlich keine schlechte Option, denn im Prinzenhaus geht’s mal wieder drunter und drüber und er scheint an Autorität einzubüßen, während Grobi seine Probleme im Alkohol zu ertränken versucht. Vera liegt derweil mit einer Blinddarmentzündung im Krankenhaus, Dr. Blüm vertritt sie als Betreuer im Prinzenhaus. Es wird sich leidenschaftlich um den leidigen Abwasch gestritten und die Situation eskaliert, als es zu einem Küchenbrand kommt. Als Fritz auch noch regelrecht verarscht wird, hat er die Schnauze voll und kündigt, macht jedoch einen Rückzieher, als sich Grobi wieder fängt. Ehrchen feiert ihr Jubiläum, das Dr. Blüm glatt vergisst, woraufhin sie in Tränen ausbricht. Und Antonia? Hat sich eine neue Frisur zugelegt und trägt passend zum allgemeinen Chaos einen stacheligen Punk-Look auf dem Haupt. Eine recht unterhaltsame Folge, in der es sich einmal mehr um Konfliktbewältigung dreht, aber auch um berufliche Leistungen, die andere mitunter erst zu schätzen wissen, wenn sie zu entfallen drohen oder bereits ausfallen und halbherzig oder improvisiert ersetzt werden. Oder kurz: Vera und Fritz sind wichtig und müssen bleiben.
Eine der inhaltlich deftigsten der ganzen Serie ist die siebte Episode: Stefan hadert mit seinem Zivildienst-Job im Internat, durch den er aber immerhin der Schule (und damit der Serie) erhalten bleibt. Als die Schülerinnen und Schüler auf die Idee kommen, einen alten Kahn als Clubraum herzurichten, ist er wieder Feuer und Flamme und plant das Projekt mit Lara. Gegenseitig baut man eine engere Bindung auf, was Antonia und ihre Eifersucht wieder befeuert. Und tatsächlich: Lara hat sich in Stefan verknallt. Nach Antonias Streit mit Stefan knutschen Lara und Stefan miteinander und steigen sogar miteinander ins Bett. Antonia erwischt die beiden am nächsten Morgen und macht mit Stefan Schluss. Dann bescheidet die Schulverwaltung die Kahnpläne der Schülerschaft auch noch ablehnend. Was keiner ahnen konnte: Derweil bringt sich Lara um! Ein auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer echter Schock, der in dieser Konsequenz nicht vorhersehbar war. Antonia und Stefan nähern sich zwar wieder einander an, doch Antonia entscheidet sich gegen eine Wiederaufnahme der Beziehung. Eine echte Scheißsituation, in der einem beide leidtun. Zu allem Überfluss verprügelt Grobi auch noch Stefan wegen Laras Tod – er war in sie verknallt. Stefan trägt jedoch keine Schuld, Lara hatte ihren Suizid schon lange geplant – was noch mal ein ganz anderes Licht auf ihre Nacht mit Stefan wirft – und der Grund ist in einem alten unverarbeiteten Trauma zu suchen. Dass sich Vera angesichts einer bevorstehenden Schulinspektion um ihren Job sorgt, gerät da zur Nebensache. Dennoch andere Probleme hat Alf: Seine Quasifreundin Anna glaubt schwanger zu sein. Er steigert sich voll in diese Vorstellung hinein und programmiert sogar eine Babysimulation zu Übungszwecken auf seinem Computer. Seine Welt bricht zusammen, als er erfährt, dass Anne gar nicht schwanger und zu allem Überfluss parallel auch noch immer mit ihrem Arno (Stefan Hornung) zusammen ist. Anna will eine Dreierbeziehung mit beiden, doch Alf lässt sich nicht darauf ein und verliert damit seine erste große Liebe. Was sich in Episode 4 der zweiten Staffel bereits andeutete, wird hier Gewissheit: Alf-Mime Philipp Niedersens schauspielerische Leistungen haben sich deutlich verbessert. „Schwarze Tage“ ist eine todtraurige Folge, die ans Eingemachte geht. Als habe Antonia die düsteren Ereignisse vorausgeahnt, tendiert sie nun mehr in Richtung Gothic, ihr Zimmer ist mit The-Cure-Devotionalien geschmückt. Das Ende jagt einem weiteren Gänsehautschauer über den Rücken und besiegelt eine Folge, die die ganze Staffel aufwertet und unerbittlich klarstellt: Es gibt nicht immer ein Happy End.
Über weite Strecken fröhlicher und versöhnlicher geht es dann wieder in Episode 8 zu: Mario und Grobi leihen sich Zierlichs Oldtimer, um auf eine Party zu fahren, verunfallen jedoch am Weidezaun der attraktiven Jungbäuerin Rieke. Mit ihr treffen sie eine Abmachung: Als gelernte Kfz-Mechanikerin repariert sie das Auto, das rechtzeitig zum Vespatreffen fertig sein muss, dafür packen sie auf ihrem Hof kräftig mit an. Damit Zierlich tatsächlich zusammen mit Ehrchen zum Treffen brausen kann, muss er aber doch noch selbst Hand mitanlegen. Georg verknallt sich in Rieke, muss jedoch gegen Mario um ihre Gunst buhlen. Die gibt ihrem untreuen Mann den Laufpass und steigt zu Marios Überraschung mit Grobi in die Kiste. Im Internat tritt derweil der neue Schularzt Dr. Björn Bente (Dietrich Adam, „Tatort: Buntes Wasser“) seinen Dienst an und verguckt sich schnell in die Schulleiterin. Über die Sprechanlage teilt er versehentlich in alle Räume mit, dass er sich in Vera verliebt habe. Nach einem erfolgreichen Rendezvous kommen sie sich näher und küssen sich. Stefan versucht unterdessen, Antonia zurückzuerobern, doch die will ihre Ruhe vor ihm haben. Seine Geburtstagsüberraschung für Antonia geht in die Hose, aber immerhin können beide kurz miteinander reden. Somit handelt es sich um eine Folge sowohl über erfolgreiche Beziehungsanbahnungen als auch über die möglichen fatalen Folgen des Fremdgehens. Insbesondere die Handlung um Rieke und ihren unverbindlichen Sex mit Grobi gefällt, die genau wie alles andere hier ohne jegliches Moralisieren auskommt.
In der neunten Episode steht Weihnachten vor der Tür – und scheint’s im Internatsarchiv zu spuken: Irgendetwas erschreckt immer wieder Sekretärin Ehrchen. Alf kommt dem Spuk auf die Spur: Zierlich rächt sich damit an Ehrchen dafür, dass sie ihn bei einer Einladung zum Essen versetzt hat. Auch Fritz‘ Liebesleben ist nach Längerem wieder Thema, signalisiert die attraktive Silke Schloßmacher (Chris Hohenester, „Charley's Tante“-Neuverfilmung), die in einem Ladengeschäft auf ihn aufmerksam wurde, doch unmissverständlich ihr Interesse. Zunächst will Fritz nichts von ihr wissen, ändert im weiteren Verlauf jedoch seine Meinung. Und Dr. Blüm freundet sich immer stärker mit einer Kollegin an. Nur Ehrchen und Zierlich finden einfach nicht zueinander, sondern setzen einander zu. Insgesamt eine etwas alberne Folge, die viele lose Enden zurücklässt und sich enttäuschend wenig den Schülerinnen und Schülern widmet.
Episode 10 thematisiert eines der beschämendsten Ereignisse der jüngeren europäischen Geschichte: den Balkankrieg. Fritz‘ Freund Milosz kommt mit seiner Tochter Svetlana (Jacqueline Svilarov, „Lindenstraße“) aus dem Kosovo zu Besuch und reist alsbald allein wieder zurück, um seinen Sohn nachzuholen. Svetlana ist in tiefer Sorge, dass ihr Vater dort verhaftet wird. Die ganze Familie ist vom Krieg gebeutelt, Svetlanas Mutter und Schwester fielen ihm bereits zum Opfer. Seit ihrer Trennung von Stefan ist Antonia extrem unausgeglichen und gerät auch giftig mit Svetlana aneinander – bis sie deren Tagebuch findet und darin liest. Zusammen mit Lolle nimmt sie sich ihrer an, nachdem Milosz tatsächlich verhaftet wurde. Und als habe das eine gewisse therapeutische Wirkung gehabt, freundet sie sich auch mit Stefan wieder an. Im Nebenstrang lernt Vera den Sohn ihres neuen Partners Dr. Bente kennen, woraufhin es etwas kriselt. Die Probleme können jedoch noch innerhalb dieser Folge aus der Welt geschafft werden: Der Sohnemann freut sich, wenn Vater eine neue Flamme hat, braucht aber keine neue Mutter. Neben dieser Handhabungsempfehlung für sog. Patchwork-Familien vermittelt man einen Eindruck davon, wie unbedeutend eigene Sorgen angesichts des Leids, das andere ertragen müssen, sein können, und stellt die Wehwehchen des Stammensembles hintenan. Zudem verschließt man den Augen nicht vor der bitteren Realität des Krieges.
Dafür geht’s in Sachen Liebe, Lust und Frust bereits in der elften Episode wieder drunter und drüber: Zwischen Fritz uns Silke kriselt’s direkt, sie scheint eifersüchtig auf Vera zu sein. Mario wiederum hat einen HIV-Test durchführen lassen und will bei negativem Ergebnis der Promiskuität abschwören. Tja, er fällt tatsächlich negativ aus – von nun an geht Mario allen mit seiner Sexfeindlichkeit auf die Nerven, scheint bei den sexy Zwillingen, die neu im Internat sind und allen Jungs den Kopf verdrehen, damit aber gut anzukommen… Antonia indes reagiert immer noch eifersüchtig, wenn sie Stefan mit anderen Mädels sieht, lässt sich aber vom Herumtreiber und Hallodri Tom (Jens Eulenberger, „Der Landarzt“) aufreißen, worauf wiederum Stefan gar nicht klarkommt. Tom verdreht Antonia ihr hübsches Köpfchen, meint es aber keineswegs ernst mit ihr. Als Lolle dahinterkommt und ihre Freundin warnt, ist diese zu verblendet, um ihr zu glauben, und gibt die Freundschaft zu ihr auf. Fritz und Silke trennen sich, kaum dass ihre Beziehung begonnen hatte, schließlich schon wieder, treiben es aber spontan noch einmal miteinander. Und Antonia muss schmerzlich erfahren, dass sie einen Fehler gemacht hat. Zu schönen Bildern des Plöner Sees bei Sonnenuntergang warnt diese Folge naive Mädchen vor unehrlichen Don Juans und Gigolos und entlarvt passenderweise gleichzeitig Marios neue Keuschheit als perfide Masche. Männer sind eben Schweine, außer Stefan, und wie Antonia und er sich gegenseitig wehtun, wird für ein empathisches Publikum langsam aber sicher unerträglich. So möge Antonia ihm doch endlich verzeihen und einen Neuanfang mit ihm wagen, verdammt noch mal!
Eher seltsam mutet Episode 12 an: Die Schulklasse besucht die Bundeswehr, bei der sich Grobi insbesondere für die Fliegerei interessiert. Wie Mario hat auch er seine Einberufung zur Musterung bekommen, doch im Gegensatz zu ihm hat Mario überhaupt keinen Bock aufs Militär – wenn auch weniger aus pazifistischen Gründen als vielmehr wegen seines geplanten Auslandsaufenthalts. Grobi legt sich so sehr für ein Spitzenzeugnis, das ihn für eine Pilotenausbildung qualifizieren soll, ins Zeug, dass er einen Hörsturz erleidet. Mario will unbedingt ausgemustert werden, Grobi unbedingt bestehen – beide tun jeweils alles dafür und kommen schließlich auf die Idee, ihre ärztlichen Atteste zu tauschen. Doch als er bei der Musterung körperlich attackiert wird, erleidet Grobi einen zweiten Hörsturz, und Mario kommt mit seinen Schwindeleien nicht durch. Fritz und Silke sind eigenartigerweise doch noch ein Paar, aber bei einem gemeinsamen Abendessen mit Vera und Dr. Bente entdeckt Vera, dass sie wieder zärtliche Gefühle für Fritz empfindet. Doch, oh Schreck: Fritz und Silke wollen heiraten! Veras Gefühlsleben mutet hiermit endgültig chaotisch an und erfüllt jedes Klischee wankelmütiger Frauen, die kein Mann dieser Welt verstehen kann. Für meinen Geschmack eine Drehbuchkapriole zu viel. Fragwürdig ist es auch, dass die Bundeswehr mit ihren sich vor sozialer Verantwortung drückenden und lieber ihrem Wehrsport frönenden Soldaten so sehr im Fokus steht, während der Zivildienst keinerlei Thema ist – als existiere diese Option gar nicht. Unterm Strich keine sonderlich gelungene Folge.
Dies war symptomatisch für den weiteren Verlauf der Staffel, in dem die Gäule mit den Autorinnen und Autoren endgültig durchgehen: Das Abitur ist durch, die meisten haben bestanden, manche Wege werden sich trennen – und das nicht nur unter den Schülerinnen und Schülern: Vera gesteht Dr. Bente, dass sie Fritz noch immer liebt, und trennt sich von ihm. Fritz und Silke stecken jedoch bereits mitten in ihren Hochzeitvorbereitungen, die Eheschließung soll offenbar übers Knie gebrochen werden. Vera reagiert schwer genervt, dass man sie darin involviert, und lädt Fritz noch einmal zum Essen ein. Dr. Bente platz herein und verplappert sich wutentbrannt. Fritz und Vera sprechen sich daraufhin aus. Fritz hat unter der damaligen Trennung von Vera sehr gelitten und will nicht das Gleiche noch einmal durchmachen müssen. Aufgedonnert erscheint Vera auf dem Polterabend – und knutscht wieder mit Fritz, der sie trotzdem nicht zurücknimmt. In der Kirche jedoch verweigert er das Ja-Wort und schnappt sich Vera! Auch andere ehemalige Antipoden finden überraschend zusammen: Chauvi Mario gesteht Goth-Punkerin Antonia aus heiterem Himmel seine Liebe, die sich daraufhin tatsächlich Mario öffnet und mit ihm ins Bett geht – ausgerechnet kurz vor Marios Abschied vom Internat. In dieser Folge explodiert der Soap-Overkill, nicht nur Vera und Fritz erweisen sich als vollkommen unzurechnungsfähig und eigentlich dringend therapiebedürftig. Anstatt endlich reinen Tisch mit Stefan zu machen und ihre einstige innige Beziehung wieder aufzugreifen, stürzt sich Antonia ins nächste Unglück mit einem eitlen, selbstgerechten Gockel und Womanizer, und nach dem Eklat in der Kirche wird ausgelassen gefeiert, als sei Fritz‘ gegenüber Silke ultrafiese Nummer die einzig richtige Entscheidung gewesen. Manch Zuschauer dürfte sich gefreut haben, Antonia mal wieder oben ohne zu sehen, ansonsten bereitet dieser Auftakt zum Staffelfinale aber mehr Stirnrunzeln und Kopfzerbrechen als gute Unterhaltung. Doch es ging noch schlimmer:
In der vierzehnten und letzten Episode der zweiten Staffel befinden wir uns in den Sommerferien. Grobi ist vorzeitig von zu Hause ins Internat zurückgekehrt, auch Antonia ist schon wieder da. Vera und Fritz renovieren ein altes Bauernhaus, das sie gemeinsam beziehen wollen. Doch als Fritz Vera während einer Autofahrt überraschend einen Heiratsantrag macht, scheint sie in eine Schockstarre zu verfallen. Der Vorfall resultiert in einem leichten Unfall, bei dem sich Vera den Knöchel bricht. Fritz‘ kleine Nichte Maike (Gesche Blume-Werry, „Doppelter Einsatz – Missbraucht“) kommt zu Besuch bzw. übernimmt er für längere Zeit die Verantwortung für sie, da ihre Mutter in einer Klinik behandelt werden muss. Dies muss auch Vera, die am Esstisch erneut mit einem Krampfanfall zusammenbricht, Diagnose: Hirntumor! Diese verschweigt sie Fritz jedoch – und verstirbt plötzlich und unerwartet noch in dieser Folge, die sich damit für das schlimmstmögliche Staffelende entscheidet, das für Entsetzen sorgt nicht nur wegen Veras Tod, sondern vor allem aufgrund der überhasteten Herangehensweise, mit der sie anscheinend aus den Drehbüchern geschrieben werden musste. Das ist nicht nur schade für die Serie, sondern auch ärgerlich und unbefriedigend fürs Publikum. „Die Schule am See“ tat sich keinen Gefallen damit, sich gegen Ende dieser zweiten Staffel zu einem seifigen, unglaubwürdigen Melodram zu entwickeln. Das einzige, das dieser Folge positiv zu entnehmen ist, ist Antonias schwarze Goth-Punk-Garderobe – der Hammer und sicherlich feuchter Traum manch pubertierenden Zuschauers. Veras Serientod ist jedoch umso tragischer vor dem Hintergrund, dass Schauspielerin Mareike Carrière 2014 tatsächlich einem Krebsleiden erlag. Ob unter diesen geränderten Voraussetzungen eine dritte Staffel überhaupt funktionieren kann?
Re: Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]
Verfasst: Fr 24. Apr 2020, 00:31
von FarfallaInsanguinata
Ich wiederhole mich ungern, aber das Lesen hat mir erneut großen Spaß gemacht.
Dieser Suizid in Folge 7 war für eine derartige Vorabendserie tatsächlich ziemlich drastisch und blieb mir sehr im Gedächtnis. Neben der "Antonia in Not"-Folge aus Staffel 1 sicherlich das Highlight der gesamten Serie! Bemerkenswert ist bei beiden, wie gelungen und authentisch Gefühle dargestellt und vermittelt wurden und wie echt und glaubhaft das rüberkam.
Veras' Tod am Schluss war mir allerdings völlig entfallen, vielleicht habe ich die Folge auch schlicht verpasst.
Re: Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]
Verfasst: Fr 24. Apr 2020, 09:19
von buxtebrawler
FarfallaInsanguinata hat geschrieben:Ich wiederhole mich ungern, aber das Lesen hat mir erneut großen Spaß gemacht.
Das freut mich!
FarfallaInsanguinata hat geschrieben:Dieser Suizid in Folge 7 war für eine derartige Vorabendserie tatsächlich ziemlich drastisch und blieb mir sehr im Gedächtnis. Neben der "Antonia in Not"-Folge aus Staffel 1 sicherlich das Highlight der gesamten Serie! Bemerkenswert ist bei beiden, wie gelungen und authentisch Gefühle dargestellt und vermittelt wurden und wie echt und glaubhaft das rüberkam.
Ja, sehe ich ganz genauso.
FarfallaInsanguinata hat geschrieben:Veras' Tod am Schluss war mir allerdings völlig entfallen, vielleicht habe ich die Folge auch schlicht verpasst.
Hast du dich gar nicht gefragt, wo sie abgeblieben ist?
Ich glaube, sie wurde nach ihrem Tod tatsächlich mit keiner Silbe mehr erwähnt. Oder hattest du die dritte Staffel gar nicht mehr geguckt?
Re: Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]
Verfasst: Sa 25. Apr 2020, 19:35
von FarfallaInsanguinata
buxtebrawler hat geschrieben:FarfallaInsanguinata hat geschrieben:Veras' Tod am Schluss war mir allerdings völlig entfallen, vielleicht habe ich die Folge auch schlicht verpasst.
Hast du dich gar nicht gefragt, wo sie abgeblieben ist?
Ich glaube, sie wurde nach ihrem Tod tatsächlich mit keiner Silbe mehr erwähnt. Oder hattest du die dritte Staffel gar nicht mehr geguckt?
Tja, gute Frage! Das werde ich wohl erst wissen, wenn du die ebenfalls besprochen hast.
Aber ernsthaft, ich denke schon, dass ich die auch angeschaut habe. Wie es da zu diesem Gedächtnisverlust kommen konnte, ist mir selbst nicht ganz klar.
Re: Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]
Verfasst: Do 30. Apr 2020, 17:07
von buxtebrawler
FarfallaInsanguinata hat geschrieben:Tja, gute Frage! Das werde ich wohl erst wissen, wenn du die ebenfalls besprochen hast.
Ist in der Mache
Re: Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]
Verfasst: Do 30. Apr 2020, 20:04
von FarfallaInsanguinata
buxtebrawler hat geschrieben:FarfallaInsanguinata hat geschrieben:Tja, gute Frage! Das werde ich wohl erst wissen, wenn du die ebenfalls besprochen hast.
Ist in der Mache