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Neue Deutsche Welle – Revolte, Spaß und Da-Da-Da - Melanie Didier (2019) [Doku]

Verfasst: Mi 22. Jul 2020, 17:33
von buxtebrawler
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Originaltitel: Neue Deutsche Welle – Revolte, Spaß und Da-Da-Da

Herstellungsland: Deutschland / 2019

Autorin: Melanie Didier

Mitwirkende: Markus, Ixi, Geier Sturzflug, Lisa Feller, Stefanie Tücking, Ingolf Lück, Dieter Falk, Aleksandra Bechtel u. A.
Schrill, laut, bunt und lustig - dafür steht die Neue Deutsche Welle. Songs wie "Ich will Spaß", "Sternenhimmel" oder "99 Luftballons" dürfen bis heute auf keiner guten Party fehlen. Dabei sind die Lieder schon über 30 Jahre alt - genau wie die Bewegung selbst. Ende der 70er schwappt die Welle nach Deutschland. Lange Zeit kopieren deutsche Musiker das, was in den USA oder Großbritannien passiert. Deutschsprachige Popstars gibt es damals kaum. Inspiriert vom Punk, fangen dann Anfang der achtziger Jahre doch auch deutsche Musiker an zu experimentieren: Anfangs ist die Musik noch geprägt von coolen Synthesizer-Klängen und provokanten Texten. Mit der zunehmenden Kommerzialisierung der NDW werden dann auch andere Töne angeschlagen - die Titel werden bunter, eingängiger und vor allem partytauglicher. Der Neuen Deutschen Welle ist es zu verdanken, dass sich endlich auch deutsch singende Musiker in den Charts etablieren können. Alles ist damals möglich, denn alles ist neu und deutsch. NDW-Ikonen wie Markus, IXI, Geier Sturzflug, aber auch prominente Zeitzeugen wie Lisa Feller, Ingolf Lück, Aleksandra Bechtel und viele mehr tauchen mit uns ein, in eine der kreativsten aber auch umstrittensten Phasen der deutschen Musikgeschichte. 90 Minuten lassen wir das Jahrzehnt zwischen Leopardenhosen, Schweißbändern und Nato Doppelbeschluss Revue passieren und zwar völlig losgelöst! Diese Sendung ist auch eine Erinnerung an die 2018 viel zu früh verstorbene Moderatorin und Musik-Journalistin Stefanie Tücking, die in dieser Sendung einen ihrer letzten TV-Auftritte hatte.
Quelle: www1.wdr.de

Re: Neue Deutsche Welle – Revolte, Spaß und Da-Da-Da - Melanie Didier (2019) [Doku]

Verfasst: Mi 22. Jul 2020, 17:35
von buxtebrawler
„Die NDW war zum Teil kein Schöngesang!“

Der rund eineinhalbstündige Dokumentarfilm „Neue Deutsche Welle – Revolte, Spaß und Da-Da-Da“ der Autorin Melanie Didier für den WDR aus dem Jahre 2019 versammelt NDW-Musiker aus der zweiten Reihe wie Markus, Ixi und Geier Sturzflug sowie Zeitzeuginnen und -zeugen wie Lisa Feller, Stefanie Tücking/Ingolf Lück, Dieter Falk oder Aleksandra Bechtel, um gemeinsam das Musikphänomen Neue Deutsche Welle Revue passieren zu lassen. Dieses wirbelte die deutsche Musiklandschaft von Ende der 1970er bis ungefähr Mitte der 1980er ordentlich durch. Ursprünglich vom Punk kommend, etablierte die NDW deutschsprachige Popmusik im Mainstream, wurde aber auch im Eiltempo kommerzialisiert, bis sie als Trend recht bald bedeutungslos wurde. Sie hat aber ihre Klassiker und Evergreens hervorgebracht und wird seither regelmäßig wiederentdeckt.

Susanne Hampl führt als Off-Sprecherin durch den Film, der zahlreiche Original-TV-Aufnahmen in Form von Archivmaterial aneinanderreiht, darunter Ausschnitte aus Musikvideos, Auftritten von NDW-Künstlerinnen und -Künstlern in Fernsehsendungen sowie Interview-Ausschnitte, und von den o.g. Mitwirkenden kommentieren lässt. Natürlich macht man mit Nena den Anfang, beleuchtet aber auch Hubert Kah näher, dessen Musik seit jeher dem Mainstream zugeneigt war, jedoch mit Look und öffentlichen Auftritten für Furore sorgte, und widmet sich schließlich den Punkwurzeln der NDW, vor allem anhand der Düsseldorfer Szene und ihren Übergängen zur NDW, sowie der Stadt Hagen mit ihren Hybridbands Extrabreit und Ideal. Joachim Witt, Frl. Menke, Trio und die Spider Murphy Gang geben sich ebenfalls ein Stelldichein; sogar das kuriose Projekt „Deutsch-Österreichisches Feingefühl (DÖF)“ findet Erwähnung.

Am Beispiel von Ixis „Knutschfleck“ wird schließlich die Kommerzialisierung und Verflachung der NDW problematisiert, aber auch Ixis spaßiges Skandälchen um Detlef, den sie auf den Strich schicken wollte, wird ins Gedächtnis gerufen. Die Geier-Sturzflug-Jungs dürfen noch mal erläutern, wie sehr sie mit ihrem „Bruttosozialprodukt“ missverstanden wurden und stehen doch so einigem, das die NDW hervorbrachte, skeptisch gegenüber; insbesondere Klaus „John“ Fiehe, der sich im schicken T-Shirt des Hamburger Musikclubs „Molotow“ präsentiert und heute 1Live-Moderator ist, wirkt recht grantelig – Geier Sturzflug hatten einen etwas anderen Anspruch als viele NDW-Acts.

„Neue Deutsche Welle – Revolte, Spaß und Da-Da-Da“ ist unterm Strich eine nette Doku, die mit ihren repetitiven „Da da da“-Samples, abgewechselt vom offenbar unvermeidlichen „Es geht voran“ (Fehlfarben), bisweilen ebenso enerviert wie mit der ständig singenden Aleks Bechtel, anhand des geballten Archivmaterials aber einen für den Einstieg (und natürlich die Nostalgie) recht geeigneten Überblick über ein zeitlich begrenztes musikalisches, popkulturelles Phänomen zwischen Mode und Oberflächlichkeit auf der einen und Rebellion und Selbstverwirklichung auf der anderen Seite liefert. Didiers Film zeichnet die Neue Deutsche Welle als kreativen Zeitabschnitt, in dem sich viele (auch tänzerisch…) ausprobieren konnten, wodurch die Bewegung doch ziemlich heterogen geriet. Zudem fand die NDW offenbar zu großen Teilen im damals noch sehr eingeschränkten TV-Musikprogramm statt, wodurch sie vor allem in der „ZDF Hitparade“ für ein Skandälchen nach dem anderen sorgte und sie somit nicht nur zu einem Musik-, sondern auch zu einem Medienphänomen machte.

Die Doku bietet für eineinhalb Stunden Laufzeit einen passablen Querschnitt durch die Neue Deutsche Welle, wenngleich es schade ist, dass der damalige NDW-Underground quasi komplett unerwähnt bleibt. Und wo ist eigentlich Peter Schilling abgeblieben? Tragischerweise handelt es sich bei diesem Film um einen der letzten TV-Auftritte der ehemaligen „Formel Eins“-Moderatorin Stefanie Tücking, die 2018 unerwartet und viel zu früh verstarb. Ihr ist „Neue Deutsche Welle – Revolte, Spaß und Da-Da-Da“ gewidmet – eine schöne Geste.

Re: Neue Deutsche Welle – Revolte, Spaß und Da-Da-Da - Melanie Didier (2019) [Doku]

Verfasst: Do 23. Jul 2020, 08:10
von karlAbundzu
KLingt interessant, und als Zeitzeuge mit verklärtem nostalgischen Blick würde ich wahrscheinlich einiges anders sehen.
Aber gerade die Entwicklung Geier Sturzflugs ist für mich als Freund der ersten beiden Platten interessant, vom Strassenmusikant (hört euch mal die original Version von Bruttosozialprodukt über Punk-Reggae-Underground zum sozialkritischen Spaß-NDW mit Ska-Einschlag endend beim 6-Tage-Rennen und Dschungelcamphymne....).
Aber Markus und eben GS als zweite Reihe bezeichnen, nungut, Ich will Spaß und Bruttosozialprodukt gehörten wohl zu den prägensten Hits.

Trotz der Aleksandra Bechtel werde ich mir das auf jeden Fall mal ansehen.

Ergänzend dazu empfehle ich die Doku über Trio. Drei Mann im Doppelbett. Auf yt

Re: Neue Deutsche Welle – Revolte, Spaß und Da-Da-Da - Melanie Didier (2019) [Doku]

Verfasst: Do 23. Jul 2020, 08:34
von buxtebrawler
karlAbundzu hat geschrieben: Do 23. Jul 2020, 08:10 Aber gerade die Entwicklung Geier Sturzflugs ist für mich als Freund der ersten beiden Platten interessant, vom Strassenmusikant (hört euch mal die original Version von Bruttosozialprodukt über Punk-Reggae-Underground zum sozialkritischen Spaß-NDW mit Ska-Einschlag endend beim 6-Tage-Rennen und Dschungelcamphymne....).
Es existiert eine Originalversion von "Bruttosozialprodukt "?
6-Tage-Rennen...? Dschungelcamphymne?! :-?
karlAbundzu hat geschrieben: Do 23. Jul 2020, 08:10Aber Markus und eben GS als zweite Reihe bezeichnen, nungut, Ich will Spaß und Bruttosozialprodukt gehörten wohl zu den prägensten Hits.
Sicher, aber vergleich diese beiden Beinahe-One-Hit-Wonder doch mal mit Nena, Extrabreit, Trio oder dem auch häufig dazugezählten Falco...

Re: Neue Deutsche Welle – Revolte, Spaß und Da-Da-Da - Melanie Didier (2019) [Doku]

Verfasst: Do 23. Jul 2020, 15:06
von karlAbundzu

Der Sänger Friedel Geratsch hatte vor Geier Sturzflug ein unstetes Leben als Strassenmusikant und ein Hippie-Duo mit Reinhard Beierle namens Dicke Lippe, die immerhin auf Trikont veröffentlichten, 1977 dies.
Bei den Bremer Sechs-Tage-Rennen treten auch immer Stimmungskapellen auf, eine zeitlang Klaus und Klaus, man kolportiert, in den 70ern eine Frauen-Oben-Ohne-Coverband. Und in den mittleren oder späten 90ern eine Reinkarnation von GS, ich glaube sogar mit Friedel Geratsch, der wohl immer noch hoffte, subversive Inhalte ins Volk streuen zu können. Und ihr Hit Pure Lust am Leben wurde für das Dschungelcamp umgetextet gecovert mit Erlaubnis. Ich gönne denen ja die Kohle.

Re: Neue Deutsche Welle – Revolte, Spaß und Da-Da-Da - Melanie Didier (2019) [Doku]

Verfasst: Do 23. Jul 2020, 16:25
von buxtebrawler
karlAbundzu hat geschrieben: Do 23. Jul 2020, 15:06
Der Sänger Friedel Geratsch hatte vor Geier Sturzflug ein unstetes Leben als Strassenmusikant und ein Hippie-Duo mit Reinhard Beierle namens Dicke Lippe, die immerhin auf Trikont veröffentlichten, 1977 dies.
Bei den Bremer Sechs-Tage-Rennen treten auch immer Stimmungskapellen auf, eine zeitlang Klaus und Klaus, man kolportiert, in den 70ern eine Frauen-Oben-Ohne-Coverband. Und in den mittleren oder späten 90ern eine Reinkarnation von GS, ich glaube sogar mit Friedel Geratsch, der wohl immer noch hoffte, subversive Inhalte ins Volk streuen zu können. Und ihr Hit Pure Lust am Leben wurde für das Dschungelcamp umgetextet gecovert mit Erlaubnis. Ich gönne denen ja die Kohle.
Interessant! Kannte jene Version gar nicht.
Du meinst aber nicht die Dschungelcamp-Titelmelodie, oder?

Mir hat's ja besonders jener Hit angetan:


Geier Sturzflug - Besuchen Sie Europa

Re: Neue Deutsche Welle – Revolte, Spaß und Da-Da-Da - Melanie Didier (2019) [Doku]

Verfasst: Fr 24. Jul 2020, 13:25
von karlAbundzu
Die Dschungel-"Stars" der, glaube ich, zweiten Staffel haben ein Song zusammen aufgenommen, eben ein Cover von Pure Lust, Pure Lust zu Überleben genannt. EIn Video erspar ich uns mal allen, die Namen Desiree Nick, Willi Herren und Dolly Buster sagen genug.

Besuchen sie Europa ist toll und so schön 80er Themen zeitgeistig. Für weitere Beschäftigung ist neben der beiden Hitplatten "Heiße Zeiten" und "3mal täglich", di bei mir bis auf ein paar Lieder den Test der Zeit nicht bestanden, die Debut-LP, ebenfalls auf Trikont, "'runtergekommen" zu empfehlen. Sehr viel rauher, zwischen Proprck, Punk und Reggae.

Fun Fact am Rande: Die Textbeilage bei Heiße Zeiten wurde durch ein großes satirisches Bild illustriert, gezeichnet von Kai Hawaii.

Re: Neue Deutsche Welle – Revolte, Spaß und Da-Da-Da - Melanie Didier (2019) [Doku]

Verfasst: So 26. Jul 2020, 14:58
von Arkadin
Ich finde es ja immer wieder spannend, dass viele Pop-Leutchen (besonders aus der NDW) aus Ecken kommen, wo man sie gar nicht vermuten würde. Auch die Schlager-Fuzzies der 70er haben ihre Wurzeln häufig im Rock 'N Roll, Beat oder gar Jazz. Und da gibt es dann tolle Sachen zu entdecken. Manche sind dann ja auch mit dem neuen Image als Schwiegermuttersöhnchen/-töchterchen mit den Lalala-Humptata-Liedern nicht wirklich klar gekommen. Angeblich passiert da ja heute noch und Frau Fischer z.B. wollte immer ernstzunehmende Musical-Sängerin werden und war wohl anfangs auch unglücklich mit "Atemlos durch die Nacht" & Co. Und Onkel Jürgen hat ja eigentlich auch eine Historie, die nicht unbedingt auf Ballermann hingedeutet hat. Catharina Valente war in den USA ein großer Star. und hierzulande auf Schlagerfilme und belangloses Tralalala festgelegt. Wie gesagt - spannendes Thema.