Remo Williams: The Adventure Begins - G. Hamilton (1985)
Verfasst: Fr 27. Aug 2010, 23:03
Diese Perle sollte nicht ausschliesslich im Tagebuch versauern:
Remo Williams: The Adventure Begins (USA 1985, Originaltitel: Remo Williams: The Adventure Begins)
Sam (Fred Ward) verrichtet seinen Dienst bei der New Yorker Polizei. Eines Nachts gerät er in eine heftige Auseinandersetzung mit mehreren Kriminellen, die er aber mit Erfolg beenden kann. Zumindest zunächst, doch kaum sitzt er angeschlagen in seinem Streifenwagen, wird dieser von einem anderen Fahrzeug im Hafenbecken versenkt. Irgendwann erwacht Sam in einem Krankenhaus, sein Gesicht wurde einer "Schönheitsoperation" unterzogen. Ein rätselhafter Bursche taucht auf, er teilt dem Polizisten mit, dass dessen alte Identität ausgelöscht sei, offiziell gilt er als tot und begraben. Mit dem neuen Namen Remo Williams ausgestattet, lernt der Zwangsrekrutierte bald seinen neuen Boss kennen. Smith (Wilford Brimley) teilt Remo mit, dass man direkt dem Präsidenten der Vereinigten Staaten unsterstellt sei. Die geheime Organisation besteht nur aus drei Personen, dem Chef namens Smith, dem erfahrenen MacCleary (J.A. Preston) und neuerdings Remo. Man stellt den Neuling unter die Obhut des Koreaners Chiun (Joel Grey), der Remo in Sinanju unterrichten soll, der ältesten und effektivsten Kampfsportart überhaupt. Für den Amerikaner beginnt eine harte Zeit voller Entbehrungen, doch er lernt schnell und man will ihn schnellstmöglich zum Einsatz bringen. Smith bereiten die Umtriebe des Industriellen Grove (Charles Cioffi) starke Kopfschmerzen. Besagter Grove kassiert jede Menge Zaster für die Entwicklung militärischer Gerätschaften, doch seine Produkte bleiben hinter den Erwartungen zurück. Grove hat überall Einfluss gewonnen und etliche geschmierte Offizielle an der Kette, nur Smith und seine Mitarbeiter können ihm das Leben erschweren. Major Fleming (Kate Mulgrew) ist eine sehr pflichtbewusste Offizierin, sie wittert den faulen Braten ebenfalls, doch ihr korrupter Vorgesetzter bremst sie immer wieder aus. Können Smith, MacCleary und Remo die Umtriebe des schwerkriminellen Grove stoppen, oder wird das Verbrechen letztlich die Oberhand behalten...???
"Remo" ist ursprünglich die Hauptfigur einer Romanserie namens "The Destroyer". Wie der Originaltitel des Films verrät, hätte daraus auch eine Filmreihe werden können/sollen. Leider blieben die Einspielergebnisse hinter den Erwartungen zurück, weitere Verfilmungen stehen nicht im direkten Zusammenhang mit dem Erstling von 1985. Guy Hamilton hat mit "Remo" einen seiner besten Filme inszeniert, und der Mann ist nun wahrlich kein unbeschriebenes Blatt. Er führte bei vier Bond Filmen Regie (Goldfinger sei als wichtigster Beitrag genannt), auch die gelungene Fortsetzung des Klassikers "Die Kanonen von Navarone" geht auf sein Konto (Der wilde Haufen von Navarone, 1978). In Deutschland unter "Remo - Unbewaffnet und gefährlich" veröffentlicht, bietet man dem Zuschauer knapp zwei Stunden sehr unterhaltsamer Action mit Humor an. Hamilton erzählt angenehm unhektisch, besonders die Ausbildung des Helden nimmt einen nicht unerheblichen Teil der Laufzeit ein. Für manche Zeitgenossen mag der Streifen zu wenig Action bieten, zu langsam inszeniert sein. Ich bin mit dem gebotenen Tempo sehr zufrieden, besonders weil die Ausbildung jede Menge Spass macht. Dafür sorgen die herrlichen Dialoge zwischen Fred Ward und Joel Grey, besonders Grey zieht als allwissender und unbezwingbarer Koreaner alle Register. Der Humor setzt nicht auf kreischenden Klamauk, sondern macht mit seiner feinen, bissigen Ironie wirklich Freude.
Fred Ward erweist sich als perfekter Sympathieträger. Schon in den wenigen Minuten zu Beginn des Films, als er noch als Cop im Einsatz ist, kann man ihn nur mögen, doch als Remo ist er noch knuffiger. Nach einer gewissen Eingewöhnungsphase will er Chiun beeindrucken, doch der Meister holt ihn immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. So spornt man sich gegenseitig zu Höchstleistungen an, nach und nach entsteht echte Zuneigung, obwohl die beiden das gern abstreiten. Joel Grey kommt als kleines, vertrocknet aussehendes Männlein daher, doch hinter dem harmlosen Äusseren, verbirgt sich ein perfekter und waiser Sinanju Meister. Ständig prangert der Alte die Lebensgewohnheiten der Amerikaner an, bezeichnet die Koreaner als Krone der Schöpfung. Doch obwohl er den "American Way of Life" verabscheut, verfolgt er mit grosser Begeisterung eine US-Seifenopfer, die alltäglich über den Bildschirm flimmert. Man muss das Zusammenspiel von Ward und Grey einfach gesehen haben, wie sich die beiden Akteure immer wieder die Bälle zuspielen, ist schlicht und ergreifend mehr als liebenswert. Im Vergleich mit diesen beiden phantastisch aufgelegten Schauspielern, muss die übrige Besetzung einen Schritt zurücktreten, jedoch machen alle Beteiligten einen guten Job. Wilford Brimley und J.A. Preston überzeugen in den Rollen, die sie zu Remos neuen Gefährten machen. Charles Cioffi spielt den fiesen Bonzen mit kalter Präzision, erfüllt die üblichen Klischees, die man mit entsprechenden Charakteren verbindet. George Coe fehlt als General jeglicher Mut, er punktet als gekaufter Scherge des Bösewichts, als willenloser Gehilfe eines skrupellosen Menschen. Kate Mulgrew fühlt sich offensichtlich zu Remo hingezogen, eine weitere Entwicklung dieser eventuellen Beziehungskiste, wäre in einer Fortsetzung sicher zum Thema geworden. Patrick Kilpatrick sehen wir als Handlager Cioffis, ihm fühlt Remo nahezu wortwörtlich auf den Zahn.
"Remo" habe ich erstmals vor ewigen Zeiten gesehen, der Film muss noch recht neu gewesen sein, er hat die Jahre sehr gut überstanden. Natürlich kann er das Jahrzehnt seiner Herkunft nicht verleugnen, man lausche nur dem typischen Score, doch der Film versprüht jede Menge Charme, die eingebrachten Ingredienzien vermählen sich zu einem betörenden Gaumenschmaus. Perfekt ausgewählte Darsteller, gekommt inszenierte Action, schöne Kulissen, angenehmer Humor, wohl dosiertes Tempo. Die Figuren hätten mehr als genug Potential für einige Fortsetzungen gehabt, doch leider nahm das Publikum zu wenig Notiz von diesem prächtigen Film. Folglich kam Remo nicht über den Status "The Adventure begins" hinaus, doch dafür hat es dieser Auftakt wirklich in sich.
Die deutsche DVD-Auswertung ist vergriffen. Einen Verlust stellt diese Tatsache nicht dar, denn die DVD basiert auf der alten Schnittversion für den deutschen Markt, für die man den Film um mehr als vier Minuten gekürzt hat. Gerade bei Genrefilmen handelt es sich oft um Gewaltschnitte, doch bei "Remo" wurden "nur" einige Dialogszenen entfernt. Meiner Meinung nach sollte man auf jeden Fall zur ungekürzten Fassung greifen, die Kürzungen sind eine bodenlose Unverschämtheit. Die britische DVD gibt es zum kleinen Preis, sie bietet den Film ungekürzt an, das Bildformat ist korrekt. Wer auf die deutsche Synchronisation verzichten kann, macht mit der UK-Scheibe nichts falsch. Die Bonusabteilung glänzt durch Abwesenheit, doch die Bildqualität geht in Ordung. Wegen des moderaten Preises kann man die DVD durchaus empfehlen, der Film zählt sowieso eindeutig zum Pflichtprogramm!
Sehr gut = 8/10
Lieblingszitat:
"You've been recruited by an Organisation that doesn't exist."