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Das Kommando - Ian Sharp (1982)

Verfasst: Di 27. Apr 2021, 06:16
von Maulwurf
Das Kommando
Who dares wins
Großbritannien 1982
Regie: Ian Sharp
Lewis Collins, Judy Davis, Richard Widmark, Edward Woodward, Robert Webber, Tony Doyle, John Duttine, Kenneth Griffith, Rosalind Lloyd, Ingrid Pitt, Norman Rodway, Maurice Roëves


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Terroristen nutzen eine Bürgerrechtsbewegung aus, um hinter den Kulissen einen Anschlag auf die amerikanische Botschaft auszuführen. Der SAS-Soldat Peter Skellen wird zum Schein unehrenhaft entlassen, damit er sich bei den Bösewichtern undercover einschleichen und die Pläne aufdecken kann. Das mit dem Undercover klappt aber leider nicht so gut, woraufhin die Terroristen Skellens Frau und Kind als Geiseln nehmen und ihn zum Mitmachen zwingen.

So weit, so gut: die Handlung ist schnell und einfach erklärt, die Schauspieler sind actionerprobt, und rein prinzipiell ist natürlich von vornherein klar wer gewinnen wird. Die Grundaussage von DAS KOMMANDO ist genauso wie die Machart erzkonservativ, um nicht zu sagen stockreaktionär, und damit muss man als Zuschauer umgehen können. Eine gottverdammte Werbung für den SAS, wo man als tatkräftiger, junger Mann noch so richtig Abenteuer erleben kann: Abseilen aus fliegenden Hubschraubern, Granaten werfen, Gewaltmärsche durch die Wildnis von Wales, Terroristen abschießen, foltern …

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Von der Aussage her steckt DAS KOMMANDO also jeden Chuck Norris-Film locker in die Tasche, aber bei all dem Gemecker fallen trotzdem zwei Dinge auf: Der Flick ist ein ausgesprochen spannender Actionfilm, der technisch auf hohem Niveau und mit blendenden Schauspielern famos aufspielt. Und der gleichzeitig dabei den Zeitgeist aufgreift, und die damals tobende Diskussion über das Für und Wider des atomaren Rüstungswettlaufs erstklassig wiedergibt. Auf der einen Seite die Betonköpfe, die der Meinung waren, das nur durch das militärische Übertrumpfen der jeweils anderen Seite das eigene Land in Sicherheit sei, und auf der anderen Seite eine Bevölkerung, über deren Köpfen ein sehr ernsthafter Kalter Krieg gespielt wurde, mit dem damals sicheren Ausblick auf einen Strahlentod als Damoklesschwert, und die zunehmend gegen diese wunderbare neue Welt protestierte.

Viele Konservative behaupteten damals, dass die Oster-, Friedens- und Anti-Atomkraft-Marschierer in Wirklichkeit aus Moskau oder Ost-Berlin gelenkt würden, und DAS KOMMANDO hängt sich an diese Aussage dran: Eine Bürgerinitiative für Abrüstung dient ganz selbstverständlich als Schutzschild für terroristische Aktivitäten, was auch sonst? Es mag ja sein, dass ganz normale Familien aus Angst um die Zukunft ihrer Kinder dort mitmarschieren, aber wir können im Film auch einen kleinen und fiesen Blick hinter die Kulissen der Macht werfen und werden darüber informiert, dass terroristische und mutmaßlich kommunistische Verschwörungen bis tief in die Schaltzentralen der Regierungen reichen. Ein zugegeben besorgniserregender Blick, der geschickt Spannung und eine verzweifelt wirkende Grundstimmung erzeugt.

Ian Sharp relativiert diese Aussage zwar immer wieder recht geschickt (was dann witzigerweise oft die Aufgabe von Edward Woodward ist, der in den Jahren danach dann im britischen Fernsehen als Equalizer – als „Gleichmacher“ - in der gleichnamigen Fernsehserie aufgetreten ist. Ein englischer Kumpel beschrieb mir die Serie damals als „Robert McCall behandelt alle gleich: Er erschießt sie.“), aber er lässt Lewis Collins’ auch immer wieder Seitenhiebe auf alles sagen, was auch nur irgendwie ein klein wenig links einer Bürgerwehr aufmarschiert.

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Überhaupt, Lewis Collins - Bekannt als Bodie aus der TV-Serie DIE PROFIS, die von 1977 bis 1983 den größeren Teil Westeuropas ziemlich gerockt hat, und für die beiden Hauptdarsteller schauspielerisch den kurzzeitlichen Durchbruch darstellte. Es fällt auf, dass DAS KOMMANDO aus dem Jahr 1982 stammt, somit also während der Laufzeit der PROFIS gedreht wurde, und Lewis Collins spielt hier im Prinzip auch nichts anderes als das, was er als Bodie ebenfalls dargestellt hat: Einen gutaussehenden Haudrauf mit Militärvergangenheit und einer, sagen wir mal, eher rustikalen Eleganz. Judy Davis‘ Charakter Frankie Leith meint über Skellen „Der Fußboden hat zwar einen hölzernen, jedoch sehr animierenden Charme.“ Genau so! Und witzigerweise ist in der Altmännerrunde neben Edward Woodward noch ein ungenannter Befehlshaber, dessen Funktion nicht genau benannt ist, der aber aussieht wie der CI5-Gordon Jackson für ganz ganz Arme …
Interessanterweise hat Ian Sharp drei Folgen der PROFIS gedreht, unter anderem 1980 die Folge Kickback (auf deutsch Mordauftrag für Bodie), in der Lewis Collins zusammen mit einem SAS-Mann einen Undercoverauftrag durchführen soll, sowie 1982 die Folge Operation Susie, eine knallharte und sehr spannende Episode um Agenten, die nicht das sind was sie zu sein scheinen. Die Ähnlichkeiten zu DAS KOMMANDO sind deutlich zu erkennen, und auch die 1982 gedrehte Folge Lawson’s last stand (auf deutsch Lawsons letzter Appell) dreht sich um Militär, um Ehre und Treue, um Soldatenhaftigkeit und darum, dass dieses Land allmählich vor die Hunde geht. Sollte Ian Sharp ein Überzeugungstäter sein? Dafür würde sprechen, dass er einen ausufernden Dialog zwischen Richard Widmark als dem US-amerikanischen Außenminister und Judy Davis Charakter über den Themenkomplex Atomares Wettrüsten – Demonstrationen – Bewaffneter Widerstand führen lässt, und zwar an ausgesprochen prominenter Stelle, nämlich nach dem Eindringen der Terroristen in die Botschaft. Dieser zentrale Dialog endet mit der Aussage des Botschafters „Sie fordern die Abrüstung und beginnen damit bei den westlichen Ländern.“ Ein böser Tritt in Richtung der Existenzberechtigung von Bürgerinitiativen, und, in diesem Zusammenhang viel wichtiger, das narrative Äquivalent zu einer Vollbremsung. Plötzlich steht der Film minutenlang auf der Stelle, und es dauert lange bis die Handlung wieder Fahrt aufnimmt. Offensichtlich war Sharp dieses Thema recht wichtig …

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Wie gesagt, die Grundaussage des Films ist erzreaktionär, und damit muss man beim Anschauen klarkommen. Aber gleichzeitig ist DAS KOMMANDO auch angenehm altmodisch in so Dingen wie Spannung und Action, und lässt Ian Sharp nichts anbrennen. Was den Film zu einem erstklassig zu schauendem Erlebnis mit fragwürdiger Aussage macht, ihn also problemlos in eine Reihe mit Michael Dudikoff- und Chuck Norris-Filmen stellt. Was ja nun wirklich nicht das Schlechteste ist, was man über einen Actionfilm sagen kann, oder?

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8/10

Re: Das Kommando - Don Sharp (1982)

Verfasst: Di 27. Apr 2021, 10:06
von Blap
Maulwurf hat geschrieben: Di 27. Apr 2021, 06:16
Wie gesagt, die Grundaussage des Films ist erzreaktionär, und damit muss man beim Anschauen klarkommen. Aber gleichzeitig ist DAS KOMMANDO auch angenehm altmodisch in so Dingen wie Spannung und Action, und lässt Ian Sharp nichts anbrennen. Was den Film zu einem erstklassig zu schauendem Erlebnis mit fragwürdiger Aussage macht, ihn also problemlos in eine Reihe mit Michael Dudikoff- und Chuck Norris-Filmen stellt. Was ja nun wirklich nicht das Schlechteste ist, was man über einen Actionfilm sagen kann, oder?
Auf den Punkt gebracht. 8/10 sind durchaus angemessen.

Re: Das Kommando - Don Sharp (1982)

Verfasst: Di 27. Apr 2021, 10:57
von Arkadin
Ich war nicht besonders überzeugt:

Nachdem SAS-Captain Peter Skellen (Lewis Collins) bei einer Übung zwei ausländische Beobachter foltern ließ, wird er unehrenhaft aus seinem Regiment entlassen. Doch dieses Täuschungsmanöver dient lediglich dazu, ihn bei einer Gruppe Friedensaktivisten einzuschleusen, die im Verdacht stehen, von Terroristen unterwandert worden zu sein. Und tatsächlich stellt sich dieser Verdacht mal als richtig heraus. Obwohl es Skellen gelingt, das Vertrauen der Anführerin Frankie Leith (Judy Davis) zu gewinnen, finden ihre Mitstreiter schnell heraus, dass mit Skellen etwas nicht stimmt. Als die Bande plant, die amerikanische Botschaft in London zu besetzten, spitzt sich die Situation zu…

Wenn man die neue Scheibe von „Das Kommando“ in den Player legt, dann starten automatisch Trailer zu den drei Söldner-Filmen, die Lewis Collins Mitte der 80er in Italien unter der Regie von Antonio Margheriti gedreht hat. Bunte Krawum-Action mit einem hohen Spaßfaktor. Wer nun erwartet, dass „Das Kommando“ in eine ähnliche Kerbe haut, wird zwangsläufig enttäuscht werden. Die Action steht hier bei weitem nicht im Vordergrund und wird nur spärlich – dann aber intensiv – eingesetzt. „Das Kommando“ ist ein dialoglastiger Thriller, der mit 120 Minuten leider auch deutlich zu lang geraten ist. Insbesondere die schier unendlich dauernden Musik – und Performancenummern könnten gut mehr, als nur ein wenig, Kürzung vertragen.

Leider muss man auch sagen, dass es Lewis Collins nicht gelingt, diese Art von Film allein zu tragen. Dazu ist er dann darstellerisch doch zu limitiert und wird von seiner Kontrahentin Judy Davis locker an die Wand gespielt. Collins ist ein cooler Typ, der für Hau-Drauf-Action wie bei Margheriti bestens geeignet ist und in der Serie „Die Profis“ mit den passenden Partnern eine gute Figur abgibt. Hier steht er aber die meiste Zeit nur in der Gegend herum und entwickelt nicht das nötige Charisma, welches er bräuchte, um seiner Figur wirklich Persönlichkeit zu verleihen. Judy Davis – später Stammschauspielerin bei Woody Allen- hingegen glänzt als fanatische Terroristin, der die Konsequenzen ihres Handelns gar nicht bewusst sind, und die sich blind vor Idealismus zum Werkzeug von Mächten macht, von denen sie gar keine Ahnung hat. Hier empfiehlt sich unbedingt die Originalfassung, in der die Davis mit ihrer wohltönenden, dunklen Stimme spricht. In der deutschen Fassung ist ihre Synchronstimme ein Tick zu schrill und hysterisch, was die Ambivalenz ihres Charakters zunichte macht. Denn während sie in der englischen Fassung einen durchaus selbstsicheren und kontrollierten Eindruck macht, wirkt sie in der deutschen lediglich hysterisch-fanatisch. Neben Judy Davis trumpft insbesondere Kultstar Ingrid „Comtesse des Grauens“ Pitt als eiskalte Killerin Helga auf. Leider sieht man von ihr insgesamt aber recht wenig. Als amerikanischer Außenminister darf Richard Widmark einige Sätze knurren und sich ein Rededuell mit Judy Davis liefern. Alle anderen kommen und gehen, ohne einen größeren Eindruck zu hinterlassen.

Darüber hinaus wirkt der Film an vielen Stellen auch arg zusammengeschustert. Es gibt einige Szenen, die schlichtweg langatmig und für die Handlung nicht unbedingt relevant erscheinen. Andere sind zwar interessant, enden aber abrupt oder wirken, wie nachträglich eingefügt. Dies mag an der Art und Weise liegen, wie das Drehbuch entstand. Ein erster Entwurf stammte vom Co-Schöpfer der legendären Serie „Nummer 6", George Markstein. Dieses wurde vom britischen Autoren James Follett in einen Roman umgesetzt, welcher noch während seiner Entstehung, von Reginald Rose, dessen berühmtestes Werk „Die zwölf Geschworenen“ ist, in ein Drehbuch umgeschrieben wurde. Sicherlich nicht die optimalen Voraussetzungen für einen dichten und stringenten Film.

Von der politischen Seite her, kann man dem Film sicherlich eine erzkonservative Einstellung unterstellen. Dass gerade die Friedensbewegung als Hort von Terroristen und Fanatikern vorgestellt wird, und die anfänglich gezeigten Bilder einer Demonstration dieses Bild einer verblendeten, fremdgesteuerten Masse noch unterstreicht, mag sauer aufstoßen. Andererseits hat aber auch die Gegenseite bis auf gute Ratschläge und hohle Phrasen keine Antworten auf die – durchaus berechtigten – Fragen der Friedensaktivisten. Deren Idee, den Weltfrieden mit einer Atomexplosion herzustellen, darf allerdings als ziemlicher Unfug bezeichnet werden. Interessanter ist dann aber die Rolle der mächtigen Männer hinter den offensichtlichen Vorgängen. Hier findet der Film am Ende tatsächlich noch den Mut zu einer kritischen Aussage darüber, wie die Reichen und Mächtigen ihre Mitmenschen zu reinen Marionetten ihrer ureigensten Machtinteressen degradieren. Vor diesem Hintergrund erscheinen dann auch Männer wie Skellen nicht unbedingt heldenhaft, sondern wie stumpfsinnige Werkzeuge. Dieser Anflug von Paranoia-Kino macht den Film dann doch etwas doppelbödiger, als es zunächst den Anschein hat.

Was die Action angeht, hält sich der Film, wie eingangs erwähnt, eher zurück. Wenn es aber dann mal zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt, so setzt Regisseur Ian Sharp diese kompromisslos und hart in Szene. So wird z.B. an einer Stelle, wo es bei einer öffentlichen Kundgebung in einer Kirche zu Tumulten kommt, mal eben beiläufig gezeigt, wie einem der Teilnehmer der Kopf eingeschlagen wird. Alle Trümpfe werden dann im kurzen und knackigen Finale ausgespielt, das nicht nur gut choreographiert ist, sondern einen realistischen Einblick in die Arbeitsweise des SAS gibt. Da hat sich dann das lange Warten doch noch gelohnt.

„Das Kommando“ ist leider mit 120 Minuten viel zu lang geraten. Viele Szenen wirken wie Füllmaterial oder sind einfach zu geschwätzig. Zudem leidet der Film darunter, dass er stellenweise zusammengestückelt wirkt. Ein hier leider eher schwacher Hauptdarsteller wird von der souverän aufspielenden Judy Davis und einer leider viel zu kurz eingesetzten Ingrid Pitt wieder aufgewogen. Die Action ist zwar nur rar gesät, in ihrer Umsetzung aber hart und knackig. Dies gilt insbesondere für das kurze, aber intensive Finale.

Re: Das Kommando - Don Sharp (1982)

Verfasst: Di 27. Apr 2021, 11:33
von buxtebrawler
@Maulwurf: Weshalb machst du aus Don Ian? :-?

Re: Das Kommando - Don Sharp (1982)

Verfasst: Di 27. Apr 2021, 13:52
von Maulwurf
buxtebrawler hat geschrieben: Di 27. Apr 2021, 11:33 @Maulwurf: Weshalb machst du aus Don Ian? :-?
Nee, andersrum. Keine Ahnung warum mir da der Don unter dier Finger geraten ist. Der Don muss weg - Der Mann hieß Ian! Vielen Dank für den Hinweis, habe ich in der Titelzeile gleich mal ausgebessert.

Re: Das Kommando - Don Sharp (1982)

Verfasst: Di 27. Apr 2021, 14:07
von buxtebrawler
Maulwurf hat geschrieben: Di 27. Apr 2021, 13:52 Nee, andersrum. Keine Ahnung warum mir da der Don unter dier Finger geraten ist. Der Don muss weg - Der Mann hieß Ian! Vielen Dank für den Hinweis, habe ich in der Titelzeile gleich mal ausgebessert.
Ah, ok. Und ich dachte schon, Mensch Donnie, wat haste da wieder für'n faschistoiden Scheißdreck gedreht :D

Re: Das Kommando - Ian Sharp (1982)

Verfasst: Mi 28. Apr 2021, 06:15
von sergio petroni
Ich kenne den Film zwar nicht, finde aber den Soundtrack groovy