Gretel & Hänsel - Oz Perkins (2020)

Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Gretel & Hänsel - Oz Perkins (2020)

Beitrag von jogiwan »

Gretel & Hänsel

01.jpg
01.jpg (16.02 KiB) 443 mal betrachtet
Originaltitel: Gretel & Hansel

Herstellungsland: USA, Kanada, Irland / 2020

Regie: Oz Perkins

Darsteller: Sophia Lillis, Samuel Leakey, Alice Krige, Jessica De Gouw, Ian Kenny

Story:

In einer Zeit voller dunkler Geschichten und Aberglauben werden die Geschwister Gretel und Hänsel von der eigenen Mutter vor die Türe gesetzt. Auf der Suche nach Essen und einer Siedlung von Waldmenschen landen sie relativ rasch vor dem Haus einer alten Frau, die die beiden Kinder mit Essen und allerlei seltsamen Ratschlägen versorgt. Also beschließt man ein paar Tage bei der vermeintlich freundlichen Frau zu bleiben und während Hänsel seine Tage im Wald und mit Essen verbringt, lernt Gretel von der alten Frau Kräuterkunde und erfährt auch mehr über ihr Leben, dass seit Kindheit an von seltsamen Visionen und düsteren Vorahnungen begleitet ist, ehe sich diese an dem düsteren Ort ebenfalls zu bewahrheiten scheinen…
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jogiwan
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Re: Gretel & Hänsel - Oz Perkins (2020)

Beitrag von jogiwan »

Schön in Szene gesetzter Streifen für Erwachsene, die Motive von Grimms-Märchen aufgreift, die Geschichte auseinandernimmt und auch die Figuren in neuer Relation zueinander setzt. Dabei ist auch der Ansatz ein völlig anderer und der Streifen entwickelt in wunderschönen Bildern und ruhiger Erzählweise eine völlig eigene Atmosphäre, die ich auch sehr ansprechend fand. Natürlich wird es auch Leute geben, die „Gretel & Hänsel“ eher langweilig finden werden und auch die Geschichte etwas dem Zeitgeist angebiedert, aber ich fand die Mischung aus Arthouse, Horror und bedeutungsschwangerer Szenerie doch recht spannend. Die Bilder sehen grandios aus und auch die Settings und das Sounddesign, an denen sich die Handlungszeit nur schwer festmachen lässt, haben mir außerordentlich gut gefallen. Darstellerisch gibt es ebenfalls nichts zu meckern und sowohl Sophia Lillis als Gretel und das Wiedersehen mit Alice Krige („Schlafwandler“) hat mir große Freude bereitet. Am besten unvorbereitet und unbefangen in das Geschehen eintauchen, die Verweise an das italienische Genre-Kino entdecken und 85 Minuten herrlich entrückte Stimmung mit abgründigen Folklore-Horror am eigenen Leib und mit allen Sinnen genießen.
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sergio petroni
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Re: Gretel & Hänsel - Oz Perkins (2020)

Beitrag von sergio petroni »

Hört sich doch gut an, kommt auf die Liste.
Würde mich ja freuen, wenn Anthonys Junior nach „Tochter des Teufels“ noch weitere Highlights liefert.
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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McBrewer
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Re: Gretel & Hänsel - Oz Perkins (2020)

Beitrag von McBrewer »

Diese schaurig-schöne Neuinterpretation des Grimmschen Märchen hatte ich schon eine Zeit lang im Hausaufgabenheft stehen.
Und die Vorfreude hat sich gelohnt: Gretel & Hänsel erzählt die bekannte Geschichte als coming-of-age Gruseler, mit tristen, dunklen Bilder. Verzichtet dabei wohlwollend auf Jump-Scare, schockt dabei aber mit nicht minder angsteinflössenden Szenen & präsentiert dabei gleicht mehrere starke Frauenbilder. Herren gibt es in dem Film fast nur als Nebendarsteller oder als Kindliche Statur. Und diesen Frauen wird auch ein vielschichtiger Background gegeben. Weder schwarz, noch weiß.
Und da wünsche ich mir auch, das der Perkins Spross noch weitere Filme in dieser Richtung hervorbringt
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Maulwurf
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Re: Gretel & Hänsel - Oz Perkins (2020)

Beitrag von Maulwurf »

 
Gretel & Hänsel
Gretel & Hansel
Irland/Kanada/USA 2020
Regie: Oz Perkins
Sophia Lillis, Samuel Leakey, Alice Krige, Jessica De Gouw, Ian Kenny, Charles Babalola, Abdul Alshareef, Beatrix Perkins, Manuel Pombo


Gretel & Hänsel.jpg
Gretel & Hänsel.jpg (133.78 KiB) 82 mal betrachtet
OFDB

Die Mutter kann die Kinder nicht mehr ernähren und jagt sie fort. Also ziehen Hänsel und Gretel, nein Verzeihung, Gretel & Hänsel, durch den unendlich erscheinenden finsteren und ach so bitterkalten Wald, bis sie an ein Häuschen kommen. Und wer hätte es gedacht, dort wohnt eine alte Frau, die ihnen Speis und Trank (und sicher auch Pfefferkuchen fein) sowie ein Bett für die Nacht bietet. Doch der Preis dafür ist hoch.

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Regisseur Oz Perkins hätte es sich sehr leicht machen können. Die Geschichte ist ja nun als halbwegs bekannt vorauszusetzen, also hätte er durchaus auf die Macht der Bilder vertrauen können. Die Storyline vernachlässigen, und dafür mit Hilfe überbordender Eindrücke und modernster Computertechnik eine visuelle Achterbahnfahrt vom Stapel lassen, die durch ihre Knalleffekte geschickt verbirgt, dass dahinter eigentlich gar nichts ist.

Alternativ hätte er natürlich auch die Geschichte an sich mit vielen schweren Dialogen versehen und großartige und namhafte Schauspieler hinter die bedeutungsschwangeren Dialoge setzen können, die mit müden Blicken inmitten gefälliger Kulissen wichtige Worte aufsagen und hinterher ihre Gage abholen.

Auf beide Varianten war ich gefasst, und tatsächlich bin ich von vornherein mit einer gesunden Abwehrhaltung an den Film herangegangen. Nach dem kürzlich gesehenen HAGAZUSSA, der sich der ersten der beiden Möglichkeiten verschrieben hatte und damit eine gehörige Portion Langeweile verbreitete, ärgerte ich mich ziemlich, dass nun GRETEL & HÄNSEL ins Haus flatterte und aus zeitlichen Gründen auch recht schnell gesehen werden musste. Mist, wieder so ein dummer, moderner Horrorfilm, der die narrative Ideenlosigkeit der amerikanischen Drehbuchautoren illustriert, und diese Armut mit ach so tollen Effekten übermalen muss. So dachte ich bei mir.

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Was soll ich sagen, GRETEL & HÄNSEL hat mich tatsächlich ganz kalt erwischt und mir gezeigt, dass außerhalb(!) der USA auch heute noch richtig gute Genrefilme gemacht werden können. Die Story wird geschickt ummontiert, auch andere Märchen der Grimms werden unauffällig referenziert, und ohne den Grundaufbau zu ändern werden die Versatzstücke des ursprünglichen Märchens wunderbar unauffällig in eine fast hypnotische Bilderflut eingebaut, die, ohne dabei das Story-Telling zu vernachlässigen, den Zuschauer restlos in eine andere Welt zieht. Die Wälder, das Hexenhaus, das Licht ... Immer wieder dieses Licht, das von Kameramann Galo Olivares in Variationen eingesetzt wird, bei denen mir nicht einmal bekannt war dass Licht so aussehen kann. Und vor oder neben oder hinter dieses Licht werden dann die Schauspieler gesetzt, die zwar zum Teil recht wichtige Dialoge aufzusagen haben, unterbrochen von viel Stille und Denkanstoß, diese Arbeit aber so bravourös erledigen, dass man gar nicht auf die Idee kommt, dass man hier einem drögen Arthouse-Film aufsitzen könnte. Dialoge, Licht und Stimmung passen zusammen wie Lebkuchen und kleine Kinderhände – GRETEL & HÄNSEL entpuppt sich beim Sehen als mächtige Einheit gotischen Grusels, die es nicht nötig hat durch splatterige Effekte oder Jump Scares Eindruck zu schinden, sondern stattdessen durch eine ruhige Atmosphäre ein deutliches Mehr an Unbehagen einzuflößen als dies die meisten “Horror”filme der letzten 30 Jahre jemals könnten. Die Stimmung im Film, untermalt durch den kongenialen Klangteppich von Robert Coudert, ähnelt der Musik des schwedischen Dark-Ambient-Projekts Arcana, wobei der Begriff Dark Ambient auch die Stimmung des Films beschreibt. Im Gegensatz zum Beispiel zu dem erwähnten HAGAZUSSA gibt Oz Perkins nämlich ein angenehmes Erzähltempo vor, welches Langeweile kontinuierlich vermeidet. Das Schnitttempo ist relativ hoch, aber bei weitem nicht so hoch dass es zum Gewitter wird. Die Bilder kommen in aller Ruhe zur Geltung, und das Ergebnis ist wie eine Neudefinition eines gotischen Schauermärchens: Dunkel, ruhig, abgründig ... Keine nervigen Teenies, die von einem bösen Hexenkult nacheinander geschnetzelt werden, sondern ein junges Mädchen, das auf die Frage stößt, was sie mit der ihr offensichtlich gegebenen Gabe der Magie anfangen soll: Ihren geliebten kleinen Bruder opfern und den Weg in die Finsternis beschreiten? Oder ein Leben mit der Natur und dem Licht leben?

Das ist zu gruselig. Dann siehst Du Dinge, die es noch gar nicht gibt. Und Dinge, die es vielleicht doch gibt ...

GRETEL & HÄNSEL ist unheimlich, nicht gruselig. Und dieser feine Unterschied zeigt sich in der Qualität des Gesehenen. Und dürfte auch der Grund sein, warum meine 18-jährige Tochter den Film nicht gruselig fand, er aber meiner Frau und mir sehr gut gefallen hatte. Wohl offensichtlich ein Film für die ältere Generation, die keine Blut- und Schmodderorgien benötigt, um sich unruhig an der Sofalehne zu schuppern ...

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