Der Motivationstrainer - Julian Amershi / Martin Rieck (2017) [Doku]
Moderator: jogiwan
- buxtebrawler
- Forum Admin
- Beiträge: 40653
- Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
- Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
- Kontaktdaten:
Der Motivationstrainer - Julian Amershi / Martin Rieck (2017) [Doku]
Originaltitel: Der Motivationstrainer
Herstellungsland: Deutschland / 2017
Regie: Julian Amershi / Martin Rieck
Jürgen Höller war der "Star unter den Motivationstrainern" (Tagesschau), der "Motivations-Papst" (BILD) der 1990er-Jahre. Dann hinterzieht er Steuern, landet im Gefängnis. Jetzt füllt er wieder Hallen – und will noch größer werden als zuvor. Als Höller 2004 aus dem Gefängnis kommt, gilt seine Karriere als erledigt. Zwölf Jahre später setzt dieser Film ein: Höller hat sich – von den Medien weitgehend unbeobachtet – wieder nach oben gekämpft. Seine Seminare werden von tausenden Menschen besucht. Hausfrauen, Manager, Abiturienten und Handwerker wollen von Höller erfahren, wie man richtig lebt.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
- buxtebrawler
- Forum Admin
- Beiträge: 40653
- Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
- Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
- Kontaktdaten:
Re: Der Motivationstrainer - Julian Amershi / Martin Rieck (2017) [Doku]
„Ich lebe in Heiterkeit, Freude und Leichtigkeit!“
Die Dokumentarfilmer Julian Amershi und Martin Rieck begleiteten den Schaumschläger und Ex-Häftling Jürgen Höller sowie dessen Kompagnon Mike Dierssen eineinhalb Jahre auf deren Tour als Motivationstrainer durch den deutschsprachigen Raum und schnitten aus ihrem Material den 75-minütigen Film „Der Motivationstrainer“ zusammen, der seine Premiere auf den Internationalen Hofer Filmtagen im Jahre 2017 feierte und anschließend im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt wurde.
„Es ging die letzte Stunde nur darum, Seminare abzuschließen...“
Eines muss man Höller lassen: Er hat sich selbst an den Haaren wieder aus der Scheiße gezogen, in die er sich hineingeritten hatte (falsche eidesstattliche Versicherung, Untreue und vorsätzlicher Bankrott). In dieser Doku füllt er scheinbar mühelos große Hallen mit armen Pfannen, die glauben oder zumindest hoffen, an seinem Erfolg ein klitzekleines bisschen partizipieren zu können, wenn sie seine sündhaft teuren Seminare und Motivationstrainings aufsuchen – und dabei verkennen, dass nicht er sie reich macht, sondern sie ihn. Seine Kundschaft scheint sich aus den unterschiedlichsten Menschen aus den verschiedensten gesellschaftlichen Schichten und Branchen zusammenzusetzen, denen lediglich gemein zu sein scheint, zu glauben, etwas falsch zu machen, vielleicht auch nur noch nicht ganz richtig, noch mehr aus sich herausholen, ja, sich selbst optimieren zu können.
„Kühles Moos!“
Im Prolog wird man mit einer autosuggestiven Übung konfrontiert, es folgt unfreiwillig komisches Aufwärmen Höllers vor seinem nächsten Auftritt. Auf einen ordnenden oder kommentierenden Sprecher aus dem Off haben die Dokumentarfilmer verzichtet, „Der Motivationstrainer“ spielt sich ausschließlich im O-Ton ab. Auch ohne Kommentar drängt sich schnell die Frage auf, ob man als „Motivationstrainer“ eigentlich grundsätzlich ein Mensch sein muss, dem gar nichts mehr peinlich ist. Höller dirigiert La Olas, Geklatsche und Gehüpfe seines schmerzfreien Publikums und versucht gar nicht erst zu verheimlichen, welch größenwahnsinniger Großkotz er ist. Auftreten und Methode erinnern an die Scharlatanerie vermeintlicher Wunderheiler(innen) und die Gehirnwäsche von Sekten. Das bis hierhin Gesehene entpuppt sich als Auszug aus seinen „Power Days“ – Verkaufsveranstaltungen und Appetithappen für seine eigentlichen, tausende Euro teuren Veranstaltungen.
Auf Interviews mit Höller folgen Einblicke in sein Geschäftsmodell, eine Art Schneeballsystem mit Telefonakquise, und ein Blick hinter die Kulissen seines Unternehmens: Höller bei Gesprächen mit Mitarbeiter(inne)n, beim Zubereiten von Astronautennahrung, beim Sport, beim Autofahren. Man erfährt, dass er bankrott und hinter Gittern war. Er liefert fragwürdige Tanzeinlagen, spricht von sich auch schon mal in der dritten Person und tritt jeden Beweis an, welch selbstverliebter Narzisst er ist. Sein Kompagnon Mike Dierssen wird ebenfalls interviewt, er verdankt Höller seinen Erfolg – weil er Cheftrainer bei ihm geworden ist. Beide bleiben permanent in ihren Rollen, aber Dierssen wirkt nicht ganz so unseriös wie sein Chef. Diverse weiter Auszüge aus Motivationsseminaren zeigen, wie sie irgendwo in der Walachei die Teilnehmer(innen) über glühende Kohlen laufen lassen, wie ein „Motivationstag“ im Münchner Olympiastadion mit Zirkuseinlagen gestreckt wird und wie man seine Opfer immer wieder Mantras von Selbstliebe und Erfolg aufsagen lässt.
Höllers Dreistigkeit ist eigentlich unfassbar; noch unfassbarer und zugleich irrwitzige Realsatire ist jedoch die Tatsache, dass sein Konzept aufgeht und sich immer wieder Menschen bereitwillig von ihm manipulieren, sich verzweifelte FDP-Wähler(innen) von ihm abzocken lassen. Zugegeben, zwischen allem faulen Zauber, allen Binsenweisheiten und Oberflächlichkeiten findet sich auch die eine oder andere belegte psychologische Methode. Ein bisschen Unternehmensberatung und Coaching, ein bisschen, nein, viel Kaffeefahrt, ein bisschen Psychologie, ein bisschen Ersatzreligion, kombiniert mit Schneeballsystem und einem selbstsicheren, souveränen Auftreten. Die größten Nulpen haben Erfolg, siehe Kultur, Unterhaltung und Politik. Warum also nicht auch Höller? Dieser wollte – Stand 2016/’17 – europaweit expandieren und präsentierte stolz seine Pläne. Die Pandemie dürfte ihn hart getroffen haben – aber das ist an dieser Stelle reine Spekulation.
Der Film fällt kein Urteil, zumindest äußern sich Seminarteilnehmer(innen) vereinzelt kritisch. Das ist nicht ganz ungefährlich: Durchschnittlich vernunftbegabte Menschen durchschauen Höller, andere werden sich möglicherweise denken: Mensch, da muss ich mal hin…
Die Dokumentarfilmer Julian Amershi und Martin Rieck begleiteten den Schaumschläger und Ex-Häftling Jürgen Höller sowie dessen Kompagnon Mike Dierssen eineinhalb Jahre auf deren Tour als Motivationstrainer durch den deutschsprachigen Raum und schnitten aus ihrem Material den 75-minütigen Film „Der Motivationstrainer“ zusammen, der seine Premiere auf den Internationalen Hofer Filmtagen im Jahre 2017 feierte und anschließend im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt wurde.
„Es ging die letzte Stunde nur darum, Seminare abzuschließen...“
Eines muss man Höller lassen: Er hat sich selbst an den Haaren wieder aus der Scheiße gezogen, in die er sich hineingeritten hatte (falsche eidesstattliche Versicherung, Untreue und vorsätzlicher Bankrott). In dieser Doku füllt er scheinbar mühelos große Hallen mit armen Pfannen, die glauben oder zumindest hoffen, an seinem Erfolg ein klitzekleines bisschen partizipieren zu können, wenn sie seine sündhaft teuren Seminare und Motivationstrainings aufsuchen – und dabei verkennen, dass nicht er sie reich macht, sondern sie ihn. Seine Kundschaft scheint sich aus den unterschiedlichsten Menschen aus den verschiedensten gesellschaftlichen Schichten und Branchen zusammenzusetzen, denen lediglich gemein zu sein scheint, zu glauben, etwas falsch zu machen, vielleicht auch nur noch nicht ganz richtig, noch mehr aus sich herausholen, ja, sich selbst optimieren zu können.
„Kühles Moos!“
Im Prolog wird man mit einer autosuggestiven Übung konfrontiert, es folgt unfreiwillig komisches Aufwärmen Höllers vor seinem nächsten Auftritt. Auf einen ordnenden oder kommentierenden Sprecher aus dem Off haben die Dokumentarfilmer verzichtet, „Der Motivationstrainer“ spielt sich ausschließlich im O-Ton ab. Auch ohne Kommentar drängt sich schnell die Frage auf, ob man als „Motivationstrainer“ eigentlich grundsätzlich ein Mensch sein muss, dem gar nichts mehr peinlich ist. Höller dirigiert La Olas, Geklatsche und Gehüpfe seines schmerzfreien Publikums und versucht gar nicht erst zu verheimlichen, welch größenwahnsinniger Großkotz er ist. Auftreten und Methode erinnern an die Scharlatanerie vermeintlicher Wunderheiler(innen) und die Gehirnwäsche von Sekten. Das bis hierhin Gesehene entpuppt sich als Auszug aus seinen „Power Days“ – Verkaufsveranstaltungen und Appetithappen für seine eigentlichen, tausende Euro teuren Veranstaltungen.
Auf Interviews mit Höller folgen Einblicke in sein Geschäftsmodell, eine Art Schneeballsystem mit Telefonakquise, und ein Blick hinter die Kulissen seines Unternehmens: Höller bei Gesprächen mit Mitarbeiter(inne)n, beim Zubereiten von Astronautennahrung, beim Sport, beim Autofahren. Man erfährt, dass er bankrott und hinter Gittern war. Er liefert fragwürdige Tanzeinlagen, spricht von sich auch schon mal in der dritten Person und tritt jeden Beweis an, welch selbstverliebter Narzisst er ist. Sein Kompagnon Mike Dierssen wird ebenfalls interviewt, er verdankt Höller seinen Erfolg – weil er Cheftrainer bei ihm geworden ist. Beide bleiben permanent in ihren Rollen, aber Dierssen wirkt nicht ganz so unseriös wie sein Chef. Diverse weiter Auszüge aus Motivationsseminaren zeigen, wie sie irgendwo in der Walachei die Teilnehmer(innen) über glühende Kohlen laufen lassen, wie ein „Motivationstag“ im Münchner Olympiastadion mit Zirkuseinlagen gestreckt wird und wie man seine Opfer immer wieder Mantras von Selbstliebe und Erfolg aufsagen lässt.
Höllers Dreistigkeit ist eigentlich unfassbar; noch unfassbarer und zugleich irrwitzige Realsatire ist jedoch die Tatsache, dass sein Konzept aufgeht und sich immer wieder Menschen bereitwillig von ihm manipulieren, sich verzweifelte FDP-Wähler(innen) von ihm abzocken lassen. Zugegeben, zwischen allem faulen Zauber, allen Binsenweisheiten und Oberflächlichkeiten findet sich auch die eine oder andere belegte psychologische Methode. Ein bisschen Unternehmensberatung und Coaching, ein bisschen, nein, viel Kaffeefahrt, ein bisschen Psychologie, ein bisschen Ersatzreligion, kombiniert mit Schneeballsystem und einem selbstsicheren, souveränen Auftreten. Die größten Nulpen haben Erfolg, siehe Kultur, Unterhaltung und Politik. Warum also nicht auch Höller? Dieser wollte – Stand 2016/’17 – europaweit expandieren und präsentierte stolz seine Pläne. Die Pandemie dürfte ihn hart getroffen haben – aber das ist an dieser Stelle reine Spekulation.
Der Film fällt kein Urteil, zumindest äußern sich Seminarteilnehmer(innen) vereinzelt kritisch. Das ist nicht ganz ungefährlich: Durchschnittlich vernunftbegabte Menschen durchschauen Höller, andere werden sich möglicherweise denken: Mensch, da muss ich mal hin…
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
Re: Der Motivationstrainer - Julian Amershi / Martin Rieck (2017) [Doku]
Ist „Verzweifelt“ und „FDP-Wähler“ nicht das Gleiche?verzweifelte FDP-Wähler(innen)
_______________________________________________________
http://www.reinifilm.blogspot.com / https://bfilmbasterds.de/
http://www.reinifilm.blogspot.com / https://bfilmbasterds.de/