K3-Prison of Hell - Andreas Bethmann (2009)
Verfasst: Do 2. Sep 2021, 19:52
Originaltitel: K3 - Prison of Hell
Produktionsland: Deutschland 2009
Regie: Andreas Bethmann
Darsteller: Andreas Bethmann, Suiz-Anne, Candy Sue, Bianca-Germany, Thomas Kercmar, Natascha Wetzig
Obwohl ich beileibe noch nicht alle Regiearbeiten des Braunschweiger Bilderstürmers Andreas Bethmann gesichtet habe, möchte ich doch auf das flehentliche Bitten meiner geistigen Gesundheit hören und meine umfassende Rundschau durch die eigenartige Welt dieses Ausnahmefilmemachers vorzeitig beenden – und wenn seine VEGETARIERINNEN-ZUR-FLEISCHESLUST-GEZWUNGEN-Serie als Bodensatz des Bethmann’schen Schaffens sozusagen das Grande Finale der Retrospektive darstellte, soll K3 – PRISON OF HELL dann eben so etwas wie die verkaterte Coda sein: Die Party ist zu Ende; man taumelt durch Zersplittertes und Erbrochenes; statt in den nächsten Bus, der einen nach Hause bringt, fällt man in die Jauchegrube außerhalb der Disko…
Laut Vorspann soll K3 ein „Lustspiel“ sein – tja, wenn man einen Frauenknast-Porno so bezeichnen möchte, in dem einhundert Prozent der Sexszenen aus Vergewaltigungen, Folterungen, Tötungen wehrloser weiblicher Opfer bestehen und in dem Bertucci höchstselbst einen Gefängnisarzt spielt, zu dessen liebsten Beschäftigungen es gehört, seinen unfreiwilligen Patientinnen tödliche Gifte in die Klitoriden zu injizieren, sich anschließend sodann den eigenen Penis mit dem rettenden Antiserum einzuschmieren und die Damen dadurch dazu zu bringen, ihm verzweifelt das Geschlechtsteil zu schlecken, ja, dann ist vorliegendes Machwerk tatsächlich ein waschechtes Lustspiel…
Im Grunde recycelt Bethmann in K3 ausnahmslos Motive, Figuren, Szenarien, die er bereits in seinem Opus Magnum ANGEL OF DEATH 2 aka FRAUENGEFÄNGNIS 4 verbraten hat: Erneut werden wir auf eine entlegene Tropeninsel versetzt, wo eine sadistische Mistress über eine Handvoll verknasteter Frauen herrscht; erneut werden diese (oftmals unschuldig hinter schwedische Gardinen geratenen) Frauen sowohl von der Gefängnisdirektorin zu bizarren SM-Spielchen gezwungen, vor allem aber von den dauergeilen Wärtern molestiert oder eben von „Onkel Bertucci“ als Versuchskaninchen zweifelhafter Sexperimente missbraucht; erneut dekliniert Bethmann die zentralen Elemente des Women-in-Prison-Genres durch, angefangen von lesbischen Berührungen unter der Pritschenbettdecke über (erfolglose) Fluchtversuche bis hin zu misogynen Entgleisungen, die in K3 freilich stets eine Spur gröber ausfallen als bei einem handelsüblichen Genre-Beitrag aus dem Italien der 70er: Hardcore wird großgeschrieben – und falls Bethmann wirklich geplant haben sollte, irgendeine der Sexszenen auch nur einen Hauch stimulierend wirken zu lassen, ist er zumindest bei mir kolossal damit gescheitert. Im Ernst, was einem hier geboten wird, das hat das Potential, einem die Libido für viele Tage lahmzulegen. Damit meine ich nicht nur die uninspirierte Art und Weise, wie Bethmann stumpf einen Blow Job, einen Hand Job, eine Penetration nach der nächsten runterkurbelt, sondern vor allem diese unbeschreiblich ekelhafte Mischung aus Sex und Gewalt, die völlig hemmungslos zelebriert wird.
Es wäre ja ein Leichtes gewesen, K3 wenigstens alibihaft mit einem kathartischen Mäntelchen zu versehen – wenn Bethmann beispielweise unsere Heldin Jennifer, (die den kompletten Film als Off-Erzählerin begleitet), als Final Girl modelliert hätte, dem es obliegt, am Ende zu einem Gegenschlag auszuholen, der all die Finsterlinge ihrer gerechten Strafe zuführt. Stattdessen ist Jennifer zwar so etwas wie unsere Identifikationsfigur, da sie sich der Schicksale ihrer Mithäftlinge empathisch annimmt und plant, sensible Dokumente, die über die Machenschaften auf der Hölleninsel aufklären, aus dem Knast herauszuschmuggeln, wird im Finale aber doch ohne mit der Wimper zu zucken abgeschlachtet, nachdem sie es fertiggebracht hat, fast bis zur Meeresküste zu fliehen. Da K3 einem also selbst eine solche fadenscheinige Erlösung verweigert und der Film bar jedweder Hoffnung in einer selbstzweckhaften Orgie der Gewalt gipfelt, bleiben all seine Chauvinismen letztlich unwidersprochen: Im Nachgang macht es durchaus Sinn, dass der Streifen mit dem berühmten Stalin-Zitat eröffnet, dass der Tod eines einzelnen Menschen eine Tragödie sei, der Tod vieler Menschen aber bloße Statistik – und Bethmann ist in vorliegendem Film endgültig zum Statistiker geworden, der emotionslos die Tode zahlloser Frauen zu Protokoll gibt, und offenbar erwartet, dass dieses nihilistische Konstatieren die Penisse seiner (männlichen) Zuschauerschaft mit Blut füllt, als bestünde sie ausnahmslos aus Sade’schen Libertins.
In einer Szene wird einer Gefangenen ein unter Strom stehender Dildo vaginal eingeführt, worauf sie unter schmerzhaften Zuckungen verendet; in Großaufnahme zeigt Bethmann uns, wie der Sterbenden literweise Urin entfließt; süffisant umschreibt die Figur des Gefängnisarztes diesen Moment der absoluten Demütigung als „Piss of Pain“. Die Dialoge sind weit jenseits von Gut und Böse: Da wird gereimt „Runter mit dem Höschen, zeig mir Dein Döschen“, oder die Damen werden von den Wärtern aufgefordert, ihnen „die Pistolenläufer sauber zu lecken“, bevor sie sie mit „Trommelfeuer“ beschießen würden; oder man stellt sie vor die Wahl: „Fresse voll oder Backe dick?“, wobei das eine meint, dass sie eine Faust ins Gesicht erhalten, das andere, dass sie „nur“ einen erigierten Penis oral entgegennehmen müssen. Allerspätestens hört für mich der „Spaß“ indes in der letzten Viertelstunde auf, wo K3 sich endgültig in einen selbstzweckhaften Splatter-Exzess verwandelt: Sobald ein glatzköpfiger Herr namens „Pete, der Mann mit den Tranchierfingern“ auftritt und sich einer der Insassinnen, die vermeintlich Informationen über Jennifers Flucht zurückhält, zuwendet, darf Olaf Ittenbach einmal mehr unter Beweis stellen, was für ein begnadeter Effektkünstler ist – was technisch beeindruckend aussieht, mich im Verbund mit der sexualisierten Gewalt jedoch an den Rand des Erträglichen bugsiert: Brüste abschneiden, Beine brechen, Bäuche aufschlitzen – und das alles wohlgemerkt in einem Film, der sich selbst als Pornographie verkauft…
Die paar Sympathiepünktchen, die Bethmann sich bei mir aufgrund seiner teilweise doch recht charmanten Frühwerke wie TANZ DER KÜRBISKÖPFE oder DER TOTENHÜGEL verdient hat, fegt ein nicht nur frauen-, sondern geradewegs menschenverachtender Mistkübel wie K3 spielerisch beiseite – und damit sollte ich nun das Kapitel „Bertucci“ wohl wirklich endgültig schließen und mich gar nicht erst auf die Suche nach solchen Meisterwerken wie SCHULMÄDCHEN-REPORT 2000: FEUCHTE MÖSEN NACH SCHULSCHLUSS oder NOTGEILE KNASTJULEN ZUR UNZUCHT ERZOGEN machen. Nun ist die Zeit reif, mich erneut durch das Oeuvre Carl Theodor Dreyers zu schauen, oder ich wühle mich durch die Mediathek von Bibel.tv, oder ich befasse mich endlich einmal mit dem Kino Pakistans...
(Ironie des Schicksals ist es übrigens, dass ich just nach K3 zum ersten Mal Jennifer Kents THE NIGHTINGALE gesehen habe, - ein Film, über den ich im Vorfeld exakt nichts wusste, und der mich regelrecht umgeblasen und tief berührt hat und der tatsächlich sowohl inhaltlich wie ästhetisch wirkt wie ein zwar nicht wohltuendes, aber durchweg glorreiches Gegenprogramm zu den Bethmann'schen Entgleisungen: Dieser Tasmanien-Trip ins 19. Jahrhundert sei an dieser Stelle allen Mitlesenden wärmstens ans Herz gelegt...)