Sky Sharks - Marc Fehse (2020)
Verfasst: So 12. Sep 2021, 10:37
Originaltitel: Sky Sharks
Produktionsland: Deutschland 2020
Regie: Marc Fehse
Darsteller: Thomas Morris, Eva Habermann, Barbara Nedeljakova, Oliver Kalkofe, Tony Todd, Detlef Bothe, Ralf Richter
Sieben Jahre Produktionszeit hat das Herzensprojekt SKY SHARKS der Braunschweiger Fehse-Brüder Marc und Carsten verschlungen; finanziert wurde per ausgedehnter Crowdfunding-Kampagne; Weltpremiere feierte man letztes Jahr im August online beim britischen Fright Fest; ich fand ihn leider alles andere als sehenswert. Zu den Gründen:
1) Die Ästhetik des Films, die einer wahren CGI-Orgie gleicht: Sicherlich mag das durchaus aufwändig gemacht sein und es dürfte klar sein, dass ein unabhängig produziertes Werk wie vorliegendes gewiss nicht den spezialeffekttechnischen Standards eines beliebigen Hollywood-Blockbusters entspricht und ich bin der Letzte, der einen Film wegen seiner limitierten Produktionsmittel und einer daraus resultierenden Sparstrümpfigkeit abkanzelt. Aber, puh, es läuft meinem ästhetischen Empfinden nun wirklich komplett zuwider, wenn gefühlt 80 Prozent der im Film zu sehenden Landschaften, Gebäude, Innenräume am Rechner erstellt worden sind. Mit seinen CGI-Haien, CGI-Flugzeugen, CGI-Zombie-Soldaten, seinen CGI-Metropolen (New York, Moskau, Paris), seinen CGI-Splattereien, seinen grellen Farbfiltern, die nahezu über jede Szene gebreitet sind, seinen penetranten Color-Grading-Sperenzien, Hologramm-Effekten wirkt SKY SHARKS in etwa so natürlich wie die titelgebenden Flughaie: Schon lange, (vielleicht niemals), habe ich einen Film gesehen, der in der Post-Production derart zugekleistert worden ist, - zumal, mit Verlaub, es mich bei einem Gros der Effekte dann doch wundert, dass die überhaupt jemanden bis zum Finalschnitt durchgewunken hat: Angeblich ist Tom Savini als Ratgeber in die Produktion von SKY SHARKS eingebunden gewesen; nur frage ich mich, ob die Verantwortlichen sich dessen Expertise überhaupt angehört haben: Gerade die Splatter-Szenen, wenn Köpfe in der Mitte durchgerissen werden oder wenn Haie in Flugzeugflanken beißen, lassen mich aufgrund ihrer, mit Verlaub, Grottigkeit nicht schlecht staunen.
2) Die Story des Films, die reichlich beliebig, sprunghaft und ohne rechten Fokus eine Warenhalle an Ideen zusammenrührt, dabei aber zu keinem Zeitpunkt so etwas wie eine kohärente Geschichte ergibt: Im Prinzip wirkt SKY SHARKS wie eine Abfolge für sich stehender Episoden, (was angesichts der langen Produktionszeit möglicherweise auch gar nicht verwundern sollte), von denen einige wenige zwar halbwegs unterhaltsam ausgefallen sind (der Flugzeugangiff im Prolog), sich viele aber allein dadurch hervortun, dass in ihnen auf geschwätzigste Weise versucht wird, Exposition zu schaffen, im Erklärbär-Modus die einzelnen Vignette notdürftig zu verschweißen, wenigstens so zu tun, als würde man etwas erzählen, das von Punkt A über Punkt B zu Punkt C gleitet. NS-Schergen; fliegende Haie, die von mutierten SS-Soldaten geritten werden; Rückblenden zu Hermann Göring und Vietnamkrieg; Verjüngungsserums; untote US-Marines, die ausziehen, den untoten Haireitern das Handwerk zu legen; eine Familiengeschichte um einen Vater und seine zwei Töchter; etliche Nebenfiguren, jedoch keine einzige Figur, die eine Identifikationsfläche bieten würde; dazu TV-Berichte, Werbeeinblendungen fiktiver Produkte, Propagandafilme der NS-Zeit: Selten hat der Spruch, man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht, so sehr wie die Faust aufs Auge gepasst, wie in vorliegendem Film. Mit seinen über hundert Minuten ist SKY SHARKS zudem definitiv zu lang geraten: Ein knackiger Kurzfilm hätte man mit seiner Prämisse stemmen können, dramaturgisch jedoch scheitern die Fehses völlig an ihrer epochalen Laufzeit – und da die Fehses offenbar am Rande diverser Conventions und Filmfestivals jeden halbwegs bekannten B-Movie-Star für ihren Film rekrutierten, zerfasert das Ensemble in zahllose unwichtige Subplots, die dazu führen, dass die Handlung ständig stagniert, auf der Stelle tritt, selig entschlummert. Von diesen B-Movie-Stars übrigens kannte ich tatsächlich die wenigsten: Zusammengepfercht hat man anscheinend sowohl irgendwelche Darsteller aus US-amerikanischen-TV-Serien und zweit- und drittklassigen B-Movies, Teilnehmer und Teilnehmerinnen irgendwelcher deutschsprachiger Reality-TV-Formate à la GERMANY'S NEXT TOP MODEL, und, dazwischen, das eine oder andere mir vertraute Gesicht wie beispielweise von Ralf Richter, dem Pop-Forensiker Mark Benecke oder Eva Habermann, (die das Machwerk auch als Co-Produzentin unterstützt hat und sich in einer wirklich unangenehm voyeuristischen Szenen splitterfasernackt unter einer Dusche räkeln darf.)
3) Die Inszenierung, die steril wirkt, ohne Gespür für Timing, in ihren schlimmsten Momenten sterbenslangweilig dahinplätschert. Wenn beispielweise ein internationales Team aus Experten zusammengestellt wird, die gemeinsam nach Wegen suchen wollen, die Welt vor der Vernichtung durch die Himmelhaie zu bewahren, dann unterhalten sich die einzelnen Figuren per 3D-Video-Chat lange Minuten im Talking-Heads-Modus; wenn in einer Rückblende Hermann Göring in das sogenannte Projekt „Himmelsfaust“ eingeweiht wird, geschieht dies in Form einer ausufernden Dialogszene sowie eines kurzen Informationsvideos, das im Stil moderner Animationen gedreht ist, (und somit zu keinem Zeitpunkt wie ein authentisches NS-Dokument wirkt); überhaupt erweckt der gesamte Film mehr den Eindruck eines aus dem Ruder geratenen Teasers: wie viel hier geredet wird, wie viel Exposition betrieben wird, wie viele Figuren und Handlungselemente eingeführt werden - man könnte denken, SKY SHARKS sei lediglich die Vorhut für den "eigentlichen" Film, der all diese losen Bauklötzchen dann zu einer packenden Story vernäht; noch am flottesten geriert sich SKY SHARKS in seinen Actionszenen, obwohl diese freilich vor lauter CGI, wie bereits angedeutet, kaum Platz zum Atmen besitzen und quasi stets nach demselben Prinzip ablaufen: Haie kapern Flugzeug; Zombies verschaffen sich Zutritt; sämtliche Passagiere werden gnadenlos niedergemetzelt.
4) Die mangelnde Selbstironie, die mich tatsächlich am meisten an SKY SHARKS verblüfft hat: Ich frage mich ehrlich, wo andere Kritiker in diesem Film augenzwinkernden Humor vorgefunden haben mögen und aus welchen Gründen sie dem Spektakel einen juvenilen Camp-Humor bescheinigten. Die Male, die ich bei SKY SHARKS wenigstens schmunzeln konnte, lassen sich an einer Hand abzählen, (zum Beispiel im Prolog, wenn ein overactender Priester und Ex-Sträfling von seiner Begegnung mit Jesus Christus berichtet). Stattdessen dominiert ein ausdrücklich ernsthafter, nahezu strenger Tonfall. Metareflexive Anflüge? Sich selbst auf die Schippe nehmen? Wenigstens coole One-Liner, Running Gags oder Referenzenraten für die B-Movie-Nerds? Alles Fehlanzeige. Nicht mal der prominient im Trailer platzierte Oliver Kalkofe als Göring reißt da irgendetwas heraus, wirkt in der langen Rückblende ins Dritte Reich eher ziemlich verloren, (wobei etwaige Komik natürlich auch von der schleppenden Mise en Scene und dem zählen Erzählfluss im Keim erdrosselt wird.)
Insgesamt dürfte SKY SHARKS einer der schlechtesten Streifen sein, die ich dieses Jahr gesehen habe. Avoid!