Top Secret - David Zucker / Jim Abrahams / Jerry Zucker (1984)
Verfasst: Fr 17. Sep 2021, 11:56
von buxtebrawler
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Originaltitel: Top Secret!
Herstellungsland: USA / Großbritannien (1984)
Regie: David Zucker, Jim Abrahams und Jerry Zucker
Darsteller(innen): Val Kilmer, Lucy Gutteridge, Peter Cushing, Jeremy Kemp, Christopher Villiers, Warren Clarke, Michael Gough, Harry Ditson, Jim Carter, Eddie Tagoe, Nancy Abrahams, Omar Sharif u. A.
Der US-Rockstar Nick Rivers (Val Kilmer) wird zu einem Konzert in die DDR eingeladen. Dort angekommen, merkt er bald, dass etwas faul ist. Und tatsächlich: Ostblock-Strategen haben das Festival nur inszeniert, um die Weltöffentlichkeit davon abzulenken, dass sie sich der BRD bemächtigen wollen. Zu diesem Zweck haben sie den Forscher Dr. Flammond (Michael Gough) entführt, der ihnen eine Superwaffe bauen soll. Er wird in einem Gefängnis festgehalten, in dem bald auch Nick landet. So lernen sich beide kennen und Nick erfährt alles über die Pläne der DDR-Oberen. Ihm gelingt die Flucht und er versucht, wieder auf freiem Fuß, zusammen mit Flammonds Tochter Waltraut (Lucy Gutteridge) und einer "Revolluzertruppe" die DDR-Schergen zu stoppen.
Re: Top Secret - David Zucker / Jim Abrahams / Jerry Zucker (1984)
Verfasst: Fr 17. Sep 2021, 11:58
von buxtebrawler
„Ihre lockere Art, mit Menschen zu sprechen, ist hier fehl am Platze, nüwah?"
Es begann mit „„Kentucky Fried Movie“ (1977)“, zu dem das US-Trio David Zucker, Jim Abrahams und Jerry Zucker (kurz: „ZAZ“) das Drehbuch verfasst hatte, bevor es im Jahre 1980 für den Spoof-Film „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ („Airplane“) in Sachen Regie debütierte. 1982 folgte die Beteiligung am „Die nackte Kanone“-Vorläufer in Serienform, „Police Squad“ alias „Die nackte Pistole“, die es auf sechs Episoden brachte, und 1984 schließlich in US-amerikanisch-britischer Koproduktion die nächste Spoof-Komödie „Top Secret“, die Kriegs-/Söldner-, Surf-, Musical- und vor allem Agentenfilme durch den Kakao zieht.
„Ich bin der Bruder von Heino!“
Nick Rivers (Val Kilmer, „Top Gun“), Star des Surf-Rock’n’Rolls, ist auf der ganzen Welt beliebt. So nimmt er auch nichts Böses ahnend die Einladung an, auf einem Festival in der DDR aufzutreten. Dieses Festival wird jedoch inszeniert, um die Weltöffentlichkeit davon abzulenken, dass die DDR eine Annexion der BRD plant. Der entführte Wissenschaftler Dr. Flammond (Michael Gough, „Die Todeskarten des Dr. Schreck“) soll zu diesem Zwecke im Auftrag der DDR-Führung eine neuartige Waffe, die Polaris-Mine, entwickeln. Nick indes fällt bereits während seiner Anreise unangenehm auf und landet schließlich im selben Gefängnis, in dem auch Dr. Flammond genfangengehalten wird, nachdem er beschloss, dessen Tochter Waltraud (Lucy Gutteridge, „Das Geheimnis der sieben Zifferblätter“) zu helfen. Nun gilt es, schnellstmöglich aus dem Knast zu fliehen, um zusammen mit einer Gruppe Widerstandskämpfer die Verschwörung, der auch Geheimagent Cedric (Omar Sharif, „Doktor Schiwago“) auf der Spur ist, zu vereiteln und Dr. Flammond zu befreien – leichter gesagt als getan, denn es befindet sich ein feindlicher Spion in den Reihen der Widerstandskämpfer…
Val Kilmer schlägt sich in seinem Spielfilmdebüt wacker und singt sogar alle Nick-Rivers-Songs selbst, beginnend mit dem Vorspann mit seinen Surfszenen zur Musik einer an die Beach Boys angelehnten Parodie. Diese wiederum ist Teil einer 50s-Feel-good-musical-movie-Persiflage, der Elvis-Filme im Speziellen sowie der späteren kurzen Surffilmphase. Die Handlung beginnt in der DDR, wo Generäle in SS-Uniformen (!) vor sich hinsächseln. Was hier witzig gemeint sein soll, ist leider vielmehr ein geschichtsvergessener Schlag ins Gesicht aller Antifaschistinnen und Antifaschisten, die nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg in der DDR Zuflucht gefunden und/oder Verantwortung übernommen, die die Kriegsreparationen nach dem faschistischen Vernichtungskrieg gegen die UdSSR ohne jede bundesdeutsche oder westliche Beteiligung geleistet haben, und eine relativierende Gleichsetzung von real existierendem Sozialismus und dem von vornherein auf Genozid und Angriffskrieg ausgerichteten NS-Faschismus, der letztlich nur dem Kapitalismus und rechten Ideologien nützt. Mancher mag darin wohlwollend eine Verballhornung antikommunistischer US-Kriegs- und Agentenfilme und deren naive bis propagandistische Reproduktion eines arg vereinfachten Weltbilds erkennen, mir will dies jedoch nicht gelingen. Für mich ist das kein Griff ins Klo, sondern eine Arschbombe in die Jauchegrube, die den gesamten Film deutlich abwertet.
In der Originalfassung sollen die Dialoge etliche Spitzen gegen und Bezüge auf die NS-Diktatur aufweisen, die die deutsche Synchronfassung aus kommerziellen Gründen durch zahlreiche Anspielungen auf die reale DDR inklusive der sächsischen Akzente ausgetauscht habe. Eine klassische Verschlimmbesserung? Generell sei die deutsche Sprachfassung stark modifiziert worden. So hieß Waltraud im Original Hillary und war die DDR-Nationalhymne nicht „Prinz Eugen, der edle Ritter“, sondern „Heil, heil, Ostdeutschland“ zur Marschmelodie der ehemaligen Schule der Zuckers, die textlich den sog. Todesstreifen thematisierte. Hier wurde der politische Gehalt also wiederum abgeschwächt. Dass diverse Gags nicht unmittelbar zu übersetzen sind, ist hingegen normal – nur hätte man es womöglich besser dabei belassen sollen, nur in diesen Fällen ändernd einzugreifen.
Zurück zur Handlung: Auf seiner Bahnreise begegnet Nick sogar einem sächselnden schwarzen Schaffner, was in seinem aus Kontrast aus vermeintlicher Exotik und urdeutscher Traditionspflege tatsächlich lustig ist. Ein Höhepunkt des Films ist indes die Plansequenz, in der Nick und Waltraud die schwedische Buchhandlung betreten, in der niemand Geringerer als der ehrwürdige Peter Cushing den Buchhändler mimt. Diese Sequenz, offenbar eine Referenz auf die dänische Buchhandlung im Hitchcock-Klassiker „Der zerrissene Vorhang“, wurde für den heutzutage relativ simpel anmutenden Effekt, Bücher passgenau in enge Regallücken zu werfen, vollständig rückwärts gedreht und dem Ensemble somit einiges abverlangt. Spaßig ist’s auch, wenn aus einer topographischen Animation ein Pacman-Spiel wird, eigentlich bereits vollkommen unpassende Tanzszenen vollends ad absurdum geführt werden und Nick auf einer stocksteifen Veranstaltung „Tutti Frutti“ singt. Ausgedehnter Live-Auftritte und Gesangseinlagen Nicks (oder auch mal eines Pferds…) sind nett, riechen (bzw. klingen) aber etwas nach Laufzeitschinderei. Schon besser ist da die Rückblende in Waltrauds Jugend, die Parodie auf „Die blaue Lagune“.
Der Running Gag um den „Anal-Intruder“, ein plötzlich auftauchendes Sexspielzeug, ist pubertär, anderes ähnlich obszön, und generell herrscht irgendwann permanenter Flachwitzalarm, wenngleich die Gag-Frequenz gegenüber „Airplane“ reduziert wurde. Zwar verstecken sich wieder einige als Details im Hintergrund und auch die stets überraschenden visuellen Gags (z.B. Cushings Auge) können sich sprichwörtlich sehen lassen, insgesamt wirkt „Top Secret“ aber über weite Strecken wie der Versuch einer Adaption des „Airplane“-Konzepts bei gleichzeitiger Reduktion der Anzahl und der Qualität der Gags, was man nicht mit der – ähnlich wie bei „Airplane“ – völlig egalen Gaga-Handlung, die nun einmal keiner wirklichen Dramaturgie folgt, kompensieren konnte. Sharifs und Cushings Gastauftritte sind schön skurril, aber Genrefilm-Veteran Michael Gough ist weitestgehend verschenkt. Aus der Figur Nicks, die als ungebildeter und oberflächlicher Gesangsbarde in hochpolitische Vorgänge verwickelt wird, hätte man wesentlich mehr machen können. Immerhin bekommt Ronald Reagan am Ende auch noch einen eingeschenkt – was Kilmer aber auch nicht davon abhielt, sich bei nächstbester Gelegenheit am gänzlich unsatirischen US-Militär-Propagandafilm „Top Gun“ zu beteiligen…
Re: Top Secret - David Zucker / Jim Abrahams / Jerry Zucker (1984)
Verfasst: Mo 16. Mai 2022, 17:21
von buxtebrawler
Erscheint voraussichtlich am 19.05.2022 bei Paramount/Universal auf Blu-ray: