Together – Die Lust zu zweit
„Liebe macht Sex poetisch!“
Die US-Regisseure Sean S. Cunningham („Freitag der 13.“) und Wes Craven („A Nightmare on Elm Street“), die später einige der ikonischsten Horrorfilme drehen sollten, standen zu Beginn der 1970er-Jahre noch ganz am Anfang ihrer Karrieren: Cunningham hatte gerade den Dokumentarfilm „The Art Of Marriage“ abgedreht, Craven hatte noch keine Regiearbeit vorzuweisen. Im Jahre 1971 erschien „Together – Die Lust zu zweit“, eine mit stilistischen Anleihen beim Sexualreport und dem
Mondofilm von beiden in Kooperation gedrehte Pseudoreportage. Eigenartigerweise nennt die IMDb nur noch Cunningham als Regisseur, Craven wird hingegen lediglich als
associate producer aufgeführt.
„Wie nennen Sie das, was Sie zwischen den Beinen haben?“ – „Das ist meine Fotze.“
Der US-amerikanische Sexualforscher Dr. Curry möchte mehr Würze ins Sexualleben der Menschen bringen und lehrt daher in seinem Institut auf dem Lande die ideale Verquickung von Liebe und Sexualität, basierend auf dem
Kamasutra. So kommen bei ihm junge Erwachsene in ungezwungener Atmosphäre zusammen, um sich unter seiner Anleitung fallenzulassen und sich spirituell wie körperlich einander zu öffnen. Ein Kamerateam begleitet einen der Kurse.
Nach Art einer Reportage inklusive pseudowissenschaftlichem
Off-Erzähler werden dem urbanen, Leidenschaftslosigkeit kritisierenden Prolog kontrastierende paradiesische Bilder eines sich in der grünen, sonnigen Natur splitternackt liebenden Paars gegenüberstellt. Pfaffen und Psychodoktoren äußern sich vor der Kamera zu Zweisamkeit und Sex und die sexuelle Revolution wird reflektiert. Von hier aus spannt man den Bogen zu Dr. Currys Liebeskurs, eine Mary Greenwood berichtet von ihren Erfahrungen. Der Film wagt einen Exkurs zu den Hindus und ihrem
Kamasutra, nun eingeordnet von einer
Off-Sprecherin und garniert mit Softsex-Bildern dunkelhäutiger Darstellerinnen und Darsteller. Das
Off-Ensemble komplett macht schließlich der Curry-Doc.
Menschen werden am Strand interviewt, Begrifflichkeiten diskutiert, über Sex gequatscht. Dr. Curry führt Übungen zur Körperlichkeit durch, wir sehen sich gegenseitig massierende und einreibende Paare. Auf ein Plädoyer für weibliche Masturbation folgen ästhetisierte Zeitlupenaufnahmen nacktbadender, aus dem
Off kommentierender Frauen. Nächster Themenstopp: Oralverkehr, inklusive der explizitesten Szene des Films: der Großaufnahme eines erigierenden Glieds. Als ein Pärchen – Alicia und John – mit seinem tollen, direkt am Meer gelegenen Hotelzimmer prahlt und sich zu schönen Urlaubsbildern für all die gewonnenen Erkenntnisse bedankt, wirkt das bereits wie ein Epilog, doch es geht noch weiter: Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Liebe und Freundschaft werden erörtert, dazu weitere Urlaubsbilder gezeigt,
Off-Weisheiten verkündet und Liebesgesäusel eingefangen. Nach einer guten Stunde ist wirklich Schluss, oder vielmehr: geht es an den ellenlangen Abspann, musikalisch unterlegt mit einer noch längeren schwelgerischen Schnulze.
Was Cunningham und Craven mit „Together – Die Lust zu zweit“ kreierten, ist ein irgendwie langweiliger, zugleich irgendwie netter, unaufgeregter Beitrag zur zeitgenössischen Pseudo-Aufklärungsfilmwelle, der in Urlaubs- und Strandstimmung versetzt, ohne jedoch übermäßig anzuregen. Einen besonderen Stellenwert erlangt er in erster Linie durch den Umstand, dass Cunningham und Craven nur kurz darauf das Genre wechselten und bereits ein Jahr später mit „The Last House on the Left“ Filmgeschichte schrieben. Dagegen ist der weitestgehende unspektakuläre „Together“ nur eine Randnotiz. Bemerkenswert darüber hinaus ist es, dass Marilyn Chambers, die hier als Marilyn Briggs mitwirkte, durch diesen Film von den Mitchell-Brüdern für ihren kommerziell äußerst einträglichen Kunstporno „Behind the Green Door“ entdeckt wurde.