DVD von Columbia Pictures (USA)
The Creeping Flesh (Großbritannien 1972, Titel für den deutschen Markt: Die Auferstehnung des Grauens / Nachts wenn das das Skelett erwacht)
Böses Blut
Eine ausgedehnte Forschungsreise führte den Wissenschaftler Emmanuel Hildern (Peter Cushing) in den fernen Osten. Nun ist er mit einem bizarren Fund aus Neuguinea zurückgekehrt, einem erstaunlich grossen und gut erhaltenen Skelett, welches aller Wahrscheinlichkeit nach von einem menschenähnlichen Urzeitwesen stammt. Umgehend beschäfigt sich Emmanuel mit dem mysteriösen Objekt, sein treuer Assistent Waterlow (George Benson) unterstützt ihn dabei. Derweil hat Penelope (Lorna Heilbron), die liebreizende Tochter des Forschers, ganz andere Sorgen, denn die Arbeit ihres Vaters bringt kein Geld ein, verschlingt aber jede Menge Zaster. Bei Durchsicht der angefallenen Post entdeckt Emmanuel einen äusserst unangenehmen und traurigen Brief. Besagtes Schreiben kündet vom Tod der Ehefrau des Forschungsreisenden, die seit vielen Jahren unter der Obhut seines Bruders James (Christopher Lee) in einer Klinik für Geisteskranke unter Verschluss gehalten wurde. Emmanuel sucht seinen wohlhabenden Verwandten auf, der ihm bei dieser Gelegenheit barsch weitere Zuwendungen verweigert, nebenbei von eigenen Forschungen berichtet, mit denen er sich um die selbe Auszeichnung wie Emmanuel bewerben will. Das obskure Skelett sorgt bei seinem Finder für eine unfassbare Überraschung, als ein Finger mit Wasser in Berühung kommt, bildet sich umgehend lebendes Gewebe um den alten Knochen. Unter dem Mikroskop macht Emmanuel die nächste sensationelle Entdeckung, das Blut des rätselhaften Gewebes offenbart unglaubliche Eigenschaften...
Britischer Horror aus den siebziger Jahren, Peter Cushing und Christopher Lee
(einmal mehr) gemeinsam vor der Kamera, inszeniert vom bewährten Freddie Francis, dem wir herrliche Werke wie z. B. die Amicus-Streifen
"The Deadly Bees" (1967) und
"Tales from the Crypt" (1972) verdanken. Auch für Hammer war Francis tätig, unter seiner Anleitung entstand u. a. Christopher Lees dritter Dracula-Streifen
"Dracula has Risen from the Grave" (1968). Ergo muss
"The Creeping Flesh" gewissermaßen Pflichtprogramm für jeden Fan gepflegter Gruselunterhaltung darstellen, oder!? Für mich kann ich diese Ansage/Frage mit einem klaren und dicken
JA beantworten, dennoch wird der Film eventuell nicht alle der Zielgruppe zugehörigen Filmfreunde erfreuen.
In rund 92 Minuten Spieldauer wurde jede Menge Stoff gepackt, allerdings muss weitgehend auf die
"Tätigkeit" des Ungetüms verzichtet werden, erst zum Finale erhebt sich das Klappergestell aus seiner Starre. Dies dürfte manchen Zuschauer irritieren, denn erste Ansätze in diese Richtung werden recht früh präsentiert, jedoch von anderen Ereignissen in den Hintergrund gedrängt. So tischt uns der Flick einen Wissenschaftler auf, der für seine Visionen alles aufs Spiel setzt, oft die Grenze zum Fanatismus überschreitet. Im Gegensatz zum eiskalten Baron Frankenstein
(den Peter Cushing bekanntlich mehrfach für Hammer gab), ist Emmanuel Hildern vor allem am Wohl der Menschheit gelegen, der eigene Ruhm nachrangig. Zu diesen
"sanften" Mad Scientist-Anflügen, gesellen sich ein uralter Mythos vom Kampf des Guten gegen das absolut Böse, eine tragische Familiengeschichte, kriminelle Umtriebe des Bruders der Hauptfigur, ein entflohener Wahnsinniger sorgt für Krawall, hier wird ein pralles Füllhorn über den Zuschauer ausgeschüttet. Vielleicht mag die Verknüpfung der unterschiedlichen Elemente/Einflüsse/Vorlagen auf den ersten Blick ein wenig unrund erscheinen, doch bei der Zweitsichtung stellte sich bei mir das ersehnte Wohlgefühl ein, welches beim ersten Anlauf noch hin und wieder ins Taumeln geriet. Durch den Verzicht auf einen gradlinigen Ablauf macht sich der Streifen seine Mission nicht leicht, doch der geduldige und aufgeschlossene Betrachter wird letztlich reich belohnt. Vergleiche hinken immer
-mehr oder weniger stark- trotzdem möchte ich
"The Creeping Flesh" mit einem grossen und auf den ersten Blick nicht vollständig erfassbaren Gemälde vergleichen. Ich mag die Verteilung der Boshaftigkeit auf mehrere Ebenen, die gekonnt ineinadergreifen.
Werfen wir einen kurzen Blick auf die wichtigsten Mitwirkenden vor der Kamera. Peter Cushing ist großartig! Klar, das ist keine Neuigkeit, aber in diesem Fall verdient seine erstklassige Leistung eine ganz besondere Würdigung! Cushing durchlebt in der Rolle des Emmanuel Hildern eine breite Palette von Gefühlen, pendelt zwischen Hoffnung, Angst, Trauer und purer Verzweiflung
(schaut euch bitte die Szene an, in der er im Zimmer seiner verstorbenen Frau vor Gram und Leid vergeht, göttlich!). Für Christopher Lee bleibt der Part des fiesen und hinterlistigen Bruders, der ein Irrenhaus mit kalter und harter Hand lenkt. Die Boshaftigkeit ergiesst sich in Form von Arroganz und Zynismus in die Handlung, die brutale und zielstrebige Unterbindung des Fluchtversuches eines Anstaltsinsassen rüttelt auch den trantütigsten Zuschauer wach. Freilich hat Cushing die ergiebigere Rolle erwischt, was aber nichts an der souveränen Arbeit des ebenfalls sehr geschätzten Herrn Lee ändert. Der wahre Co-Star neben Peter Cushing ist eine junge Dame namens Lorna Heilbron, die uns zunächst auf eine falsche Fährte lockt. Penelope kommt als braves und naives Töchterlein daher, durchlebt dann aber eine Wandlung der harschen Sorte, Lorna Heilbron dreht mächtig auf, gleitet auf dem Weg in den Wahn gleichwohl nie in unfreiwillig alberne Bereiche ab. Ich möchte nicht zu viel verraten, Spoiler sind bekanntlich eine unverzeihbare Sünde! George Benson passt prima in den Kittel des treuen Helferleins, eher unscheinbar, dabei allerdings sehr sympathisch. Kenneth J. Warren sehen wir als Irren auf der Flucht, auf die übrigen Darsteller gehe ich an dieser Stelle nicht ein, dies gibt der Rahmen eines Kurzkommentares nicht her. Fazit: Peter Cushing in Bestform, Christopher Lee auf normaler Betriebstemperatur, Lorna Heilbron als positive, eindrucksvolle Überraschung. Ganz ohne kleine Schweinerei kann ich nicht, in einer miesen Spelunke gibt es Ausblicke auf die köstlich drallen Früchte eines Freudenmädchens, sehr angenehm.
"The Creeping Flesh" bietet keine
"echte" Innovation, sondern bedient sich fröhlich bei diversen Perlen und Schätzchen aus den Jahren zuvor. Heraus kam ein manchmal etwas eigenwilliger und sperriger Film, der nach kleinen Anlaufschwierigkeiten den Weg in mein Herz gefunden hat, schöne Kulissen und heimelige Atmosphäre inklusive. Es gibt viele Streifen mit den Herren Cushing und Lee die
"The Creeping Flesh" deutlich deckeln, auch Freddie Francis hat stärkere Werke inszeniert. An meiner Zuneigung ändern diese Tatsachen nichts, ein schöner und sehenswerter Beitrag aus der zweiten Reihe, danke dafür.
Leider existiert bis zum heutigen Tage keine DVD-Auswertung für den deutschen Markt, die mir vorliegende US-Scheibe erfreut mit schöner Qualität und ist zum fairen Preis erhältlich. Es wäre sehr begrüßenswert, wenn sich ein einheimisches Label um diesen Film bemühen würde, denn die deutsche Synchronisation ist recht ordentlich.
Guter Stoff, der sich runde und solide 7/10 verdient!
Lieblingszitat:
"I am a scientist, not a madman!"