Emoções Sexuais de Um Cavalo/Jegue - Sady Baby, Renato Alves (1986/87)
Verfasst: So 2. Okt 2022, 22:05
Originaltitel: Emoções Sexuais de Um Cavalo / Emoções Sexuais de Um Jegue
Produktionsland: Brasilien 1986/1987
Regie: Sady Baby, Renato Alves
Cast: Sady Baby, Sofia Blummer, Pedro de Lara, Priscila Presley, Makerley Reis
Abt. Hottehü-Filme
Einige mir notwendig scheinende Vorbemerkungen, bevor ich in medias res gehe, und einen brasilianischen Hardcore-Porno der Feinanalyse unterziehe, der in der Sekundärliteratur offenbar wahlweise unter den Titeln EMOÇÕES SEXUAIS DE UM CAVALO oder EMOÇÕES SEXUAIS DE UM JEGUE firmiert, und von Sady Baby und seinem Co-Regisseur Renato Alves irgendwann zwischen 1986 und 1987 gedreht worden sein soll…
1) Zuallererst gestoßen bin ich auf den Titel EMOÇÕES SEXUAIS DE UM CAVALO bei jenem „Disturbing Movies Iceberg“, der seinerzeit auf Reddit kursierte: An seiner aus dem Polarwasser ragenden Spitze finden sich noch solche vergleichsweise leicht bekömmlichen Mainstream-Schocker wie HOSTEL oder SAW, je tiefer man allerdings taucht wird man mit zunehmend transgressiver werdender Ware à la Pasolinis SALÓ, MELANCHOLIE DER ENGEL oder FACES OF DEATH konfrontiert, bis man am Grund des Eisbergs auf reine Gore-Tapes und Shockumentary-Compilations mit verheißungsvollen Namen wie VOMIT ENEMA ECSTASY oder PORNGORE stößt. Ebenfalls in den tiefsten Tiefen des Ozeans verborgen ist indes aber auch EMOÇÕES SEXUAIS DE UM CAVALO – ein Werk, bei dem zumindest ich naheliegenderweise sofort vermutet hätte, es würde sich um einen reinen Zoophilie-Porno handeln, dessen gesamter Inhalt darin besteht, dass Pferde für Sexualakte missbraucht werden. Ein bisschen Recherche aka ein Klick auf die IMDB enthüllt jedoch schnell: EMOÇÕES SEXUAIS DE UM CAVALO scheint stattdessen ein veritabler „Klassiker“ der Spätphase des sogenannten „Boca-do-Lixo-Kinos“ Brasiliens zu sein, entstanden zu einer Zeit, als die dortige Militärdiktatur der Vergangenheit angehörte, und die Zensurgesetze auf eine Weise gelockert wurden, dass die irrwitzigsten, manchmal abartigsten Porno-Filmchen legal produziert und öffentlich in Kinos gezeigt werden konnten. Einer derjenigen, die das veränderte politische Klima sowohl für den eigenen Geldbeutel wie für die Zelebrierung der eigenen Obsessionen zu nutzen wussten, war auch Sady Baby, der ab 1984 etwa 30, sagen wir mal, „erotische“ Filme inszenierte, darunter eben auch EMOÇÕES SEXUAIS DE UM CAVALO, ein Film irgendwo zwischen schmutzigster Avantgarde, wüstestem Exploitation-Trash, sleazigster Hardcore-Pornographie und, tja, eben auch einem etwa vierminütigen Ausflug in maximal bedenkliche Sodomie-Gefilde. Anders gesagt: Einmal abgesehen von dem kurzen Segment, in dem EMOÇÕES SEXUAIS DE UM CAVALO seinem Titel vollends gerecht wird, erzählt dieser unglaubliche Streifen eine (mehr oder minder) kohärente Geschichte, lässt stellenweise Babys Anspruch erkennen, so etwas Ähnliches wie einen „richtigen“ Film zu drehen, und muss zudem vor dem historischen Hintergrund der brasilianischen Kinolandschaft Mitte der 80er betrachtet werden, - was es freilich für meine Begriffe zu keinem Zeitpunkt entschuldigt, dass man einen armen Gaul vor laufender Kamera für sexuelle Handlungen instrumentalisierte, mir jedoch genügend Gründe in die Federspitze legt, dass ich es doch für eine einigermaßen gute Idee halte, meine Sichtungserfahrung in diesen heiligen Hallen zu Protokoll zu geben.
2) Wie oben schon angedeutet, herrscht im Netz einige Konfusion bezüglich der Frage, wann und unter welchem Originaltitel EMOÇÕES SEXUAIS DE UM CAVALO denn nun eigentlich gedreht worden sein soll. Der mir vorliegende VHS-Rip führt im Vorspann beispielweise den Titel EMOÇÕES SEXUAIS DE UM JEGUE, den man ebenfalls auf der IMDB als Regiearbeit Babys aus dem Jahre 1987 findet. Allerdings entsprechen die wenigen Rezensionen zu EMOÇÕES SEXUAIS DE UM CAVALO, die man auf der IMDB lesen kann, eins zu eins dem Inhalt „meiner“ Version. Möglicherweise kursierte Babys Film also unter mehreren Alternativtiteln, - zumal in der von mir in Augenschein genommenen Fassung sowohl ein Pferd wie auch ein Esel vorkommen, (wobei letzterer – glücklicherweise! – nur in zwei Szenen unbeteiligt herumsteht und in keine Liebesspiele verwickelt wird.) Eine andere Möglichkeit wäre, dass Sady Baby tatsächlich zwei eigenständige Filme inszeniert hat, und diese mit der Zeit permanent miteinander verwechselt wurden, sodass all die Menschen im World Wide Web, die vorgeben, EMOÇÕES SEXUAIS DE UM CAVALO zu rezensieren, in Wirklichkeit EMOÇÕES SEXUAIS DE UM JEGUE im Visier hatten. Eine Theorie besagt, ein und derselbe Film sei in unterschiedlichen Versionen und unter unterschiedlichen Namen vertrieben worden, einmal ohne die "Pferde-Szene", einmal mit derselben, wobei die gekürzte Fassung EMOÇÕES SEXUAIS DE UM JEGUE getauft worden sei, weil sämtliche Auftritte des Hengstes der Schere zum Opfer fielen - eine Theorie freilich, die ich nicht verifizieren konnte. Selbst ein Blick in die (überschaubare) Sekundärliteratur zum Thema „Boca do Lixo“ kann mir nicht weiterhelfen: Meist tauchen die fraglichen Titel einzig in Listenform auf, - (dass sich jemand wirklich tiefschürfend akademisch mit dem Oeuvre Baby Sadys auseinandergesetzt hätte, scheint bislang nicht der Fall zu sein) -, wobei die einschlägigen Werke – (wie zum Beispiel die „Nova história do cinema brasileiro“ aus dem Jahre 2018, Alfredo Sternheims „Cinema do Boca: dicionário de diretores“ von 2005 oder die José-Mojica-Marins-Biographie André Barcinskis und Ivan Finottis „Maldito“) – stets BEIDE Titel anführen, so, als ob wir es bei CAVALO und JEGUE tatsächlich mit zwei separaten Filmen zu tun hätten. Einzig in Mariana Baltars (lesenswertem!) „Panorama of Brazilian Porn“ namens „E Pornô, Tem Pornô?“ bin ich in einem dem brasilianischem Bestialitäten-Porno gewidmetem Paragraph bloß auf den JEGUE gestoßen, während vom CAVALO jedwede Spur fehlt, so als ob der Film gar nicht existieren würde. Zum Abschluss meiner (schon viel zu langgeratenen) Einführung sei abschließend aus besagtem 2019 erschienen Standardwerk zitiert: „The need to compete with foreign pornographic films led the native imagination to explore the boundaries of its ,perversions', introducing bizarre sex to domestic films. The abberations were predictably skewed toward bestaility, a vein in porn that, although quite lucrative at the time, was in the long run detrimental for the genre in Brazil. [...] The bestiality ,cycle' prompted good earnings. These explorations of the limit of abberations and audacity captivated the audiences even in the United States. The films with horses, for example, were a huge success in American video stores.” In einem Punkt allerdings liegt Mariana Baltar falsch, nämlich, wenn sie behauptet: „The acts were all simulated, but everything was portrayed with great realism.” Das mag sicherlich für Streifen wie Conrado Sanchez’ A MENINA E O CAVALO (1983) oder Marins‘ 24 HORAS DE SEXO EXPLÍCITO (1985) zutreffen, in EMOÇÕES SEXUAIS DE UM JEGUE bekommen wir, wie gesagt, zumindest für eine Handvoll Minuten, allerdings „the real thing“ geboten. Lasst uns nach Erfüllung des Bildungsauftrags und eindringlicher Warnung nun endlich alle Hoffnung fahren und hinabsteigen in den „Mouth of Garbage“ des brasilianischen Hardcore-Kinos…
EMOÇÕES SEXUAIS DE UM JEGUE beginnt mit einem Vorspann, der Standbilder heterosexueller Geschlechtsakte in Großaufnahme präsentiert, - ein Penis in einer Vagina; ein Mund an einem Phallus etc. -, Bilder, die in etwa so erotisch wirken wie ein Kellerfund verklebter Porno-Heftchen aus den 80ern, deren Ränder bereits Schimmel und Patina angesetzt haben, und die mich tatsächlich Übles dahingehend befürchten lassen, in welche Minusbereiche der Stimulation mich die nachfolgenden knapp fünfundsiebzig Minuten wohl noch versetzen werden. Als musikalische Untermalung gibt’s den Smash Hit „Nightlife“ von Donna Summer, für den sich Baby ganz bestimmt im Vorfeld die Rechte gesichert hat. Schon hier sei angemerkt, dass EMOÇÕES SEXUAIS DE UM JEGUE, was seine Tonspur betrifft, wie ein Mixtape zahlloser catchy Pop-, Rock- und Funk-Songs aus den 70ern und 80ern anmutet. Fragt mich nicht, was die Verantwortlichen hier alles aus ihrer Plattensammlung hervorgezaubert haben: Rod Stewart habe ich noch erkennen können, ansonsten gibt es Hard-Rock-Riffs, portugiesische Schlager, brasilianische Folklore, zwischendurch atonale Elektroexperimente, - ein wilder Schmaus für die Ohren, wenn da nur nicht die zugehörigen Bilder wären…
Diese Bilder erzählen uns folgende Mär: Ein sadistischer Häftling namens Gavião ist aus dem Gefängnis ausgebrochen. Seit geraumer Zeit schon scheint er den Dschungel zu durchstreifen, - und zwar derart ausgehungert, dass er selbst einem streunenden Hündchen seinen Knochen entreißt, um die letzten verbliebenen Fleischreste von demselben zu nagen. (Eine wahrlich eklige Szene gleich zu Beginn, die einen kleinen Vorgeschmack aufs Folgende leistet: Gavião, der übrigens von Sady Baby höchstselbst verkörpert wird, schlägt tatsächlich seine Zähne in einen Knochen, an dem kurz zuvor noch ein Hund herumgeknabbert hat, pfui! Himmelschreiend übrigens ist es, dass der süße Vierbeiner aus dem Off fortwährend ein bedrohliches Knurren ins Maul gelegt bekommt, das er in Wirklichkeit gar nicht ausstößt. Vielmehr überlässt er Baby seine Mahlzeit ganz ohne Murren und schaut dem Mundräuber arglos und handzahm beim Spachteln zu.) Gaviãos Ziel ist das Dörfchen, in dem seine Ehefrau lebt, und die Odyssee dahin sowohl gespickt von heruntergekommenen Ortschaften, deren Hütten den Anschein erwecken, beim nächsten Starkregen einfach in tausend Teile zu zerbröseln als auch von Bekanntschaften mit Frauen, auf die sich unser Held, kaum hat er sie erblickt, wie ein Raubtier stürzt: Zwei einander in lesbischer Liebe zugetane Damen beispielweise überrascht der Erotomane vor der malerischen Kulisse eines Wasserfalls und wählt sich eine der beiden sogleich als Weggefährtin; eine andere Frau hat er zuvor bereits gewaltsam zu einem aus mir unerfindlichen Gründen mitten im Urwald stehenden Sarg gezerrt, um sie darin zu vergewaltigen. Was auf dem Papier klingt wie ein furchtbares Sexualverbrechen, inszeniert Sady nichtsdestotrotz auf launig-klamaukige Art und Weise, wozu nicht zuletzt der flotte Power Pop beiträgt, der ohrenbetäubend erschallt, während Gavião sich über seinem Opfer im „Sarg der Liebe“ wälzt. Bis hierhin bewegen wir uns übrigens noch rein auf Softcore-Terrain: Offenkundig steht Baby nicht der Sinn, in seinen eigenen filmischen Erzeugnissen blankzuziehen geschweige denn einen tatsächlichen Koitus durchzuexerzieren – das bleibt allein seinem (Laien-)Cast überlassen…
Im weiteren Verlauf der, hust, „Story“ schafft es Gavião endlich, seine Frau aufzuspüren, muss aber zu seinem Entsetzen feststellen, dass sie ein Kind unterm Herzen trägt, das definitiv nicht von ihm selbst stammen kann. Nachdem er seine Gattin genügend malträtiert hat, ist diese bereit, ihm den Namen des Erzeugers zu nennen, - und hinter diesem verbirgt sich – Schock! – niemand anderes als Gaviãos eigener Vater, dem er eigentlich aufgetragen hatte, ein wachsames Auge auf seine Liebste zu haben, während er seine Zeit hinter Schwedischen Gardinen absitzen muss. Die nächste Hiobsbotschaft folgt auf dem Fuße: Der Lustgreis hat nicht nur Gaviãos Gattin geschwängert, sondern sich außerdem an seiner Schwester aka seiner eigenen Tochter vergangen! Blind vor Wut fesselt Gavião seine Frau in deren Hütte und legt anschließend ein Feuer in ihr: Mutter und ungeborenes Kind werden ein Raub der Flammen. Damit nicht genug: Seinem Vater möchte Gavião eine noch viel schmerzhaftere Lektion erteilen! Zunehmend den Verstand verlierend macht er sich auf, den Aufenthaltsort des Greises zu erfahren. Zunächst einmal schlägt er jedoch in der Praxis einer Ärztin auf, die ihm einst ein wirkungsloses Medikament gegen seine AIDS-Erkrankung verschrieben hat. Mittlerweile haben wir nämlich erfahren, dass Gavião sich im Knast mit HIV infizierte, und dass er nicht davor zurückschreckt, das Virus an diejenigen weiterzugeben, die ihm bei der Erfüllung seiner Rachephantasien im Weg stehen: So zwingt er einen Assistenten besagter Ärztin in einer schier fassungslos machenden Szene dazu, ihm ein Stück Fleisch aus dem Arm zu beißen und sein Blut zu saufen, damit er sich ebenfalls eine AIDS-Infektion einhandelt...
Da ich den Streifen auf Portugiesisch ohne Untertitel gesehen habe, (mit einer englischsprachigen Blu-Ray dürfte gewiss in nächster Zeit nirgendwo auf der Welt zu rechnen sein), sind mir gewiss einige Feinheiten der Dialoge entgangen, doch sowieso hat sich der Film bis zum Ende seines zweiten Drittels weniger mit der eigentlichen Handlung um Gaviãos Familienprobleme aufgehalten, sondern sich immer wieder in vollkommen plotfremden Subplots verstrickt, die mir oftmals in keinerlei Berührungspunkte zum Haupterzählstrang zu haben scheinen: Ein schwules Pärchen wird auf offener Straße von einem Militärpolizisten beim Knutschen ertappt und per Pistole ins Dickicht eskortiert, wo sich der vermeintliche Ordnungshüter als Lüstling entpuppt, der die beiden Männer zwingt, ihm unisono einen Blow Job angedeihen zu lassen, - eine ausgedehnte Hardcore-Einlage, die man mit etwas gutem Willen als Kritik an der verblichenen Militärdiktatur lesen kann; später schenken sich dieselben beiden Männer im Hinterzimmer irgendeiner Kaschemme weiterer Liebkosungen, (wozu der Hochzeitsmarsch aus Wagners „Tristan und Isole“ erklingt!), werden diesmal jedoch von zwei Frauen gestört, bei denen es sich möglicherweise um ihre angetrauten Gattinnen handelt, die den homosexuellen Ausschweifungen ihrer besseren Hälften wenig freudig gegenüberstehen, und das Paar mit Schlägen auf die nackten Hintern traktieren, während diese zwar Dinge deklamieren, die sich nach Entschuldigungen anhören, jedoch trotzdem nicht einsehen, ihre Analsexnummer zu unterbrechen; eine Frau ist indessen im Dschungel einem Esel begegnet, vor dem sie eine exzessive Striptease-Einlage hinlegt, wozu das Maultier erst desinteressiert mit den Ohren schlackert, und sodann irgendetwas mutmaßlich Zotiges aus dem Off anmerkt, - weiter, als dass der Esel gestreichelt und auf die Schnauze geküsst werden würde, geht diese Vignette indes Gott sei Dank nicht. Etwas, das man über das Zusammentreffen von zwei Frauen und einem Mann mit einem Stallpferd nicht behaupten kann: Erneut hat die knapp vierminütige Episode mit der Geschichte um Gavião rein gar nichts zu tun, und wirkt, ähnlich wie die vorherigen Gay-Intermezzi, wie ein komplett zufällig zur Laufzeitstreckung in vorliegenden Film integrierter Porno-Clip. Zum Inhalt möchte ich mich nicht weiter auslassen, außer vielleicht andeuten, dass die Dinge, die wir hier geboten bekommen, noch ein erhebliches Stück mehr über die Stränge schlagen als diejenigen in für ihre Zoophilie-Szenen berüchtigten D’Amato-Vehikeln à la EMANUELLE IN AMERICA oder CALIGOLA…LA STORIA MAI RACCONTATA. (Wie zusammenhanglos das Ganze daherkommt, sieht man allein auch daran, dass von EMOÇÕES SEXUAIS DE UM JEGUE eine Fassung zirkuliert, aus der jedwede sodomitische Einsprengsel exkludiert wurden, und der Film dadurch nicht mehr und nicht weniger verständlich wirkt als in der integralen Version.)
Höhepunkt der Chose ist eine Orgie im bereits erwähnten Nachtclub, die mindestens eine Viertelstunde, wenn nicht gar zwanzig Minuten einnimmt, und in der die Story um Gavião endgültig zum Erliegen kommt. Erneut sind die Massensexszenen so ungefähr das Gegenteil dessen, was ich als sexuell affizierend bezeichnen würde: Es erweckt fast den Eindruck, als sei es Sady Babys Agenda, seine Balzereien so schmutzig, schweinisch, schmierig wie möglich zu inszenieren, wenn er seine Darsteller und Darstellerinnen konsequent in den dreckigen Zimmern irgendwelcher Barracken dirigiert, wenn er dafür Sorge trägt, dass die gesamte Mise en Scéne wirkt wie ein lieblos abgefilmtes Schmuddelheft aus dem abgegriffensten Kioskständer, wenn er pausenlos seine Lieblingspopsongs dudeln lässt, als sollten die heiteren Klänge die leidenschaftslos abgespulten Bumsereien ironisch konterkarieren. Höhepunkt der Orgie wiederum ist folgende wahnwitzige Szene: Gavião hat inzwischen spitzgekriegt, dass sein alter Herr bei der Massen-Kohabitation partizipiert, und sieht die perfekte Gelegenheit gekommen, ihm endlich ans Leder zu gehen. Bewaffnet mit einer Kettensäge (!) stürmt er den Club und bringt einen anscheinend völlig unbeteiligten Jüngling um, indem er ihm mit der rasenden Klinge den Bauch zerfetzt. (Für alle Freunde von Amateur-Splatter der kostengünstigen Sorte sind das genau DIE fünf bis zehn Sekunden, für die sich die Sichtung vorliegenden Streifens lohnt.) Gavião senior indes gelingt die Flucht, worauf sich sein Sprössling und eine ihn inzwischen begleitende Gespielin zu Fuß verfolgen. „A very dramatic scene“ nennt ein IMDB-Reviewer das Finale; ich bin mir jedoch arg unsicher, ob ich diese Bezeichnung dafür verwenden würde, dass Gavião seinen Vater in einem Flusslauf zu fassen bekommt und mit ihm dasselbe anstellt, was er schon mit dem Ärztinnenassistent getan hat: Ihn zwingen, ihm eine Wunde in den Arm zu beißen, das Blut daraus zu schlürfen, und ihm anschließend auf die Nase zu binden, dass er sich hiermit AIDS in die eigene Blutbahn befördert hat. In der letzten Einstellung verlassen Gavião und seine Freundin den erschüttert dreinschauenden Alte, - vielleicht ist es das, was Sady Baby unter einem Happy End versteht?
Ich wiederum verstehe unter EMOÇÕES SEXUAIS DE UM JEGUE einen Film, der mich ziemlich sprachlos zurückgelassen hat. Einmal abseits der in jedweder Hinsicht zu verurteilenden Pferdeszene ist das ein Machwerk, das man in einem Konversationslexikon neben der Abbildung eines Giftschranks besprechen müsste. Im Ernst: Falls es wirklich Sady Babys Ansinnen gewesen sein sollte, vorliegenden Film zu drehen, um erotische Gefühle in seinem Publikum wachzurufen, möchte ich die Leute gar nicht kennenlernen, die ihm als potenzielle Konsumenten vorgeschwebt haben. Plakativ auf Zelluloid gebannte Körper in miefigen Kulissen; inflationäre Close-Ups von Vaginen, Penissen, Analöffnungen, dass man jeden Pickel, jedes Afterhärchen, jeden Bluterguss en détail zu studieren vermag; dazu noch mehrere Vergewaltigungen, die als amüsante Kavaliersdelikte daherkommen, und solche Bizarrerien wie ein Striptease vor den Augen eines Esels, - puh, mir erging es eher so, dass mir die Sichtung dieses Streifens jegliche Lust auf Intimität für geraume Zeit flächendeckend wegbombardiert hatte. Interessant immerhin ist, wie selbstverständlich Sady Baby uns homoerotische Nummern offeriert. Was, soweit ich mich in der Materie auskenne, in einem US-amerikanischen oder europäischen Porno der mittleren 80er eher ein No-Go gewesen wäre, zeugt in EMOÇÕES SEXUAIS DE UM JEGUE von einer affirmativen Haltung nicht-heteronormativer Geschlechtlichkeit gegenüber, - zumal die homosexuellen und queeren Figuren nicht etwa primär zur Erheiterung dienen, sondern, wie in der Finalorgie schön zu sehen ist, völlig gleichwertig neben den heterosexuell ausgerichteten Paarungen existieren. Loben kann man vielleicht ebenso noch die Manierismen, die Baby manchmal in technisch-ästhetischer Hinsicht einstreut, wie zum Beispiel eine um sich selbst rotierende Kamera während der „Sarg“-Szene, die ein bisschen wie eine Gaspar-Noé-Antizipation anmutet, oder das abschließende, wohl nur schwerlich ernstgemeinte, weil völlig over-the-top dargebrachte Kettensägenmassaker als augenzwinkernde Parodie auf zeitgenössische Gore-Filme. Generell gelingt es Baby, seinen Film als Wechselbad der Gefühle zu modellieren, denn fortwährend oszilliert die Stimmung zwischen blödem Klamauk und offensiv grimmiger Tragik. Aber, puh, ich merke, dass ich dabei bin, mir etwas schönzureden, das mich während meiner Sichtung zwar ungläubig zu Boden warf, jedoch unterm Strich alles andere als begeistert hat. Um zum Abschluss Dante zu zitieren: „Lasciate ogni speranza, voi ch'entrate!", indeed.