Die Inhaltsangabe liest sich ja erstmal nicht schlecht. Die Bilder, die man so sehen kann schauen toll düster-schmutzig aus und zeigen ein Mittelalter, in dem man sich nach Herzenslust austoben und Frauen foltern und verbrennen darf. Der Beginn von THE CLEANSING macht dann auch genau das: Wir schauen einer kleinen Dorfgemeinschaft zu, wie sie versucht sich gegen die Pest zu wehren mit dem einfachsten Mittel aller Zeiten: Dem Opfern eines menschlichen Sündenbocks. Dass bei der Folter Alice‘ kein Wert auf exploitative Elemente gelegt wird macht den Film in diesem Augenblick nur umso hochwertiger, doch als Alice dann in den Wald entkommen kann und den Einsiedler trifft ist *puff* die gesamte Spannung fort. Man nähert sich vorsichtig an, der Mann weiht das junge Mädchen in seine Geheimnisse ein, und als ein junger Schwarzer daherkommt, mal eben so mit ziemlich coolen Pikes an den Füßen, seltsamen Tattoos am Hals und mit mächtig Hunger und Selbstbewusstsein gesegnet, da fragt sich der Zuschauer dann schon sowohl nach dem Sinn der Handlung wie auch dem Grund der fortgesetzten Anachronismen.
Aber sei‘s drum, Alice macht dann den Carlos Castaneda und erweitert ihr Bewusstsein, und spätestens da wird dann auch langsam klar, wer der Eremit in dem ausgesprochen überschaubaren Personenrahmen in Wirklichkeit ist. Überraschung sieht anders aus, wobei die Zusammenhänge zwischen seiner Profession und seinem Wissen der überlieferten Historie diametral entgegen stehen. Spoiler: Oder waren es denn nicht die Inquisitoren, welche die weisen Frauen ausrotten wollten? Spoiler Ende.
Im letzten Drittel dann zieht sich Alice einen schwarzen Umhang über, schminkt sich wie ein 15-jähriges Gothic-Chick und geht wieder in das Dorf, Rache zu nehmen an den Bewohnern die sie töten wollten. Wo das erste Drittel mittelalterlich-realistisch ist mit gutem Wetter und schönen Hintergründen, und das zweite Drittel psychologisch-langweilig mit langsamen Aktionen und wenig wirklichem Sinn auf Anachronismen setzt, basiert das dritte Drittel auf hartem Gothic-Metzel-Stoff und plündert mal eben die Schatzkiste der US-amerikanischen Underground-Kultur der letzten 20 Jahre.
Und der Zusammenhang zwischen den drei Dritteln? Mmh, schwer zu sagen. Die Schauspieler machen ihre Sache teils sehr gut (die Dorfbewohner), teils etwas platt (der Eremit), die Musik klingt in ihren besten Momenten wie Raison d’Être und in den schlechten wie Library Musik, und dass so viele Figuren modernes Schuhwerk anhaben ist einfach dumm und nicht immer passend. Aber es schlängelt sich einfach kein rechter roter Faden durch die äußerst dünne Story, und die schönen Bilder reichen da auch nicht immer aus. Vor allem der ganze Mittelteil zieht sich doch etwas, bevor eben der Rachepart beginnt, der dann den Zuschauer in seinem Zweites-Drittel-Tran völlig übertölpelt und ihm mit den griffigen Bildern einen guten Film vorgaukelt, wo gar keiner ist. Denn drei einzelne Episoden ergeben in Summe nicht zwangsläufig einen zusammengehörigen Film …
Nee, so richtig aufregend ist das nicht. Da passt zu vieles nicht zusammen, und der Gesamteindruck ist einfach zu mau um wirklich eine Empfehlung abgeben zu können. Muss man nicht unbedingt sehen …
4/10