1922
1922
USA 2017
Regie: Zak Hilditch
Thomas Jane, Molly Parker, Dylan Schmid, Kaitlyn Bernard, Brian d'Arcy James, Neal McDonough, Bob Frazer,
Patrick Keating, Graeme Duffy, Bruce Blain, Spencer Brown, Danielle Klaudt
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OFDB
Stephen King ist ein guter Schriftsteller, ich glaube da braucht man kaum drüber zu diskutieren. Natürlich hat sein Werk Höhen und Tiefen, das ist für einen Schriftsteller bzw. Künstler mit diesem Output ganz natürlich, aber die Masse seiner Arbeiten kann man sehr gut und normalerweise auch mit hohem Unterhaltungswert weglesen. Die Geschichte über einen Mann, der in einem Brief schildert wie und warum er seine Frau im Jahr 1922 ermordet hat und was danach geschah, diese Geschichte kenne ich nicht, aber ich kann sie mir nach dem Film sehr gut vorstellen. Ein klein wenig geschwätzig, aber wirklich nur ein ganz klein wenig, die Schockmomente an den richtigen Stellen, genauso wie die Tränendrücker, und man hat die soundsoviel Seiten garantiert innerhalb eines Tages durch und ist zufrieden. Vielleicht nicht so glücklich wie nach, sagen wir,
Sie, aber auf jeden Fall zufrieden.
Bei guten Schriftstellern gibt es seit jeher die starke Tendenz, deren Werke zu verfilmen. So etwas ist dann immer sehr stark vom Regisseur und natürlich von den Schauspielern abhängig. Klassische Literaturverfilmungen wie DOKTOR SCHIWAGO oder KRIEG UND FRIEDEN nehme ich da jetzt bewusst aus, bleiben wir ruhig im Pulp- bzw. Genre-Bereich. Viele, sehr viele Verfilmungen nach Romanen oder Erzählungen von Raymond Chandler sind mindestens gelungen, einige davon schlichtweg genial. Das gleiche gilt für Autoren wie Dashiell Hammett oder Graham Greene. Die Verfilmungen von Alistair McLean sind größtenteils auch heute noch goutierbar, aber der ein oder andere filmische Erguss verursacht mittlerweile schon rechte Kopfschmerzen, wohingegen die älteren Verfilmungen des Bestsellerautors Robert Ludlum größtenteils schlecht gealtert sind, die BOURNE-Trilogie zu Anfang des Jahrtausends aber kurioserweise die Qualität der Romane deutlich übertrumpft hat.
Bei Stephen King trifft die Sache mit dem Regisseur und den Schauspielern erst Recht zu, gibt es doch analog zu seinem gigantischen schriftstellerischem Werk auch eine enorme Masse dazugehöriger Verfilmungen. CHRISTINE hat mir zum Beispiel sehr gut gefallen, aber das war zu Beginn der 80er im Kino, und ich kann wirklich nicht sagen wie der gealtert sein mag. Viele mögen ihn nicht, im Gegensatz zu DIE VERURTEILTEN, den ich persönlich wiederum eher schwächer fand. Spätestens Bei THE GREEN MILE treffen sich die Meinungen dann alle wieder und trinken einen auf den RHEA M-Mumpitz …
1922. Eine der vielen Verfilmungen von Kurzgeschichten oder, in diesem Fall, Novellen des Meisters. Wie gesagt kenne ich die Vorlage nicht, aber nach dem Film werde ich sie ziemlich sicher auch nie kennenlernen. Ich meine, Regisseur Zak Hilditch schafft es, die düstere Grundstimmung mit Stereotypen aus X Horror-/Grusel-/Mystik-Thrillern herbeizubeten - da zoomt die Kamera auf eine Türe und die Musik wird dabei immer schriller, da werden sich drehende Türknäufe in Großaufnahme gezeigt, die tote Frau erscheint als gar schrecklich zugerichtete Leiche, und es hat allenthalben Ratten die das Verderben ankündigen. Aber da ist einfach nichts Eigenes. Nichts Außergewöhnliches. Nichts, was man nicht schon zig-mal gesehen hat, selbst wenn man, wie ich, kein großer Freund solcher Filme ist. Meine Frau meinte, dass in 1922 alles so vorhersehbar sein, und das trifft den Nagel genau auf den Kopf: Farmer Wilfried James möchte das Land, das seine Frau geerbt hat, bepflanzen, seine Frau aber will alles verkaufen und in der Stadt ein Modegeschäft aufmachen. Wilfried tötet also seine Gattin und lässt es so aussehen, als ob sie ihn verlassen hätte. Aber sie kommt wieder, und peinigt ihn mit schrecklichen Erscheinungen …
Wir wissen was passiert, wenn Wilfried seine Frau ermordet. Wir wissen von vornherein, dass sie wiederkehren und ihn in den Wahnsinn treiben wird. Wir wissen, dass sich James‘ Alptraum bis zum bitteren Ende immer mehr steigern wird, und wir können auch relativ genau vorhersagen wie er sich steigern wird. Die gute und passende Musik und die schönen Bilder treffen dabei auf das stimmige Overacting von Thomas Jane, und daraus entsteht schnelle eine gewisse Art von Zauber, welcher die Geschichte gut voranbringt und in düsteres und gutes Terrain schifft. Aber wenn dann über rund 100 Minuten alles mehr oder weniger so passiert wie man es erwartet, dann muss ich als Vielseher konstatieren, dass der Film eher in Richtung Langeweile tendiert. So leid es mir tut …
Die Nebenhandlung um das Schicksal des Sohnes ist gut umgesetzt und interessant, und wäre wahrscheinlich der bessere, sprich: Spannendere Film geworden. Die Figur des Nachbarn Harlan Cotterie ist eine interessante Figur, die in einem anderen Film sicher ein abwechslungsreiches Auf und Ab gebracht hätte. Und dass der Film auch ohne weiteres in der Kleinstadt Derry aus dem Roman Es hätte spielen können, und mir zu Beginn des Film automatisch die Erinnerung an das Massaker in den 20er- oder 30er-Jahren durch den Kopf schießt, genauso wie das Hotel, in dem Wilfried seinen Brief schreibt, innen stark an das Overlook-Hotel aus SHINING erinnert, solche Assoziationen leiten schnell in den Film hinein, und die Idee, die Personen anhand von gestellten Fotos vorzustellen, tut ein übriges die Charaktere schnell nahezubringen. Aber dann … kommt nichts mehr. Keine Überraschungen, keine neuen Ideen, einfach nur Althergebrachtes. Eine Gemengelage aus unzähligen King-Verfilmungen, die über 100 Minuten gestreckt alsbald zum Schlafen verleitet. Schade, denn komprimiert auf 60 oder 70 Minuten könnte ich mir das schon recht ansprechend vorstellen. So aber, ohne Mut zu neuen oder zumindest eigenen Ideen, ist der Film eine von unzähligen Netflix-Produktionen, die man sich eigentlich auch sparen kann …
5/10