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Desperation - Mick Garris (2006)
Verfasst: Mo 6. Mär 2023, 07:18
von jogiwan
Desperation
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Originaltitel: Desperation
Herstellungsland: USA / 2006
Regie: Mick Garris
Darsteller:innen: Tom Skerritt, Steven Weber, Annabeth Gish, Ron Perlman
Story:
Auf der Durchreise durch einen entlegenen Landstrich in Nevada wird das New Yorker Pärchen Peter und Mary von einem übellaunigen Polizisten mit fiktiven Anschuldigungen festgenommen und auf das Revier in einer Stadt mit dem blumigen Namen Desperation überstellt. Das ist jedoch erst der Beginn eines viel größeren Alptraums, als Peter von dem Cop kaltblütig erschossen wird und Mary feststellen muss, dass auch noch andere Unschuldige Autofahrer von dem seltsam agierenden Cop eingesperrt wurden. Von den anderen Eingesperrten erfährt die Frau, dass wohl etwas Böses und Uraltes aus der kürzlich wiedereröffneten Mine des Ortes gekommen ist, dass nun wie ein dunkler Schatten nach allem Leben greift und auch nicht so einfach aufzuhalten ist.
Re: Desperation - Mick Garris (2006)
Verfasst: Mo 6. Mär 2023, 07:18
von jogiwan
Munteres Motive-Recyclen nach Stephen King mit einer Geschichte, die stark anfängt um dann umso stärker nachzulassen. Alles in „Desperation“ versprüht wohligen Charme und erinnert an größere Erfolge, um dann sprichwörtlich völlig falsch abzubiegen. Irgendwann kommt dann nämlich ein kleiner Junge ins Spiel, der sich mit seiner Gottesfürchtigkeit dem Bösen in den Weg stellt, bei dem man echt nicht weiß, ob es sich dabei um eine Parodie handelt oder die Figur tatsächlich erstgemeint ist. Wenn auf einmal mit Bibelzitaten um sich geschmissen wird und man sich gemeinsam an den Händen nimmt, um gemeinsam gegen das Böse zu beten, dann kippt „Desperation“ auch ganz rasch in Richtung lächerliche Gefilde und strapaziert die Geduld des Zuschauers ganz gehörig. Die Auflösung der ganzen Minen-Sause mit Vietnam-Trauma-Bezug ist dann irgendwie auch nur noch nebensächlich, wenn man dem gottesfürchtigen und an Wunder glaubenden Gör das Abnippeln raschestmöglich an den Hals wünscht. Auch ansonsten wirkt das alles immer etwas uninspiriert und/oder altbekannt und statt Horror und Grusel steht hier mit allerlei unlogisch erscheinenden Momenten auch eher „Desperation“ für den King-Fan am Programm. Mehr will man ja auch gar nicht mehr dazu sagen. Leider autsch!
Re: Desperation - Mick Garris (2006)
Verfasst: Mo 6. Mär 2023, 09:56
von buxtebrawler
Ich notierte seinerzeit:
Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen, mir auch diese King-Verfilmung aus dem Jahre 2006 anzusehen, hatte US-Regisseur Mick Garris doch in der Vergangenheit bereits eine ganze Reihe king’scher Prosa auf die Leinwand gebracht. Seine Ergebnisse zählten dabei zwar nie zu den großen Würfen, boten aber bisweilen recht ordentliche Unterhaltung (ich erinnere mich in diesem Zusammenhang sehr gerne an den angenehm perversen „Schlafwandler“). Als ausführender Produzent fungierte Stephen King persönlich, was, wie der Filmkenner weiß, aber nicht unbedingt Gutes verheißen muss. Wie also fiel diese Verfilmung des gleichnamigen, mir unbekannten King-Romans aus, der die Geschichte eines alten Dämons erzählt, der nur relativ kurze Zeit in menschliche Körper inkarnieren kann und sich daher in einer Art Gefängnis einen gewissen „Vorrat“ noch lebender humaner Hüllen bereithält?
Zunächst macht „Desperation“ einen guten Eindruck. Ron Perlman („Alien – Die Wiedergeburt“) stellt seine imposante Erscheinung, bei der die Maske etwas nachgeholfen hat, für einen üblen, wie sich herausstellen soll vom Dämonen Tak besessenen Bullen zur Verfügung, der in angst- und respekteinflößender Weise am Highway der Geisterstadt Desperation neue Opfer sucht, zur Verfügung und bekommt einige zynische Textzeilen in den Mund gelegt. Mit der Angst vor dem hilflos der Exekutive Ausgeliefertsein zu spielen, ist zwar alles andere als originell, aber durchaus effektiv. Auch Tom Skerritt („Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“) als alternder Schriftsteller und vermutlich Alter Ego Kings bringt seine Charakterfresse positiv in ein ansonsten leider eher blasses Schauspielerensemble ein. Noch weiß man als Zuschauer nicht, was es mit dem sadistischen Bullen auf sich hat und die unwohlige, staubtrockene Atmosphäre wird vom wüstenartigen Ambiente unterstützt, eine häufig von der „Froschperspektive“ Gebrauch machende Kameraführung verstärkt das Gefühl der Hoffnungslosigkeit fernab jeglicher Zivilisation. Eine sich seltsam und entgegen ihrer Natur verhaltene Fauna sorgt für zusätzliche Mystik und Bedrohung sowie einige ausdrucksstarke Bilder.
Soweit, so gut. Doch spätestens, als man die weiteren „Inhaftierten“ kennenlernt, eine vollkommen austauschbare Klischeefamilie mit einem supernervigen, geschwollen Bibelverse rezitierenden, lammfrommen Wunderkind als Sohn, der zum Helden der Handlung avanciert, ist es auch schon so gut wie vorbei mit der Herrlichkeit. Dieses verdammte Balg überstrapaziert sämtliche Nerven und obwohl man ihm permanent einen möglichst qualvollen Tod wünscht, ist schnell klar, dass diese kein Wässerchen trüben könnende Mistkröte (entschuldigt diesen speziesistischen Ausdruck, liebe Kröten) als Sympathie- und Identifikationsfigur dienen soll. Ist man dem Gefängnis erst einmal entkommen, neigt sich der Film leider keinesfalls dem Ende entgegen, sondern füllt seine mit über zwei Stunden viel zu großzügig bemessene Spielzeit mit einer ganzen Armada an aufgewärmten King-Ideen, vorzugsweise aus „Es“, aus, die hinten und vorne nicht zusammenpassen, nicht mal ein klein wenig für Grusel oder Horror sorgen und im Gegenteil sogar Kings Vermächtnis mit ihrer Ideenlosig- und Überflüssigkeit beschmutzen. Kurzum, die Story ist totaler Müll.
Doch damit nicht genug, nein, man treibt diese ganze Bibelscheiße ein ums andere Mal auf die nicht zu ertragende Spitze, indem der Rotzlöffel quasi nur noch in Bibelzitaten spricht und sich aufführt wie ein hirngeficktes Sektenopfer, dafür aber nicht wie sonst bei King üblich seine gerechte Strafe erhält, sondern sogar noch seine religionskritischen Mitmenschen bekehrt. Letztlich ist es das Gottvertrauen aller, das den Dämon in die Knie zwingt. Vollster naiver Kitsch-Alarm - kotz! Skerritt führt den zynisch angehauchten Charakter seiner Rolle ad absurdum und Perlman war nach ich glaube knapp der Hälfte des Films ohnehin auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Die Regie erwies sich letztlich als schluderig in Detailfragen und irgendwann bis auf mit allerlei Horror-Ingredienzien vollgestopfte Kulissen als reichlich ideenlos – kaum verwunderlich bei diesem familientauglichen Ringelpiez mit Anfassen.
Meine Fresse, war das eine langatmige Chose. Die schlechteste King-Verfilmung überhaupt, „Rhea M“ ist eine Offenbarung dagegen!
Re: Desperation - Mick Garris (2006)
Verfasst: Mo 6. Mär 2023, 11:01
von Arkadin
Interessant. Die Verfilmung kenne ich nicht, wohl aber den zugrundeliegenden Roman. Der ist zwar kein Highlight im Schaffen des Königs, aber hatte mir damals recht gut gefallen. Wobei ich jetzt sagen muss, dass ich mich an nicht mehr allzu viel erinnere. An das Monster TAK in der Mine, an den bösen Polizisten, an das Wüstenstetting ja, aber der Rest? An das Kind kann ich mich auch nicht mehr erinnern. Sehr wohl aber an den "Zwillingsroman" "Regulatoren", den King noch einmal als "Richard Bachman" schrieb, und wo er das gesamte Personal noch einmal in anderen Rollen gegen TAK antreten ließ. Und der für mich zu den schlechtesten King-Romanen überhaupt zählt. Nee... was habe ich mich darüber damals aufgeregt. Da passt nichts und alles so gezwungen, konstruiert und unspannend mit völlig egalen Holzschnitt-Figuren. Da war "Desperation" ein Meisterwerk gegen.