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Lichter der Großstadt - Charlie Chaplin (1931)

Verfasst: Do 6. Jul 2023, 17:55
von buxtebrawler
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Originaltitel: City Lights

Herstellungsland: USA / 1931

Regie: Charlie Chaplin

Darsteller(innen): Charles Chaplin, Virginia Cherrill, Florence Lee, Harry Myers, Al Ernest Garcia, Hank Mann, Jack Alexander, T.S. Alexander, Victor Alexander, Albert Austin, Harry Ayers, Eddie Baker, Henry Bergman, Betty Blair, Buster Brodie, Jeanne Carpenter, Marie Cooper u. A.
Der Landstreicher (Charlie Chaplin) verliebt sich in eine blinde Blumenverkäuferin (Virginia Cherrill). Diese ist in argen Geldnöten, glaubt jedoch durch Verwechslungen, der Landstreicher sei ein Millionär. Dieser besitzt zwar selbst keinen Penny, verspricht aber, sich um das Geld zu kümmern und obendrein noch den nötigen Betrag für eine Augenoperation aufzubringen. Hierzu nimmt er jeden möglichen Job an, vom Strassenkehrer bis zum Boxer. Doch auch hier scheint er vom Pech verfolgt.

Re: Lichter der Großstadt - Charlie Chaplin (1931)

Verfasst: Do 6. Jul 2023, 17:56
von buxtebrawler
Als Multitalent Charles Chaplin nach seinem famosen „Circus“ aus dem Jahre 1928 seinen nächsten abendfüllenden Schwarzweiß-Stummfilm, die romantische Komödie „Lichter der Großstadt“, veröffentlichte, schrieb man bereits das Jahr 1931 und damit die Zeit des seit wenigen Jahren etablierten Tonfilms. Gegen diesen sträubte sich Pantomime Chaplin, nutzte dennoch vereinzelt dessen Möglichkeiten und schrieb nicht nur das Drehbuch, übernahm die Regie, fungierte als Produzent und bekleidete die Hauptrolle, sondern komponierte mit José Padilla, der Chaplins Ideen umsetzte, auch erstmals eine mit der Veröffentlichung des Films fest integrierte Filmmusik. Sein Festhalten am Stummfilmkonzept erwies sich als richtig, denn „Lichter der Großstadt“ wurde zu seinem bis dahin größten Publikumserfolg.

Der Tramp (Charlie Chaplin) lernt durch einen Zufall eine blinde Blumenverkäuferin (Virginia Cherrill, „The Air Circus“) auf der Straße kennen und verliebt sich in sie. Durch einen weiteren Zufall hält sie ausgerechnet den arg- und mittellosen Landstreicher für einen Millionär. Da auch sie monetär alles andere als wohlgelitten ist, freut sie sich über sein Engagement, sich um ihre Geldsorgen zu kümmern und ihr sogar das Geld für eine Operation zukommen zu lassen, die ihr Augenlicht zurückbringt. Voller Elan stürzt er sich in eine Möglichkeit, an Geld zu gelangen, nach der anderen, was jedoch leider von keinem sonderlichen Erfolg gekrönt ist. Als er einen trinkfreudigen tatsächlichen Millionär (Harry Myers, „Ein Traum von Liebe“) vor dem Suizid bewahrt, erweist sich dieser zwar als überaus dankbar, lädt er doch den Tramp zu Speis und Trank ein und ernennt ihn zu seinem neuen besten Freund – doch währt dies stets nur so lange, wie er hochgeistigen Getränken frönt; nüchtern möchte er von ihm nichts wissen und lässt ihn regelmäßig von seinem Butler (Allan Garcia, „Goldrausch“) unsanft hinauskomplimentieren…

Die Eröffnungssequenz um eine Denkmaleinweihung ist bereits urkomisch und wird interessanterweise von Chaplin genutzt, um sowohl den Tonfilm als auch inhaltsleeres Politikergeschwafel zu verballhornen: Weder Texttafeln noch gesprochene Sprache kommen zum Einsatz, sondern quäkende Saxophontöne. Um glaubwürdig zu vermitteln, warum das Mädchen ihn für vermögend hält, habe sich Chaplin Überlieferungen zufolge den Kopf zerbrochen. Seine Lösung ist eine amüsante Verkettung von Zufällen, die entsprechende Sequenz im Prinzip ein in sich geschlossener Sketch. Bis man das Mädchen wiedersieht, vergeht einige Zeit. Diese wird für grandioses Schauspiel zweiter Betrunkener durch Chaplin und Myers genutzt, der hier seine letzte große Rolle verkörperte. Das gezeigte widersprüchliche Verhalten des Millionärs kommt hier fast einer Charakterstudie gleich. Sogar das Auto, das er dem Tramp im alkoholgeschwängerten Überschwang schenkte, holt er sich wieder.

Ein weiterer Höhepunkt ist ein großartig choreographierter (und beschleunigt wiedergegebener) Boxkampf, der an Chaplins Kurzfilm „The Champion“ aus dem Jahre 1915 angelehnt ist. Der Aufbau des Films ist recht episodisch, was mich bei Komödien aber nicht stört. Die Liebesgeschichte hingegen ist um einige Tragik bemüht, bleibt jedoch eher oberflächlich und auch etwas sehr naiv. Dafür punktet Chaplin auch in diesem Film mit den Bildern immanenter Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen. „Der Vagabund und das Kind“ sowie „Circus“ packten mich etwas stärker, aber auch „Lichter der Großstadt“ ist ein nach wie vor verdammt sehenswerter, weil kurzweiliger, humoristisch hervorragend gealterter und warmherziger Film. 7,5 von 10 Schnittblumen dafür!