The crimson kimono
The crimson kimono
USA 1959
Regie: Samuel Fuller
Victoria Shaw, Glenn Corbett, James Shigeta, Anna Lee, Paul Dubov, Jaclynne Greene, Neyle Morrow, Gloria Pall, Barbara Hayden, George Yoshinaga, Kaye Elhardt, Aya Oyama
OFDB
The crimson kimono
USA 1959
Regie: Samuel Fuller
Victoria Shaw, Glenn Corbett, James Shigeta, Anna Lee, Paul Dubov, Jaclynne Greene, Neyle Morrow, Gloria Pall, Barbara Hayden, George Yoshinaga, Kaye Elhardt, Aya Oyama
OFDB
Joe und Charlie sind Cops, sie sind Partner, und sie sind vor allem eines: Freunde. Zusammen leben sie in einem schicken Appartement, in welches sie all ihr Geld stecken. Die Freundschaft basiert unter anderem darauf, dass Joe damals im Koreakrieg Blut gespendet hat für Charlie, damit der eine schwere Verwundung überleben konnte. Doch jetzt steht die Freundschaft auf dem Spiel, haben sich doch die beiden in die gleiche Frau verliebt, in die Künstlerin Christine Downs, die den Mörder der Stripperin Sugar Torch identifizieren kann. Dummerweise macht sich Charlie Hoffnungen, doch Christine hat sich längst in Joe verliebt. Der aber kann damit nicht umgehen, dass sein Freund beim Zulassen dieser Liebe so entsetzlich enttäuscht wäre, und in seiner Verblendung sieht er in Charlies Gesicht Hass. Hass auf ihn, den Joe ist ein Nisei, ein in den USA geborener Japaner, und Joe bildet sich urplötzlich ein, dass Charlie ihn, den Asiaten, den Fremden, hasst.
Vier Jahre vorher hat Sam Fuller TOKYO STORY gedreht, ein in meinen Augen exemplarisches Lehrstück über die vermeintliche Überlegenheit der weißen Rasse, in dem sich Robert Stack als imperialistischer Yankee durch Tokio durchrempelt und -prügelt und allenthalben den Herrenmenschen heraushängen lässt. Dass es, wie ich kürzlich gelesen habe, in TOKYO STORY eine Liebesgeschichte zwischen einer Japanerin und einem Amerikaner gibt war meinem Gedächtnis völlig entfallen, ist aber interessant, weil Fuller in CRIMSON KIMONO diese Liebesgeschichte umdreht: Eine amerikanische Frau verliebt sich in einen Japaner (Yes, this is a beautiful American girl in the arms of a Japanese boy! heißt es auf dem Plakat, und What was his strange appeal for American girls?), und interessanter Weise schafft es Fuller, aus diesem wiederverwendeten Sujet deutlich mehr herauszuholen als aus TOKYO STORY. Denn im Kern ist CRIMSON KIMONO genau dies, ein Melodram rund um enttäuschte Liebe und Rassismus, eingebettet in eine rudimentäre Kriminalhandlung.
Diese Kriminalhandlung startet furios und schnell, mit einer Verfolgungsjagd auf der Main Street von Los Angeles und mit einer toten Stripperin. Die Ermittlungen der beiden Cops gehen flott vonstatten, und wir lernen die beiden besser kennen und fassen als Zuschauer Zuneigung zu den Freunden. Christine Downs tritt auf, und der Erzählton wandelt sich zunehmend in Richtung Liebesdrama, bis die eigentliche Geschichte fast auf der Stelle tritt, und der Krimi kaum noch interessiert. Doch plötzlich, während der finalen Konfrontation zwischen Joe und Charlie, taucht unversehens, plopp, der Hauptverdächtige auf, und eine wilde Verfolgungsjagd inmitten eines amerikanisch-japanischen Umzugs findet statt. Hier nimmt der Krimi Knall auf Fall wieder Fahrt auf und beeinflusst schlussendlich auch das Drama (nicht so wie man jetzt denken mag, das Ende ist durchaus überraschend), aber irgendwie passt das alles nicht so recht zusammen. Das eigentliche Thema des Films ist der Nisei Joe, der bei aller Integration in die Welt der Weißen sich immer als Außenseiter fühlt, seine Kontakte zur japanischen Gemeinde pflegt, und dabei gar nicht merkt, dass er das, was er den Weißen so oft vorwirft, in Wirklichkeit selber ist: Ein Rassist. Einer, der die Unterschiede zwischen den Rassen nicht nur bemerkt, sondern als Kernpunkt in seinem Leben behandelt und sich immer und ewig ausgegrenzt fühlen wird, gleich wieviel aufrichtige Zuneigung ihm entgegengebracht wird. Diese Thematik wird behutsam und spannend erzählt, und der Zuschauer wird von dem Psychogramm Joes, wenn es denn endlich ausgebreitet wird, tatsächlich überrascht und schockiert. In diesen Momenten ist THE CRIMSON KIMONO einfühlsam und stark, und fast wünscht man sich, Fuller hätte keinen Krimi gedreht. Sondern sich tatsächlich auf die Dramaelemente konzentriert.
Generell bietet der Film einiges an Überraschungen. Die sensible Figurenzeichnung vor allem von Joe, das Wechseln zwischen den verschiedenen Handlungssträngen, die derbe Sprache, das traurige Ende … Aber der Kitt zwischen diesen starken Momenten fehlt ein wenig, und da muss ich viel Schuld in Richtung des Schnitts schieben. Viele Szenen sind parallel geschnitten, ohne dass sich dazwischen Zusammenhänge oder Spannungsbögen ergeben. Manche Szenen machen gleich gar keinen Sinn: So taucht Charlies Freundin Mac bei der Verfolgungsjagd auf wie der Teufel aus der Kiste, steht bei den Freunden auf dem Bürgersteig, ist dann aber wie von Geisterhand wieder verschwunden, nur um dann ganz am Ende wieder aufzutauchen. Da aber der Schnitt in Filmen wie THE KILLER THAT STALKED NEW YORK oder dem von mir favorisierten DER DSCHUNGEL VON MANHATTAN sehr wohl in Ordnung ist (Cutter war bei den genannten immer Jerome Thoms) und bei dem letztgenannten sogar noch vieles rettet, vermute ich mal, dass die Produktionsbedingungen unter Umständen … widrig … gewesen sein könnten. Ich weiß es aber nicht.
Wissen weiß ich, dass CRIMSON KIMONO sehr uneinheitlich herüberkommt, und in seinem Fluss trotz vieler starker Momente immer wieder stolpert und aus dem Tritt kommt. Die Schauspieler sind großartig und können vieles wiedergutmachen was Drehbuch oder Regie versieben, aber so ganz überzeugend ist das Ergebnis leider trotzdem nicht. Was bleibt ist ein interessantes Drama-Krimi-Experiment über Rassismus und unmögliche Liebe, dem man durchaus eine Chance geben sollte, ohne aber mit allzu überzogenen Ansprüchen heranzugehen.
6/10