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Goldrausch - Charlie Chaplin (1925)

Verfasst: Di 15. Aug 2023, 15:22
von buxtebrawler
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Originaltitel: Gold Rush

Herstellungsland: USA / 1925

Regie: Charlie Chaplin

Darsteller(innen): Charles Chaplin, Mack Swain, Tom Murray, Georgia Hale, Henry Bergman, Albert Austin, Heinie Conklin, Al Ernest Garcia, Betty Morrissey, John Rand, Tiny Sandford, Malcolm Waite, Art Walker, Tom Wood u. A.
Der Tramp Charlie (Charles Chaplin) ist einer von vielen Goldsuchern am Klondyke, der eines Tages vor einem Schneesturm in der Hütte des berüchtigten Larsen (Tom Murray) Schutz suchen will. Der wird ihm nicht gewährt, doch als Big Jim (Mack Swain) dazustößt, können sie alle bleiben. Doch als der Hunger zu stark wird, geht Larsen auf die Suche, kehrt jedoch nicht zurück. Charlie und Jim überleben nur mit Mühe. Im Kampf um die schöne Georgia (Georgia Hale) treffen dann alle noch einmal aufeinander...
Quelle: www.ofdb.de


Re: Goldrausch - Charlie Chaplin (1925)

Verfasst: Di 15. Aug 2023, 15:23
von buxtebrawler
Auf der Suche nach Inspiration für einen neuen Film nach „Die Nächte einer schönen Frau“ verfiel Multitalent Charlie Chaplin der Faszination für den Goldrausch gegen Ende des vorherigen Jahrhunderts, der etliche Glücksritter auf der Suche nach Reichtum und einer besseren Zukunft ins eisige Alaska getrieben hatte, um nach dem Edelmetall zu schürfen. Ein gefährliches Unterfangen, das viele aufgeben mussten oder gar mit ihrem Leben bezahlten. Auch die sogenannte Donner-Tragödie hatte es Chaplin angetan: Eine Gruppe Siedler unter der Führung George Donners war in der Sierra Nevada vom Schnee verschüttet worden, woraufhin die Männer erst ihre Schuhe und sich schließlich gegenseitig aufaßen. Dies verarbeitet Chaplin in Ansätzen in seiner Tragikomödie, die von ihm produziert, geschrieben und inszeniert wurde, deren Hauptrolle – einmal mehr der namenlose Tramp – er übernahm und die im Jahre 1925 als Schwarzweiß-Stummfilm veröffentlicht wurde. 1942 überarbeitete Chaplin seinen Film, indem er die Zwischentitel entfernte und stattdessen als Sprecher fungierte sowie den Film mit selbstkomponierter Musik unterlegte.

Der kleine, mittellose Tramp in seiner unpassenden Kleidung, mit Spazierstock und Watschelgang, ist einer von vielen, die es Ende des 19. Jahrhunderts nach Alaska auf der Suche nach Gold verschlägt. Als er während eines Schneesturms Schutz in einer Holzhütte sucht, gerät er ausgerechnet an jene, die vom gewalttätigen Verbrecher Black Larsen (Tom Murray, „Der Pilger“) bewohnt wird. Da er es wegen des Sturms nicht mehr aus der Hütte herausschafft, darf er bleiben. Mittlerweile ist auch der nicht minder grobschlächtige, aber gutmütige Big Jim (Mack Swain, „Der Pilger“) dazugestoßen. Als Larsen draußen nach Nahrung sucht, stößt er auf Big Jims Goldmine und lässt die anderen beiden allein. Vor lauter Hunger kocht der Tramp einen seiner Schuhe, den Big Jim und er notgedrungen verspeisen. Dennoch gerät der Tramp in Gefahr, denn in seinem Hunger beginnt Jim zu halluzinieren und ihn für ein Huhn zu halten. Eine Grizzly-Attacke jedoch geht gut für die Männer aus und beschert ihnen frisches Bärenfleisch. Als sich ihre Wege wieder trennen, schlägt Larsen Big Jim nieder, um sich dessen Goldfunds zu ermächtigen. Der Tramp hingegen verguckt sich in einer Goldgräberstadt in die hübsche Georgine (Georgia Hale, „Die Heilsjäger“), um die jedoch auch der angeberische Jack Cameron (Malcolm Waite, „Der Mann aus dem Steckbrief“) wirbt. Es kommt zum Streit zwischen den Männern, den der Tramp jedoch durch eine Verkettung von Zufällen für sich entscheiden kann. Er gelangt an eine neue Hütte, in die er Georgine und ihre Freundinnen am Silvesterabend einlädt, woraufhin er voller Vorfreude schuften geht, um ein festliches Mahl bereiten zu können. Doch Georgina hat ihre Zusage nicht ernst gemeint, spielt ihm einen bösen Streich. Dafür kommt es zu einem Wiedersehen mit Big Jim…

Die etwas episodische Handlung ist dabei weniger wichtig als Chaplins großartiger Slapstick-Humor, den er einmal mehr zur Perfektion bringt. Mehrere Szenen sollten dabei Filmgeschichte schreiben, vom Verspeisen des Schuhs (Chaplin behandelt die Schnürsenkel wie Spaghetti und nagt die Nägel wie Knochen ab) über die mit einem Überblendeffekt realisierte Verwandlung in ein Huhn, den „Brötchentanz“ (entlehnt von Chaplins Kollegen Roscoe Arbuckle sticht er je eine Gabel in zwei Brötchen und imitiert anschließend die Beinbewegungen von Tänzerinnen) bis hin zur fast zur Hälfte über einen Abhang gewehten Hütte, die hin und her wippt, genial inszeniert und u.a. mithilfe von Miniaturbauten gelöst. Dem Humor gleichberechtigt gegenüber stehen indes zwischenmenschliche Verwerfungen sowie Kritik an Materialismus und Egoismus. Dass sich in einem naiven Happy End für den Tramp schließlich alles zum Guten wendet, ist einigen unwahrscheinlichen Zufällen geschuldet, mittels derer die Handlung vorangebracht wird. Dies verhindert jedoch, dass aus der Komödie eine Tragödie wird. Dass der nordamerikanische Goldrausch keine reine Heldengeschichte ist, wird unabhängig davon klar.

So wurde aus dem Kommentar des gebürtigen Briten Chaplin zum US-Tellerwäscher-Mythos ein bedeutender Eintrag in die Filmhistorie, der auch zu einem der persönliche Lieblinge des Perfektionisten Chaplin geriet. Dass auch dieser menschliche Schwächen aufweist, zeigte hingegen seine Affäre und Ehe mit der erst 16-jährigen Lita Grey (der Engel aus Chaplins „Der Vagabund und das Kind“), die eigentlich für die Rolle Georgines vorgesehen war. Sie wurde von Chaplin schwanger und daher durch Georgia Hale ersetzt. Um einen größeren Skandal zu vermeiden, heiratete Chaplin Grey rasch, begann während der Dreharbeiten jedoch eine Affäre mit Hale, woran seine Ehe mit Grey scheitern sollte. Dass ausgerechnet Chaplin, der dem Tonfilm lange Zeit so kritisch gegenüberstand, später eine Tonfassung dieses Films anfertigte, ist eigenartig, weist doch das Ergebnis eben jene Schwächen auf, die Chaplin seinerzeit fürchtete: Tatsächlich lenkt der Sprecher von den pantomimischen Leistungen der Schauspielerinnen und Schauspieler ab und erscheint (zumindest in der deutschen Synchronisation) etwas zu geschwätzig, wenn er Offensichtliches verbalisiert. Dies veranschaulicht wiederum eindrucksvoll die elementaren schauspielerischen Unterschiede zwischen Stumm- und Tonfilm.