Danke für den Artikel und das Einverständnis - hier der Text (ohne Aufstellung) ein bissl leichter lesbar:
Wie Blutige Geier
Ein Bericht über Italo-Western… Warum ich dieses völlig aus der Mode gekommene und tote Genre beschreibe? Nun, ich finde nicht wenige dieser Filme sind zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Wie wohl den Meisten in Erinnerung, lags das Hoch in der zweiten Hälfte der sechziger und ersten Hälfte der Siebziger Jahre, dann setzte das Vergessen ein, welches durch massenhafte Videoveröffentlichungen Anfang der Achtziger noch einmal kurz gebremst wurde, aber unaufhaltsam weiterging. Das Genre hat jedoch einige Klassiker hervorgebracht, die selbst du, der du (bisher) überhaupt kein Interesse zeigst, zumindest vom Titel her kennen dürftest. Oder, wer hat noch nie vom „Spiel mir das Lied vom Tod“, „Für eine Handvoll Dollar“, „Für ein paar Dollar mehr“ und „Django“ gehört? Die italienischen Westernregisseure schlechthin sind denn auch immer noch Leone und Corbucci.
Das Besondere an diesen Filmen ist eigentlich die Tatsache, dass die Handlung gar nicht so besonders ist, stattdessen im Prinzip den Klischees entspricht, die man schon in tausenden von Hollywood-Western gesehen hat. Die Art der Umsetzung ist also ganz offensichtlich das Entscheidende. Der Vorwurf „viel Stil und wenig Handlung“, den wir ja auch von Leuten wir Argento zu Genüge kennen, ist oft nicht unbegründet und zieht sich gleichbleibend durch sehr viele der Produkte. Geschickte Ausstattung, die wie üblich teurer aussieht, als sie tatsächlich ist, gute Kameraführung, schöne Musik, vor allem Titelmelodie, und einige nette Ideen bzw. Ansätze sind meisten vorhanden, aber letztlich bietet das Drehbuch doch nur Konvention. Trotzdem hat der Italo-Western einige durch Hollywood vorexerzierte Regeln gründlich gebrochen.
Endlich einmal sind nicht die Verbrecher stets unrasiert und in Lumpen gekleidet, die Helden dagegen immer gut gepflegt und schnieke. Nein, einfach alle sehen gleich schäbig aus. Diese Tatsache macht es dem Zuschauer unmöglich, schon auf drei Meilen Entfernung die entsprechende Schublade zu öffnen. Als klassisches Beispiel möchte ich hier den Original-"Django" anführen, die Szene wie der spätere 'Held' dreckig & und verkommen mit einem Sarg als einziges Gepäckstück in dem ebenso dreckigen und verkommenen Ort auftaucht.
Auch in menschenverachtendem Zynismus steht die eine Seite der anderen nicht nach. Jeder ist nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht, der zu Tränen rührende Idealist kommt im Italo-Western nicht vor, und wenn doch, stirbt er früh. Die Identifikationsmöglichkeit wird dem Zuschauer weitgehend genommen. Welchen Hollywood-Western kennt ihr, in dem unser 'Held' sogar eine Person, der er einmal das Leben gerettet hat, schamlos übers Ohr haut (again "DJango")?
Bosheit ist nicht oberflächlich, sondern geht durch und durch. Auch vor Frauen und Priestern ("Zeit der Geier"), in Hollywood fast immer Tabuopfer, wird nicht haltgemacht. Die Menschheit ist eben einfach schlecht. Und nicht nur das, sie kennt auch sexuelle Gelüste, in Hollywood undenkbar, dort gibt es nur Männer ohne Schwanz. Schließlich fehlt die in Amerika fast immer äußerst üble Darstellung der Indianer, deren Rollen lächerlicherweise noch dazu meistens mit weißen Schauspielern besetzt wurden, Im Italo-Western kommen Indianer überhaupt nicht vor, von wenigen Einzelfällen abgesehen.
Ich finde es nicht übertrieben zu behaupten, dass man, außer einer Handvoll vielleicht, alle bis Mitte der sechziger Jahre in den USA entstandenen 'Cowboyfilme' schlicht vergessen kann. Dabei auch und gerade die mit John Wayne. Sicher, ohne den klassischen Hollywood-Western hätte es den italienischen nie gegeben, aber erst mit der Entwicklung in Europa fingen auch die Amerikaner an, wirklich interessante Filme zu drehen, Als beste Beispiele dürfen hier wohl "Das Wiegenlied vom Todschlag" und "The Wild Bunch - Sie kannten kein Gesetz" gelten, die übrigens beide durch ihre extreme Brutalität auffallen.
Ein weiterer Punkt, mit dem damals vor allem in Italien Schluss gemacht wurde, das blutlose Sterben der vorangegangenen Epochen. Endlich war ein Einschuss auch zu sehen. Dies alles mag sich uneingeschränkt positiv und fast euphorisch anhören; so ist es natürlich nicht. Man darf nicht verschweigen, dass, als sich der Italo-Western zum guten Geschäft entwickelt hatte, eine regelrechte Fließbandproduktion einsetzte, die unzählige bestenfalls durchschnittliche Filme hervorbrachte, Die Story vom einsamen Rächer wird bis zum Erbrechen wiederholt und verläuft völlig ohne Überraschungen.
Fast jeder ‘berühmte' B-Regisseur war auch an der Entstehung eines oder mehrerer dieser Filme beteiligt. Als Beispiele lassen sich aufzählen: Lucio Fulci (z.B. "Verdammt zu leben — verdammt zu sterben" oder "Silbersattel"), Antonio Margheriti (z,B. "Fünf blutige Stricke" oder "Satan der Rache"), Bruno Mattei (z.B. "Scalps") der einzig mir bekannte neuere Film des Genres (1986)), Ruggero Deodato (als Regie-Assistent bei z.B, "Django" oder "Die Grausamen" von Corbucci) Oder der Spanier bzw. Argentinier Leon Klimovsky (z.B, "Django kennt kein Erbarmen" oder "Bleigewitter"), Viel hat natürlich die deutsche Bearbeitung verbockt, durch miserable Synchronisation oder gar amüsante Titelfindung. So wurde, wenn es irgend ging, jeder Film mit dem Zusatz "Django" versehen, um vom Erfolg des Originals zu profitieren, auch wenn das Werk nicht das geringste mit dem Vorbild zu tun hatte. Eine Masche, die uns aus dem Bereich des Horrorfilms sehr bekannt ist, man denke nur an Frankenstein oder die Zombies.
Es entstanden im Laufe der Jahre mehrere dutzend dieser Titelplagiate. Um nur einige aufzuzählen: "Django - unersättlich wie der Satan", "Django - den Colt an der Kehle", "Django — schwarzer Gott des Todes", "Django spricht kein Vaterunser", "Django - Kreuze im blutigen Sand", "Django und die Bande der Gehenkten", "Django - die Geier stehen Schlange", "Django - dein Henker wartet", "Django — unbarmherzig wie die Sonne", "Django - sein letzter Gruß" oder "Django und Sabata - wie blutige Geier" wobei hier auch noch der Name eines anderen erfolgreichen Helden missbraucht wird.
Diese ganze toternste Entwicklung wurde durch die parodistischen Filme mit Bud Spencer und Terence Hill bzw. Terence Hill solo, der übrigens vorher schon in einigen ernsten Werken auftrat, in eine gegensätzliche Richtung gelenkt. Aber das ist eine andere Geschichte...
Abschließend lässt sich sagen, dass ich es auf jeden Fall lohnend finde, sich mal mit dem Genre zu beschäftigen. Neben viel Schund kann man nämlich auch einige echte Perlen finden, wobei ich versuchen will, euch in Zukunft genau diese, meiner Meinung nach erwähnenswerten Filme vorzustellen, Die bekannten Vorzeigeexemplare lasse ich allerdings außer Acht, über sie wurde eh schon genug geschrieben. Fast alle in Deutschland gelaufenen Sachen sind auch auf Video erschienen, und in vielen Videotheken lassen sich noch vereinzelte Exemplare finden, Deshalb in dieser Nummer erstmal eine kleine Videographie, die natürlich absolut nicht vollständig sein kann. Viel Spaß beim Suchen also!
@ bux: wenn du willst, kann du den Text gerne in deinen Beitrag hineineditieren.