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Schicksalsspiel.jpg (53.66 KiB) 319 mal betrachtet
Originaltitel: Schicksalsspiel
Herstellungsland: Deutschland
Regie: Bernd Schadewald
Darsteller(innen): Nicolette Krebitz, Niels-Bruno Schmidt, Steffen Wink, Jürgen Vogel, Katja Woywood, Mario Irrek, Benno Fürmann, Uwe Steinbach,
Michael Rössner, Marny Bergerhoff, Jan Patrick Voller, Stefan Kukofka, Ilja Jens Goldbach, Christian Redl, Wolf-Dietrich Sprenger, Henry van Lyck, Gustav-Peter Wöhler u. A.
Eine Liebesgeschichte zwischen Fans aus verfeindeten Fußballfanclubs mit tödlichem Ende: Roland ist Fan des FC St. Pauli. Conny gehört zur Fangemeinde vom FC Hansa Rostock. Bei einem Spiel zwischen den beiden Fußballclubs verlieben sich Roland und Conny. Doch ihre Liebe wird von den verfeindeten Fanclubs nicht akzeptiert.
Quelle: ard.de
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Der jugend- und subkulturell interessierte Filmemacher Bernd Schadewald („Verlierer“) schrieb und inszenierte im Jahre 1993 für die ARD die Liebestragödie „Schicksalsspiel“, die er im Spannungsfeld rivalisierender Fußballfans des FC St. Pauli und des FC Hansa Rostock ansiedelte. Der Film wurde am 31. August 1994 erstausgestrahlt.
„Fußball ist Krieg, ist normal!“
Roland (Niels-Bruno Schmidt, „Ein unmöglicher Lehrer“) fährt zusammen mit weiteren Fans des FC St. Pauli zur Zweitligapartie gegen den FC Hansa Rostock in die mecklenburg-vorpommersche Küstenstadt. Es handelt sich dabei um eine brisante Begegnung, denn die sich politisch eher progressiv verortende St.-Pauli-Fanszene ist mit der in größeren Teilen rechtsextremistische Tendenzen aufweisenden des FC Hansa verfeindet. Das fremdenfeindliche Pogrom im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen liegt noch nicht lange zurück und zeigte die hässliche Seite vieler Rostocker. Roland und seine drei Freunde geraten dann auch in einen Konflikt mit Hansa-Fans, nachdem sie sich inkognito in eine Rostocker Kneipe geschlichen haben. Roland verguckt sich dort in die Kellnerin Conny (Nicolette Krebitz, „Durst“), doch die Gruppe verrät sich versehentlich, muss fliehen und wird durch die Stadt gejagt. Nach dem Spiel trifft Roland Conny wieder und schenkt ihr seinen St.-Pauli-Schal. Einige Tage später fährt er sie gar in Rostock besuchen. Ihr Bruder Lalla (Jürgen Vogel, „Kleine Haie“), ein Hansa-Fan, hat jedoch den Schal in Connys Zimmer entdeckt und schlägt Roland am Abend in einer Disco zusammen. Die Zuneigung Rolands und Connys zueinander bleibt davon unberührt, doch als Roland sie mit nach Hamburg bringt, reagiert sein bester Freund Manni (Steffen Wink, „Boomtown“) eifersüchtig und ergreift lebensgefährliche Maßnahmen, um die beiden auseinanderzubringen. In Rostock trommelt Lalla derweil seine Freunde zusammen, um Roland vor dem Heimspiel des FC St. Pauli gegen Fortuna Düsseldorf aufzulauern…
„Du weißt wohl nicht mehr, wo du hingehörst!“
Nachdem „Verlierer“ zwar mit authentischen Darstellern aus der Metal- und Punk-Szene aufwarten konnte, aber eine nicht sonderlich realitätsnahe Geschichte erzählte, und er im „Tatort: Voll auf Haß“ mit der Unterscheidung von Skinheads und Neonazis überfordert war, bemühte sich Schadewald für „Schicksalsspiel“ verstärkt um Authentizität in Form dokumentarisch anmutender Schwarzweiß-Intermezzi, um das reale damalige Stimmungsbild zu transportieren. Der Film beginnt jedoch mit einem Shakespeare-Zitat aus „Romeo & Julia“, jenem Klassiker um eine verbotene Liebe, an die er sich mit „Schicksalsspiel“ anlehnt. Die Hamburger Punk-Institution Slime erlebte seinerzeit ihren zweiten Frühling und steuerte den exklusiven Titelsong bei, den der sein Zimmer mit Postern von Metal-Bands schmückende Roland zu Beginn auflegt (und der das musikalische Grundgerüst für den später auf der „Schweineherbst“ enthaltenen „Zusammen“ bildete). Die Auswärtsfahrt nach Rostock findet stilecht mit der Bahn und reichlich Karlsquell statt; der reale Fan-Beauftragte Sven Brux beschreibt zusammen mit anderen im ersten dokumentarischen Einspieler den besonderen Reiz solcher Exkursionen, weitere Statements behandeln speziell das Thema Rostock. Später eingestreute Statements, auch von Rostockern, thematisieren die (im Film gar nicht gezeigten) Ausschreitungen, mangelndes gegenseitiges Verständnis der rivalisierenden Fangruppen und die Unlust der Paulianer, ein weiteres Mal nach Rostock zu fahren sowie das Selbstverständnis als Fußball- und Vereinsfans.
Die Liebe auf den ersten Blick zwischen Roland und Conny hält die gesamte Handlung hindurch, es geht also sehr schnell mit den beiden – etwas zu schnell, um wirklich glaubwürdig zu wirken. Umso realistischer sind die Begegnungen von Hamburgern mit Rostockern voller Klischees über das jeweilige Gegenüber im Kopf, denen sich lediglich das Liebespaar entzieht, die authentischen Kulissen und Drehorte und das eindrucksvolle Zeitkolorit der ersten Hälfte der 1990er, in der so vieles den Bach herunterging. Dazu ist wohl auch der krasse Vokuhila zu zählen, den einer der Paulianer auf dem Kopf spazieren trägt… Schadewald thematisiert über die Fußballrivalität hinaus am Rande soziale und gesellschaftliche Probleme und schafft es, den Ost-West-Konflikt in einem Dialog zwischen Conny und Ronald prägnant auf den Punkt zu bringen. Die Balkonszene aus „Romeo & Julia“ adaptiert Schadewald, setzt ansonsten aber verstärkt auf Action und Zuspitzung: Schlägereien, eine Art erweiterter Suizidversuch und die desolate Psyche des von Verlustängsten geplagten und völlig feildrehenden Manni sind da noch nicht alles, denn am Schluss wird auch mit dem Messer zugestochen, was ein klassisches Happy End unmöglich macht.
Schadewald ist ein Porträt einer Zeit verhärteter Fronten gelungen, in der kein Raum für die Liebe war (und ist). Die Verquickung des „Romeo & Julia“-Topos mit zeitgenössischer Fußballrivalität, die wiederum stellvertretend für gesamtgesellschaftliche Konflikte steht, kann als geglückt betrachtet werden. Schadewald konnte mit einem spielfreudigen Ensemble an Jungmimen arbeiten, darunter in den Nebenrollen Namen wie Katja Woywood (später „Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“) und Benno Fürmann (später „Und tschüss!“) in seiner damaligen Paraderolle als juveniler Delinquent, und auch „Verlierer“-Veteran Mario Irrek ist dabei. Natürlich ist diese Fernsehproduktion zuweilen etwas unbehauen und sicherlich hätte man einzelne nur grob angerissene Themen gern vertiefen dürfen, nichtsdestotrotz ist „Schicksalsspiel“ zurecht ein kleiner Kultfilm geworden.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
buxtebrawler hat geschrieben: ↑Do 11. Jan 2024, 17:32
... die authentischen Kulissen und Drehorte und das eindrucksvolle Zeitkolorit der ersten Hälfte der 1990er, in der so vieles den Bach herunterging. Dazu ist wohl auch der krasse Vokuhila zu zählen, den einer der Paulianer auf dem Kopf spazieren trägt…
...was das angeht gewinnt immer Rostock.
Ansonsten habe ich den Film 1x gesehen und fand den nur so mittelgut. Liegt aber auch daran, das ich mit Romeo, Julia, Pauli & Hansa wenig anfangen kann.
Ich komme ja aus der Sankt Paulianer-Ecke und bin seit nun bald 30 Jahren Anhänger der Braun Weißen. In der ersten Hälfte der 2000er bin ich auch zu Auswärtsspielen gefahren. Als ich am 9.5.2004 im Kölner Südstadion war, um das Spiel zwischen den Kölner Amateuren gegen den FC St. Pauli zu schauen, waren fünf oder sechs Punk-Rocker anwesend (ich schreibe bewusst Punk-Rocker, da diese Gattung heute leider eher selten in Erscheinung tritt: Streichholzkurze Haare, Lederjacken mit Nieten und Leopardenfell am Kragen), die nahezu alle Songs vom „Jedem das seine“-Alben von COTZBROCKEN anstimmten. Es kamen dann auch so Sprüche wie, auch gute Freunde (es herrschte eine Fanfreundschaft zwischen Cologne und St. Pauli) brauchen mal was auf die Nase.
Ach so, den Film mag ich gern. Die TV-Aufzeichnung (noch VHS) ist zigmal gelaufen.
sid.vicious hat geschrieben: ↑Do 11. Jan 2024, 20:25
Als ich am 9.5.2004 im Kölner Südstadion war, um das Spiel zwischen den Kölner Amateuren gegen den FC St. Pauli zu schauen, waren fünf oder sechs Punk-Rocker anwesend (ich schreibe bewusst Punk-Rocker, da diese Gattung heute leider eher selten in Erscheinung tritt: Streichholzkurze Haare, Lederjacken mit Nieten und Leopardenfell am Kragen), die nahezu alle Songs vom „Jedem das seine“-Alben von COTZBROCKEN anstimmten. Es kamen dann auch so Sprüche wie, auch gute Freunde (es herrschte eine Fanfreundschaft zwischen Cologne und St. Pauli) brauchen mal was auf die Nase.
Vielleicht waren das ja die Cotzbrocken theirselves
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
buxtebrawler hat geschrieben: ↑Fr 12. Jan 2024, 09:12
sid.vicious hat geschrieben: ↑Do 11. Jan 2024, 20:25
Als ich am 9.5.2004 im Kölner Südstadion war, um das Spiel zwischen den Kölner Amateuren gegen den FC St. Pauli zu schauen, waren fünf oder sechs Punk-Rocker anwesend (ich schreibe bewusst Punk-Rocker, da diese Gattung heute leider eher selten in Erscheinung tritt: Streichholzkurze Haare, Lederjacken mit Nieten und Leopardenfell am Kragen), die nahezu alle Songs vom „Jedem das seine“-Alben von COTZBROCKEN anstimmten. Es kamen dann auch so Sprüche wie, auch gute Freunde (es herrschte eine Fanfreundschaft zwischen Cologne und St. Pauli) brauchen mal was auf die Nase.
Vielleicht waren das ja die Cotzbrocken theirselves
Die wären ja immer für eine Überraschung gut. Im Buch von Björn Fischer stehen einige Anekdötchen von Axel und Pedder.
Habe ich auch nur einmal gesehen, wohl bei der Erstausstrahlung. War nach meiner Erinnerung okay, jedenfalls deutlich besser als dieser Kack-Tatort.
Nicolette Krebitz mag ich, gerade ihren Film "Wild" auf DVD mitgebracht, aber noch nicht angeschaut.
Diktatur der Toleranz
Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.
FarfallaInsanguinata hat geschrieben: ↑Di 16. Jan 2024, 18:15
...Nicolette Krebitz mag ich...
Zwei völlig überbewertete Scheißbands klauen eine Song-Idee und eine Melodie und verfassen einen doofen Text dazu. Ich dachte erst, ich kenne das Stück überhaupt nicht, aber dann merkte ich, dass ich es doch kenne. Hatte es nur aus meinem Gedächtnis entfernt, da ich es auch damals schon absolut unlustig und bescheuert fand.
Diktatur der Toleranz
Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.