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The Hitchhikers - Ferd Sebastian & Beverly Sebastian (1972)

Verfasst: Mo 7. Okt 2024, 05:10
von Maulwurf
 
The hitchhikers
The Hitchhikers
USA 1972
Regie: Ferd Sebastian & Beverly Sebastian
Linda Avery, Efrem Dockter, Tammy Gibbs, Lou Joffred, Nick Klar, Bleu McKenzie, Lee Morley, Denny Nichols, Prince Johnny Reb, Misty Rowe, Jim Sherwood, Kathy Stutsman


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OFDB

1971. Die Hippie-Träume von Liebe und Frieden waren ausgeträumt und der Realität von aufreizenden Klamotten und krimineller Geldbeschaffung gewichen. Anstatt gleichberechtigt zu sein darf die Dame des Hauses als Stiefelknecht herhalten, und genauso ist es selbstverständlich, dass die Mädels (Mehrzahl!) abends vor dem Pascha (Einzahl!) tanzen. Benson lebt mit seinen Mädchen in einer Geisterstadt, irgendwo im Hinterland von Nordkalifornien. Die Mädchen stellen sich in Tanktop und Hot Pants an die Straße und heben den Daumen, und wenn die alten Säcke in ihren Autos halten ist Benson mit der Knarre auch schon da und nimmt mit was die Typen zu bieten haben. Und hey, wir reden hier von Beträgen wie 500 Dollar in 4 Wochen … Aber die Stimmung ist erstklassig – Man(n) ist frei, es gibt keine ernsthaften Probleme wie Regen oder Kälte, und irgendwie ist immer genügend Kohle im Haus um keinen Hunger haben zu müssen.
Irgendwann stößt Maggie zu der Truppe. Maggie wurde von ihrem bürgerlichen Freund geschwängert, woraufhin der aber nichts mehr von ihr wissen wollte, und sie in einer Kurzschlussreaktion von Zuhause abgehauen ist. Nach einer Woche auf der Straße wird ihr Geld gestohlen, und kurz darauf wird sie auch noch vergewaltigt. Als Benson sie aufliest klaut sie gerade Lebensmittel aus einem Supermarkt und stellt sich dabei ziemlich unvernünftig an. Aber ihr Knie im Schritt des Supermarktleiters, das gefällt Benson, also sammelt der coole Typ in der Jim Morrison-Lederhose mit Spiegelsonnenbrille und Cowboyhut Maggie auf und führt sie in ein Leben voller Freiheit und Abenteuer im Backwood des Marlboro-Landes ein.

THE HITCHHIKERS ist so die Sorte Film, die Quentin Tarantino mutmaßlich sehr beeindruckt haben dürfte. Die Handlung plätschert vor sich hin, der einzige(!) dramatische Höhepunkt, der Catfight im Fluss, wird nicht wirklich sinnvoll aufgelöst, und ansonsten ist alles im Flow und einfach nur groovy, Baby. Ein Film der vor sich hin mäandert und dabei das Kunststück schafft, ohne Spannungskurve oder durchgehende Handlung zu unterhalten und gleichzeitig ein leichtes Lächeln auf das Gesicht des Zuschauers zu zaubern, trotz aller Kritikpunkte die einem zum Verhalten der Protagonisten einfallen können. Ein Film wie ein Urlaub in Nordkalifornien, mit leichtbekleideten Frauen und jeder Menge Muße und Zeit. Dass Diane das Geld von Maggie geklaut hat? Wird mal kurz thematisiert, verschwindet dann aber wieder aus der Story. Der Motor des Schulbusses? Heute ist der Motorraum gähnend leer, morgen kann man mit demselben Bus nach L.A. fahren. Die Schwangerschaft von Maggie? Über den Verlust des Kindes geht sie mit einer bemerkenswerten Lässigkeit hinweg, wobei das allerdings auch daran liegen könnte, dass der Ton der gesehenen Kopie ziemlich schlecht war, und ich von den Texten kaum etwas verstanden habe.

Was schade ist, denn in den wenigen verstandenen Dialogen zieht sich die Leichtigkeit des Films noch weiter, lebt der alte Schwung des Hippie-Daseins weiter. Die Familie Sebastian (der ganze Film ist ein Familienunternehmen und wohl auch entsprechend eher aufgezogen wie ein Familienausflug denn wie ein kommerzielles Filmprojekt) hat sich gegen ausufernde Dialogszenen entschieden und erläutert Hintergründe und ganze Handlungsabläufe in flotten Szenenwechseln mit der dazugelegten Musik. Was außerordentlich gut funktioniert! Der Text des Liedes erklärt die Handlung, und der schwungvolle Country-Rock sorgt für ein angenehmes Feeling. Wie Mickey und Mallory im Heidiland.

Ich persönlich bin nicht mit allen gezeigten Dingen einverstanden, und das Schicksal des Farmers am Ende des Films stimmt mich zum Beispiel ausgesprochen traurig, aber ich bin auch ein alter spießiger Sack, und über allem Gezeigten schwebt halt einfach eine ausgesprochene Leichtigkeit des Seins. Diese spezielle Alexis Sorbas-Stimmung: Hast Du schon mal etwas so schön zusammenbrechen sehen? Diese völlige Abwendung vom Unglück, das der Materialismus so mit sich bringt, hin zu einem komplett entspannten Laissez-faire. Wer weiß was der morgige Tag bringt? Fahren wir doch mal hin und schauen …

THE HITCHHIKERS ist trotz, oder vielleicht auch gerade wegen, der Absenz von Dramaturgie oder Handlung ein kleines und feines Stückchen Lächeln im Stirnlappen des Zuschauers. Was grundlegend nichts Schlechtes ist. Was der nächste Film bringt? Sehen wir ihn uns doch einfach an …

7/10