Um eines mal im Vorhinein klar zustellen: Ich mag diesen Film nicht besonders
. Ich weiß nicht ob es meine Abneigung gegen moderne Horrorfilme im Shaky-Cam-Stil allgemein ist, oder meine Enttäuschung nachdem ich so viele gute Kritiken gelesen habe, aber „Rec“ war für mich nie mehr als eine 6/10. Die Idee ist nett und die Nebendarsteller wirken ziemlich natürlich, aber die Geschichte ist eine Collage von Filler, die ersten zwanzig Minuten ist komplette Sense und der Teil in dem endlich was passiert ist ein kurzer Teil. Die Hauptdarstellerin nervt ziemlich, leider überlebt sie so lange und auch die Pseudomoral am Ende fand ich ziemlich unpassend in diesem Film, da sich die Medienkritik wirklich erst durch das Schlusszitat offenbart; ich kann zwar die Faszination von Horror 1966 verstehen, der wunderbar erklärt hat warum er von diesem Film angetan ist, nur hat er mich persönlich nicht so von den Socken gehaut; ABER! Weil dieser Film in so gut wie jeder Kritik mit dem „Blair Witch Project“ verglichen wird, habe ich ihn mir dann doch noch mal zu Gemüte geführt und ein paar Unterschiede und Ähnlichkeiten zu dem Vorgänger herausgefiltert:
Die größte Ähnlichkeit zwischen Blair Witch und Rec ist wohl, dass die Kamera hier wie dort Teil der Handlung ist, sie ist im Film selbst präsent. Beide Filme zielen auch auf einen möglichst großen Realitätseffekt. Bei Blair Witch ist dies leicht gemacht, das kleine Studentenprojekt mit den unbekannten Darstellern ist leicht als „wahre Begebenheit“ zu tarnen. Bei Rec wird die Sache schwieriger. Es ist eine große Produktion samt Kamerateam, Beleuchter, Sound-Spezialist, Make-Up-Designer, Spezialeffekttypen, usw. Kein Zuseher würde dies für eine reale Begebenheit halten! Also greifen die beiden Regisseure zu anderen Mitteln um ihren Realitätseffekt zu steigern:
Als erstes wäre da zu nennen, dass Rec beachtlich wenig Schnitte aufweist. In Blair Witch wird dauernd zwischen zwei Kameras hin und her gecuttet die ständig aus und wieder ein geschaltet werden. In Rec gibt es nur eine Kamera und wenn die mal abgedreht wird liegt gleich ein guter Grund vor, wie die Aufforderung abzuschalten, weil sowieso nichts wichtiges geschehen würde.
So entstehen sehr lange Kamerafahrten, die bis zu zwanzig Minuten andauern. Solche Sequenzen sind sicherlich schwer zu drehen. Die Darsteller müssen über einen langen Zeitraum genau wissen, was sie zu tun haben. Geht mal was schief, wird dies dann sehr oft in den Film eingebaut um die Szene nicht noch mal drehen zu müssen. Dies wirkt hier und da sogar richtig gut, wie die Vase welche einmal umgestoßen wird, was die vorherrschende Stille mit einem ziemlichen Kracher aufhebt.
Es finden sich viele Reverenzen zu bekannten Formaten. So zum Beispiel das Doku-Soap-Thema der ersten zwanzig Minuten. Wir bekommen nichts als das Making-Of eines Berichts über die Spanische Feuerwehr. Wenn ich so etwas sehen will geh ich vielleicht auf ATV, aber nicht ins Kino zu einem Horrorfilm! Warum zwingen uns dann die Regisseure diesen ersten Teil quälender Langeweile zu ertragen bis endlich die blutgierigen Besessenen auftauchen? Ich denke es liegt wieder mal am Realitätseffekt! Eine Dokumentation behauptet von sich selbst immer die Wahrheit zu bringen, so erwarten wir nach den ersten Minuten in diesem Film auch die Wahrheit anzutreffen. Was wir nicht erwarten ist ein Haus voller infizierter Unmenschen (ich umschreibe den Begriff Zombie absichtlich, da es doch keine lebenden Toten, sondern besessene Lebende sind, mit denen wir es zu tun haben, oder hab ich da was übersehn?
) und demnach ist es ein ziemlicher Schock wenn wir genau das dann bekommen.
Ein zweites Format auf das angespielt (haha, angeSPIELT
) wird, ist das des Computerspiels. Darin bin ich zwar kein Experte aber einige Einstellungen erinnern doch stark an die Perspektive eines Ego-Shooters. Dies führt zur erhöhten Identifikation mit dem Kameramann. Wie bei einem Videospiel, wo wir die Figur sogar selbst lenken und leiten, befindet er sich in der selben Position wie das Publikum.
Gemeinsamkeiten mit Blair Witch sind neben der fehlenden Filmmusik (auch wenn ich mal eine Kritik gelesen habe, welche ganz besonders die stimmige Filmmusik lobt
), dass mit den Emotionen der Darsteller ein wenig herumexperimentiert wurde. Während die Regisseure des Studentenprojektes sogar nachts umherschlichen und ihre Akteure erschreckten ist es bei Rec zwar nicht ganz so krass, aber auch hier wussten die Schauspieler nicht genau, was in den nächsten paar Szenen geschehen wird, damit ihre Angst natürlich wirkt.
So sehr sich Rec auch mit all diesen Mitteln um einen Realitätseffekt bemüht, dass es eine Großproduktion mit durchkonzipierter Dramaturgie ist wird es nie leugnen können. Und auc1h diese dämliche Schlussmoral! Blair Witch funktioniert ohne Moral und Nackt und Zerfleischt funktioniert, weil die Moral auf die im Film gezeigte Medienkritik antwortet, aber die Moral in Rec funktioniert überhaupt nicht, weil das verhalten der Reporter nie als wirklich negativ dargestellt wurde.
Bleibt nichts mehr zu sagen außer mich bei allen Fans von Rec, die ich jetzt enttäuscht habe, zu entschuldigen und mich einmal mehr zu fragen, wer hier jetzt eigentlich die wirklichen Kannibalen sind
???