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Schimanski - H. Gies/J. Rusnak/M. Schlichter/A. Kleinert/M. Glasner/E. Berger/M. Stelzer u.a. (1997-2013) [TV-Serie]
Verfasst: Di 29. Jul 2025, 14:51
von buxtebrawler
Originaltitel: Schimanski
Herstellungsland: Deutschland / 1997-2013
Regie: Hajo Gies, Josef Rusnak, Andreas Kleinert, Thomas Jauch, Edward Berger, Mark Schlichter, Manfred Stelzer, Torsten C. Fischer, Matthias Glasner, Kaspar Heidelbach
Darsteller(innen): Götz George, Denise Virieux, Chiem van Houweninge, Julian Weigend, Matthias Redlhammer, Robert Viktor Minich u. A.
Die Filmreihe basiert auf den Erlebnissen des ehemaligen Duisburger „Tatort“-Kommissars Horst Schimanski (Götz George), der sechs Jahre nach seiner Suspendierung als freier Ermittler in den Polizeidienst zurückkehrt, um den Mord an seinem Ex-Kollegen Thanner aufzuklären. Von da an übernimmt der unbequeme, aber liebenswerte „Rüpelbulle“ wieder spannende und oft dramatische Fälle, die er zusammen mit seinen Kollegen Hans Scherpendeel (Chiem van Houweninge) und Thomas Hunger (Julian Weigend) löst.
Quelle:
https://www.fernsehserien.de/schimanski
Re: Schimanski - H. Gies/J. Rusnak/M. Schlichter/A. Kleinert/M. Glasner/E. Berger/M. Stelzer u.a. (1997-2013) [TV-Serie]
Verfasst: Di 29. Jul 2025, 14:52
von buxtebrawler
Schimanski: Die Schwadron
„Schimanski, was hier zurzeit läuft, ist der totale Krieg!“
Das Jahr 1997 in der deutschen Fernsehkrimi-Landschaft: Seit einem Jahr ermittelte Dieter Pfaff als Berliner Kommissar Sperling in abendfüllenden Episoden im ZDF, ein Jahr später richtete der WDR seinen „Tatort“-Zweig in Form eines in Köln angesiedelten Teams neu aus. Aber die ARD setzte noch einen drauf, indem sie den Duisburger Kult-„Tatort“-Kommissar Horst Schimanski (Götz George) reaktivierte und ihm ein Spin-off spendierte, das 17 Episoden lang von 1997 bis 2013 in unregelmäßigen Abständen sonntags zur „Tatort“-Zeit auf Sendung ging – die ersten drei Filme sogar in Abständen von nur jeweils einer Woche. Zwischen Schimmis letztem „Tatort“-Auftritt und seinem Spin-off-Debüt lagen sechs Jahre. Die schwierige Aufgabe, dieses zu inszenieren, oblag Regisseur Josef Rusnak („The Way We Are“), der auch zusammen mit Matthias Seelig das Drehbuch verfasste.
„Schwacher Magen?“
Nachdem ein brutaler Überfall auf ein von Albanern betriebenes Bordell etliche Menschenleben gekostet hat, lässt die Düsseldorfer Oberstaatsanwältin Bonner (Geno Lechner, „Schindlers Liste“) sämtliche gegen den Duisburger Kripo-Kommissar Schimanski anhängigen Verfahren fallen und holt ihn an seine alte Dienststelle zurück. Dafür muss er jedoch zunächst im belgischen Lüttich ausfindig gemacht werden, wo er als Boxtrainer mit straffällig gewordenen Jugendlichen arbeitet. Schimanski reagiert zunächst skeptisch, doch als er erfahren muss, dass sein ehemaliger Kollege Thanner kürzlich ermordet wurde, weiß er, dass er gebraucht wird. Die Staatsanwaltschaft befürchtet, bei der Duisburger Kripo könnte sich ein Maulwurf befinden, der mit den Gangstern gemeinsame Sache macht. Konkret richtet sich der Verdacht gegen den jungen Polizisten Tobias Schrader (Steffen Wink, „Schicksalsspiel“), auf den man Schimanski ansetzt. Nebenbei sucht und findet Thanners minderjährige Tochter Nina (Laura Tonke, „Ostkreuz“) den Kontakt zu Schimmi, der sich nun um sie zu kümmern gezwungen sieht…
„Ham‘ Sie sich ja wieder gut eingelebt in Ihrem Job...“
Mit Schimanski kehrte der Machismo zurück in die deutsche Krimilandschaft, das raubeinige Original mit der harten Schale, dem weichen Kern und dem Pfeifen auf jegliche Etikette. Der blitzgescheite Bulle mit dem richtigen Riecher, der gern mal nonverbal austeilt, aber gute Nehmerqualitäten hat. „Die Schwadron“ beginnt jedoch ohne ihn, nämlich mit dem spektakulären Überfall. Als Schimmi in Lüttich ausfindig gemacht wird, macht man ebenfalls kurzen Prozess: Alle Verfahren eingestellt, Thanner tot, ab morgen ist er wieder Bulle in Duisburg – keine Widerrede! Zurück in der Heimat lernt er auf unschöne Weise Thanners Tochter Nina kennen und hat anschließend die Lacher der Zuschauenden auf seiner Seite, wenn ein Blick in seinen Kleiderschrank verrät, dass er eine ganze Reihe seiner grauen Schmuddel-Parka besitzt – womit auch sein Outfit wieder perfekt wäre. Schimanski ist zurück, ihr Nulpen!
Eine kurze Rückblende zeigt Thanners Tod, was nur eine vieler Härten dieses Falls ist, in dem der eine oder andere Finger verdammt locker am Abzug sitzt. Schimmi kommuniziert viel über Blicke und gibt ohne Rücksicht auf persönliche Verluste alles, wenn er einmal mehr unkonventionell vorgeht. Das überzeugt auch Oberstaatsanwältin Bonner, die sich an den blutverschmierten rehabilitierten Bullen heranschmeißt – die einzige Reminiszenz an dessen Frauengeschichten während seiner 29 „Tatort“-Einsätze. Die Ermittlungen führen einerseits ins Milieu, andererseits aber tatsächlich immer tiefer nach innen, also in die Polizei hinein. Doch zweifelt Schimanski daran, dass Schrader involviert ist, dessen er sich annimmt. Daraus entsteht eine interessante Beziehung zwischen gegenseitigem Miss- und Vertrauen(svorschüssen). Mehrere deftige Actionszenen lassen’s kräftig krachen, während sich die Handlung als zunehmend polizeikritisch erweist, wenn sie das Phänomen der (hier verdeckt organisiert auftretenden) Selbstjustiz thematisiert.
Die Kamera fängt atmosphärische Bilder des industriellen, zugleich abgewrackt erscheinenden Duisburgs ein, konsequenterweise findet das Finale dann auch innerhalb einer lebensfeindlichen Industrieanlage statt – einem Parkett, das Schimanski beherrscht. Der Epilog spielt wieder in Lüttich, aber wir wissen natürlich, dass Schimanski zurückkehren wird – noch ganze 16 Mal. „Die Schwadron“ ist ein Action-Krimi mit Abstrichen beim Realismus und ohne Schimmis ‘80er-Jahre-Charme, die gegen nihilistische ‘90er-Roughness eingetauscht wurde. Regisseur Rusnak hat die Aufgabe gemeistert, sowohl eine vielen altbekannte, manchen aber vielleicht noch fremde Figur unter ganz neuen Voraussetzungen wiedereinzuführen, auf die Vergangenheit Bezug zu nehmen, ohne es dabei zu übertreiben, und eine unterhaltsame Balance zwischen gar nicht einmal so trivialer Handlung und Schauwerten zu finden. Es ihm leichter gemacht haben dürfte Götz George, der anscheinend nichts verlernt hatte, voll im Saft stand und schnell zur gewohnten Schnoddrigkeit seiner Paraderolle zurückfand.
Dass gleich dieses Debüt zentimeterdick aufträgt, einen beachtlichen Bodycount aufweist und Schimmi bedenklich an der Grenze zur wenig glaubwürdigen One Man Army kratzt, wird hier noch von der Wiedersehensfreude überlagert. Schimmi! Schön, dass du zurück bist – ich hatte dich vermisst.
Re: Schimanski - H. Gies/J. Rusnak/M. Schlichter/A. Kleinert/M. Glasner/E. Berger/M. Stelzer u.a. (1997-2013) [TV-Serie]
Verfasst: Di 5. Aug 2025, 15:47
von buxtebrawler
Schimanski: Blutsbrüder
„Ich bin nicht mehr Bulle, ich bin nicht mehr im Dienst und ich hab‘ keinen Bock mehr auf Krimi, klar?!“
Die nur eine Woche nach dem Debüt am 16. November 1997 erstausgestrahlte zweite Episode des „Tatort“-Spin-offs „Schimanski“ vereinte den von Götz George gespielten Kult-Kommissar wieder mit seinem Schöpfer Hajo Gies, der „Blutsbrüder“ nach einem Drehbuch Hansjörg Thurns inszenierte. Das Ergebnis ist eine Mischung aus Buddy-Cop- und Roadmovie.
„Der Mensch geht dahin, wo's am wärmsten ist, Herr Schimanski!“
Eigentlich möchte der ehemalige Duisburger Kripo-Kommissar Horst Schimanski (Götz George) in Ruhe in Lüttich mit seiner Freundin Marie-Claire (Denise Virieux, „Der Ochsenkrieg“) leben, als ihn die Düsseldorfer Oberstaatsanwältin Ilse Bonner (Geno Lechner) erneut um seine Hilfe bittet: Klaus Mandel (Christoph Waltz, „Du bist nicht allein – Die Roy-Black-Story“), in Belgien einsitzender Versicherungsbetrüger, der vor sechs Jahren zudem verdächtigt wurde, seinen Prokuristen ermordet zu haben, will als Kronzeuge gegen seinen ehemaligen Partner Krüger (Hans-Werner Meyer, „Charlie & Louise - Das doppelte Lottchen“) aussagen. Dafür soll Schimanski ihn nach Deutschland überführen. Das hört sich einfacher an, als es ist, denn Auftragsmörder versuchen Mandel das Lebenslicht auszuhauchen, bevor er seine Aussage tätigen kann…
„Sie sind für mich ein kleines, mieses, charakterloses Arschloch!“
Auch dieser Fall beginnt also in Lüttich, das in wahrlich schönen Bildern präsentiert wird. Weniger schön ist der Streit zwischen Schimmi und seiner Freundin, denn diese ist unzufrieden mit ihm, der gerade erst mit seinem Paraglider auf dem Frühstückstisch des Hausboots landete, hat in Maurice (Germain Wagner, „Sweet Little Sixteen“) einen Nebenbuhler und plant, mit diesem durchzubrennen. Parallel dazu schmuggelt ein schwitzender Dicker Geld zu Mandel, dessen Fall nun neu aufgerollt werden soll. Rückblenden zu damaligen Ereignissen werden immer mal wieder unter einem kalten Blaufilter eingeschoben, dienen aber eher der Atmosphäre denn der Informationsvermittlung.
„Vorurteile gleich im Keim ersticken!“
Mandel ist ein schmieriger Typ, den Schimanski damals kräftig verwemste und ihn auch jetzt wieder bei jeder sich bietenden Gelegenheit – derer Mandel viele provoziert – eine reinhaut. Die belgischen Polizisten, die die beiden verfolgen, erweisen sich als falsch, was der Auftakt für eine an Roadmovies erinnernde Odyssee ist; eine wilde Fahrt, die mehrmals action- und stuntreich sowie bleihaltig unterbrochen wird und während der man sich gegenseitig das Leben rettet. Das schweißt zusammen – im wahrsten Sinne des Wortes, denn nach einem schweren Autounfall ist man an „Flucht in Ketten“ gemahnend mit Handschellen aneinandergekettet. Und als Mandel sich Schimmis Waffe krallt, ist Schimmi gewissermaßen gar dessen Geisel.
„Keine Haare am Sack, aber im Puff drängeln...“
Eine Wendung zeigt Mandels sanfte und sympathische Seite und zugleich seine Beweggründe, aus dem Knast zu kommen: Seine jugendliche Tochter liegt im Krankenhaus. „Blutsbrüder“ entwickelt zunehmend „Nur 48 Stunden“-Buddy-Humor, der Regisseur Gies und seinem Ensemble sehr gut von der Hand geht. Während einer Bahnfahrt freunden sich Mandel und Schimanski regelrecht miteinander an. Eine Rückblende in Schimanskis Jugend zeigt das Tanzlokal „Blue Café“, in dem Chris Rea einen gleichnamigen Song zum Besten gibt. Doch auch während der Bahnfahrt schwebt man in Gefahr. Nicht nur Momente im Krankenhaus würzen diesen Fall zusätzlich mit etwas Sentiment. Der Showdown findet in besagtem, längst stillgelegtem Tanzlokal statt und ist packend inszeniert.
Schimanski bekommt seine obligatorische Biertrinkszene und muss sich wieder dumme Sprüche über seine zeitlose Jacke anhören, ist herrlich lakonisch, grummelig, proletenhaft – das volle Programm, die reinste Freude. Hajo Gies hatte nichts verlernt und inszenierte eine bockstarke Episode, die sich bei den Großen das eine oder andere gekonnt abgeguckt hat und innerhalb von nicht einmal 90 Minuten eine starke Charakterentwicklung und beste Unterhaltung für einen öffentlich-rechtlichen Sonntagabend um 20:15 Uhr bietet. Waltz noch vor seiner großen Karriere und George zu einem Zeitpunkt, zu dem er schauspielerisch niemandem mehr etwas zu bewiesen brauchte, bilden einen prima Gegensatz, bei dem die Chemie zwischen den Mimen zu stimmen schien. Gerne mehr davon!
Re: Schimanski - H. Gies/J. Rusnak/M. Schlichter/A. Kleinert/M. Glasner/E. Berger/M. Stelzer u.a. (1997-2013) [TV-Serie]
Verfasst: Mi 13. Aug 2025, 14:29
von buxtebrawler

Schimanski: Hart am Limit
„Den kriegen wir!“
Auch die dritte Episode des „Tatort“-
Spin-offs „Schimanski“ folgte nur eine Woche nach der vorausgegangenen, konkret: am Sonntag, 23. November 1997 zur besten Sendezeit im Ersten. Am Drehbuch waren diesmal mit Uwe Erichsen, Hartmut Grund und Horst Vocks gleich drei Autoren beteiligt, die Regie übernahm erneut Schimmi-Intimus Hajo Gies.
„Dieser Penner! Der steckt mit der kleinen Schlampe unter einer Decke!“
BKA-Bulle Keller (Henry Hübchen, „Weihnachtsgeschichten“) stürmt mit dem GSG-9 eine Wohnung, um den gesuchten Terroristen Dirk Vogel (Sebastian Koch, „Todesspiel“) festzunehmen. Doch die Aktion geht gründlich daneben: Die Polizei tappt in eine Falle. Vogel ist längst ausgeflogen und hat seinen Häschern eine Bombe hinterlassen, die zwei von ihnen das Leben kostet. Das BKA muss der mit Verhaftung seiner Freundin Uta Maubach (Anica Dobra, „Spieler“) Vorlieb nehmen. Fünf Jahre später wird diese vorzeitig aus der Haft entlassen, vornehmlich aus einem bestimmten Grund: Keller und Konsorten wollen, dass sie sie unwissentlich zu Vogel führt. Dies ist der Düsseldorfer Oberstaatsanwältin Ilse Bonner (Geno Lechner) bewusst, die daher einmal mehr das Duisburger Raubein Schimanski (Götz George) reaktiviert, damit er nicht als Polizist, sondern möglichst verdeckt Maubach vor dem BKA beschützt. Da sie ihm dafür einen neuen Dieselmotor für sein Boot verspricht, sagt Schimanski nach anfänglicher Skepsis zu – und droht, zwischen den Fronten zerrieben zu werden. Ganz allein schafft er’s nicht, weshalb er sich den Polizisten Tobias Schrader (Steffen Wink), mit dem er während seines ersten Einsatzes für Bonner Bekanntschaft machte, zur Hilfe holt. Was und wie viel weiß Maubach? Hat Keller über Recht und Gesetz sowie den Tod seiner Kollegen hinaus womöglich ein weiteres Motiv für seine verbissene Hatz? Und wo steckt er denn nun, der Vogel?
„Schimanski? Dieser abgehalfterte Bulle, dieses Arschloch, dieser Rentner… der keinen Fettnapf auslässt?!“
Gies eröffnet den Fall mit den Ereignissen vor fünf Jahren: Observierung in der Innenstadt, Stürmung der Wohnung, Zuschnappen der Falle, mehrere Tote und Verletzte. Fünf Jahre später hat es Bonner diesmal vergleichsweise leicht, Schimmi zu überreden, der ohnehin wieder Blut geleckt zu haben scheint – wenngleich er zunächst nicht weiß, worauf er sich da eigentlich einlässt. So wird er in eine Verfolgungsjagd auf der Autobahn verwickelt, bevor die komplett bescheuerte Polizei eine tödliche Schießerei in einer Gaststätte provoziert, in der Maubach sich mit Vogel trifft. Dass Vogel daraufhin damit konfrontiert wird, dass seine Männer glauben, Uta habe ihm eine Falle gestellt, macht die Sache für keinen der Beteiligten einfacher (wenngleich gerade dieser Aspekt keine so große Rolle spielen wird wie zunächst angenommen).
„Ich liebe nun mal blasse Frauen.“
Schimanski wird auf dem Polizeirevier zusammengeschlagen, muss später im wahrsten Sinne des Wortes die Hosen runterlassen, Utas Schwester Regina (Nina Petri, „Zwei Brüder“) wird in seinen Armen erschossen… Hier ist wieder eine Menge los. Dass sich Keller, der auch vor Foltermethoden nicht zurückschreckt, auf einem persönlichen Rachefeldzug befindet, ist früh klar, dass seine Gründe dafür auch familiärer Natur sind, wird sich erst spät herausstellen. Schrader, der wieder dabei ist und mit seiner grundlegenden Verschiedenheit gegenüber Schimanski ein wenig an das ursprüngliche Konzept der Schimanski/Thanner-„Tatorte“ erinnert, wird als Utas Babysitter eingesetzt – und erweist sich als damit überfordert, bleibt aber an Schimanskis Seite und avanciert zum mehr oder weniger nützlichen Sidekick.
„Ihr wart die nützlichen Idioten für die Law-and-Order-Generation."
Welcher Terrorgruppe Vogel und Maubach angehören, bleibt unerwähnt; man erfährt lediglich, dass Vogel mittlerweile mit Japanern zusammenarbeitet. Durch die recht deutlich geübte Kritik, die sich ohne Weiteres auf die
RAF übertragen lässt, dürfte eben diese gemeint sein. Ein Hauch Sympathie und Außenseiterromantik schwingen dabei mit, zumal Uta in ihrer seltenen Mischung aus juvenilem, zuweilen Beschützerinstinkte weckendem Verhalten einer- und ihrer durch rabiate, durchsetzungsstarke Aktionen untermauerte Solidarität zu Vogel andererseits einen interessanten Charakter abgibt. Der Showdown findet diesmal in einem Mietwohnungskomplex statt. Humor ist in „Hart am Limit“ rar gesät, dafür umso köstlicher. Schimmi rüpelt, steckt ein, teilt aus, behält die Nerven und verliert sie, liefert also alles, was man an dieser Figur so liebt. Seine Saufszene erhält er erst im Epilog, in der pikanterweise Dieter Bohlens für Chris Norman geschriebenes „Midnight Lady“, das einst für einen Schimanski-„Tatort“ Verwendung fand, in einer deutschen Interpretation Roland Kaisers läuft, von Schimmi aber kurzerhand durch Ernst Buschs „Moorsoldaten“ ersetzt wird.
Fazit: Eine zwar sehr konstruierte, nichtsdestotrotz faszinierende, Bezüge zur damals noch nicht allzu lange zurückliegenden deutschen Nachkriegsgeschichte aufweisende Handlung, mit wohldosierter Action, Härte und der gewohnten Schnoddrigkeit von Gies und seinem Team inszeniert und von einem tollen Ensemble geschauspielert. Ein Fernsehkrimi, nah am Thriller, der den Spagat zwischen Anspruch und Unterhaltung bemerkenswert meistert – und sichtlich Freude daran hat, den Ex-Bullen Schimanski gegen noch aktive Bullen antreten zu lassen.
Re: Schimanski - H. Gies/J. Rusnak/M. Schlichter/A. Kleinert/M. Glasner/E. Berger/M. Stelzer u.a. (1997-2013) [TV-Serie]
Verfasst: Mo 18. Aug 2025, 14:55
von buxtebrawler
Schimanski: Muttertag
„Wenn Sie in Rente gehen, dann haben Sie so einen krummen Rücken, dass Sie sich mühelos selbst einen blasen können!“
Die vierte Episode des „Tatort“-Spin-offs „Schimanski“ um den ehemaligen Duisburger Kult-Kommissar ist die erste aus dem Jahre 1998. Am 25. Oktober wurde der von Horst Vocks geschrieben und von Mark Schlichter („Faust“) inszenierte Fall ausgestrahlt, der mehr ein klassischer Actionfilm denn ein Krimi ist.
„Julia klingt ja schon wie'n Verhängnis...“
Die Düsseldorfer Oberstaatsanwältin Julia Schäfer (Suzanne von Borsody, „Lola rennt“) tut es ihrer Vorgängerin gleich und überredet Schimanski (Götz George) zu einem besonders heiklen Undercover-Einsatz: Ihre Freundin Frau Wörner (Eleonore Weisgerber, „Die Klette“) vermute, dass ihr Sohn Christian noch am Leben sein könnte – obwohl er einst als Söldner in den jugoslawischen Bürgerkrieg zog und sie, nach einer Karte mit Glückwünschen zum Muttertag, nur noch einen Totenschein Christians erhielt. Den Leichnam habe sie nie zu Gesicht bekommen und brauche Gewissheit. Schimanski reist nach Kroatien, wo er den belgischen Gerichtsmediziner Dr. Gordon (Johan Leysen, „Swing Kids“) kennenlernt, der Massengräber untersucht und die Verantwortlichen vors Kriegsverbrechertribunal nach Den Haag bringen möchte. Zugleich kommt er einer Miliz auf die Spur, die unter Anführer Marco (Sylvester Groth, „Sperling und der gefallene Engel“) die Gegend kontrolliert und terrorisiert. Schnell gerät auch Schimanski in Lebensgefahr…
„Tote sind die meistgefragten Leute hier...“
Der Prolog ist so brutal wie rätselhaft: Zwei deutsche Kripo-Beamte untersuchen gerade nachts ein Grab, als sie von uniformierten Männer überwältigt und verschleppt werden. Einer von ihnen wird hingerichtet, der andere muss zuschauen und landet daraufhin im Irrenhaus. Damit gewährt man dem Fernsehpublikum zumindest einen geringen Wissensvorsprung gegenüber Schimanski, der in seinem belgischen Wohnsitz die Nachricht erhält, sich sein Salär zukünftig persönlich in Duisburg abholen zu müssen. Wutentbrannt reist er dorthin, geht äußert rabiat vor und wird rausgeschmissen, direkt vor die Bühne Julia Schäfers, die Nachfolgerin Ilse Bonners. Diese Einführung Schimanskis in diese Episode ist derart übertrieben, dass sie hart an der Karikatur kratzt.
„Der Krieg ist noch lange nicht zu Ende...“
Der weitere Verlauf erinnert frappierend an US-Söldneraction-Vorbilder; problemlos ließe sich Schimmi durch einen beliebigen US-Action-„Helden“ ersetzen und aus ihm statt einem Ex-Bullen ein Ex-Soldat und ließe sich aus dem ehemaligen Jugoslawien Vietnam oder Afghanistan machen. Schimanski, zu Beginn beim Training mit einem Kumpel oben ohne seinen ausdefinierten Körper präsentierend, fährt ins Kriegsgebiet, durch ein Minenfeld, trifft auf erstaunlich viele seine Sprache sprechende Menschen und sieht sich mit grausamen Morden konfrontiert, die seine Ermittlungen durchkreuzen, gerät selbst mehrfach in akute Lebensgefahr. Die Bundeswehr muss ihn gar mit einem Helikopter aus einem verminten Gebiet retten. Anonyme Massengräber, Bombenattentate – der Krieg ist allgegenwärtig.
Weit vorm Ende präsentiert die Handlung eine wahrlich überraschende Wendung, die dem Fall ganz neue Dimensionen verleiht und geschickt platziert ist, andererseits erneut an US-Vorbilder erinnert, in denen die den alten Ex-Söldner, -Soldaten, wen auch immer reaktivierenden Schreibtischtäter nicht ganz ehrlich sind und damit die Wut desjenigen auf sich ziehen. Schimmi kann von Glück sagen, dass er auch MacGyver-Qualitäten besitzt und sämtliche eher unwahrscheinlichen Zufälle auf seiner Seite sind – die Tücken des One-Man-Army-Actionkinos…
Zurück in Deutschland kommt auch Schrader (Steffen Wink), einer der wenigen Schimanski gegenüber loyalen Polizisten, zum Zuge, wird Schimmi in eine actionreiche Verfolgungsjagd verwickelt und doch tatsächlich mit Panzerfäusten um sich geschossen. So bekloppt und maßlos übertrieben das alles klingen mag: Das falsche Spiel, das die Staatsanwaltschaft mit Schimanski spielt und die Interessenskonflikte, zwischen die er gerät, sind gar nicht doof und bieten somit auch etwas zum Nach- und Mitdenken. Zudem verfolgt „Muttertag“ das eherne Ziel, einen Eindruck nicht nur der Kriegsgräuel zu vermitteln, sondern auch dessen, was sie mit den Menschen machen. Die Zerstörung des Vielvölkerstaats Jugoslawien ist eine der finstersten Konsequenzen des Ende des Warschauer Pakts, deren Folgen bis heute nachhallen und weder bewältigt noch erschöpfen aufgearbeitet sind.
„Muttertag“ ergreift dabei keine Partei für eine der beteiligten Kriegsparteien, schweigt sich sogar darüber aus, auf wessen Seite Marco einst kämpfte. Damit ist Vocks‘ und Schlichters Film klüger als das durchschnittliche US-Action-Vehikel, geht es hier doch nicht um Propaganda oder die Befriedigung niederer Instinkte. Zu diesem düsteren Kapitel der 1990er-Dekade passend, arbeitet Schlichter in seiner Inszenierung mit ein paar Neo-noir-Anleihen und vermittelt den Nihilismus der Verrohung, den man nicht zynisch feiert, sondern vor dem man warnt.
Re: Schimanski - H. Gies/J. Rusnak/M. Schlichter/A. Kleinert/M. Glasner/E. Berger/M. Stelzer u.a. (1997-2013) [TV-Serie]
Verfasst: Mo 18. Aug 2025, 20:40
von Maulwurf
Als alter Schimmi-Fan hatte ich mich damals über die Neuauflage der Serie sehr gefreut, und fand die ersten Folgen auch ziemlich gut. Bei MUTTERTAG war ich nach wenigen Minuten draußen, und habe auch nie wieder den Zugang zu der Serie gefunden. Zu grausam und zu realistisch war mir der Anfang, als dass ich das hätte sehen wollen. Ich habe die Bilder der ersten Minuten heute noch im Kopf, und mag das eigentlich auch heute noch nicht sehen. Obwohl Deine Beschreibung richtig gut klingt. Danke für das Anteasern

Re: Schimanski - H. Gies/J. Rusnak/M. Schlichter/A. Kleinert/M. Glasner/E. Berger/M. Stelzer u.a. (1997-2013) [TV-Serie]
Verfasst: Di 19. Aug 2025, 10:09
von buxtebrawler
Maulwurf hat geschrieben: ↑Mo 18. Aug 2025, 20:40
Als alter Schimmi-Fan hatte ich mich damals über die Neuauflage der Serie sehr gefreut, und fand die ersten Folgen auch ziemlich gut. Bei MUTTERTAG war ich nach wenigen Minuten draußen, und habe auch nie wieder den Zugang zu der Serie gefunden. Zu grausam und zu realistisch war mir der Anfang, als dass ich das hätte sehen wollen. Ich habe die Bilder der ersten Minuten heute noch im Kopf, und mag das eigentlich auch heute noch nicht sehen. Obwohl Deine Beschreibung richtig gut klingt. Danke für das Anteasern
Sehr gerne. Auch nach dem Prolog hat "Muttertag" seine bedrückenden Momente, jedoch nicht mehr in dem Ausmaße wie zu Beginn. Außerdem hapert es doch einigermaßen mit dem Realismus. Insofern vielleicht einfach den Prolog überspringen und dann weitergucken
Mir gefällt die Serie bis jetzt und ich werde nach und nach auch die weiteren Episoden sichten.
Re: Schimanski - H. Gies/J. Rusnak/M. Schlichter/A. Kleinert/M. Glasner/E. Berger/M. Stelzer u.a. (1997-2013) [TV-Serie]
Verfasst: Do 25. Sep 2025, 14:25
von buxtebrawler
Schimanski: Rattennest
„Verliebt, hm? Das ist ‘ne Krankheit...“
Wie bereits die zweite und dritte inszenierte Schimanski-Intimus Hajo Gies auch die fünfte Episode des „Tatort“-Spin-offs. Geschrieben wurde „Rattennest“, eine Mischung aus Actionkrimi und Jugenddrama, von Horst Vocks, die Erstausstrahlung erfolgte am 15. November 1998. Trivium: Bereits Georges zweiter „Tatort“-Auftritt in Prä-Schimanski-Zeiten trug diesen Titel.
„Den Dreck, den du hier in einer Stunde anfasst, den kannst du in einer Woche nicht abwaschen!“
In Duisburg werden zwei Straßenjungen getötet aufgefunden. Am Tatort wurde neben den Leichen Schimanskis Hundemarke zurückgelassen, woraufhin man ihn aus Belgien zurück an die Ruhr beordert. Als sich unweit der Toten auch noch sein alter Sessel mit Geld darin anfindet, gerät er selbst in den Kreis Verdächtiger. Dennoch ermittelt der Kripo-Beamte Schrader (Steffen Wink) zusammen mit Schimanski unter Straßenkindern, zu denen auch Janni (Tobias Schenke, „Knockin' on Heaven's Door“) gehört, Sohn einer Ex-Freundin Schimanskis, dessen er sich zu Duisburger Zeiten angenommen hatte – und findet eine Spur, die zur Drogenmafia und zu einem Stahlkonzern führt.
„Wo ist die Revolution?“ – „Ich bin die Revolution!“
Es beginnt feierlich: Schimmi feiert seinen Geburtstag in Belgien feuchtfröhlich zusammen mit einer Rockerbande. Parallel gehen in Deutschland Deals und Erpressungen um Heroin und Fotos über die Bühne, die Todesopfer fordern. Schimanski, der kurz vor seiner Abreise nach Duisburg von seiner Freundin (Denise Virieux) erfährt, dass sie schwanger sei, trifft neben Schrader auf Staatsanwältin Schäfer (Suzanne von Borsody) und deren Männer Krieger (Matthias Redlhammer) und Scholl (Robert Viktor Minich), womit die wichtigsten Personalstandards dieser Reihe abgehakt wären. Eine weitere Personalie wird eigens für diesen Fall konstruiert: Janni, eine Art Ziehsohn Schimanskis, der auf die schiefe Bahn geraten ist. Janni hat es auch zu verantworten, dass sich in Schimmis alter Wohnung obdachlose Jugendliche eingenistet und die Bude in einen Schweinestall verwandelt haben.
„Seid ihr eigentlich noch irgendwie Menschen?!“ – „Nein, Bullen.“
Schrader und Schimmi tun sich also auch für diesen Fall zusammen und trinken Hansa und Diebels aus Dosen. Schrader etabliert sich damit weiter als Partner Schimanskis, wobei Schrader – im Gegensatz zu Thanner zu „Tatort“-Zeiten – Schimanski immer ähnlicher wird. Die gemeinsamen Ermittlungen sind äußerst rabiat; auch miteinander springen die beiden sehr grob um, wobei Schrader immer härter wird. Hart ist auch dieser Fall, das Straßenkinder-Milieu wird ungeschönt dargestellt. Jannis Freundin, die zusammen mit ihm zu Beginn der Episode eingeführt wurde, muss bald ebenfalls ihr Leben lassen. Prügelei, Schießereien, sogar Granaten. Es rummst ordentlich.
„Du musst deine Träume nur oft genug behaupten, bis sie Wirklichkeit werden.“
Doch dabei belässt es „Rattennest“ glücklicherweise nicht. Am Rande werden reißerische Medien parodiert, zudem vermengt man den Fall mit Kritik an gewissenlosen Unternehmern und Arbeitskampf, besinnt sich also auch auf die Schimanski-typischen sozialen und gesellschaftlichen Aspekte. Dennoch ist diese Episode zuweilen völlig drüber: Machismo noch und nöcher, wenn auch nicht gänzlich unreflektiert. Gegenüber seiner Freundin bereitet er (der Machismo) Schimanski beispielsweise durchaus Probleme. So sehr ich manch Härte in Schimanskis Auftreten üblicherweise schätze, so kann ich es hier nicht einfach so durchwinken, wenn auf minderjährige Straßenkinder eingeschlagen wird. Der ‘90er-Jahre-Frust- und -Nihilismus beginnt, sich auch staatlicherseits gegen die Schwächsten zu richten, ohne dass dies entsprechend kritisch gewürdigt würde. Aus der zu Beginn angedeuteten Außenseiterromanze wird hingegen nichts gemacht. Dass sich herausstellt, dass Schimanskis Freundin dann doch gar nicht schwanger ist, verkommt da beinahe zur Randnotiz, passt aber zur unangenehmen Kälte, die „Rattennest“ ausstrahlt.
Schwierig – zumal ich eine solche Inszenierung von Hajo Gies nicht erwartet hätte. Ich bin dennoch gespannt, wie die Reihe weitergeführt wird.
Re: Schimanski - H. Gies/J. Rusnak/M. Schlichter/A. Kleinert/M. Glasner/E. Berger/M. Stelzer u.a. (1997-2013) [TV-Serie]
Verfasst: Di 30. Sep 2025, 17:10
von buxtebrawler
Schimanski: Geschwister
„Dafür wird er bezahlen...“
Mark Schlichter, der bereits die vierte Episode des „Tatort“-Spin-offs „Schimanski“ inszeniert hatte, übernahm auch für die sechste, von Horst Vocks geschriebene Folge die Regie. „Geschwister“ wurde am 6. Dezember 1998 erstausgestrahlt. Wie 14 Jahre zuvor in Carl Schenkels „Abwärts“ treffen Götz George und Hannes Jaenicke aufeinander – jedoch in gänzlich anderen Rollen.
„Lange nicht gesehen, alte Schweinebacke!“
Der Kripo-Polizist Andy Bergmann (Roman Knizka, „Die Halbstarken“) sucht verzweifelt nach seiner Schwester Laura (Sandra Speichert, „Der Campus“), die, was er nicht weiß, mit dem kriminellen, aber einflussreichen Bauunternehmer Ewers (Hannes Jaenicke, „Die Sieger“) liiert ist. Ewers versucht mit allen Mitteln, Andy von Laura fernzuhalten, bekommt es aber bald mit Schimanski (Götz George) zu tun, der mit seiner Freundin Marie-Claire (Denise Virieux) schlussgemacht hat und nach Duisburg zurückgekehrt ist, wo Andy ihn schon erwartet – denn Schimmi schuldet ihm noch einen Gefallen…
„Du bist so gottverdammt stur!“
Dieser Fall ist im Prinzip eine etwas seltsame Verquickung mehrerer Fälle. Mit einer Parallelität arbeitet Schlichter bereits für den Auftakt: Andy sucht im Bordell „Pascha“ nach Laura und fliegt dort hinaus, während Marie-Claire mit jemand anderem im Bett liegt. Schimmi schleudert seinen Nebenbuhler ins Schnapsregal und wird festgenommen. Es wird suggeriert, Andy suche seine (Ex-)Freundin – umso überraschender die Erkenntnis, dass es sich um seine Schwester handelt. Laura sucht Andy zwecks Aussprache auf, wird aber von zwei Schlägern Ewers‘ übel zugerichtet. Doch Andy beherrscht Kampfsport und versteht es, sich entsprechend zur Wehr zu setzen. Schimanski kommt mit modischem Kurzhaarschnitt aus dem Knast und trifft in Duisburg auf Andy, der ihm erzählt, was passiert ist, und damit die Erzählstränge zusammenführt.
„Korrekter Dienstweg.“
Per Rückblende erfährt man, wie Andy einst Schimanski das Leben rettete und sich dabei selbst Kugeln einfing. Schimanski ist sich seiner Schuld bewusst, beginnt seine Ermittlungen im „Pascha“ und lädt sich spontan bei Schrader (Steffen Wink) zum Frühstück ein, um ihm die Spiegeleier wegzufressen. Der zweite – und eigentliche – Fall bringt dann auch wieder Oberstaatsanwältin Julia Schäfer ins Spiel. Diese muss einen Freispruch Ewers‘ hinnehmen, weil ihr Zeuge Schiller nicht vor Gericht erscheint. Und dann ist da noch Marie-Claire, die Schimmi nach Duisburg nachreist und ihn zurückwill. Den beiden gönnt Schlichter sogar eine Rückblende, die zeigt, wie sie sich kennenlernten.
So richtig kurios wird’s, als Schäfer neben einer Leiche im Bett aufwacht und derart verstört darauf reagiert, dass sie ihrem Beruf zunächst nicht mehr nachgehen kann. Schimmi und Schrader finden jedoch gar keine Leiche bei ihr, dafür aber ein Pilzgericht, von dem beide essen… Die Folge: Ein visualisierter Horrortrip Schimanskis, für den Schlichter & Co. mit damals angesagten Morphing-Spezialeffekten arbeiten und sogar Thanner aus alten „Tatort“-Episoden hineinschneiden. Die Splitscreen-Szene, in der Schimmi mit Schrader telefoniert, um zu erfahren, ob es ihm ähnlich erging, erinnert dann wiederum an alte Krimi- und Thriller-Kost.
„Merkt ihr nicht langsam selber, dass ihr mich immer erst dann holt, wenn die Leiche schon anfängt zu stinken?“
Nun reaktiviert die Kripo mehr oder weniger offiziell Schimanski, um ihn auf Ewers anzusetzen, womit sich der Kriminalfall langsam konkretisiert: Schiller war Ewers ein Dorn im Auge, weil er ein Kulturzentrum bauen wollte. Im weiteren Verlauf sorgen die beiden Semi-Comic-Relief-Männer (Matthias Redlhammer und Robert Viktor Minich) der Staatsanwältin für Zeitkolorit, indem sie „Tomb Raider“ spielen, flirtet die Staatsanwältin mit Schimmi (köstlich: dessen völlig verunsicherte Reaktion, die sein Macho-Image konterkariert), wird Schimmi böse von absoluten Klischee-Gangstern gefoltert und kristallisiert sich heraus, dass Andy und Laura eine inzestuöse Beziehung zueinander pflegten, was in einer Tragödie enden wird.
„…‘ne typische Schimanski-Scheißidee!“
So wird eine Vielzahl an Themen miteinander vermischt und mehr schlecht als recht miteinander verbunden. Nichts von alldem wird richtig auserzählt. Das Drehbuch schlägt Kapriolen, George spielt wacker dagegen an. Weniger wäre mehr gewesen, auch in Bezug auf die stets überschminkte und overdresste Speichert. Die Handlung erscheint übertrieben und unglaubwürdig, der Action-Anteil ist niedriger als in manch anderer Episode und wäre da nicht der gewohnt rüpelige, schnoddrige, zugleich herzliche und nicht auf den Mund gefallene Schimanski, wäre das hier nun wirklich kein sehenswerter Fernsehkrimi – aller (eher leiser) Kritik an skrupellosen Immobilienfuzzies zum Trotz, die hier zum Klischee verkommt.
Bewertung: 5 von 10 Pilzrisottos