Dr. Mabuse Box von Universum Film
Im Stahlnetz des Dr. Mabuse (Deutschland, Italien, Frankreich 1961, Originaltitel: Im Stahlnetz des Dr. Mabuse)
Gert, Lex, die bezaubernde Frau Lavi und jede Menge Wohlfühlatmosphäre
In einem Zug wird ein Interpol-Mitarbeiter kaltblütig ermordet. Für Kommissar Lohmann (Gert Fröbe) zu einem äusserst ärgerlichen Zeitpunkt, denn der Kriminalbeamte war gerade dabei sich auf eine Urlaubsreise zu begeben. Der Mord scheint nur ein kleines Puzzleteil in einem äusserst brisanten Fall zu sein, offenbar ist ein mächtiges Verbrechersyndikat aus den USA in die Sache verwickelt, dem Opfer wurde wichtiges Aktenmaterial entwendet. Bald sind weitere Todesfälle zu beklagen, eine Spur führt Lohmann in das städtische Gefängnis, angeblich wurde der dort einsitzende Schwerverbrecher Alberto Sandro (Ady Berber) bei Untaten ausserhalb der Anstalt beobachtet. Tatsächlich ist Sandro verschwunden, in seiner Zelle findet man die Leiche eines anderen Burschen. Gefängnisdirektor Wolf (Fausto Tozzi) und sein Mitarbeiter Böhmler (Werner Peters) hinterlassen zwar nicht den seriösten Eindruck, bieten aber keine Ansatzpunkte für handfeste Verdachtsmomente. Derweil beschäfigt sich auch die attraktive Reporterin Maria Sabrehm (Daliah Lavi) mit den Vorfällen, die junge Frau trifft auf den rätselhaften Joe Como (Lex Barker), dessen wahre Identität zunächst unklar bleibt. Mehr und mehr beschleicht Kommissar Lohmann eine fürchterliche Ahnung, sollte Dr. Mabuse doch noch unter den Lebenden weilen? Falls ja, was führt der Superverbrecher im Schilde? Lohmann und Como müssen an einem Strang ziehen, Joe Como geht ein hohes Risiko ein, er lässt sich in das zwielichtige Zuchthaus einschleusen...
Dr. Mabuse geht in die zweite Runde, auf dem Regiestuhl nahm der bewährte Harald Reinl Platz, der Filmfreuden durch zahlreiche Beiträge zum Edgar-Wallace-Kosmos und diverse Karl-May-Streifen bekannt ist. Die Kamera wurde von Karl Löb bedient, der häufig mit Reinl zusammenarbeitete. Vor der Kamera tummelt sich eine nicht minder illustre Truppe, angeführt vom kantigen Gert Fröbe, der sich in diesem Film
(fast) zurückhaltend, zeitweise regelrecht zahm präsentiert
(zumindest für seine Verhältnisse). War bereits der von Fritz lang inszenierte Vorgänger
"Die 1000 Augen des Dr. Mabuse" (1960) ein starker Beitrag zum
"Krimi-Universum" der sechziger Jahre, toppt die zweite Mabuse-Sause aus dieser Zeit den Erstling, treibt das Wohlgefühl des Zuschauers in noch höhere Bereiche der
"Wonneskala" (was auch immer das sein mag). Erneut verzichtet man weitgehend auf flache Kalauer, humorlos ist das Wirken von Gert Fröbe dennoch nicht, das Gesamtbild wurde mit einer höheren Dosis üblicher Schauwerte garniert. Vielleicht mag Langs Ansatz tiefsinniger und
"künstlerischer" anmuten, Reinl unterhält auf eine mehr massentaugliche Art. Keine Bange, Harald Reinl verliert sich nie in Peinlichkeiten oder gar handwerklichem Unvermögen, Popanz wie man ihn z. B. von
(dem von mir sehr geschätzten) Alfred Vohrer kennt, muss der
"konservative" Liebhaber nicht befürchten.
Überlässt man einem Vulkan wie Gert Fröbe die Bühne, haben seine Kollegen es nicht leicht sich zu behaupten. Fröbes Präsenz füllt nicht nur die Leinwand aus, sie rollt mit voller Wucht durch die Räumlichkeiten des Zuschauers, packt und reisst mit
(auch in stilleren Momenten). Wie bereits weiter oben erwähnt, nimmt sich Fröbe diesmal ein wenig zurück
(nur auf "Gepolter" bezogen, nicht qualitativ), was allerdings nicht bedeutet, er würde nicht trotzdem unter Dampf stehen. Zu Beginn zeigt man uns den Privatmann Lohmann, der fröhlich und herzlich mit seiner Familie scherzt, sich auf ein paar Tage Ruhe und Erholung abseits vom Sumpf des Verbrechens freut. Mit Leichtigkeit erobert der Held die Herzen seines Publikums, von der ersten Sekunde an hat er alle Sympathien auf seiner Seite. Ohne Ausbrüche geht es nicht, hin und wieder platzt Lohmann der Kragen, ist er voll und ganz der harte und kernige Ermittler. Besonders interessant sind die feinen Zwischentöne, die den Charakter der Hauptfigur noch menschlicher erscheinen lassen. Bei allem Durchsetzungsvermögen, sind auch einem erfahrenen Kriminalisten wie Kommissar Lohmann Grenzen gesetzt, während der finalen Konfrontation mit dem
"Oberschurken" wird dies sehr eindrucksvoll deutlich. Bevor ich mich nun endlos über die Qualitäten des Gert Fröbe auslasse
-die sowieso allen halbwegs an Filmen interessierten Menschen längst bekannt sein dürften- nun ein paar Worte zu den anderen Akteuren. Lex Barker fungiert gewissermaßen als Co-Held, die angeblich unklare, fragwürdige Herkunft seiner Figur ist leicht durchschaubar. Im Notfall greift Joe Como beherzt ein, selbstverständlich hat er ein Auge auf die fesche Journalistin Maria Sabrehm geworfen, die seine Annährungsversuche lediglich halbherzig zurückweist. Daliah Lavi bricht nicht aus dem damaligen Frauenbild aus, doch allein ihr Anblick versöhnt mit der ein wenig faden und substanzarmen Rolle, was für eine Frau
(die übrigens in "Der Dämon und die Jungfrau" (1963) von Mario Bava noch weitaus heisser anzuschauen ist)! Die Riege der Nebendarsteller muss sich keinesfalls verstecken, Reinl stand ein sehr starkes Ensemble zur Verfügung! Werner Peters ist aus dem deutschen Kriminalfilm der sechziger Jahre nicht wegzudenken, meist spielte der unscheinbare, untersetzte Schauspieler widerliche Charaktere, was ihm ohne Ausnahme bestens gelang. Als Erfüllungsgehilfe schlägt er sich erwartungsgemäß gut, die Ekelhaftigkeit dringt ihm aus jeder Pore. Peters schafft es immer wieder, seine Figuren widerwärig-schleimig darzustellen, man möchte ihm mit Anlauf in den Hintern treten, herrlich! Rudolf Fernau spielt einen undurchsichtigen Geistlichen, Rudolf Forster einen Forscher unter Druck, Fausto Tozzi umgibt eine leicht diabolische Ausstrahlung. Ady Berber sieht wie immer erschreckend aus, er rumpelt wie ein alter Panzer durch das Szenario. Joachim Mock bleibt unscheinbar, er muss einige Rügen seines Chefs Lohmann einstecken. Gestandene Schauspieler wie Albert Bessler und Wolfgang Preiss sind in kleinen Rollen zu sehen, was will man mehr?
"Im Stahlnetz des Dr. Mabuse" leistet sich keine Hänger, bereits der Auftakt im Zug sorgt für Begeisterung. Die Ermittlungen sind spannend, ab und zu wird eine Dosis Krawall eingestreut, die Endphase bietet gar einen heftigen Schusswechsel mit automatischen Waffen an. Richtig stark auch die Auflösung, vor allem die vorherige Auseinandersetzung zwischen Lohmann und ...
(verrate ich nicht). Insgesamt sicher eine Spur
"gewöhnlicher" als der Vorgänger, für meinen primitiv-vulgären Geschmack daher noch gelungener. Gern zitiere ich aus meinem Kurzkommentar zu
"Die 1000 Augen des Dr. Mabuse": Wer die Wallace-Filme mag, der sollte sich auf jeden Fall auch mit den Dr. Mabuse-Sausen beschäftigen, wem die Wallace-Filme eine Spur zu humorig erscheinen, der sollte es ebenfalls mit Dr. Mabuse probieren. Mir liegt das
"Dr. Mabuses Meisterwerk" getaufte Box-Set von Universum vor, welches alle sechs Mabuse-Streifen aus den sechziger Jahren enthält:
• Die 1000 Augen des Dr. Mabuse (1960)
• Im Stahlnetz des Dr. Mabuse (1961)
• Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse (1962)
• Das Testament des Dr. Mabuse (1962)
• Scotland Yard jagt Dr. Mabuse (1963)
• Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse (1964)
Die DVDs kommen in einem schicken Digipak ins Haus, das von einem nicht minder hübschen Schuber umhüllt wird. Ferner liegt ein Booklet bei, in dem Auszüge aus einem Buch des leider kürzlich verstorbenen
Wallace-Experten #1 Joachim Kramp zu lesen sind. Der von Kriminalfilmfreunden
(und nicht nur denen) sehr geschätzte Joachim Kramp, hinterlässt eine nicht zu schliessende Lücke im
"Wissensgebiet Wallace und Co.". An der Qualität der DVD gibt es nichts zu meckern, Universum präsentiert auch den zweiten Beitrag zur Mabuse-Reihe in schöner Verfassung. Für Fans
(und solche die es werden wollen) stellt diese Box einen unverzichtbaren Pflichtkauf dar!
Fazit: Reinl legt noch ein Schippchen drauf, übertrifft knapp den guten
-von Fritz Lang inszenierten- Vorgänger!
7,5/10 = Gut bis sehr gut
Lieblingszitat:
"Der Teufel betet nicht. Er will angebetet werden!"