Dr. Mabuse Box von Universum Film
Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse (Deutschland, Frankreich, Italien 1964, Originaltitel: Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse)
Die letzte Runde
Professor Pohland (Walter Rilla) fristet ein trauriges Dasein als Insasse einer Nervenklink. Noch immer beteutert der Mediziner seine Unschuld an den Ereignissen vor der Einweisung, der Geist des Dr. Mabuse habe von ihm Besitz ergriffen. Bei einem Verhör durch den britischen Agenten Major Anders (Peter van Eyck) kommt es zu einem Zwischenfall, der Professor verschwindet spurlos. Zuvor kam ihm das erschreckende Wort
"Todesstrahlen" über die Lippen, kein
"Hinweis" der beruhigenden Sorte. Anders wird nach Malta geschickt, zwecks Tarnung begleitet ihn die naive Schönheit Judy (Rika Dialina). Auf Malta arbeitet Professor Larsen (O. E. Hasse) an einer Superwaffe, mit deren Todesstrahlen sich ganze Städte in Sekunden auslöschen lassen. Offenbar wird Larsen nicht von bösartigen Absichten angetrieben, doch in den falschen Händen könnte man mit Hilfe seiner Erfindung die gesamte Menschheit unterjochen. Rege Aktivität von Sardinen-Booten und Froschmännern geben Anlass zur Besorgnis, die Lage spitzt sich mehr und mehr zu. Kein leichter Job für Major Anders, denn seine Tarnung ist gewissermaßen schon vor seiner Ankunft aufgeflogen...
Der letzte Film aus der Mabuse-Reihe der sechziger Jahre geht andere Wege. Waren die vorherigen Werke typische Beiträge zur damaligen Welle von Kriminalstreifen, die durch den Erfolg der Edgar-Wallace-Filme aus dem Hause Rialto Film ausgelöst wurde, schielte Produzent Artur Brauner
(CCC-Film) nun in Richtung James Bond. Bereits der Vorspann macht keinen Hehl aus der neuen Marschrichtung, techische Gerätschaften und kämpfende Taucher flimmern über den Bildschirm/die Leinwand. Tatsächlich sind im Film diverse Szenen mit Tauchern zu bewundern, die wie eine kleine
(und flottere) Ausgabe des später produzierten Bond-Flicks
"Thunderball" (1965) anmuten. Eindeutig wurde
"Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse" vom ersten Bond
"Dr. No" (1962) beeinflusst, wahrlich keine schlechte Referenz. Erwartet also bitte keinen weiteren Krimi mit Gruselatmosphäre, die Reihe klingt im Gewand des Eurospy-Films aus.
Trotz neuer Marschrichtung wurde auf bewährte Darsteller gebaut, die Hauptrolle vertraute man erneut Peter van Eyck an
(der Name seines Charakters wurde ein weiteres Mal geändert, obschon die Figur aus dem Vorgängerwerk sehr ähnlich angelegt ist). Herr van Eyck macht uns den Schmalspur-Bond, er zieht sich weitgehend souverän aus der Affaire, lediglich eine extrem schlecht gedoubelte Prügelszene sorgt für Schmunzler. Auf wessen Kappe dieser Murks geht ist mir nicht bekannt, eventuell waren
"versicherungstechnische Gründe" im Spiel? Dem Unterhaltungswert sind solche Schnitzer nicht abträglich, sie tragen gar zum kantigen Charme des Streifens bei. Peter van Eyck darf mit hübschen Damen in den Nahkampf gehen, wer wäre da nicht gern Agent im Geheimdienst ihrer Majestät? O. E. Hasse gefällt mir als knurriger Wissenschaftler sehr gut, Walter Rilla blickt als Häufchen Elend ins Leere. Dieter Eppler taucht als fieser Handlanger auf, Leo Genn mimt den Chef Peter van Eycks. Rika Dialina fällt in die Schublade mit der Aufschrift
"Klischeeblondchen". Zu ihrer eigenen Sicherheit bringt man sie auf Malta in einem Bordell unter, was bei ihrem Begleiter nur kurzzeitig für einen Hauch von Widerstand sorgt
(diese Szenen werden sauertöpfigen Emanzen die Zornesröte ins Gesicht treiben, Schenkelkloper pur!). Ferner hätten wir Yvonne Fourneaux als lüsterne Nichte des Professor Larsen im Angebot, dazu die hübsche Yoko Tani als Helferlein des Bösen. Damit sind die wichtigsten Akteure genannt, nur Gustavo Rojo hätte ich fast unterschlagen.
Wallace-Epigonen mutieren zum Bond-Clon, geht die Rechnung auf? Mir gefällt die neue Ausrichtung, da ich mich in beiden Genres wohlfühle. Das Publikum war dem Film damals weniger wohlgesinnt, der Erfolg an den Kinokassen hielt sich in Grenzen. Ergo ging die Rechung für den geschäftstüchtigen Artur Brauner nicht auf, weitere angestrebte Beiträge zur Reihe blieben in der Schublade. Schade, denn Mabuse funktioniert auch als Eurospy-Sause. Ein Bösewicht strebt die Weltherrschaft an, die Handlung spielt in hübschen Kulissen und vor einer prächtigen Landschaft
(Italien musste als Malta herhalten), die Darsteller sind bei guter Spiellaune. Oskar Sala steuerte einen Teil der Musik bei, sein Mixtur-Trautonium ertönte mehrfach in CCC-Produktionen
(und nicht nur dort). Repeat bis zur Ekstase: Wer die Wallace-Filme mag, der sollte sich auf jeden Fall auch mit den Dr. Mabuse-Sausen beschäftigen, wem die Wallace-Filme eine Spur zu humorig erscheinen, der sollte es ebenfalls mit Dr. Mabuse probieren. Mir liegt das
"Dr. Mabuses Meisterwerk" getaufte Box-Set von Universum vor, welches alle sechs Mabuse-Streifen aus den sechziger Jahren enthält:
• Die 1000 Augen des Dr. Mabuse (1960)
• Im Stahlnetz des Dr. Mabuse (1961)
• Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse (1962)
• Das Testament des Dr. Mabuse (1962)
• Scotland Yard jagt Dr. Mabuse (1963)
• Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse (1964)
Die DVDs kommen in einem schicken Digipak ins Haus, das von einem nicht minder hübschen Schuber umhüllt wird. Ferner liegt ein Booklet bei, in dem Auszüge aus einem Buch des leider kürzlich verstorbenen
Wallace-Experten #1 Joachim Kramp zu lesen sind. Der von Kriminalfilmfreunden
(und nicht nur denen) sehr geschätzte Joachim Kramp, hinterlässt eine nicht zu schliessende Lücke im
"Wissensgebiet Wallace und Co.". An der Qualität der DVD gibt es nichts zu meckern, Universum präsentiert auch den sechsten Beitrag zur Mabuse-Reihe in schöner Verfassung. Für Fans
(und solche die es werden wollen) stellt diese Box einen unverzichtbaren Pflichtkauf dar! Während die vier zurückliegenden Werke im damals gängigen
"europäischen Breitbild" 1,66:1 aufgetischt wurden, kommen die beiden letzten Beiträge in 1,33:1 daher. Kein Grund zur Besorgnis, alle Filme liegen damit im Originalformat vor! Auf der DVD zu
"Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse" findet der Fan eine kurze Doku und einen Beitrag über die bezaubernde Daliah Lavi.
6,5/10 (mit steigender Tendenz)
Lieblingszitat:
"Bringen Sie den Herrn Professor zur Elektrotherapie"