Einer der ersten Filme, zu denen ich mal ein paar Worte in die Tastatur gekloppt hatte:
Habe gerade zum ersten mal den Seewolf gesehen und bin nach anfänglicher Skepsis recht begeistert. Ich konnte mir nur schwerlich vorstellen, dass bei einem Fernsehfilm bzw. einer TV-Mini-Serie mit einer derartigen Laufzeit keine Längen auftreten würden, die mich als Zuschauer langweilen, wurde aber vom Gegenteil überzeugt. Respekt!
Nach meinen Informationen handelt es sich hierbei um werktreuste Umsetzungen der Erzählung(en) Jack Londons. So wurden hier gleich mehrere zu diesem Vierteiler zusammengefügt und miteinander in Bezug gesetzt, was Zuschauer irritieren mag, die nur die Seewolf-Erzählung kennen.
Die Geschichte des Autors und "feinen Pinkels" Humphrey van Wayden, in dessen Leben plötzlich der Seeman und Soziopath Wolf Larsen, der Seewolf, tritt, ist ein packendes Abenteuer mit sehr viel Tiefgang, in dem die Hauptrollen sehr detailliert herausgearbeitet und charakterisiert wurden. Die schauspielerischen Leistungen, inbesondere Harmstorfs, überzeugen auf ganzer Linie. Harmstorf spielt den unberechenbaren, anti-sozialen, aber hochintelligenten Seebären absolut glaubwürdig. Den Reiz des Films macht für mich in erster Linie aus, dass Larsen bei aller Grausamkeit eine unheimliche Faszination auf den Zuschauer auswirkt. Wenn Larsen menschenverachtende, zynische Thesen aufstellt und einmal mehr seine Gefühlskälte und das völlige Fehlen von Gewissen und Moral unter Beweis stellt, hängt man dennoch an seinen Lippen und es fällt einem schwer, zu verdauen, was man gerade gesehen und gehört hat. Mitunter ist man fast geneigt, eigene soziale und ethische Grundsätze nicht unbedingt in Frage zu stellen, aber zumindest zu hinterfragen (Anm. 12.12.2010: Was natürlich ein Riesenunterschied ist
). Und man fragt sich immer wieder, was den Mann zu dem gemacht hat, was er ist und inwieweit seine eigene, von Entbehrung und täglichem Kampf ums Überleben bestimmte Sozialisation dazu beigetragen hat.
Wenn seinerseits van Wayden, dessen Leben mittlerweile durch die Begegnung mit dem Seewolf eine völlig neue Wendung nahm, beginnt, ihn zu jagen, bewegt sich der Film in äußerst spannender Weise immer näher dem endgültigen Showdown entgegen...
Achtung, Spoiler:
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Was mich etwas ärgert, ist, dass sich "Hump" Larsen nie als sein alter Jugendkumpel zu erkennen gegeben hat (möglicherweise der Literaturvorlage geschuldet?) und dass nicht erwähnt wurde, an welcher Krankheit Larsen denn nun eigentlich litt - das ist lediglich zu erahnen. Naja, und natürlich, dass man an die TV-Ausstrahlung unbedingt die Zensurschere bei der Haiszene setzen musste, aber das ist man vom deutschem Fernsehen ja nicht anders gewohnt. Verdammte Sittenwächter...
Raimund Harmstorf hat sich hiermit ein Denkmal manifestiert. Ruhe in Frieden, Seewolf!