Funny Games U.S. - Michael Haneke

Moderator: jogiwan

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horror1966
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Funny Games U.S. - Michael Haneke

Beitrag von horror1966 »

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Funny Games U.S.
(Funny Games U.S.)
mit Naomi Watts, Tim Roth, Michael Pitt, Brady Corbet, Devon Gearhart, Boyd Gaines, Siobhan Fallon, Robert LuPone, Susanne C. Hanke, Linda Moran
Regie : Michael Haneke
Drehbuch : Michael Haneke
Kamera : Darius Khondji
Musik : Keine Information
Keine Jugendfreigabe
Deutschland / Großbritannien / Italien / Frankreich / USA / Österreich / 2007

Funny Games - das Spiel ist einfach. Man wählt zuerst eine Familie und dann das erste Opfer. Peter und Paul oder Tom und Jerry oder Beavis und Butthead, sie haben viele Namen und viele Ideen. Sie besuchen Familien wie die Farbers in ihrem Ferienhaus in den Hamptons. George (Tim Roth), Anna (Naomi Watts) und ihr kleiner Sohn Georgie (Devon Gearhart) ahnen zunächst nicht, wen sie da ins Haus gelassen haben. Bis die scheinbar wohlerzogenen Jungs (Michael Pitt und Brady Corbert) sie zu einem simplen Spiel auffordern: "Wetten, dass ihr morgen um 9 Uhr alle tot seid?" Ein Spiel mit vollem Einsatz und tödlichem Ernst...


Egal, ob man jetzt das Original von 1997 oder diese Version bevorzugt, Funnx Games ist ein extrem harter Film, der den Zuschauer sehr zum Nachdenken anregt und auch nachhaltig im Gedächtnis verankert bleibt. Bis auf dieDdarsteller hat sich ja auch gar nichts geändert, da es sich bei der Neuauflge um ein 1:1 Remake handelt. Wenn ich ganz ehrlich bin, bevorzuge ich sogar die neue Version etwas, ohne, das ich aber genau begründen könnte, woran das liegt.

Ein Hauptgrund ist sicherlich, das ich der Meinung bin, das hier wirklich die perfekten Darsteller für dieses bitterböse psychische Katz-und Mausspiel gefunden wurden. Naomi Watts, die wohl zu den momentan besten Schauspielerinnen zu zählen ist, spielt ihre Rolle hier nahezu brillant und auch Tim Roth als Ehemann steht ihr in nichts nach. Aber die absolute Krönung sind ganz eindeutig Michael Pitt und Brady Corbert, die in ihren Rollen als sadistische und eiskalte Psychophaten einfach grandios sind. Zwei junge Männer, die scheinbar die besten Manieren haben und aussehen, als wenn sie kein Wässerchen trüben könnten, wie der wahrgewordene Traum einer jeden Schwiegermutter. Und diese beiden "Milchbärte entpuppen sich als wahnsinnige Soziopathen, die aber bei ihrem handeln immer höflich und zuvorkommend wirken.

Während des Films entwickelt sich eine so dichte und extrem beklemmende Atmosphäre, das es einem teilweise eiskalt über den Rücken läuft. Das gesamte Geschehen wirkt auf der einen Seite sehr verstörend und abstoßend, übt aber andererseits eine ungeheure Faszination auf den Betrachter aus, der man sich einfach nicht entziehen kann. Der Zuschauer wird hier zum Voyeur und leidet mit den Betroffenen mit, phasenweise bekommt man gar ein schlechtes Gewissen, da man nicht in das Geschehen eingreift. Das dies natürlich nicht möglich ist, das steht hier außer Frage, aber allein die Tatsache, das einen dieses Gefühl überkommt, zeigt doch, wie sehr man in das Gesehene eintaucht und sich damit identifiziert.

Gerade einige Sequenzen, die scheinbar unendlich in die Länge gezogen sind, wirken sehr quälend auf den Betrachter, der das Ganze am liebsten beenden möchte, aber nicht dazu in der Lage ist. Man könnte das auch als Sadismus in Reinkultur ansehen.

Und dann gibt es da noch den sehr bösen schwarzen Humor, der vor Sarkasmus nur so trieft. Zum einen kommt das gerade durch die grotesk wirkende Freundlichkeit der beiden Täter zum Ausdruck, die angesichts der vorherrschenden Situation wie Hohngelächter wirkt. Und dann ist da noch die berühmte Sequenz mit der Fernbedienung, jeder, der den Film kennt, weiss was ich meine. Näher möchte ich aber nicht darauf eingehen, um keine Spannung rauszunehmen.

So kann man schlußendlich festhalten, das Funny Games ein wirklich sehr harter Film ist, bei dem sich die Härte aber durch die gegebene Situation im Kopf des Zuschauers abspielt, denn zu sehen gibt es hier keine größere Härte. Aber das, was sich im Kopf abspielt, ist sehr harter Tobak, das steht fest. Auf jeden Fall ein Film, den man unbedingt gesehen haben sollte.
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Nello Pazzafini
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Re: Funny Games U.S. - Michael Haneke

Beitrag von Nello Pazzafini »

Ich hasse Funny Games, den von 1997, einer der wenigen filme die ich nicht beendet habe und das heisst was, hab ich mir wirklich jeden schrott bis zum ende durchgesessen. Die zwei Möchtegern Psychos waren so was von lachhaft und sind mir sowas von an den Sack gegangen das ich nach, was weiss ich, 30,40 minuten abdrehen musste und die dvd in den müll schmiss.
Ich will das US Remake gar nicht sehen. Wenn ich die schauspieler des remakes betrachte noch viel weniger. Haneke ist ein völlig überbewerteter Regisseur den ich richtig bescheiden finde. Jetzt hat er auch noch seinen Oskar, er ist ja bei den Ami Deppen auch richtig gut aufgehoben.
-10/10 für all seine Scheiss Games.
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jogiwan
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Re: Funny Games U.S. - Michael Haneke

Beitrag von jogiwan »

Hmmm... mit Haneke hab ich ein sehr ambivalentes Verhältnis. Sein Bestreben, die Erwartungshaltungen von Mainstream-Zuschauer zu torpedieren und Gewalt als schmerzhaft, krass und unmenschlich zu präsentieren um damit gegen "coole Actionfilme" und die Kommerzialisierung von Gewalt zu demonstrieren, finde ich durchaus ambitioniert. Auch "das weisse Band" - sein Portrait der Generation, die die Entstehung von Faschismus begünstigte ist wirklich ausgezeichnet. Aber sobald der werte und zutiefst intellektuelle Herr seinen Mund aufmacht und oberlehrerhaft seine Thesen auf die Welt loslässt, dann würde ich dem am liebsten...

"Funny Games" im Original fand ich auch furchtbar und kaum zum Aushalten, aber das ist ja auch durchaus beabsichtigt. Das Remake hab ich nicht gesehen, aber nachdem das 1:1 ausgefallen ist, kann man sich das wohl auch ersparen. Haneke wollte ja mit seinem Remake ja vor allem das "Saw-" und "Hostel-"Klientel erreichen, was jedoch gründlich in die Hose gegangen ist. Hier hat das amerikanische Zielpublikum die Erwartungshaltung eines europäischen Moralisten nicht im geringsten erfüllt. Doof, ne? Aber Europa ist für Haneke auch sicher der geeignetere Ort um seine Filme zu realisieren...
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Arkadin
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Re: Funny Games U.S. - Michael Haneke

Beitrag von Arkadin »

Haneke ist einer meiner persönlichen Filmgötter und von daher eh unantastbar. Ich muss dazu auch sagen, dass ich seine Interviews sehr mag. Dem Mann könnte ich stundenlang zuhören. Klar muss man mit ihm nicht immer einer Meinung sein, aber seine Gedankenansätze sind immer höchst interessant. Es gibt nur zwei Filme von ihm, die ich weniger mag. Das sind "Funny Games" und "Benny's Video". Zwar kenne ich von "Funny Games" nur das Original, da das US-Remake eine 1:1-Kopie ist, schreibe ich hier mal was drüber und mache keinen neuen Faden auf.
"Funny Games" ist ein unglaublich intensiver , in manchen Szenen kaum guckbarer Film, der mich eisenhart in seinem Griff hatte bis.... zu der Szene mit der Fernbedienung. Da hätte ich echt kotzen können. Ich weiß, was Haneke vor hatte und ich weiß auch, dass diese Irritation von ihm beabsichtigt war. Ja, ich verstehe auch seine Gedanken dahinter, nur... es funktioniert einfach nicht. Irgendwie habe ich an dieser Stelle das Gefühl den Film zu sehen, den Franco Nero in "Warum musste Staatswanwalt Triani sterben?". Ein Kunstgebilde für "das einfache Volk", um diesem durch komplizierte Metaphern die Augen zu öffnen. Wenn man sich aber den Film im Film anschaut, sieht man abstraktes Theater, welches es "einfache Volk" wahrscheinlich in scharen aus dem Kino getrieben hätte.
Aber zurück zu Haneke. wie gesagt, für mich einer der ganz großen Unbequemen mit dem man sich unbedingt mal auseinandersetzen sollte. Einfach um mal eine andere Sicht auf die Dinge zu bekommen. Tipp zum Einstieg: "Der 7. Kontinent" (ein absoluter Downer).
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Nello Pazzafini
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Re: Funny Games U.S. - Michael Haneke

Beitrag von Nello Pazzafini »

Jungens, ist ja echt lieb gemeint mir den Haneke näher zu bringen bzw. mir von seinen Ambitionen vorzuschwärmen. Wahrscheinlich hätt ich VOR Interviews mit ihm mir noch den einen oder anderen film ansehen sollen. Jetzt will ich nimma. Hab per Zufall auch Durch die Nacht.... mit ihm gesehen wo er durch Venedig gondelt, ich hab gehofft die Gondel kriegt ein Leck.....
Ich hab auch nichts gegen Intellektuelle, manchmal täusche ich den auch selbst vor ;) aber das ist ein Besserwisser und Schwätzer der auch noch mit diesem "dagegen" wirken Kohle macht. Und bitte nicht mit italienischen Systemkritischen Klassikern vergleichen, das ham die nicht verdient!!!! :)
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Re: Funny Games U.S. - Michael Haneke

Beitrag von buxtebrawler »

Das Original war einer der ersten Filme überhaupt, zu dem ich mir Notizen gemacht hatte, Haneke kannte ich damals überhaupt nicht:

Ein ebenso harter wie ungewöhnlicher Film. Ungewöhnlich deshalb, weil er ohne großartige Effekte oder sonstigen "Aufwand" funktioniert, er "sinnlose" Gewalt zeigt, ohne den Hintergrund selbiger zu zeigen, aber trotzdem nicht stumpf wirkt, der Zuschauer teilweise direkt von den Protagonisten angesprochen wird, was doch sehr überrascht und er allgemein einfach kein Mainstream-Film ist - ohne ein billiger Amateuer-, abgedrehter Kunst- oder politisch korrekter Moralfilm zu sein.

Die Gewalt der beiden sich stets eiskalt, akkurat und geschwollen redend präsentierenden Terrorisierer verstört den noch nicht komplett abgestumpften Zuschauer nachhaltig und die Szene mit der Fernbedienung, in der die Handlung zurückgespult und geändert wird, verleiht dem Ganzen etwas Surreales.

Erwähnenswert auch der großartige Soundtrack ("Bonehead" von Naked City).

8/10 Punkten

Der einzige weitere Haneke, den ich mir angesehen habe, ist "Die Klavierspielerin". Mit dem konnte ich weniger anfangen:

Regisseur Michael Haneke ("Funny Games") zeigt und kritisiert in "Die Klavierspielerin" drastisch die kalte Gefühlslosigkeit und den elitären Habitus gesellschaftlich angesehener Kreise und ihre sadistisch anmutenden Erziehungs- und Lehrmethoden auf schonungslose Weise.

Er richtet seinen Fokus speziell auf die Klavierlehrerin Erika, die ein gestörtes Verhältnis zur Sexualität und ihrem Körper hat und zu einer normalen Beziehung zu ihrer jungen Liebe nicht fähig ist. ihre Phantasien handeln - als Gegenextrem zu ihrem öffentlichen Auftreten - von Masochismus, Demütigungen und Verletzungen. Dass Haneke detailiert zeigt, wie diese schließlich in die Tat umgesetzt werden, mag ein weltfremdes Publikum schockieren und verstören, erschien mir hingegen folgerichtig und logisch. So war ich zunächst ob des Endes des Films überrascht und vermisste eine Art Pointe, bis mir klar wurde, dass diese bereits in der Sex-/Gewalt-Szene bestand.

Definitiv kein schöner Film, aber ich zähle nicht zur Zielgruppe.

===

Ich kann mir über Hanekes Œuvre also kein wirkliches Urlaub erlauben, habe aber immer noch einen meinungsbildenden Michael-Haneke-Themenabend mit Herrn Santini vor mir :mrgreen:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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Re: Funny Games U.S. - Michael Haneke

Beitrag von untot »

Ich kenne nur den original "Funny Games" und konnte auch nicht recht viel damit anfangen.
Mir gingen die beiden Kerle sowas von auf den Zeiger, wären die in mein Haus eingedrungen, hätte ich denen erst mal richtig den Arsch versohlt, den beiden Rotznasen! :twisted:

Das Remake hab ich mir dann in weiser Voraussicht gar nicht erst angetan!

@Bux
Bist Du gestresst?? Weil Du vom Urlaub schreibst... ;)
Zuletzt geändert von untot am Di 14. Dez 2010, 16:14, insgesamt 1-mal geändert.
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jogiwan
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Re: Funny Games U.S. - Michael Haneke

Beitrag von jogiwan »

untot hat geschrieben: Bist Du gestresst?? Weil Du vom Urlaub schreibst... ;)
akut Burnout gefährdet, der olle Bux! ;)

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buxtebrawler
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Re: Funny Games U.S. - Michael Haneke

Beitrag von buxtebrawler »

untot hat geschrieben:@Bux
Bist Du gestresst?? Weil Du vom Urlaub schreibst... ;)
Hahaha, das war jetzt echt mal so richtig freudsch! :D

Ich brauche dringend Urlaub, um mir in Ruhe über Michael Haneke ein Urteil bilden zu können. :lol:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Funny Games U.S. - Michael Haneke

Beitrag von dr. freudstein »

:lol:
Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen :opa:

Wozu brauchst Du Urlaub? Bei deinem "Job"
Seh ich ja, wie Du im Streß bist ;) Oder meintest Du als Forenschreiber :?

Upps, bin ja im OT :oops:
Tschuldigung 8-)
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