Tales from the Crypt - Freddie Francis (1972)
Verfasst: Fr 14. Jan 2011, 00:04
Cover der britischen DVD von Final Cut Entertainment
Tales from the Crypt (Großbritannien 1972, Originaltitel: Tales from the Crypt, Titel in Deutschland: Geschichten aus der Gruft)
Das Grauen in fünf Akten
Eine Handvoll Menschlein besichtigt ausgedehnte Katakomben. Fünf Teilnehmer kommen vom Weg ab, sie geraten in eine Art Saal. Plötzlich fällt die schwere Tür hinter ihnen zu, ein alter Mann, bekleidet mit einer Kutte, bittet höflich um Aufmerksamkeit. Jedem -ob er will oder nicht- wird ein Blick in die Zukunft gewährt, erschreckende Abgründe tun sich auf...
• Segment 1 - And All Through The House: Joanne Clayton (Joan Collins) bringt am Weihnachtsabend ihren Gatten um die Ecke, tarnt den Mord als tragischen Unfall. Während Mutti unten meuchelt, liegt das Töchterlein friedlich in seinem Bettchen. Im Radio wird vor einem flüchtigen Psychopathen gewarnt, der als Weihnachtsmann verkleidet ist...
• Segment 2 - Reflection of Death: Carl Maitland (Ian Hendry) verabschiedet sich von seiner Familie, offiziell bricht er zu einer Geschäftsreise auf. Doch Carl verfolgt einen völlig anderen Plan. Er will mit seiner Geliebten durchbrennen, ein neues Leben anfangen. Als der Carl von Müdigkeit übermannt wird, übernimmt die neue Frau an seiner Seite das Steuer...
• Segment 3 - Poetic Justice: Mr. Grimsdyke (Peter Cushing) ist ein schrulliger älterer Herr, der stets freundlich ist, besonders Kinder und Hunde geniessen seine Zuwendung. Den Nachbarn ist das unscheinbare Anwesen Grimsdykes ein Dorn im Auge. Vor allem James Elliot (Robin Phillips) verabscheut den alten Mann, weil sein Haus das schicke Strassenbild "stört". Elliot setzt einen perfiden Plan in Gang, mit dessen Hilfe er Grimsdyke aus der Gegend vertreiben will...
• Segment 4 - Wish You Where Here: Ralph Jason (Richard Greene) und seine Frau Enid (Barbara Murray) stehen kurz vor dem finanziellen Ruin, der Verkauf diverser Wertgegenstände scheint unumgänglich. Da fällt der Blick auf eine kleine Statue, die das Paar vor einiger Zeit im fernen Osten kaufte. Ein eingravierter Text verspricht dem aktuellen Besitzer die Erfüllung von drei Wünschen. Kaum hat Barbara den ersten Wunsch geäussert, klingelt auch schon das Telefon...
• Segment 5 - Blind Alleys: Der ehemalige Militärschädel Major Rogers (Nigel Patrick) übernimmt die Leitung eines Blindenheims. Während Rogers im Luxus schwelgt, tischt man den Bewohnern nur noch minderwertiges Essen auf, in den kalten Nächten wird die Heizung abgeschaltet. Stets hat Rogers einen Deutschen Schäferhund an seiner Seite, der bei Bedarf aufsässige Bewohner in Schach hält. Als ein Blinder während einer eisigen Nacht verstirbt, platzt seinen Kumpanen endgültig der Kragen...
Dieser schöne Episoden-Gruselstreifen stammt aus dem Hause Amicus, bekanntlich neben Hammer die wichtigste britische Horrorschmiede der sechziger und siebziger Jahre. Die vorliegende Sause ist die erste Verfilmung, die nach den gleichnamigen Comics entstand. 1973 folge ein weiterer Teil, der unter dem Namen "The Vault of Horror" (In der Schlinge des Teufels) firmiert. Erst viel später entstand die US-Fernsehserie "Tales from the Crypt", die ab 1989 über die Bildschirme flimmerte.
Amicus ist für seine herrlichen Episoden-Schocker bekannt, der zuverlässige Freddie Francis übernahm die Regie. Was soll da noch aus dem Ruder laufen? Nichts, denn alle fünf Episoden sorgen für feine Unterhaltung, die Rahmenhandlung erfreut ebenso. Schon während des Vorspanns stellen sich bei mir wohlige Gruselschauer ein, genüsslich gleitet die Kamera über einen alten, ehrwürdigen und schaurig-schönen Friedhof. Der "Crypt Keeper" (Ralph Richardson) kommt als menschlische Erscheinung daher, wirkt aber trotzdem unheimlich, irgendwie aber auch sehr knuffig.
Das erste Segment präsentiet uns Joan Collins in einer Rolle, die ihr wie auf den Leib geschneidet zu sein scheint. Nun bin ich wirklich kein Fan der Dame, doch ihr Spiel ist in diesem Fall ohne Fehl und Tadel, sie ist -man mag es kaum glauben- sogar recht hübsch anzusehen. "And All Through The House" versprüht eine tolle Thrillerstimmung, die kitschige Weihnachtsatmosphäre bildet einen vortrefflichen Kontrast zur Greueltat der gierigen Ehefrau. Das Ende ist freilich vorhersehbar, sorgt aber trotzdem (gerade deshalb) für beste Laune. Episode 2 kann nicht ganz mithalten, bietet jedoch mit Ian Hendry einen soliden Hauptdarsteller an. Schwach ist "Reflection of Death" keinesfalls, nur wirft die vorherige Episode einen zu mächtigen Schatten. Aus diesem Schatten tritt "Poetic Justice" souverän hervor. Schauspielerisch ist dieses Segment der Höhepunkt des Films. Schon Robin Phillips kann als Bösewicht überzeugen, doch Peter Cushing setzt mit seinem sympathisch-tragischen Mr. Grimsdyke alle anderen Mitwirkenden Schachmatt. Klar, bei Peter Cushing geht mir immer vor Begeisterung das Herz auf -was sehr gut zu dieser Episode passt, grins- doch Ehre wem Ehre gebührt. Was Cushing hier zum Besten gibt, ist unbestreitbar grosse Schauspielkunst und geht zu Herzen. Der fiese Schlussgag sorgt für Befriedigung, ich wiederhole mich gern: Herrlich, liebenswert, knuffig! Der vierte Abschnitt "Wish You Where Here" packt den Zuschauer eisig im Nacken. Das völlig bizarre Schicksal des unglücklichen Ralph Jason, der von Richard Greene dargestellt wird, wünscht man selbst aufdringlichen Staubsaugervertretern nicht (...oder vielleicht doch...?). Die finale Episode nimmt sich ein wenig mehr Zeit. Sie schleicht sich langsam heran, so wie die blinden Menschen, die von Patrick Magee gegen Nigel Patrick ins Feld geführt werden. Ein packendes Duell, Magee ist großartig, Patrick nimmt man den Ex-Offizier mühelos ab.
Nach dem Ende der letzten Episode, präsentiert der "Crpyt Keeper" seinen Gästen die Rechnung. Die Auflösung ist natürlich keine Überraschung, doch dies ist sowieso zweitrangig. "Tales from the Crypt" will keinen Preis für die kreativsten Twists gewinnen. Der Streifen bietet dem Fan die volle Genußsuhle an, in die man voller Wonne eintauchen kann. Wer die wundervollen Amicus-Episodenfilme mag, ist ebenso beim Knuffel "Tales from the Crypt" bestens aufgehoben.
Leider liegt in Deutschland keine Veröffentlichung des Films vor. Die britische DVD von Final Cut Entertainment schafft Abhilfe, sie punktet mit solider Bildqualität, hat aber leider keinerlei Boni an Bord. Der englische Ton ist gut verständlich, auf jegliche Untertitel wurde verzichtet. Als Alternative bietet sich die US-DVD (RC1) an, die in der MGM-Reihe "Midnite Movies" erschienen ist. Auf dieser Scheibe befindet sich auch der Nachfolger "Vault of Horror". Allerdings liegt "Vault..." nur in einer gekürzten Version vor, was sehr schade ist. Immerhin existiert in Großbritannien eine ungekürzte DVD-Ausgabe von "Vault of Horror", diese kommt jedoch in bescheidener Qualität daher, inklusive dem falschen Format des Bildes. Ich möchte die britische DVD zu "Tales from the Crpyt" nicht missen. Doch es wäre sehr zu begrüßen, wenn sich verdiente Label wie Koch oder Anolis, um eine angemessene und überfällige Auswertung für den deutschen Markt bemühen würden!
Sehr gut = 8/10
Lieblingszitat:
"Who are you?"