The Red Monks - Gianni Martucci (1990)
Verfasst: Mi 26. Jan 2011, 18:01
Originaltitel: I FRATI ROSSI
Herstellungsland: Italien
Erscheinungsjahr: 1990
Regie: Gianni Martucci
Darsteller: Gerardo Amato, Lara Wendel, Malisa Longo, Chuck Valenti, Claudio Pacifico, Mary Maxwell, Gaetano Russo, Ludovico Della Jojo. Luca Intoppa
Ende der 80er findet man im italienischen Genrekino eine Reihe von Filmen, die versuchten, vornehmlich das Horrorkino wieder auf die Beine zu bringen, indem man sich dezidiert auf die eigene Vergangenheit beruft, d.h. sich, was Stil und Stories betrifft, eindeutig bei den Klassikern, v.a. bei Fulci und Argento, bedient, und somit ein Kontrastprogramm entwirft zu dem amerikanischen Markt zugewandten Werken wie bspw. der GHOSTHOUSE-Reihe von Umberto Lenzi. Einige dieser Filme wurden dabei von Regisseuren inszeniert, die zuvor nur wenig auf dem Kerbholz hatten, sozusagen eine jüngere Riege von Filmemachern, denen es dann allerdings durch den Zusammenbruch der italienischen Filmindustrie im Laufe der 90er verwehrt blieb, noch großartige neue Akzente zu setzen, und deren Filmographie dadurch oftmals nur ein einziges Werk verzeichnet, oder gar nur ein halbes wie z.B. bei Claudio Lattanzi. Gianni Martucci indes drehte schon seit Mitte der 70er unregelmäßig Filme, trotzdem gehört sein I FRATI ROSSI ebenfalls zu diesen Regenerationsversuchen des Italo-Horrors, allerdings zu den Vertretern, die einem recht deutlich vor Auge führen, weshalb die Mühe sich schlußendlich nicht wirklich lohnte. I FRATI ROSSI ist jedoch nicht nur typisch für diesen Bereich von Filmen, faktisch kann man ihn auch durchaus als Paradebeispiel dafür bezeichnen, wie man einen Horrorfilm NICHT inszenieren sollte, will man damit Erfolg haben. Angesiedelt im Italien der 30er Jahre in einem Gothic-Setting mit geheimnisvollem Schloss, geheimnisvollen roten Mönchen, die in den Schlosskellern umherstrolchen, geheimnisvollen Legenden, die sich um besagtes Schloss und besagte rote Mönche ranken, hätte I FRATI ROSSI nicht anachronistischer sein können, zudem mit recht offensichtlichen Hitchcock-Anleihen (vornehmlich REBECCA scheint Signore Martucci als Inspiration gedient zu haben), einem übersichtlichen body-count und keiner einzigen nennenswerten Gewaltszene gespickt, sieht man mal von einer tricktechnisch schlecht gemachten Enthauptung ab.
I FRATI ROSSI stellt in meinen Augen eine Flucht in Traumwelten dar, in der die Logik keine Rolle spielt, die erzählte Geschichte keinen nachvollziehbaren Anfangs- und Schlußpunkt haben muss, und man durchaus einfach all das collagenhaft in den Film einfädeln kann, was einem gerade spontan einfällt, eine ziemlich billige Flucht indes, denn das fehlende Budget sieht man dem Werk in jeder Sekunde an, genauso wie das fehlende Tempo wohl jedem Betrachter vor Augen führen wird, dass sich knappe 80 Minuten mit den richtigen Hilfsmitteln durchaus wie 5 Stunden anfühlen können. Tatsächlich ist mir wohl nie ein langatmiger, spannungsarmerer Film als I FRATI ROSSI untergekommen. Selbst Joe D'Amatos Ausflüge in die Dominikanische Republik, ich denke da vor allem an PAPAYA, schaffen es nicht, eine solche, nennen wir sie mal wohlwollend: schlafwandlerische Atmosphäre zu zaubern wie es Martucci hier gelingt. Die Mittel sind dabei leicht durchschaubar. Einerseits scheint das Drehbuch über nicht mehr als drei Seiten verfügt zu haben und zweieinhalb davon bestanden wohl aus drögen Dialogen, andererseits bemüht sich auch die Inszenierung um nicht den geringsten Hauch von Drive, lässt selbst potentielle Schockszenen, von denen es sowieso nur zwei, drei gibt, in einem Gähnen untergehen, bringt die Geschichte kaum von der Stelle und erlaubt der Kamera, sich ständig darin zu verlieren, Personen minutenlang einfach mal quer durchs Schloss zu folgen, ohne dass am Ende eines solchen Spaziergangs irgendetwas wartet, das der Story sonderlich hilfreich wäre, endlich mal auf den Punkt zu kommen. Den nämlich gibt es nicht. Man muss es so offen sagen: die Geschichte von I FRATI ROSSI ergibt keinen Sinn. Sie besitzt, im Gegensatz zu so manchem Fulci, nicht mal eine innere Logik. I FRATI ROSSI ist eine wahllose Aneinanderreihung von Szenen, bei der es nicht auffallen würde, würde man einfach genauso wahllos ihre Reihenfolge vertauschen. Es existiert keine Prämisse, kein roter Faden, keine Motivation der Figuren, die sowieso nur blasse Schemen ohne Psychologie sind. Wenn I FRATI ROSSI überhaupt etwas ist, dann einfach nur eine Stimmung, und zwar die, die man hat, wenn man um vier Uhr morgens nach Hause kommt, sich ins Bett verkriecht und, obwohl man eigentlich noch über den Tag nachdenken wollte, schon nach wenigen Sekunden in Tiefschlaf verfällt.
Das alles ist für den italienischen Horrorfilm freilich nichts Neues, selten jedoch hat ein Film diese trademarks derart auf die Spitze getrieben wie I FRATI ROSSI, nicht mal Werke wie Fulcis DEMONIA oder KILLING BIRDS kann man wirklich als Referenz heranziehen, dafür sind selbst die noch zu sehr auf eine kohärente Geschichte bedacht. Für mich persönlich ist es natürlich klar, weshalb I FRATI ROSSI in Fankreisen wahrscheinlich zumeist und eigentlich auch zurecht mit Schelte versehen wird, dennoch kann ich nicht anders, als ihn dafür zu lieben, dass er zumindest im Bereich der mir bekannten Filmgeschichte eine Ausnahme, eine Potenzierung darstellt, die ihresgleichen sucht. Ob nun intendiert oder nicht, ob Martucci einfach nur einen billigen Film runterkurbeln wollte, um die schnelle Mark zu verdienen, oder ob nun, was ich mal nur fairnesshalber in den Raum werfe, ein ausgeklügeltes Konzept dem Ganzen zugrundelag: I FRATI ROSSI bewegt sich schon ziemlich nahe am künstlerischen Bereich, und wäre er ein Gemälde, würde man wohl nicht zögern, ihn in eine schummrige Galerie zu hängen.