Lärm & Wut - Jean-Claude Brisseau
Moderator: jogiwan
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Lärm & Wut - Jean-Claude Brisseau
Lärm & Wut
(De bruit et de fureur)
mit Bruno Cremer, Francois Negret, Vincent Gasperitsch, Fabienne Babe, Maria Luisa Garcia, Fejria Deliba, Thierry Helene, Sandrine Arnault, Victoire Buff, Francoise Vatel, Albert Montias, Luzien Plazanet, Antonio Garcia, Antoine Fontaine, Luc Ponette
Regie: Jean-Claude Brisseau
Drehbuch: Jean-Claude Brisseau
Kamera: Romain Winding
Musik: Keine Information
FSK 16
Frankreich / 1988
Der 14-jährige Bruno kommt gerade in sein neues Zuhause: eine Wohnung im 15. Stock eines Betonmonsters, das im Pariser Vorort Seine-Saint-Denis in den kalten Himmel ragt. Seine Mutter, die rund um die Uhr arbeiten muss, sieht er nur in Form von kleinen Notizzetteln. Im zehnten Stock die Aufzüge sind kaputt begegnet er dem jungen Jean-Roger, der gerade die Fußmatte seines Nachbarn anzündet. Am nächsten Tag trifft er ihn wieder: sie gehen in dieselbe Klasse. Nachdem die beiden sich anfreunden, lernt Bruno Jean-Rogers Familie kennen: Aggression und Langeweile bestimmen dort den Alltag, während sich der Frust in brutalen Streichen seinen Weg bahnt.
Auf den ersten Blick erscheint "Lärm & Wut" lediglich ein weiterer Film zu sein, der sich dem Thema Jugendkriminalität widmet und dabei nicht unbedingt neue Aspekte aufwirft, die für ein besonderes Interesse beim Zuschauer sorgen könnten. Doch ziemlich schnell muss man feststellen, das dieser aussergewöhnlich gute Film sich doch ziemlich erheblich von den meisten anderen Vertretern abhebt, die eine ähnlich gelagerte Richtung einschlagen. Nicht umsonst löste das Werk von Jean-Claude Brisseau seinerzeit einen kleinen Skandal aus, indem es vollkommen ungeschönt und kompromisslos die Jugendgewalt in Frankreich darstellte. Bedenkt man das der Film mittlerweile über zwanzig Jahre auf dem Buckel hat, dann ist es umso erschreckender, welch hartes Szenario sich einem doch bietet, das in der heutigen Zeit sicherlich fast täglich an verschiedensten Orten auf der Welt passiert. Die hier in den Vordergrund tretende Härte äussert sich dabei nicht zwangsläufig durch explizite Gewaltdarstellungen, sondern vielmehr durch die Situation an sich und die von ihr ausgehende Selbstverständlichkeit, die den Zuschauer phasenweise wirklich schockiert und sprachlos macht.
Im Focus der Geschichte steht der junge Bruno, der nach dem Tod seiner Großmutter zu seiner Mutter zieht, die er allerdings nie zu Gesicht bekommt, da sie den ganzen Tag über arbeiten muss und ihm lediglich Zettel hinterlässt, auf denen immer wieder steht was er zu tun hat. Gleich zu Beginn bekommt man dabei einen sehr tiefen Einblick über die starke Sensibilität des Jungen, der durch die vorhandene Einsamkeit immer wieder Besuch einer weiblichen Fantasiegestalt erhält, die sich ihm phasenweise auch splitternackt darstellt im Endeffekt aber nichts anderes als seinen Wunsch nach Aufmerksamkeit und Zuneigung ausdrückt, der von seiner nie anwesenden Mutter nicht gestillt werden kann. Durch dieses offensichtliche Defizit ist Bruno dann auch sehr empfänglich für jede Form der Anerkennung, die ihm von dem kriminellen Nachbarn Jean-Roger entgegengebracht wird, der gleichzeitig auch sein Klassenkamerad in der Schule ist. Durch diese Bekanntschaft gerät Bruno dann auch in einen Teufelskreis der Jugendgewalt, die allerdings zu keiner Zeit durch ihn selbst ausgeübt wird, vielmehr stellt er den stillen Beobachter dar, der diese Gewalt mit einer erschreckenden Selbstverständlichkeit hinnimmt, als wenn es die normalste Sache auf der Welt wäre. Was dem Zuschauer dann hier geboten wird, erscheint phasenweise so grotesk und skurril, das man in gewissen Passagen einfach nicht anders kann, als in Gelächter auszubrechen. Dabei bieten die Ereignisse im Prinzip keinerlei Grund dazu, geht von ihnen doch eigentlich ein immenses Maß an Härte aus, das einen mit der Wucht eines Keulenschlages in die Eingeweide trifft und zunehmend sprachloser macht.
Dafür zeichnen in erster Linie die Verhältnisse in Jean-Rogers Familie verantwortlich, denn diese lediglich als Asozial zu bezeichnen, wäre wohl die größte Untertreibung aller Zeiten. Beherrscht von einem gnadenlosen Vater werden die Kinder dazu animiert nichts zu tun und sich das Leben so zu gestalten, wie es ihnen gerade gefällt. Den Lebensunterhalt verdient man sich dabei mit Diebstählen und anderen kriminellen Aktivitäten und ein Begriff wie Respekt gilt hier vielmehr als Fremdwort. Was sich in den vier Wänden dieser Familie abspielt, kann man kaum in Worte fassen, sind die Geschenisse doch teilweise so absurd, das es einem die Sprache verschlägt. Das Erschreckende daran ist insbesondere die absolute Selbstverständlichkeit, mit der beispielsweise Schießübungen mit scharfer Munition durchgeführt werden, bis man letztendlich ein so großes Loch in die Wand geschoßen hat, das man in die Nachbarswohnung schauen kann. Auch wenn solche Szenen im ersten Moment eher belustugend erscheinen, drücken sie doch umso mehr die vorherrschende Langeweile und Tristesse des Alltags aus, der hier anscheinend vorherrscht. Tristesse ist dabei genau das richtige Sprichwort, hält diese doch sofort zu Beginn Einzug in diesen aussergewöhnlichen Film, wenn sich dem Zuschauer die riesige und absolut trostlose Betonlandschaft offenbart, die in einer Vorstadt der französischen Hauptstadt Paris angesiedelt ist. Von der ersten Minute an legt sich ein extrem beklemmendes Gefühl über einen selbst, drückt der äusserst hässliche Wohnkomplex doch die totale Hoffnungslosigkeit aus, so das man erst gar keinen Gedanken an eine bessere Zukunft verschwindet. Es entsteht der Eindruck, das jeder der hier wohnt einsam und verlassen ist und sich zudem mit diesem Schicksal abgefunden hat. Und genau das ist die größte Stärke dieses Werkes, denn Jean-Claude Brisseau hat es nahezu brillant verstanden, dem Zuschauer das Gefühl der absoluten Tristesse und Hoffnungslosigkeit zu vermitteln, wodurch die Geschichte erschreckend authentisch und realistisch erscheint.
Verstärkt wird dieser Eindruck durch die wirklich herausragenden Darsteller, wobei insbesondere die Leistungen der jugendlichen Schauspieler ganz besonders hervorgehoben werden müssen, denn ihren fantastischen leistungen ist es in erster Linie zu verdanken, das dieser Film seine ganze Wirkung entfalten kann, die sich wie ein bleierner Mantel über die Schultern des Betrachters legt und diesen dabei förmlich erdrückt. Die ganze Zeit über vermag man nicht, sich dieses Mantels zu entledigen, zu sehr ist man der grausamen Faszination dieser Geschichte erlegen, die einen sehr nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Fassungslos muss man die Brutalität und Eiseskälte der Jugendlichen miterleben, denen das Leben eines Menschen anscheinend überhaupt nichts wert ist, was man vor allen in den letzten Minuten des Filmes erkennen muss. War die Geschichte bis dahin schon extrem heftig, so wird man noch einmal in eine Dimension geführt, die härter und brutaler nicht hätte ausfallen können. Dabei wird dem ganzen noch eine ordentliche Portion Tragik zugeführt, die einen äusserst schalen Beigeschmack hinterlässt, aber gleichzeitig genau der richtige Abschluss für einen Film ist, den man nicht so schnell vergisst. Insgesamt gesehen hat Jean-Claude Brisseau mit "Lärm & Wut" einen Film geschaffen, der sich ganz erheblich von anderen Vertretern mit ähnlicher Thematik abhebt, denn selten hat man eine solch realistisch erscheinende Story gesehen, die nicht nur rein optisch eine Eiseskälte verströmt. Knallhart und absolut kompromisslos wird hier eine Lebenssituation nachgezeichnet, die nachdenklich stimmt und ihre Spuren hinterlässt. Insbesondere durch das herausragende Schauspiel seiner Darsteller vermittelt der Film einen Eindruck, den man lieber in das Reich der Fantasie abtun würde, der aber leider die grausame und schockierende Realität nachzeichnet, von der man in der heutigen zeit oft selbst betroffen ist.
Fazit:
Mit "Lärm & Wut" hat das Independent Label Bildstörung einmal mehr einen ganz großen Wurf gelandet, denn diesen Film kann man ohne Übertreibung als schockierendes aber gleichzeitig sehr realistisches Meisterwerk bezeichnen. Die perfekte Inszenierung von Tristesse und Hoffnungslosigkeit gepaart mit den fantasievollen Sehnsüchten eines einsamen kleinen Jungen ergeben hier einen Gesamteindruck, der kaum besser hätte ausfallen können. Faszinierend und schockierend zugleich präsentiert sich dem Zuschauer eine Geschichte, die an Realismus und Kälte kaum zu überbieten ist und deren große Stärke die herausragenden Schauspieler sind, die dieses Werk zu einem schockierenden Meisterwerk machen. Wer ein wirklich brillantes Jugend-Drama zu schätzen weiss, der kommt keinesfalls an diesem Film vorbei, der auch nachhaltig im Gedächtnis haften bleibt.
Die DVD:
Vertrieb: Bildstörung
Sprache / Ton: Deutsch / Französisch DD 2.0 Mono
Untertitel: Deutsch
Bild: 1:1,33 (4:3 Vollbild)
Laufzeit: 90 Minuten
Extras: - DIE FRENBEDIENUNG IN DER HAND – Jean-Claude Brisseau kommentiert die Schlüsselszenen seines Films (ca. 20 Min.)
- BRISSEAU CINÉASTE – Making-of-Dokumentation von Luc Ponette (ca. 45 Min.)
- DER FALL UND DER FLUG – Interview mit Regisseur Jean-Claude Brisseau (ca. 20 Min.)
- ca. 20-seitiges Booklet
10/10
Big Brother is watching you
- sid.vicious
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Re: Lärm & Wut - Jean-Claude Brisseau
Ich kenne den Film aus dem Fernsehen. Lief einst in der ARD. Vorbestellt habe ich DVD schon vor einiger Zeit, da ich den Film absolut genial fand.
- buxtebrawler
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Re: Lärm & Wut - Jean-Claude Brisseau
Klingt ja ganz hervorragend, ist daher auf meinem virtuellen Einkaufszettel gelandet.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
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Re: Lärm & Wut - Jean-Claude Brisseau
In der Tat: wieder eine verdienstvolle VÖ der Bildstörer. Hier unsere Review.
Leider gibt's im Bonus-Teil der DVD einen ärgerlichen Fehler, der nicht mehr rückgängig zu machen war: Im Interview mit Brisseau laufen die falschen Untertitel. Bildstörung will daher das Interview mit den korrekten Untertiteln online stellen oder zum Download anbieten. Wie genau, steht wohl am Montag fest. Die Links findet ihr dann bei uns. Ich werde sie auch hier posten.
Leider gibt's im Bonus-Teil der DVD einen ärgerlichen Fehler, der nicht mehr rückgängig zu machen war: Im Interview mit Brisseau laufen die falschen Untertitel. Bildstörung will daher das Interview mit den korrekten Untertiteln online stellen oder zum Download anbieten. Wie genau, steht wohl am Montag fest. Die Links findet ihr dann bei uns. Ich werde sie auch hier posten.
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Re: Lärm & Wut - Jean-Claude Brisseau
So, hier ist der Link, den mir Bildstörung heute mitgeteilt hat. Hier ist das Brisseau-Interview in seiner "korrekten" Form zu finden.
- sid.vicious
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Re: Lärm & Wut - Jean-Claude Brisseau
Der 13jährige Bruno lebt mit seiner Mutter in einer Banlieue vor Paris. Bruno sieht seine Mutter sehr selten, da diese meist ihrer Arbeit nachgeht um in naher Zukunft einen Umzug in eine bessere Gegend finanzieren zu können.
In der Schule lernt Bruno, der vereinzelnd in einer Traumwelt lebt, Jean-Roger kennen. Jean-Roger stammt aus schwierigen sozialen Verhältnissen, Niemand achtet auf das was er macht. Als Bruno, der alles andere als dumm ist, Nachhilfestunden der Klassenlehrerin erhält, entwickelt sich bei Jean-Roger, Hass und Eifersucht. Der Beginn eines Dramas.
Es gibt einige Filme die sich mit sozialen Missständen, mit der Verrohung von Jugendlichen auf Grund fehlender Obhut und fehlendem Verständnis auseinandersetzt. Allerdings ist kein Film in seiner Weise so intensiv, wie es bei Lärm und Wut der Fall ist. Bereits 7 Jahre vor Mathieu Kassovitz Le Haine, spiegelte Jean-Claude Brisseau, die dunkelste Seite Frankreichs wieder. Ein Film, der von der Hoffnungslosigkeit, der Leere seiner Hauptdarsteller lebt. Hoffnungslosigkeit, die sich in Aussichtslosigkeit und Gefühlskälte äußert. Brisseau zeigt uns ein Ende, das dem Zuschauer die Sprache nimmt. Man lässt das Dargebotene vor seinen Augen ablaufen und weiß weder Rat noch Hilfe. Der Film zeigt menschliche Abgründe und koppelt diese in einem depressiven Gesamtbild. Er trifft den Zuschauer dort, wo es ihm am meisten weh tut.
Lärm und Wut ist mehr als eine Milieustudie, mehr als die Interpretation von Einsamkeit, Verlorensein und Eifersucht. Lärm und Wut ist brutale Realität. So hart dieses auch klingen mag, der Film spiegelt nichts anders als die grausame Wirklichkeit wieder. Lärm und Wut hinterlässt einen sprachlosen und zugleich faszinierten Zuschauer. Fasziniert von der Art und Weise, wie der Film umgesetzt wurde, sprachlos ob der letzten Minuten, die er authentisch miterlebt hat und erst einmal verarbeiten muss.
10/10
In der Schule lernt Bruno, der vereinzelnd in einer Traumwelt lebt, Jean-Roger kennen. Jean-Roger stammt aus schwierigen sozialen Verhältnissen, Niemand achtet auf das was er macht. Als Bruno, der alles andere als dumm ist, Nachhilfestunden der Klassenlehrerin erhält, entwickelt sich bei Jean-Roger, Hass und Eifersucht. Der Beginn eines Dramas.
Es gibt einige Filme die sich mit sozialen Missständen, mit der Verrohung von Jugendlichen auf Grund fehlender Obhut und fehlendem Verständnis auseinandersetzt. Allerdings ist kein Film in seiner Weise so intensiv, wie es bei Lärm und Wut der Fall ist. Bereits 7 Jahre vor Mathieu Kassovitz Le Haine, spiegelte Jean-Claude Brisseau, die dunkelste Seite Frankreichs wieder. Ein Film, der von der Hoffnungslosigkeit, der Leere seiner Hauptdarsteller lebt. Hoffnungslosigkeit, die sich in Aussichtslosigkeit und Gefühlskälte äußert. Brisseau zeigt uns ein Ende, das dem Zuschauer die Sprache nimmt. Man lässt das Dargebotene vor seinen Augen ablaufen und weiß weder Rat noch Hilfe. Der Film zeigt menschliche Abgründe und koppelt diese in einem depressiven Gesamtbild. Er trifft den Zuschauer dort, wo es ihm am meisten weh tut.
Lärm und Wut ist mehr als eine Milieustudie, mehr als die Interpretation von Einsamkeit, Verlorensein und Eifersucht. Lärm und Wut ist brutale Realität. So hart dieses auch klingen mag, der Film spiegelt nichts anders als die grausame Wirklichkeit wieder. Lärm und Wut hinterlässt einen sprachlosen und zugleich faszinierten Zuschauer. Fasziniert von der Art und Weise, wie der Film umgesetzt wurde, sprachlos ob der letzten Minuten, die er authentisch miterlebt hat und erst einmal verarbeiten muss.
10/10
- buxtebrawler
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Re: Lärm & Wut - Jean-Claude Brisseau
„Lärm & Wut“ des französischen Autors und Regisseurs Jean-Claude Brisseau aus dem Jahre 1988 ist eine eigenwillige Mischung aus Milieustudie, Sozialdrama und „Coming of age“-Streifen. Angesiedelt in einer französischen Vorstadt – in Frankreich Orte sozialer Brennpunkte – erzählt Brisseau die Geschichte des 13- oder 14-jährigen Bruno, der, gerade zugezogen, nie seine Eltern sieht, aber dafür seinen Nachbarn und Mitschüler Jean-Roger kennenlernt, einen ausgemachten Rabauken und Unruhestifter, sowie dessen Familie.
Soziale Isolation, emotionale Vereinsamung, das Fehlen von elterlicher Geborgenheit, anerkannten Autoritäten bzw. schlicht das Aufwachsen im Ghetto, auf sich allein gestellt, sind die Themen dieses hochinteressanten Films. „Lärm & Wut“ zeichnet die Verrohung, die Gewalt, die Desillusionierung, aber auch die Sehnsüchte und Hoffnungen der Bewohner der Betonwüsten nach und setzt den sensiblen, intelligenten Bruno in Kontrast zum soziopathischen Jean-Roger, einer tickenden Zeitbombe aus wahrlich antisozialen Verhältnissen. Beide freunden sich miteinander an, wobei von vornherein klar ist, dass es sich mehr um eine Zweckbeziehung als alles andere handelt: Bruno sucht in seiner Einsamkeit Kontakt und Anschluss, Jean-Roger hingegen eigentlich die Anerkennung seines Vaters und nimmt solange Vorlieb mit Bruno, von dem er glaubt, dass er zu ihm heraufblicken würde.
Bei all dem bedient sich Brisseau aber keineswegs eines dokumentatisch-nüchternen Stils, obgleich er auch zu keinem Zeitpunkt die Moralkeule schwingt oder von oben herab gefilmtes, pädagogisches Kino im Sinn hatte. Nein, Brisseau verfremdet die unwirtliche Realität und arbeitet mit Übertreibungen, aus denen häufig ein spezieller Humor entsteht, ausdrucksstarken Bildern, die abseits von Ghettoromantik Hoffnungsschimmer zulassen sowie surrealen Traumsequenzen Brunos, die, in blaues Licht getaucht, aus seinem symbolschwangeren Zeisig einen kräftigen Falken machen und ihm eine nackte Schönheit erscheinen lassen, die ihn zu verführen scheint, deren Rolle aber nicht näher erläutert wird.
Eine Schlüsselrolle wird dabei Jean-Rogers Vater Marcel zuteil, großartig verkörpert von Bruno Cremer, der zunächst als verabscheuungswürdiger Inbegriff des asozialen Gewalttäters erscheint, wie sich später herausstellen soll sich aber nach seinen Kriegserfahrungen bewusst für ein sozialdarwinistisch angehauchtes Leben am Existenzminimum entschieden und für System und Gesellschaft nur noch Verachtung übrig hat. Gerade in Zusammenhang mit diesem Charakter kommt es zu vielen gleichsam bizarren wie amüsanten Szenen, die nicht zuletzt dank Cremers Bildschirmdominanz sehr erinnerungswürdig ausfielen. Generell erlaubt „Lärm & Wut“ bei aller Abnormität stets den Zugang zu seinen Charakteren, auf Schwarzweißmalerei wird angenehmerweise verzichtet. Das hat zur Folge, dass der Zuschauer während der Eskalationen dieselbe Ohnmacht verspürt, die den gesamten Film durchzieht und auch keine Antwort beispielsweise auf die Frage parat hat, was man mit einem vollkommen perspektivlosen Jugendlichen Jean-Roger anfangen solle, der überhaupt keinen Sinn mehr darin sieht, dem Unterricht zu folgen oder seine Lehrerin als Autoritätsperson zu respektieren.
Jene Lehrerin, eine bildhübsche, junge Frau, die wie aus einer Pubertätsphantasie entsprungen scheint, freundet sich schließlich mit Bruno an, woraufhin es zum Eklat zwischen Bruno und Jean-Roger kommt, der in einem bitteren Finale sein Ende findet.
Brisseau packte ein verdammt heißes Eisen an, sorgte folgerichtig für einen Skandal und dürfte beispielsweise einen Mathieu Kassovitz maßgeblich für dessen Meisterwerk „Hass“ aus dem Jahre 1995 beeinflusst haben. Dass das Thema nach wie vor und im wahrsten Sinne des Wortes brandaktuell ist, haben nicht zuletzt die schweren Auseinandersetzungen zwischen meist jugendlichen Bewohnern jenes Milieus und der französischen Staatsmacht gezeigt, die das Land Mitte des vergangenen Jahrzehnts erschütterten. Ein Thema, für das Brisseau keine sozialen oder gar politisch.ideologischen Lösungsmöglichkeiten aufzeigt, sondern das er mithilfe ambitionierter Jung- und Charakterdarsteller ins Bewusstsein rückte und damit einerseits einen wichtigen gesellschaftlichen Diskussionsbeitrag lieferte sowie andererseits seine eigenen Erfahrungen und Beobachtungen künstlerisch verarbeitete – zum Genuss des Freundes des anspruchsvolleren, aber nicht verkopften, eigenständigen europäischen Kinos.
Soziale Isolation, emotionale Vereinsamung, das Fehlen von elterlicher Geborgenheit, anerkannten Autoritäten bzw. schlicht das Aufwachsen im Ghetto, auf sich allein gestellt, sind die Themen dieses hochinteressanten Films. „Lärm & Wut“ zeichnet die Verrohung, die Gewalt, die Desillusionierung, aber auch die Sehnsüchte und Hoffnungen der Bewohner der Betonwüsten nach und setzt den sensiblen, intelligenten Bruno in Kontrast zum soziopathischen Jean-Roger, einer tickenden Zeitbombe aus wahrlich antisozialen Verhältnissen. Beide freunden sich miteinander an, wobei von vornherein klar ist, dass es sich mehr um eine Zweckbeziehung als alles andere handelt: Bruno sucht in seiner Einsamkeit Kontakt und Anschluss, Jean-Roger hingegen eigentlich die Anerkennung seines Vaters und nimmt solange Vorlieb mit Bruno, von dem er glaubt, dass er zu ihm heraufblicken würde.
Bei all dem bedient sich Brisseau aber keineswegs eines dokumentatisch-nüchternen Stils, obgleich er auch zu keinem Zeitpunkt die Moralkeule schwingt oder von oben herab gefilmtes, pädagogisches Kino im Sinn hatte. Nein, Brisseau verfremdet die unwirtliche Realität und arbeitet mit Übertreibungen, aus denen häufig ein spezieller Humor entsteht, ausdrucksstarken Bildern, die abseits von Ghettoromantik Hoffnungsschimmer zulassen sowie surrealen Traumsequenzen Brunos, die, in blaues Licht getaucht, aus seinem symbolschwangeren Zeisig einen kräftigen Falken machen und ihm eine nackte Schönheit erscheinen lassen, die ihn zu verführen scheint, deren Rolle aber nicht näher erläutert wird.
Eine Schlüsselrolle wird dabei Jean-Rogers Vater Marcel zuteil, großartig verkörpert von Bruno Cremer, der zunächst als verabscheuungswürdiger Inbegriff des asozialen Gewalttäters erscheint, wie sich später herausstellen soll sich aber nach seinen Kriegserfahrungen bewusst für ein sozialdarwinistisch angehauchtes Leben am Existenzminimum entschieden und für System und Gesellschaft nur noch Verachtung übrig hat. Gerade in Zusammenhang mit diesem Charakter kommt es zu vielen gleichsam bizarren wie amüsanten Szenen, die nicht zuletzt dank Cremers Bildschirmdominanz sehr erinnerungswürdig ausfielen. Generell erlaubt „Lärm & Wut“ bei aller Abnormität stets den Zugang zu seinen Charakteren, auf Schwarzweißmalerei wird angenehmerweise verzichtet. Das hat zur Folge, dass der Zuschauer während der Eskalationen dieselbe Ohnmacht verspürt, die den gesamten Film durchzieht und auch keine Antwort beispielsweise auf die Frage parat hat, was man mit einem vollkommen perspektivlosen Jugendlichen Jean-Roger anfangen solle, der überhaupt keinen Sinn mehr darin sieht, dem Unterricht zu folgen oder seine Lehrerin als Autoritätsperson zu respektieren.
Jene Lehrerin, eine bildhübsche, junge Frau, die wie aus einer Pubertätsphantasie entsprungen scheint, freundet sich schließlich mit Bruno an, woraufhin es zum Eklat zwischen Bruno und Jean-Roger kommt, der in einem bitteren Finale sein Ende findet.
Brisseau packte ein verdammt heißes Eisen an, sorgte folgerichtig für einen Skandal und dürfte beispielsweise einen Mathieu Kassovitz maßgeblich für dessen Meisterwerk „Hass“ aus dem Jahre 1995 beeinflusst haben. Dass das Thema nach wie vor und im wahrsten Sinne des Wortes brandaktuell ist, haben nicht zuletzt die schweren Auseinandersetzungen zwischen meist jugendlichen Bewohnern jenes Milieus und der französischen Staatsmacht gezeigt, die das Land Mitte des vergangenen Jahrzehnts erschütterten. Ein Thema, für das Brisseau keine sozialen oder gar politisch.ideologischen Lösungsmöglichkeiten aufzeigt, sondern das er mithilfe ambitionierter Jung- und Charakterdarsteller ins Bewusstsein rückte und damit einerseits einen wichtigen gesellschaftlichen Diskussionsbeitrag lieferte sowie andererseits seine eigenen Erfahrungen und Beobachtungen künstlerisch verarbeitete – zum Genuss des Freundes des anspruchsvolleren, aber nicht verkopften, eigenständigen europäischen Kinos.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Lärm & Wut - Jean-Claude Brisseau
Hier meine ursprünglich fürs Screenshot-Quiz angefertigten Screenshots der Bildstörung-DVD:
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Lärm & Wut - Jean-Claude Brisseau
warum steht denn nur bei den Bildern mit nackter Frauenhaut wie oft sie schon betrachtet wurden
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
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Re: Lärm & Wut - Jean-Claude Brisseau
der Ugo, der Ugopurgatorio hat geschrieben:warum steht denn nur bei den Bildern mit nackter Frauenhaut wie oft sie schon betrachtet wurden