Cover der mir vorliegenden kleinen Hartbox von Simple Movie, die DVD wurde mit mindestens fünf unterschiedlichen Covermotiven veröffentlicht.
Der Teufel mit den 7 Gesichtern (Italien 1971, Originaltitel: Il diavolo a sette facce)
Das Diamantenluder
Julie Harrison (Carroll Baker) bittet den Rechtsanwalt Dave Barton (Stephen Boyd) um Hilfe, die junge Frau fühlt sich verfolgt und bedroht. Zufällig ist gerade Daves alter Freund Tony Shane (George Hilton) anwesend, er kann Julie umgehend aus einer brenzligen Situation retten. Tony findet fühlt sich zu der attraktiven Julie hingezogen, er möchte ihr gegen die unbekannten Belästiger zur Seite stehen. Obwohl der smarte Bursche ein mutiger Draufgänger ist, muss auch er bald einsehen, dass offensichtlich verdammt üble Burschen an seiner neuen Bekanntschaft interessiert sind. In Julies Haus vor den Toren der Stadt, entgehen Julie und Tony nur knapp einer lebensgefährlichen Situation , bei der ein Polizist von den hektisch flüchtenden Gaunern erschossen wird. Inspector Rinker (Franco Ressel) hat eine harte Nuß zu knacken, denn weder Julie noch ihr Rechtsbeistand Dave erweisen sich als besonders auskunftsfreudig, die Anwesenheit von Tony verschweigt man dem Kriminalbeamten. Wenig später taucht ein Bursche namens Steve Hunter (Luciano Pigozzi) bei Barton auf, Hunter stellt sich als Mitarbeiter einer Versicherungsgesellschaft vor. Julie hat eine Zwillingsschwester Mary, die einem schwerreichen Araber, einen rund eine Million US-Dollar wertvollen Diamanten entwendet haben soll. Nun hält man Julie für ihre flüchtige Schwester, die Lage spitzt sich mehr und mehr zu...
"Die Diamantenlady" aka "Der Teufel mit den 7 Gesichtern" wird gern dem Giallo zugeordnet. Kein Wunder, schliesslich handelt es sich bei dem Flick, um einen italienischen Krimi aus den frühen siebziger Jahren. Doch nicht jeder Italo-Krimi passt in diese (von mir sehr verehrte) Schublade. "Die Diamantenlady" kann kaum "gialloeske" Elemente vorweisen, daher möchte ich den Streifen einfach nur als Kriminalfilm bezeichen. Dies muss kein Hemmschuh sein, der einem gepflegten Filmabend entgegensteht, denn auch "normale" Krimis und Thriller haben bei mir stets Kredit. Leider versinkt dieser Film überwiegend im Mittelmaß, trotz seiner Herkunft, trotz seiner guten Besetzung, trotz der guten Kameraarbeit, trotz der schönen Musik von Stelvio Cipriani.
Regisseur Osvaldo Civirani gelingt es leider nicht, dem Film packende Spannung und/oder prickelnde Atmosphäre einzuhauchen. Die Handlung plätschert brav vor sich hin, der Plot ist viel zu leicht durchschaubar. Immerhin hat die Auflösung einen kleinen Gag im Gepäck, doch aus dem Sumpf der Mittelprächtigkeit rettet das den Streifen leider nicht. Dabei sind die Voraussetzungen nahezu ideal, doch es mangelt an allen Ecken und Enden an Gespür für die entscheidenden Feinheiten. Richtig hochklassig wird es für wenige Minuten, wenn sich Carroll Baker in einer alten Mühle gegen diverse Häscher und Mordbuben zur Wehr setzen muss. Diese Szenen sind sehr ansprechend, endlich wird der Zuschauer gepackt und mitgerissen. Leider kommt diese frische Brise viel zu spät in Gang, flaut schnell wieder ab, kurz darauf ist sowieso Sense. Verdammt, was hätte man aus dem Stoff rausholen können! Doch werfen wir einen kurzen Blick auf die Besetzung, bevor ich einen Herzklappenabriss erleide...
Carroll Baker steht die Hauptrolle gut zu Gesicht, ich halte sie allerdings nicht für die Idealbesetzung. Eine Frau mit mehr Präsenz, einer ruchloseren Ausstrahlung würde für mehr Freude sorgen. Hey, wo waren Rosalba Neri oder Barbara Bouchet? Ich will nicht unfair sein, insgesamt kann man Baker eine solide Leistung bescheinigen. Es liegt ganz sicher nicht an ihr, dass die Sause nicht wie ein guter Single Malt mit einem langen, angenehmen Nachklang auftrumpfen kann. George Hilton kommt als Sunnyboy, Lebemann und Aufreisser vom Dienst daher. Der gute George darf nebenei den schnittigen Rennfahrer raushängen lassen, was Erinnerungen an Civiranis "Todespiste Le Mans" (Le Mans scorciatoia per l'inferno, 1970) weckt (Nein, Hilton war dort nicht mit von der Partie). Wer George Hilton mag, immerhin war der Mann damals einer der Topstars des italienischen Genrekinos, kann den sympathischen Herrn in brauchbarer Spiellaune erleben. Stephen Boyd bleibt als Anwalt ein wenig unscheinbar, allzu viel Substanz bietet sein Part sowieso nicht (Ein weiterer Schwachpunkt des Drehbuchs). Kantiger und eindrucksvoller sind die Auftritte der Herren Pigozzi und Ressel geraten, die man in etlichen Italofilmen erleben kann. Luciano Pigozzi darf mal wieder herrlich fies und bösartig sein, er bringt immerhin ein wenig Dynamik in den Film. Der heimliche Star ist für mich jedoch Franco Ressel, dessen süffisante Darstellung des leitenden Ermittlers wirklich köstlich ist. Da ist es mehr als gerecht und angemessen, wenn Ressel das finale Schenkelklopferchen auf seinem Konto verbuchen darf. Erwähnenswert scheint mir ferner der Auftritt von Lucretia Love. Sie präsentiert bizarre Frisuren/Perücken, mit denen sie den kaum minder absurden Schädelschändern der Hauptdame Carroll Baker ernsthafte Konkurrenz macht.
"Die Diamantenlady" ist ein Film, der bei mir offene Scheunentore einrennt. Hallo, ein Italokrimi aus den siebziger Jahren! Also ein Streifen aus meinem "Herz-Filmland", produziert in meinem Lieblingsjahrzent! Was bitte soll da noch schiefgehen? Tja, ab und an gerät selbst in meinen unbändigen Willen zur Zuneigung, ein Schäufelchen Sand ins Getriebe der Herzlichkeit. Schade, da orgelt Hilton über die Piste, geifert Pigozzi eklig wie (fast) immer, erfreut Ressel meine Gesichtsmuskulatur, stechen mir gar schröcklich-schöne Frisuren und Klamotten ins Auge... Doch Herr Civirani kocht nur ein eher fades Süppchen aus diesen vorzüglichen Zutaten. Schade, schade, schade...
Simple Movie hat das Werk unter dem Titel "Der Teufel mit den 7 Gesichtern" veröffentlicht. Wie üblich kommen die DVDs in Hartboxen daher, es wurden gefühlte 1000 unterschiedliche Cover auf den Markt geworfen. Das Bild geht es brauchbar durch, hat aber mit einigen Schwächen zu kämpfen. Man könnte zu der Vermutung kommen, hier hat ein Tape als Vorlage seinen Dienst getan. Es gibt eine kleine Bonussektion, insgesamt kann man recht gut mit der Scheibe leben.
Mehr als 5,5/10 kann ich mir nicht abringen, schon wegen der starken Verwandtschaft aus dieser wundervollen Zeit. Für Fans und Sammler sicher einen Blick wert, ich möchte nicht auf den Film verzichten, doch für Einsteiger und Gelegenheitsglotzer uninteressant.
Lieblingszitat:
"Nehmen Sie Zucker?"
"Zwei Zentner!"