Die schöne Pat und der supergeile Liliput - A. Cavallone
Verfasst: Di 8. Mär 2011, 20:19
Originaltitel: PAT UNA DONNA PARTICOLARE
Herstellungsland: Italien 1980
Regie: Alberto Cavallone
Darsteller: Mika Barthel, Franco Coltorti, Alessandro Eusebi, Sabrina Mastrolorenzi, Dominique Saint Claire, Petit Loup
In meiner Kurzbesprechung zu IL NANO EROTICO hatte ich ja schon den Verdacht geäußert, dass es Cavallone in den beiden Hardcore-Filmen, die er Anfang der 80er unter dem Pseudonym Baron Corvo inszenierte, offenbar wenig darum ging, die Wünsche seiner Produzenten zu erfüllen und tatsächlich stringente Erotikfilmchen zu fabrizieren, sondern konkret in IL NANO EROTICO durchaus auch einen subversiven Ansatz erkennen ließ, der den Film nicht nur permanent scheinbar bewusst ins Lächerliche zog, sondern auch darauf aus war, dem Porno-Video-Publikum einen ironischen Spiegel vorzuhalten. In PAT UNA DONNA PARTICOLARE, augenscheinlich back-to-back mit IL NANO EROTICO gedreht, zum größten Teil mit den gleichen Darstellern und in denselben Kulissen, kommt man noch leichter zu dieser Meinung. Von Anfang an macht Cavallone klar, dass niemand hier einen gewöhnlichen, belanglosen Hardcore-Streifen erwarten sollte. Bittere Galle spuckend drehte er vielmehr eins der (im Gegensatz zu IL NANO EROTICO im positiven Sinne) bizarrsten Werke seiner Karriere. Wer die kurzen Szenen in seinem zweiten Spielfilm DAL NOSTRO INVIATO A COPENAGHEN kennt, in denen er Seitenhiebe auf das Porno-Business austeilt, kann, meiner Meinung nach, gar nicht umhin kommen, PAT UNA DONNA PARTICOLARE als nahezu geniale, doppelbödige Kritik zu verstehen, die mit exakt den Mitteln operiert, die sie anprangert und über die sie sich lustig macht.
Die Story allein potenziert das, was schon in IL NANO EROTICO anklang, ins Unsagbare: Im Mittelpunkt des Films steht ein Triumvirat aus drei verwerflichen Gestalten, von ihren perversen Neigungen zusammengeschweißt in einer opulenten Villa hausend und ihre Zeit damit verbringend, junge Mädchen per Zeitungsinseraten zu ködern, in denen sie vorgeben, nach aufstrebenden Schauspielerinnen zu suchen, mit denen sie ein paar Privatfilmchen zu drehen beabsichtigen, diese dann auf ihr Anwesen einladen, dort tatsächlich in zumeist unbeschreiblichen (Porno)-Szenen vor die Kamera stellen und anschließend, immer noch vor laufender Kamera, ermorden, um das Ganze schließlich als snuff movies verkaufen zu können. Frank ist ein typischer italienscher Pornodarsteller mit Schnauzer, die im Titel erwähnte schöne Pat ein etwas einfältiger Transsexueller, und der supergeile Liliput namens Peeping wird von niemand anders verkörpert als von Petit Loup, dem dildo-fixierten Zwerg aus IL NANO EROTICO. Auch Dominique St. Clair ist wieder mit von der Partie, und entkommt erneut knapp ihrer Ermordung, hier durch die Hilfe von Frank, der des Tötens irgendwann überdrüssig wird, und das Mädchen in einem nahen Schuppen versteckt, von wo sie jedoch alsbald die Flucht ergreift, da sie an den lauteren Absichten des Manns zweifelt und die Polizei auf den Plan ruft...
Dass PAT UNA DONNA PARTICOLARE mehr mit einem Trip zu tun hat als mit einem herkömmlichen 80er Porno, beweise ich am besten damit, dass ich eine der unfassbarsten Szenen etwas eingehender beschreibe: Zu Griegs Morgenstimmung tanzt eine nackte Dame im Park der Villa. Umschwirrt wird sie von Petit Loup, sein Gesicht unter einer Werwolfsmaske versteckt und eine Flöte im Mund führend, auf der er angeblich besagtes Orchesterstück spielt, obwohl in jeder Sekunde klar ist, dass die zu hörende Musik nie und nimmer mit seinen Fingerbewegungen übereinstimmen kann. Mehrere Minuten zieht die Szenen sich friedvoll, nahezu pastoral hin bis die Dame einen Tisch besteigt, auf dem ein Vibrator sie erwartet. Sie lässt sich penetrieren und es sich besorgen, während der Zwerg noch immer tanzt und flötet. Plötzlich aber verzerrt sich ihr Gesicht. Ein Schnitt macht klar, dass der Vibrator offenbar mit einem Starkstromaggregator verbunden ist, den wiederum Frank bedient, und damit dafür sorgt, dass die Gute spuckend und röchelnd in sich zusammenbricht. Grieg geht nahtlos in einen typischen 80er-Italo-Horror-Synthie-Score über, der Zweg entledigt sich seiner Maske und freut sich, worauf Frank, der das Ganze mitfilmte, mit leicht mißmutigem Gesicht die Tote in einer Schubkarre fortschafft.
Ich komme nicht umhin, dem Film zu attestieren, dass er wirklich Spaß macht. Im Gegensatz zu IL NANO EROTICO, der homogener sein mag und linearer erzählt wird, ist PAT UNA DONNA PARTICOLARE wesentlich fragmentarischer, zerrissener, psychedelischer. Ein exzellenter Soundtrack, der einem alles bietet von Strauß-Walzern über dezente Klaviermusik bis hin zu wirren Psychedelic-Electro-Progressive-Rock-Ethno-Klängen, und der so gut wie nie zu den Szenen passt, die er untermalt, wilde Traumsequenzen, in denen sich der Zwerg als Zauberer imaginiert, ein Finale, das einen guten schlechten Scherz darstellt, wenn die Polizisten, die den Zwerg und Frank abführen, wohl aus Budgetgründen zu keiner Sekunde im Bild zu sehen sind, runden das Spektakel ab. Für mich gibt es außerdem noch zwei besondere Höhepunkte. Zum einen wären da die Film-im-Film-Szenen. Gleich zu Beginn drehen unsre drei Helden offenbar ein Orientabenteuer mit Jodorowsky-Zitaten, einsam in italienischer Pampa stehenden Palmen und Karnevals-Scheichkostümen. Später wird es noch abstruser. Was auch immer Cavallone sich dabei gedacht haben mag, die drei Unholde einen Vampir-Horrorfilm drehen zu lassen, in dem sich Frank an dem Menstruationsblut eines seiner weiblichen Opfer labt, der allerdings ständig in einen parodistischen Werbespot für Uhren umschlägt, das Ergebnis hat mich mehr als begeistert. Das zweite auffällige und beklatschenswerte Merkmal ist, dass Cavallone hier noch viel deutlicher als bei IL NANO EROTICO auf das Medium Film selbst verweist. Ständig laufen Peeping, Frank oder Pat mit ihren Handkameras umher, als seien das ihre verlängerten Phalli, andauernd treibt Cavallone sein Spiel mit Fiktion und Wirklichkeit. Ich dachte nicht, dass das möglich wäre, aber nach PAT UNA DONNA PARTICOLARE liebe ich den viel zu früh verstorbenen, viel zu unbeachteten Italienier wohl noch mehr als zuvor...
Herstellungsland: Italien 1980
Regie: Alberto Cavallone
Darsteller: Mika Barthel, Franco Coltorti, Alessandro Eusebi, Sabrina Mastrolorenzi, Dominique Saint Claire, Petit Loup
In meiner Kurzbesprechung zu IL NANO EROTICO hatte ich ja schon den Verdacht geäußert, dass es Cavallone in den beiden Hardcore-Filmen, die er Anfang der 80er unter dem Pseudonym Baron Corvo inszenierte, offenbar wenig darum ging, die Wünsche seiner Produzenten zu erfüllen und tatsächlich stringente Erotikfilmchen zu fabrizieren, sondern konkret in IL NANO EROTICO durchaus auch einen subversiven Ansatz erkennen ließ, der den Film nicht nur permanent scheinbar bewusst ins Lächerliche zog, sondern auch darauf aus war, dem Porno-Video-Publikum einen ironischen Spiegel vorzuhalten. In PAT UNA DONNA PARTICOLARE, augenscheinlich back-to-back mit IL NANO EROTICO gedreht, zum größten Teil mit den gleichen Darstellern und in denselben Kulissen, kommt man noch leichter zu dieser Meinung. Von Anfang an macht Cavallone klar, dass niemand hier einen gewöhnlichen, belanglosen Hardcore-Streifen erwarten sollte. Bittere Galle spuckend drehte er vielmehr eins der (im Gegensatz zu IL NANO EROTICO im positiven Sinne) bizarrsten Werke seiner Karriere. Wer die kurzen Szenen in seinem zweiten Spielfilm DAL NOSTRO INVIATO A COPENAGHEN kennt, in denen er Seitenhiebe auf das Porno-Business austeilt, kann, meiner Meinung nach, gar nicht umhin kommen, PAT UNA DONNA PARTICOLARE als nahezu geniale, doppelbödige Kritik zu verstehen, die mit exakt den Mitteln operiert, die sie anprangert und über die sie sich lustig macht.
Die Story allein potenziert das, was schon in IL NANO EROTICO anklang, ins Unsagbare: Im Mittelpunkt des Films steht ein Triumvirat aus drei verwerflichen Gestalten, von ihren perversen Neigungen zusammengeschweißt in einer opulenten Villa hausend und ihre Zeit damit verbringend, junge Mädchen per Zeitungsinseraten zu ködern, in denen sie vorgeben, nach aufstrebenden Schauspielerinnen zu suchen, mit denen sie ein paar Privatfilmchen zu drehen beabsichtigen, diese dann auf ihr Anwesen einladen, dort tatsächlich in zumeist unbeschreiblichen (Porno)-Szenen vor die Kamera stellen und anschließend, immer noch vor laufender Kamera, ermorden, um das Ganze schließlich als snuff movies verkaufen zu können. Frank ist ein typischer italienscher Pornodarsteller mit Schnauzer, die im Titel erwähnte schöne Pat ein etwas einfältiger Transsexueller, und der supergeile Liliput namens Peeping wird von niemand anders verkörpert als von Petit Loup, dem dildo-fixierten Zwerg aus IL NANO EROTICO. Auch Dominique St. Clair ist wieder mit von der Partie, und entkommt erneut knapp ihrer Ermordung, hier durch die Hilfe von Frank, der des Tötens irgendwann überdrüssig wird, und das Mädchen in einem nahen Schuppen versteckt, von wo sie jedoch alsbald die Flucht ergreift, da sie an den lauteren Absichten des Manns zweifelt und die Polizei auf den Plan ruft...
Dass PAT UNA DONNA PARTICOLARE mehr mit einem Trip zu tun hat als mit einem herkömmlichen 80er Porno, beweise ich am besten damit, dass ich eine der unfassbarsten Szenen etwas eingehender beschreibe: Zu Griegs Morgenstimmung tanzt eine nackte Dame im Park der Villa. Umschwirrt wird sie von Petit Loup, sein Gesicht unter einer Werwolfsmaske versteckt und eine Flöte im Mund führend, auf der er angeblich besagtes Orchesterstück spielt, obwohl in jeder Sekunde klar ist, dass die zu hörende Musik nie und nimmer mit seinen Fingerbewegungen übereinstimmen kann. Mehrere Minuten zieht die Szenen sich friedvoll, nahezu pastoral hin bis die Dame einen Tisch besteigt, auf dem ein Vibrator sie erwartet. Sie lässt sich penetrieren und es sich besorgen, während der Zwerg noch immer tanzt und flötet. Plötzlich aber verzerrt sich ihr Gesicht. Ein Schnitt macht klar, dass der Vibrator offenbar mit einem Starkstromaggregator verbunden ist, den wiederum Frank bedient, und damit dafür sorgt, dass die Gute spuckend und röchelnd in sich zusammenbricht. Grieg geht nahtlos in einen typischen 80er-Italo-Horror-Synthie-Score über, der Zweg entledigt sich seiner Maske und freut sich, worauf Frank, der das Ganze mitfilmte, mit leicht mißmutigem Gesicht die Tote in einer Schubkarre fortschafft.
Ich komme nicht umhin, dem Film zu attestieren, dass er wirklich Spaß macht. Im Gegensatz zu IL NANO EROTICO, der homogener sein mag und linearer erzählt wird, ist PAT UNA DONNA PARTICOLARE wesentlich fragmentarischer, zerrissener, psychedelischer. Ein exzellenter Soundtrack, der einem alles bietet von Strauß-Walzern über dezente Klaviermusik bis hin zu wirren Psychedelic-Electro-Progressive-Rock-Ethno-Klängen, und der so gut wie nie zu den Szenen passt, die er untermalt, wilde Traumsequenzen, in denen sich der Zwerg als Zauberer imaginiert, ein Finale, das einen guten schlechten Scherz darstellt, wenn die Polizisten, die den Zwerg und Frank abführen, wohl aus Budgetgründen zu keiner Sekunde im Bild zu sehen sind, runden das Spektakel ab. Für mich gibt es außerdem noch zwei besondere Höhepunkte. Zum einen wären da die Film-im-Film-Szenen. Gleich zu Beginn drehen unsre drei Helden offenbar ein Orientabenteuer mit Jodorowsky-Zitaten, einsam in italienischer Pampa stehenden Palmen und Karnevals-Scheichkostümen. Später wird es noch abstruser. Was auch immer Cavallone sich dabei gedacht haben mag, die drei Unholde einen Vampir-Horrorfilm drehen zu lassen, in dem sich Frank an dem Menstruationsblut eines seiner weiblichen Opfer labt, der allerdings ständig in einen parodistischen Werbespot für Uhren umschlägt, das Ergebnis hat mich mehr als begeistert. Das zweite auffällige und beklatschenswerte Merkmal ist, dass Cavallone hier noch viel deutlicher als bei IL NANO EROTICO auf das Medium Film selbst verweist. Ständig laufen Peeping, Frank oder Pat mit ihren Handkameras umher, als seien das ihre verlängerten Phalli, andauernd treibt Cavallone sein Spiel mit Fiktion und Wirklichkeit. Ich dachte nicht, dass das möglich wäre, aber nach PAT UNA DONNA PARTICOLARE liebe ich den viel zu früh verstorbenen, viel zu unbeachteten Italienier wohl noch mehr als zuvor...