Die ursprünglich aus Argentinien stammende Krankenschwester Manuela (Cecilia Roth) arbeitet in einer Klinik für Transplantationen und lebt mit ihrem sechzehnjährigen Sohn Esteban (Eloy Azorin) in Madrid. Dieser ist angehender Schriftsteller, führt immer ein Tagebuch mit sich und liebt es über seine Mutter und ihre schauspielerischen Fähigkeiten zu schreiben, die diese immer wieder in internen Fortbildungskursen zur Schau stellt. Obwohl sich Esteban auch zunehmend für seinen Erzeuger interessiert, reagiert Manuela auf diesbezügliche Fragen abweisend und hat auch alle sonstigen Hinweise an ihren Ex-Mann aus ihrem Leben verbannt.
Als Manuela an Estebans Geburtstag mit ihrem Sohn eine Theatervorstellung von Huma Rojo (Marisa Paredes) besucht und sich durch das Stück an ihre eigene Vergangenheit erinnert fühlt, ringt ihr Esteban das Versprechen ab, endlich etwas über seinen Vater zu erzählen. Doch soweit kommt nicht mehr, da Esteban bei dem Versuch von Huma ein Autogramm zu bekommen im strömenden Regen von einem herannahenden Auto erfasst wird und wenig später seinen schweren Verletzungen erliegt.
Manuela ist am Boden zerstört, von Trauer zerfressen und und erfährt im Tagebuch ihres Sohnes, wie sehr sich dieser gewünscht hätte, seinen Vater kennenzulernen. Um den Wunsch ihres Sohnes zu erfüllen, verlässt sie Madrid um sich in Barcelona an die Fersen ihres Ex-Mannes zu machen. Doch dieser nennt sich mittlerweile Lola, hat sich Brüste machen lassen und die Suche nach Lola führt Manuela geradewegs auf den Straßenstrich, wo diese auf die ebenfalls operierten Agrado (Antonia San Juan) trifft, die so wie Manuela ebenfalls aus Argentinien stammt.
Von Agrado erfährt Manuela, dass Lola ihr die Wohnung ausgeräumt hat und da beide keine Arbeit haben, suchen sie Hilfe bei der Nonne Rosa (Penelope Cruz), die abends am Strich den Prostituierten hilft und auch Lola beim Entzug begleitet hat. In Barcelona trifft Manuela jedoch auch wieder auf das Ensemble von Huma Rojo und wird nach einer Vorstellung Zeuge, wie die drogensüchtige Nina das Theater verlässt um sich Drogen zu beschaffen. Die verzweifelte Huma bittet Manuela um Hilfe und beide machen sich auf, um Nina in den dunklen Straßen von Barcelona zu finden.
Durch die Hilfe erlangt Manuela das Vertrauen der Schauspielerin und wird zu dessen persönlichen Assistentin und springt auch für Nina ein, als diese wegen ihrer Drogensucht bei einer Vorstellung ausfällt. Manuela hilft aber auch Agrado vom Strich zu kommen und Rosa, als diese erfährt, dass sie von Lola schwanger ist und das Kloster verlassen muss. Während das Leben von Manuela durch ihre neuen Aufgaben zunehmend turbulenter wird, ereilt eine ihrer Freundinnen aber ein weiterer Schicksalsschlag…
Im Schaffen von Pedro Almodóvar gibt es eine Vielzahl von außergewöhnlichen Filmen, die noch außergewöhnlichere Menschen in Ausnahmesituationen beschreiben. Doch wohl kein Film ist so derart dramatisch, berührend und im Grunde dennoch so optimistisch und lebensbejahend wie der 1999 entstandene Streifen „Todo sobre mi madre“, in dem die Krankenschwester Manuela einen schweren Schicksalsschlag erleiden muss und dennoch nicht den Mut und die Hoffnung verliert an das Leben verliert.
Die Geschichte über den Verlust des Sohnes und der darauffolgenden Suche nach der eigenen Identität inklusive der damit verbundenen Vergangenheitsbewältigung entwickelt sich für Manuela ja auch anders als gedacht und ehe sich die resolute Krankenschwester versieht hat sie nach dem tragischen Verlust der Familie im herkömmlichen Sinne in Barcelona eine neue um sich gesammelt, die ihrer Hilfe, Menschlichkeit und Solidarität bedarf.
Sieht man den Streifen zu ersten Mal ist man von dem Beziehungs- und Personenkosmos den Pedro Almodóvar entwickelt sicherlich etwas überrascht. Neben der positiven Identifikationsfigur der durchschnittlichen angelegten Figur der Manuela tummeln sich nämlich keine gewöhnlichen Figuren in dem Streifen. So gibt es neben lesbischen Schauspielerinnen, drogensüchtigen Geliebten, um-operierten Ex-Ehemännern und Prostituierten noch allerlei andere Figuren, die auf den ersten Blick wie auch die knallbunten Settings sehr grell und bizarr wirken, wenn man mit den frühen Werken des Regisseurs nicht vertraut ist.
Dennoch schafft es Almodóvar auch durch ein hohes Erzähltempo scheinbar mühelos, dass man diese nicht ganz so alltäglichen Figuren und ihre Umgebung so akzeptiert, wie sie nun mal sind und ehe man sich versieht wird man auch schon von dem melodramatischen und farbenfrohen Ereignissen mitgerissen. Die stets etwas turbulente Geschichte über Liebe, Tod, Verlust und weibliche Solidarität in Krisensituationen ist dabei gleichermaßen traurig, wie humorvoll und bietet auch alle Zutaten, die der Fan in einem Werk des ehemaligen „Enfant Terrible“ des spanischen Kinos erwartet.
Die Figur der Manuela ist dabei einer Weiterentwicklung der gleichnamigen Rolle aus dem Streifen „Mein blühendes Geheimnis“, der im Vorgängerfilm von Kiti Manver verkörpert wurde und bietet für den Kenner auch zahlreiche Verweise an frühere Werke wie „Das Gesetz der Begierde“. Sozusagen eine Art „Best-of-Almodóvar“ in einem etwas ernsteren Rahmen, ohne dabei auch nur in irgendeiner Form seine Herkunft zu verleugnen. Eine Geschichte von Frauen, die sich durch Schauspielerei in einer patriachaischen Welt behaupten und noch aus den tragischsten Begebenheiten Kraft schöpfen.
Pedro Almodóvars Streifen „Todo sobre mi madre“ erhielt im Jahre 2000 nicht nur den Oscar für den besten, fremdsprachigen Film und hat auch ansonsten so jeden renommierten Preis in Europa abgeräumt. Dass es im zweiten Anlauf nach „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ dann auch mit dem Oscar geklappt hat, freute seinerzeit nicht nur Penelope Cruz und Antionia Banderas, die den Preis überreichen durften, sondern veränderte wohl auch das Leben des Regisseurs, der von der Tatsache, dass sein persönlichstes Werk von Publikum und Kritik gleichermaßen abgefeiert wurde, ebenfalls etwas überrascht wurde.
Darstellerisch ist „Alles über meine Mutter“ ebenfalls grandios und versammelt drei meiner Lieblingsschauspielerinnen in einem Film. Cecilia Roth hatte ja bereits eine Hauptrolle als nymphomanischen Sexilia in dem 1992 entstandenen „Labyrinth der Leidenschaften“ und war auch davor immer wieder in fiktiven Werbespots in den Filmen davor zu sehen. Hier läuft die ehemals durchschnittliche Schauspielerin aber zu absoluter Höchstform auf und verkörpert ihre tragische Rolle mit jeder Pore ihres Körpers, dass ihr Leiden förmlich spürbar wird und sich in all ihrer Tragik dem Zuschauer offenbart.
Auch die grandiose Marisa Paredes, die ja viele Streifen des Regisseurs bereits bereichert hat, spielt grandios und die Rolle der Schauspielerin und hilflosen und emotional-gebeutelten Diva ist ihr auch eindeutig auf den Leib geschrieben. Als dritte im Bunde wirkt dann noch Penelope Cruz als Krankenschwester Rosa, deren Schicksal den Zuschauer in dem Streifen wohl am meisten berührt. Doch auch der Rest der Darsteller kann nicht genug gelobt werden und machen den Film zu einem unvergesslichen und eindrucksvollen Ereignis.
Obwohl der Streifen auch immer wieder im Fernsehen läuft kommt der Fan des spanischen Regisseurs natürlich nicht an der DVD vorbei. Eine DVD von Kinowelt erschien bereits nach dem Kinoeinsatz im Jahr 2000 und bringt den Streifen in solider Qualität mit einer Handvoll kurzer Interviews, sowie einer Hörfilmfassung für sehbehinderte Menschen. Diese Scheibe ist auch in der großen „Edition“ vertreten, die im Jahre 2008 aufgelegt wurde und wer den Streifen in besserer Qualität sehen möchte, kann auch zur Blu-Ray-Disc greifen, die jedoch Qualitäts-technisch nicht unumstritten ist und im Vergleich zur DVD kein weiteres Bonusmaterial liefert.
Unterm Strich bleibt Almodóvars schönster und auch dramatischster Film, der meines Erachtens auch den absoluten Höhepunkt seines Schaffens darstellt. Während sich die neueren Filme des Regisseurs ja eher wieder mehr in Richtung Thriller bewegen und der technischen Perfektion frönen, ist „Alles über meine Mutter“ eine emotionale und vor allem bewegende Achterbahnfahrt der Gefühle, das gleichzeitig inhaltlich und optisch eine selbstreferenzielle Liebeserklärung an das Schaffen Almodóvars darstellt. Ein Abschied und Neubeginn vom grellen Underground-Regisseur zum renommierten Filmemacher, das wie auf selbstverständliche Weise berührend, traurig, witzig, bunt und unterhaltsam zugleich ist.