Handlung: In einer stürmischen Gewitternacht sucht eine Gruppe Leute Zuflucht in einem unheimlichen Haus (huch, wie originell). Die seltsamen Hausbesitzer laden die kleine Gruppe um den schwerreichen Archibald Barrett zu einer kleinen Runde Geisterbeschwören ein. Dabei stellt sich heraus, dass sowohl Barrett als auch sein kleiner Anhang aus Gemahlin und Bediensteter einige Leichen im Keller (oder sollte ich besser sagen im Pferdestall) haben.
Kritik: Also um es gleich vorneweg zu sagen, daran, dass der Film jetzt nicht sooo gelungen ist, ist auf keinem Fall Margheriti die Schuld zu geben. Der Typ hat wunderbare Arbeit geleistet, um während des ganzen Filmes kontinuierlich Spannung aufzubauen. Wir bekommen sehr viele unruhige Kamerafahrten, welche das beklemmende Gefühl, welches in dem alte Gemäuer herrscht, wunderbar in Szene setzt. Noch dazu kommen schöne Einsätze von Gewittereffekten, die trotz ihrer Häufigkeit nicht unecht oder fehl am Platz wirken.
Wer dem guten Herrn jedoch trotzdem eine Schlinge knüpfen will, der kann ihn vorwerfen, dass er das Drehbuch nicht geändert hat. Bevor sich die Handlung überhaupt erst in das gruselige Schloss verlegt gibt’s noch zwanzig Minuten (und das ist ein Viertel des gesamten Filmes) eine Einleitung, die uns aber nicht wirklich interessiert. Und wäre dies nicht lang genug werden in die Haupthandlung auch irgendwelche uninteressante Rückblenden eingefügt. Erst gegen Ende erfahren wir, dass die Rückblenden mit einem Mord zu tun haben. Hätten wir dies am Anfang gewusst, hätten wir sie mit mehr Aufmerksamkeit wahrgenommen. Hätte man die einzelnen Handlungselemente mit ein wenig mehr Feingefühl zusammengefügt, könnte der Film um so vieles besser gewesen sein. Zum Beispiel wird die „gerechte Bestrafung“ einer Mörderin gezeigt, bevor wir von ihrer Tat wissen. Wenn wir die Tat dann im Detail sehen ist es für uns vollkommen irrelevant, weil wir ja ohnehin schon wissen, wie die Mörderin dafür büßen muss.
Ein weiteres Verbrechen des Drehbuchschreibers sind die Charaktere. Wir bekommen nämlich niemanden, der uns sympathisch ist und damit keine wirkliche Identifikationsfigur. Barrett ist sowieso ein Aas, sein junger Angestellter Wright ist uns auch von seinem ersten Erscheinen an ein Dorn im Auge, Dominique Boschero als Barretts Gemahlin ist selbstverständlich reizend, aber wir mögen sie nicht so sehr wie sonst, Marianne Koch als die Gattin von Fuchsberger macht den ganzen Film lang eine Miene wie sieben Tage Regenwetter und selbst Fuchsberger als Barretts Anwalt spielt (zum ersten Mal, soweit ich’s gesehen habe) keine durch und durch sympathische Figur. Ich hab es kaum geglaubt, der Mann der immer den selben liebenswerten Charmebolzen spielt, selbst in Western wie „Der letzte Mohikaner“ oder Kriegsfilmen wie „Himmelfahrtskommando El Alamain“ ist hier nicht wirklich sympathisch. Er und Koch spielen die Rollen zwar gut (Fuchsi ist eine Mischung aus intelligent und stark von seinen Emotionen geleitet), aber die Rollen sind einfach nicht liebenswert. Die Figur, für die wir noch am ehesten was empfinden können ist Barretts Chauffeur mit seinem fünf Minuten auftritt und drei Zeilen Text, ein Charakter der mit der Handlung soviel zu tun hat wie der „New York Ripper“ mit „Mary Poppins“.
Am Ende will der Film, der bis dato doch recht den Gesetzen der Logik gefolgt ist, uns plötzlich an übernatürliche Mächte glauben lassen und versucht ein bisschen Moral reinzubringen, die aber spätestens dann flöten geht, wenn der Hausbesitzer zu seiner dämlichen Rede a la „Ihr wart alle nicht unschuldig, Sie, Herr Fuchsberger waren zwar unschuldig, aber ich musste damals auch als Unschuldiger leiden und darum müssen Sie das jetzt auch, blablabla“ anstimmt.
ABER! Der Film bleibt trotz seiner vielen Rückblenden ein kurzweiliges Vergnügen und Margheritis Regie baut viel Stimmung und Spannung auf. Es wäre perfekt hätte ich mir den Film mal im Fernsehen gegeben, aber die teure DVD von X-Rated war er nicht wert. (Kleiner Tipp am Schluss noch an Antonio Margheriti: Herr Margheriti, wenn Sie das nächste mal zeigen wie Marianne Koch und Helga Anders einen heißen Kuss austauschen, schneiden Sie bitte nicht mehr auf ein Bild von einem toten Fuchs, das ist verstörend, danke
)
Fazit: Die Schwächen im Drehbuch verhindern, dass ich „Schreie in der Nacht“ als guten Film bezeichnen kann, aber besonders Margheritis Regie macht die langsame und falsch proportionierte Handlung kurzweilig und durchaus stimmig.
6/10