Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"
Cover der Derrick Collectors Box 6, welche die Folgen 76-90 enthält
Folge 80 - Am Abgrund (Deutschland 1981)
Der Trinker Jakob Hesse (Klaus Behrendt) ist auf der Suche nach Stoff, fliegt aber wegen Geldmangel aus jeder Spelunke. Auch in der "Nachteule" hat er keinen Erfolg, der Wirt Walter Raspe (Dirk Dautzenberg) lässt den Alkoholiker von seinem Sohn Willi (Rainer Hunold) rauswerfen. Während Hesse im Hinterhof verzweifelt nach trinkbaren Resten im dort gelagerten Leergut sucht, hört er plötzlich einen lauten Streit, in der Kneipe geht es offenbar hoch her. Tatsächlich kommt es zu einem dramatischen Zwischenfall, bei dem eine junge Frau ihr Leben verliert. Hesse versteckt sich zunächst vor dem Wirt und dessen Gästen, wird wenig später von einem Taxifahrer entdeckt, der den Säufer und die Tote zufällig im Lichtkegel seiner Scheinwerfer wahrnimmt. Überfordert ergreift der Säufer die Flucht, Derrick und Klein ermitteln jedoch ohne grössere Schwierigkeiten seinen Aufenthaltsort. Obschon somit ein Tatverdächtiger ausgemacht ist, stellen sich bei den Kriminalbeamten erhebliche Zweifel an der Schuld Hesses ein. Derrick ist sich sicher, dass Hesse mehr weiss als er preisgibt, konsequent fühlt er dem vermutlichen Zeugen auf den Zahn, setzt damit indirekt den Kneipenbetreiber und die zum Zeitpunkt der Tat anwesenden Gäste unter Druck...
Klaus Behrendt lieferte in
"Der Spitzel" (49) eine sehr gute Leistung als ängstlicher Zuträger ab. In der Rolle des völlig fertigen Alkoholikers überzeugt er ebenso, seine Darstellung wirkt glaubwürdig, der Gestank des vergammelten Zechers scheint geradezu aus der Glotze zu kriechen. Ilse Neubauer sehen wir als seine Gattin, die die Anwesenheit ihres trinkenden Mannes schon seit einiger Zeit nicht mehr ertragen kann. Lotte Ledl gewährt Behrendt Unterschlupf in einem kleinen Nebenraum ihrer Unterkunft, die Prostituierte gibt sich schroff, hat aber Herz und pflegt einen ausgeprägten Puppentick. Dirk Dautzenberg pendelt zwischen abweisend und schleimig, Rainer Hunold bleibt blass und weitgehend im Hintergrund. Anton Diffring wird jeder Fan des europäischen Films kennen, er wirkte vor allem in den sechziger und siebziger Jahren in zahlreichen Film-Perlen mit, oft in der Rolle des Bösewichts. Auch hier darf er sich kalt und unsympathisch zeigen, ein wandelndes Gaunerklischee nach bewährtem Schnittmuster. Als Sohnemann des Gangsters lässt Thomas Schücke das arrogante Oberekel raushängen. Die gestandenen Veteranen Joachim Wichmann und Konrad Georg sind in Nebenrollen am Start, Wichmann als unscheinbarer Kellner, Georg als ständig maulender Zimmernachbar der von Lotte Ledl gespielten Hure.
Sieht man von Klaus Behrendts Leistung ab, agiert das übrige Ensemble mit leicht angezogener Handbremse. Regisseur Helmuth Ashley hätte gern ein wenig mehr aus den fraglos qualifizierten Schauspielern herauskitzeln dürfen, denn das Drehbuch von "Am Abgrund" ist bestenfalls biederer Durchschnitt, hätte ein wenig frecher und quirliger agierende Darsteller gut gebrauchen können. Um den ständig strammen Behrendt in einem milderen Licht zu präsentieren, erfährt der Zuschauer den Grund für den totalen Absturz des ehemaligen Lehrers. Ich hätte lieber darauf verzichtet, der zugefügte Weichspüler saugt der Folge lediglich weitere Kraft ab. Das Kneipenmilieu wurde treffsicher eingefangen. Die nach Bier, Schnaps, Kippen und Urinal stinkenden Pilgerstätten sind mit unfreudlichen Wirten ausgestattet, die für ihren besten Kunden nur Spott und Verachtung übrighaben. So ist dann auch der Auftakt dieser Episode stark und zupackend, im weiteren Verlauf verliert sie jedoch spürbar an Biss und Atmosphäre. Insgesamt ordentlich, ein anderer Regisseur (Alfred Vohrer, Zbyněk Brynych) hätte sicher mehr aus dem Stoff herausgeholt.
6,5/10 (oberste Mittelklasse)