Die schwarze Katze
The black cat
USA 1934
Regie: Edgar G. Ulmer
Boris Karloff, Bela Lugosi, David Manners, Julie Bishop, Lucille Lund, Egon Brecher, Harry Cording, Henry Armetta, Albert Conti
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OFDB
15 Jahre war Dr. Vitus Werdegast in einem Gefangenenlager in Sibirien. 15 Jahre in der Dunkelheit, und nur der Gedanke an Rache hat ihn am Leben gelassen. Jetzt reist er zu dem Mann, dem er seine Gefangenschaft zu verdanken hat: Hjalmar Poelzig, der berühmte Architekt, der auf den Ruinen der Festung Marmaros sein Haus errichtet hat. 15 Jahre vorher war Poelzig der Kommandant dieser Festung, und Werdegast einer seiner Leute. Doch damals hat sich Poelzig an die Feinde ergeben und alle seine Männer ausgeliefert. Jetzt ist Werdegast im Haus Poelzigs zu Gast, doch durch unglückliche Umstände hat er zwei Gäste mitgebracht: Das junge amerikanische Ehepaar Peter und Joan Alison, das in den Flitterwochen unterwegs ist und gar nicht ahnt, in welcher Lage es sich befindet.
Die beiden alten Männer umkreisen sich wie in einem Todestanz, und beide wissen, dass nur einer von ihnen diesen Besuch überleben kann. Dabei wirkt Joans Schönheit wie ein Katalysator auf die beiden alten Männer. Werdegast ist wie verzaubert, und denkt voller Wehmut an seine geliebte Frau und seine Tochter zurück, die der damals, vor vielen Jahren, zurücklassen musste. Seiner Frau begegnet er wieder – In einem Glaskasten, perfekt konserviert, hat Poelzig der Frau, die er kurz nach dem Krieg geheiratet hat, einen Todespalast gebaut. Seine Zärtlichkeit, wenn er mit der Mumie spricht, ist überwältigend und erschütternd. Und was ist mit der Tochter Werdegasts? Die ist tot, als Kind gestorben. Doch wer ist die blonde Frau, die in Poelzigs Bett liegt, und die er als Ehefrau anspricht?
Es stellt sich heraus, dass Poelzig nacheinander Frau und Tochter Werdegasts geheiratet hat, dass er der Anführer einer satanischen Sekte ist, und nun Gefallen gefunden hat an Joans Schönheit. Er möchte Joan seinem Kult zuführen und sie heute Abend, wenn Mondfinsternis ist, dem Bösen opfern. Werdegast weiß das, und er bietet Poelzig an, um die Seelen der beiden Unschuldigen eine Partie Schach zu spielen. Die beiden armen Menschlein wissen das natürlich nicht, und stören den Ablauf dieser Partie in dem sie das Haus verlassen wollen. Das Auto? Leider kaputt. Das Telefon. Tot. Hören Sie, Dr. Werdegast? Sogar das Telefon ist … tot …. Als Michael und Joan gehen wollen schlägt Werdegasts Diener, der jetzt in Poelzigs Diensten steht, Michael nieder und sperrt ihn in ein Verlies. Joan hingegen lernt, eingesperrt in ihrem Zimmer, noch Werdegasts Tochter kennen, bevor sie in den Keller geführt wird, wo ihr Schicksal sie erwartet. Denn Werdegast hat die Schachpartie verloren …
Ein modernistisches Haus, kalt und funktionell zugleich, das mit seinen Schrägen und Winkeln an den deutschen Expressionismus gemahnt, erbaut auf den Ruinen eines Todestempels. Fast scheint es, als ob die Geister der toten Soldaten noch umhergeistern, und tatsächlich liegt im Keller noch all das Dynamit, das für die Sprengung der Festung ursprünglich einmal vorbereitet wurde. Die Stimmung ist stickig, eng, düster. Eine Atmosphäre des Todes weht durch die Räume, und wenn Boris Karloff als Poelzig durch einen Kellergang schlendert, und all die Glassarkophage betrachtet, in denen seine verflossenen Liebhaberinnen aufgereiht sind, dann ist dieser Tod geradezu mit Händen zu greifen, und Werdegast und Poelzig werden selbst zu Geistern eines längst vergangenen Krieges. So dicht und dunkel ist das alles, dass nicht einmal der kleine lustige Polizist mit seinen Kalauern die Stimmung aufhellen kann, und der sarkastische Schluss keine wirkliche Erleichterung bietet. Karloff und Lugosi belauern sich im Halbdunkel gegenseitig, liefern sich in der Düsternis ein meisterhaftes psychisches Duell auf Leben und Tod, und der Zuschauer weiß nie so recht, wem er seine Sympathie denn nun schenken soll: Demjenigen Mann, dessen Leben zerstört wurde, und der Rache nehmen will? Oder dem anderen, der durch seine Eloquenz und seine geschliffenen Manieren so einen angenehmen Eindruck macht, und der doch das personifizierte Böse zu sein scheint? Die beiden Amerikaner dazwischen jedenfalls sind blass und bleiben blass, was aber im Angesicht solcher großartigen Schauspieler wie Karloff und Lugosi auch kein Wunder ist. Dazu kommt noch eine starke erotische Komponente: Die Frauen in den Glasvitrinen sind alle in ihrem Leichengewand aufgehängt, Julie Bishop selber darf als Joan längere Zeit in ihrem Nachthemd andeuten was sie hat, und die diesbezüglich stärkste Szene ist, wenn Michael und Joan sich im Hintergrund küssen, während sich die Kamera auf Poelzigs Hand fokussiert, welche die Statue einer nackten Frau erst liebkost und dann fest umklammert. Pure Erotik, die so subtil eingebracht wird, dass es einen schaudern lässt.
Ein paar kleinere Merkwürdigkeiten sind aber doch zu vermerken in einem Film, der durch seine klaustrophobische und grausame Grundstimmung viel Eindruck hinterlässt: So war DIE SCHWARZE KATZE einer der ersten Filme, der fast komplett mit Musik hinterlegt wurde. Manche Themen passen hervorragend und verstärken die Stimmung, aber im großen Ganzen wäre weniger doch etwas mehr gewesen. Die titelgebende Katze selber hat ein paar denkwürdige Auftritte und fordert einiges an heftigem Overacting von Bela Lugosi, wurde aber laut Aussage von Regisseur Edgar G. Ulmer tatsächlich nur für Werbezwecke verwendet. Und zu guter Letzt bleibt die Frage offen, in was für ein merkwürdiges Verlies Michael geworfen wurde – Wo die Türen nach draußen nicht verschlossen sind …?
DIE SCHWARZE KATZE ist großes unheimliches Kino mit großen unheimlichen Schauspielern. Kein punktueller Horror mit schrecklichen Momenten, sondern eine permanente Stimmung des Grauens, die mit langen Krallen nach der eigenen Behaglichkeit greift. Wobei erstaunlich viele Momente eine hohe Grausamkeit in sich bergen: Wenn Poelzig seine Frau im Off brutal erschlägt schmerzt die Tonspur in den Ohren und der Seele, und die Bestrafung Poelzigs, seine Häutung bei lebendigem Leib, die kurz als Schattenriss an der Wand zu sehen, und danach im Hintergrund leicht zu hören ist, hat sehr ernsthaftes Potential auch heute noch zu verstören. Aber es ist einfach dieses Unheimliche, diese ständige Bedrohung die von Werdegast und Poelzig ausgeht, die sich auch im Gemüt des Zuschauers niederschlägt und Unruhe erzeugt, zusammen mit einer Ausrichtung, die man mit einem Werk von Franz Kafka vergleichen könnte: Die Sinnlosigkeit und Ausweglosigkeit der ganzen Situation, diese Absonderlichkeit, die aber als Grundlage des Ganzen für bare Münze genommen werden muss, das gibt dem Film eine besondere und unheilschwangere Note. DIE SCHWARZE KATZE beschreibt den Einbruch des gotischen Grauens in eine modernistische und kalte Welt, und diese Zusammenführung zeitigt eine so tiefschwarze Atmosphäre, dass es einen auch heute noch bis ins Mark fröstelt.
7/10