„Sieh ihn dir doch nur an: Er ist ein gefährliches, hässliches Ding. Hässlich, weil er durch die Angst eines Menschen entstanden ist, und Angst ist immer hässlich und gefährlich, weil ein verschreckter Mensch ja auch hässlich ist!“
US-Low-Budget-Filmer William Castle, dessen bekanntestes Werk wohl der Grusel-Klassiker „House on Haunted Hill” aus dem Jahre 1959 sein dürfte, hat im gleichen Jahr und im gleichen Genre für einen weiteren Film mit dem großartigen Vincent Price zusammengearbeitet: „Schrei, wenn der Tingler kommt“. Und der hat es wirklich in sich...
Dr. Chapin (Vincent Price) stellt in Form von zum Schreien komischen, aber vollkommen ernsthaft vorgetragenen, absurden pseudowissenschaftlichen Überlegungen die Theorie auf, dass sich bei Menschen in Todesangst im Körper ein Lebewesen manifestiert, der „Tingler“ eben, das sich um die Wirbelsäule krallt und kräftig zupackt, durch die panischen Schreie der Menschen aber wieder davon ablässt. Als die taubstumme Stummfilm-Kino-Betreiberin (!) stirbt, operiert ihr Chapin den Tingler heraus, der sich als eine Art überdimensionaler Gummi-Ohrenkneifer (!) entpuppt und natürlich prompt außer Kontrolle gerät.
Fantastisch, dass Price diesen Trash-Spaß mitgemacht hat, denn er veredelt es mit seinem Schauspiel. Die ihm eigene Theatralik kommt zwar nur selten zum Zuge, dafür wird man dann aber z.B. Zeuge eines gespielten LSD-Trips, mit dem Panikattacken einhergehen. Da seine Rolle eine nicht gerade glückliche Ehe führt und der Zuschauer erst zu einem späteren Zeitpunkt erfährt, wer für den Tod der taubstummen Frau verantwortlich, wird man zwischenzeitlich immer wieder im Dunkeln darüber gelassen, ob Chapin nun nur ein wissenshungriger Forscher ist oder er auch kaltblütig über Leichen geht. Das trägt ebenso zum unterhaltsamen Gesamteindruck des Films bei wie die Szene, in der das Tingler-Opfer in den Tod getrieben wird. Hierfür wurden zahlreiche wirkungsvolle Horrorfilm-Standards aufgefahren und einem bunten Bilderreigen abgespult, denn man hat einige farbige Bilder in den Schwarzweiß-Film integriert, damit das Blut auch schön rot leuchtet. Das Finale findet ironischerweise in eben jenem Stummfilm-Kino statt, wo ob des freilaufenden (eher kriechenden, wobei das Vieh aber generell sehr unbeweglich erscheint) Tingers eine Massenpanik ausbricht. Dies dürfte auch der Zeitpunkt gewesen sein, zu dem die von William Castle mit leichten Elektroschocks präparierten Kinosessel zum Einsatz kamen, um bei seinen Filmvorführungen das Publikum mit „sanftem Druck“ zum Schreien zu animieren – worauf er in der Eröffnungssequenz des Films bereits zweideutig hinwies.
Natürlich nimmt sich „The Tingler“ selbst nicht sonderlich ernst, versucht aber zum Amüsement des 50ies-Sci-Fi-Horror-B-Movie-Fans, längere Zeit zumindest den Anschein zu wahren und sämtliche Schauspieler sind bestens aufgelegt. Das macht „The Tingler“ zu einem urkomischen, kurzweiligen Kuriosum, das mit seinem Charme die Wirbelsäulen des Publikums im Sturm erobert und damit nicht nur für Vincent-Price-Fans zu einer Empfehlung. In diesem Sinne:
„Bleiben Sie ganz ruhig, bitte keine Panik. Aber schreien Sie, schreien Sie um Ihr Leben!“
Regisseur, Produzent, Filmvorführer und König der Streiche William Castle
Vincent Price theatralisch
Nicht der Tingler
Auch nicht der Tingler
Ein Blutbad in Farbe
Ein deutsches Insert
Kein deutsches Insert
Der Tingler
Film im Film