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Derrick: Folge 125 - Raskos Kinder

Verfasst: Do 26. Mai 2011, 16:25
von untot
Erstausstrahlung: 01.03.1985

Anja und Michael, die Kinder des Geldboten, Albert Rasko, stiften Alwin Docker, Besitzer eines Motels und Autoschieber, dazu an, ihren Vater bei einem Geldtransport zu überfallen, um sich ihrer finanziellen Probleme zu entledigen.
Albert Rasko wird bei dem Überfall getötet.
Aus Verzweiflung planen die Kinder, ihren Vater zu rächen - doch anstelle von Michael wird Docker vom Liebhaber seiner Partnerin erschossen: Beide wollen das Motel für sich behalten und lenken den Verdacht auf Anja und Michael...

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Mit:
Anja Jaenicke (Anja Rasko)
Volker Eckstein (Michael Rasko)
Peter Ehrlich (Albert Rasko)
Lisa Kreuzer (Evelyn)
Peter Kuiper (Alwin Docker)
Andreas Seyferth (Kurt Eger)
Dieter Prochnow (Krassner)
Henry Stolow (Grohmann)

Re: Derrick: Folge 125 - Raskos Kinder

Verfasst: Sa 2. Jun 2012, 23:47
von Blap
Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"

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Derrick Collectors Box 9 (Folge 121-135)


Folge 125 - Raskos Kinder (Deutschland 1985)

Dummheit, Naivität, Geldgier

Michael Rasko (Volker Eckstein) und seiner Schwester Anja (Anja Jaenicke) steht der Sinn nach Geld, viel Geld. Ihr Vater Albert (Peter Ehrlich) ist als Geldbote beschäftigt, regelmäßig transportiert er die Tageseinnahmen eines Supermarktes zum Nachttresor der nächsten Bank. Michael hat einen scheinbar cleveren und leicht durchführbaren Plan ausgeheckt, der Gauner Alwin Docker (Peter Kuiper) soll Albert Rasko überfallen, die reiche Beute will man später teilen. Momentan ist Albert Raskos Kollege erkrankt, der pflichtbewusste Mann erledigt den Job folglich ohne Begleitung. Docker startet den Überfall auf Rasko, doch der Geldbote lässt sich nicht überrumpeln, es kommt zum Kampf. In seiner Verzweiflung sticht der Räuber mit einem Messer zu, Albert Rasko überlebt die Attacke nicht, Docker entkommt unerkannt. Zunächst ahnen Michael und Anja nichts von dem katastrophalen Ausgang des Beutezugs. Derrick und Klein überbringen den Geschwistern die traurige Nachricht, der Oberinspektor wundert sich über kleine Merkwürdigkeiten. Viel Arbeit für die Mordkommission, das dynamische Duo muss sich wenig später mit einem weiteren Tötungsdelikt befassen, Alwin Docker wurde erschossen...

"Raskos Kinder" erfreut den Zuschauer mit einigen bekannten Gesichtern, Namen wie Peter Kuiper, Volker Eckstein und Lisa Kreuzer sprechen für sich. Volker Eckstein schaut (wie meist) neurotisch aus der Wäsche, Anja Jaenicke zeigt eine in Depressionen verfallende junge Frau. Getrieben von unfassbarer Dummheit bringen die Geschwister ihren Vater in eine lebensgefährliche Situation, aus ihrer Sicht scheint ein Raubüberfall ein Spaziergang ohne Risiken zu sein. Der Sohn geht sogar soweit seinem Vater die Munition aus der Schusswaffe zu entwenden (was letztlich nichts am Ausgang des Überfalls geändert hätte, allein der Gedanke an die Umtriebe der "lieben Kinder" ist zutiefst erschreckend). Das Drehbuch zeichnet Albert Rasko als Sympathieträger durch und durch, er sucht als besorgter Vater das Gespräch mit seinen Kindern, geniesst bei seinem Arbeitgeber einen absolut zuverlässigen Ruf. Umso härter trifft uns das tragische und völlig unnötige Ende des freundlichen Herrn, Autor Herbert Reinecker drückt die richtigen Knöpfe. Sicher leicht durchschaubar, fraglos effektiv, dazu passt Peter Ehrlich vortrefflich in diese Rolle. Die grösste Vorfreude löste Peter Kuiper bei mir aus, auf sein Konto gehen grandiose Vorstellungen innerhalb der Reihe! In "Tod am Bahngleis" (5) schleicht Kuiper als irrer Frauenmörder durch die Nacht, "Tod des Wucherers" (34) lässt ihn als cholerischen Kredithai von der Leine, in "Der Untermieter" (87) macht er als entlassener Strafgefangener seiner ehemaligen Frau das Leben zur Hölle. Wo Kuiper auftauchte brannte die Luft, interessanterweise ist der diesmal von ihm dargestellte Charakter vielschichtiger gestrickt. Zunächst kommt Kuipers Alwin Docker als abgebrühter Ganove daher, lässt gegenüber seinen "Auftraggebern" den kühlen Profi raushängen, herrscht seine Lebensgefährtin mehrfach an. Schnell bröckelt die Fassade, Docker ist völlig überfordert, Kuiper gelingt die Darstellung dieses rasanten Zerfalls sehr glaubwürdig. Lisa Kreuzer gehört wohl zu den häufigsten Gästen der Reihe, ihr Schauspiel ist ohne Fehl und Tadel, hin und wieder wurde sie allerdings nicht ideal besetzt (was nicht auf die hier vorgestellte Folge zutrifft). Kreuzer agiert zurückhaltend, füllt das Ensemble mit "solider Unscheinbarkeit" auf. Andreas Seyferth soll nicht ungenannt bleiben, das interessante Dreieck Kuiper, Kreuzer und Seyferth hätte gern mehr Raum erhalten dürfen, die auf eine knappe Stunde beschränkte Spielzeit gibt dies leider nicht her.

Ein Teil der Handlung spielt sich in einem Motel ab, Kuiper und Kreuzer betreiben den Schuppen, nebenbei sorgen dort abgewickelte Autoschiebereien für eine stimmungsvolles Umfeld. Der Stoff hat ganz klar genug Potential für einen abendfüllenden Spielfilm, allzu gern wäre ich noch tiefer in den Fall eingetaucht. Derrick und Klein geben den Gefühlen des Betrachters ein Gesicht, die Kriminalisten können kaum glauben mit welch ungesunder (tödlicher) Mischung aus Dummheit und Gier manche Zeitgenossen agieren. So beschliesst Tappert die Folge punktgenau mit den Worten "Dummheit, Naivität, Geldgier", mehr braucht es nicht zum allumfassenden Fazit. Regisseur Theodor Grädler hatte ein leichtes Spiel, gutes Drehbuch und tolle Schauspieler, Ausritte in Richtung Albernheit oder Krawall sind nicht nötig. "Raskos Kinder" schafft es zwar nicht auf Anhieb in meine Spitzengruppe, mit jedem Gedanken an die Folge wächst meine Zuneigung, nicht nur (aber auch) wegen Peter Kuipers Darbietung.

7/10 (vermutlich ein halbes Pünktchen mehr)