Menschenfeind - Gaspar Noé (1998)

Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Menschenfeind - Gaspar Noé (1998)

Beitrag von jogiwan »

Menschenfeind

Bild

Originaltitel: Seul contre tous

Herstellungsland: Frankreich / 1998

Regie: Gaspar Noé

Darsteller: Philippe Nahon, Blandine Lenoir, Franckie Pain, Martine Audrain, u.a.

Story:

Irgendwo in Frankreich: Ein Metzger tötet einen Bauarbeiter, den er irrtümlich für den Vergewaltiger seiner geistig behinderten Tochter hält und wandert dafür in den Knast. Jahre später: Der nun arbeitslose Metzger ist wieder in Freiheit. Doch sein Leben ist die Hölle und bringt ihn zum Ausrasten: Als es zum Streit mit seiner neuen Frau kommt, tötet er ihr ungeborenes Baby. Er setzt sich nach Paris ab und ist schon nach wenigen Tagen pleite. Von Selbstmordgedanken gepeinigt fasst er den Entschluss, seine Tochter, die dort in einem Heim wohnt, noch einmal zu sehen... (quelle: ofdb.de)
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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untot
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Re: Menschenfeind - Gaspar Noé (1998)

Beitrag von untot »

Was für ein unsagbar fieser Zeitgenosse dieser Metzger doch ist, echt unglaublich, man sitzt stellenweise mit offenem Mund vor der Glotze, weil mans einfach nicht glauben mag.
Trotzdem ertappt man selbst dabei, das man sowas wie Sympathie für diesen unsäglichen Schweinehund entwickelt, das war für mich ganz schön irritierend. :?
Wie Noé das geschafft hat, bleibt ein Rätsel, ich fands jedenfalls ganz großes Kino!

8/10
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Il Grande Silenzio
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Re: Menschenfeind - Gaspar Noé (1998)

Beitrag von Il Grande Silenzio »

Vermutlich für viele DER Film, der Hoffnungslosigkeit verkörpert. Noé hat einfach ein gnadenloses Händchen für depressive Werke, neben dem grandiosen Irreversiblé gehört auch Menschenfeind zu den besten Vertretern des sozialkritischen Filmschaffens.

Die schauspielerische Leistung Philippe Nahons ist fast schmerzhaft intensiv, der Film strotzt vor direkten und unterschwelligen Aggressionen, der triste Alltag der Unterschicht, die absolute Chancenlosigkeit, die Ausweglosigkeit, ein Leben, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.

Menschenfeind ist ein einziger Aufschrei, radikale Filmkunst, die nichts beschönigt und trotz der wenigen graphischen Gewalt mit zu den brutalsten Werken überhaupt gehört, sofern man die die Atmosphäre auf sich wirken lässt.

Wenn man über ein Mindestmaß an Empathie verfügt, braucht man gewisse Zeit, um diesen Film zu verarbeiten.


9,5/10
"You can´t love animals and eat them too."

"Dressing well is a form of good manners." - Tom Ford
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Maulwurf
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Re: Menschenfeind - Gaspar Noé (1998)

Beitrag von Maulwurf »

"Eine echte Frau ist was Tolles. Leider sind die meisten verbittert, weil sie ohne Schwanz geboren wurden."
"Sterben, das muss wie Schlafen sein. Nur besser."
Ein Film, bei dem die Worte versagen. Bei dem die Leere des Protagonisten auf den Zuschauer überschwappt und ihm ein Loch in die Seele brennt. Unglaublich intensives und schmerzhaftes Kino, das hinter seinem vermeintlichen Vakuum an Emotionen geschickt eine ganz persönliche Hölle verbirgt.
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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sergio petroni
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Re: Menschenfeind - Gaspar Noé (1998)

Beitrag von sergio petroni »

Gaspar Noés Erstling spielt im von wirtschaftlichem Niedergang geprägten Frankreich der frühen
1980er. Der arbeitslose Metzger, dem wir durch den Film folgen und der uns an seinen Gedanken teilhaben
läßt, ist eine Versinnbildlichung dieses Niedergangs. Sein Leben begann verpfuscht (ungewolltes Kind, verstoßen, vergewaltigt)
und findet eine ebensolche Fortsetzung. Zwischendurch schafft er es, eine Tochter zu zeugen, die er dann jedoch
wiederum selber in's Heim gibt. Nach einem weiteren Abstieg in die Armut, versucht der Metzger sich am Ende,
mit seiner Tochter auszusöhnen. Oder zumindest das, was er dafür hält.

Per kurzem Tusch und Bildeinblendungen nehmen wir teil an den Gedankengängen des Metzgers. Diese sind
oftmals kurz und knackig, scheinen plausibel. Jedoch sind sie auch naiv, reaktionär und menschenfeindlich.
Zweifel daran? Werden per Tusch weggewischt; zack, so ist es.
Die Menschen, denen der Metzger begegnet, sind mindestens genauso weit unten angekommen, wie er selbst.
Durch seine "Untat" (eine recht heftige und breit ausgewalzte Szene) hat der Metzger jedoch auch das geringste bisschen
Verständnis für seine Gedanken und sein Verhalten verloren. Ob seine nihilistische Weltsicht derjenigen des Regisseurs entspricht?
Zugemauerte Fenster und Türen von zerfallenden Gebäuden begegnen uns allenthalben, genauso verschlossen,
wie manche Hirnwindungen, die unser Metzger nie nutzen wird. Und wenn dann die Liebe "Deus-Ex-Machina"-gleich
unseren Protagonisten erleuchtet, ist das genauso überhöht dargestellt wie alles bisherige.
Ein Film, der definitiv auf weitere Werke des Regisseurs Lust macht.
"Irreversibel" liegt schon bereit.
7,5/10
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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Arkadin
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Re: Menschenfeind - Gaspar Noé (1998)

Beitrag von Arkadin »

Es gibt einen Kurzfilm von Noé, den er 7 Jahre vor "Menschenfeind" gedreht hat, und der die Vorgeschichte erzählt: "Carne". Leider habe ich den noch nicht gesehen. Leider ist der auch nicht auf der deutschen Veröffentlichung von "Menschenfeind" zu finden, was ich schon immer sehr schade fand.
Der Metzger taucht auch ganz kurz in "Irreversible" wieder auf (oder auch nicht - das bleibt der Interpretation überlassen).

PS: Gerade gesehen. "Carne" kann man gratis in der Arte-Mediathek (!) schauen: https://www.arte.tv/de/videos/032571-000-A/carne/
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sergio petroni
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Re: Menschenfeind - Gaspar Noé (1998)

Beitrag von sergio petroni »

Arkadin hat geschrieben: Di 16. Nov 2021, 09:39 PS: Gerade gesehen. "Carne" kann man gratis in der Arte-Mediathek (!) schauen: https://www.arte.tv/de/videos/032571-000-A/carne/
Vielen Dank für den Tipp!
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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Blap
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Re: Menschenfeind - Gaspar Noé (1998)

Beitrag von Blap »

"Menschenfeind" hat mich seltsam unberührt gelassen. Eine zynische Komödie ohne Widerhaken.

Ganz anders "Irreversibel". Von diesem Werk hatte ich über Monate Albdruck, noch heute -etliche Jahre später- packt mich beim Gedanken an den Film das Grauen. Ein extrem intensive Erfahrung, ein großartiger Film, den ich mir allerdings nie wieder anschauen möchte.
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sergio petroni
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Re: Menschenfeind - Gaspar Noé (1998)

Beitrag von sergio petroni »

Blap hat geschrieben: Mi 17. Nov 2021, 10:14 "Menschenfeind" hat mich seltsam unberührt gelassen. Eine zynische Komödie ohne Widerhaken.

Ganz anders "Irreversibel". Von diesem Werk hatte ich über Monate Albdruck, noch heute -etliche Jahre später- packt mich beim Gedanken an den Film das Grauen. Ein extrem intensive Erfahrung, ein großartiger Film, den ich mir allerdings nie wieder anschauen möchte.
„Zynische Komödie“ trifft es ganz gut, wenn ich darüber nachdenke. Wegen „Irreversibel“ mache ich nun vielleicht doch einen Rückzieher……
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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Blap
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Re: Menschenfeind - Gaspar Noé (1998)

Beitrag von Blap »

sergio petroni hat geschrieben: Mi 17. Nov 2021, 12:05 Wegen „Irreversibel“ mache ich nun vielleicht doch einen Rückzieher……
In "künstlerischer Hinsicht" ist "Irreversibel" großartig. Schauspiel, Kamera, Atmosphäre, mehr geht in diesem Rahmen IMHO kaum. Für mich war dieses Werk jedoch zu hart, zu erschreckend und entsetzlich.
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