Arabella, black angel
Arabella l’angelo nero
Italien 1989
Regie: Stelvio Massi
Tinì Cansino, Valentina Visconti, Francesco Casale, Carlo Mucari, Evelyn Stewart,
Renato D'Amore, Giose Davi, David D'Ingeo, Rena Niehaus, Vinicio Dimanti
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OFDB
Italo-Cinema.de (Maulwurf)
Arabella geht gerne an die dunklen und verruchten Orte. Dorthin, wo Männer in Leder es mit Frauen in Lack treiben, wo Masken getragen werden, und Schmerz zur Sinnlichkeit gehört. Eigentlich hätte Arabella dies gar nicht nötig, denn sie ist mit einem jungen und gutaussehenden Erfolgsschriftsteller verheiratet und lebt im Luxus. Allerdings sitzt ihr Göttergatte Francesco Veronese seit einem Unfall im Rollstuhl, und da geht dann halt nicht mehr alles so wie es sollte. Doch hinter Arabella und ihren geheimen Besuchen wird ohne ihr Wissen aufgeräumt – Jeder Callboy wird am nächsten Tag nackt und im Geschlechtsbereich brutal verstümmelt aufgefunden. Ein Fotograf, der den Besuch Arabellas in einem Freudenhaus auf Film bannte, wird ebenfalls entmannt. Ein unheimlicher Mörder geht um, der Männer mit der Schere grausam zerstückelt, und die Polizistin, die das ganze untersuchen soll, trägt das Geheimnis mit sich, dass ihr Vater vor vielen Jahren genau die gleichen Morde beging. Ist der Vater zurückgekehrt? Oder bahnen sich in der Inspettrice Gina vielleicht die Triebe ihres Vaters ihren Weg? Und warum betreffen die Morde nur das Umfeld von Arabella? Finden die Morde in Wirklichkeit vielleicht gar nicht statt, sondern existieren nur in der Fantasie des Thrillerautors Francesco Veronese, der gerade seinen neuen Erfolgsroman vorbereitet?
Ein interessantes Spannungsfeld zwischen Realität und Erzählung. Arabella und Francesco unterhalten sich über seinen neuen Roman, in dem ein Mörder umgeht und Männer verstümmelt. Und just dieser Mörder ist in Rom gerade massakrierend unterwegs. Klar, das kennt man natürlich aus Dario Argentos TENEBRAE, und bei einem Sexploiter aus dem Jahr 1989 darf bitte auch keiner erwarten, dass diese hohe Messlatte durchbrochen wird. Prinzipiell reden wir hier schon von einem kleinen und billigen Filmchen aus einer Zeit, in der das Zeigen nackter Frauen wichtiger war als eine gut durchdachte und innovative Storyline.
Aber innerhalb dieser Parameter funktioniert ARABELLA erstaulich gut. Stelvio Massi holt aus dem niedrigen Budget sehr viel heraus, seine Schauspieler sind größtenteils wirklich gut dabei (wobei die „genossene“ US-Synchro leider, wie so oft, einen guten Teil der Atmosphäre vernichtet), und gerade in Sachen Stimmung zeigt sich, dass Massi eben doch ein alter Hase im Geschäft ist. Mehrmals ist wirklich nicht klar, ob die Morde tatsächlich passieren oder nicht vielleicht doch nur im Gespräch zwischen Arabella und Francesca visualisiert werden. Die Sexszenen sind zwar im zeitgemäß kühlen Neon-Stil der 80er gehalten, haben aber durch Licht und Musik doch einiges an Charme und Intensität, vor allem das Freudenhaus zu Beginn und der Jungensstrich am Ende sind sehr atmosphärisch eingefangen. Die Subhandlung um die Familiengeschichte der Inspettrice und ihrer hinterhältigen Lesbenfreundin streut ein paar unterhaltsame mögliche Spuren aus und schlendert ansonsten durch die Geschichte der Gialli, zeigt heitere Szenen aus dunklen Parks und von einsamen Menschen, und leistet sich den unerhörten narrativen Luxus, dass der Mörder dieses Mal eben keine Frauen penetriert sondern stattdessen Männer kastriert. Tatsächlich ist die Figur der Inspettrice Gina Fowler einer der wenigen echten Schwachpunkte der Story. Die attraktive Polizistin, die ihre Weiblichkeit hinter einer überdimensionalen Brille verstecken muss und erotisch-tödliche Alpträume hat, kommt einfach gar zu weinerlich rüber um ernsthaft für Akzente sorgen zu können. Dadurch bleibt der Fokus auf Arabella, obwohl die Geschichte sich zeitweise fast komplett auf Gina verlagert. Ein Missverhältnis, welches dem Film stellenweise durchaus schadet.
Denn gerade Arabella mit ihrem Hang zum Abenteuer mit ungezogenen Männern bietet viel Reibefläche, und der damalige Erotik-Superstar Tinì Cansino gibt auch gerne alles was die Rolle von ihr verlangt, inklusive eines sehr erotischen Tease-Strips, bei dem sie sich ausgesprochen gekonnt anzieht. Die Kamera scheut sich auch nicht, einen Penis kurz durch das Bild zu schwengeln, wodurch halt doch viel Stimmung aufgebaut wird. Gerade die Männer sind durchaus attraktiv – Keine behaarten Schnäuzermonster wie noch ein Jahrzehnt zuvor, sondern knackige Lustknaben, bei denen Arabellas Geilheit absolut nachvollziehbar wird.
ARABELLA mag sicher kein großer Wurf sein, aber er unterhält mit einer knuffigen Story, viel nackter Haut, und ein paar Überraschungen die zugegeben viele Kilometer gegen den Wind zu erahnen sind. Evelyn Stewart ist IMMER eine sichere Bank, der Inspektor Scognamillo scheint der Blutsbruder von Schimanskis Hänschen zu sein, und von Rena Niehaus tät man auch gerne mehr sehen. Insgesamt solide Unterhaltung die nicht funkelt und leuchtet, aber, wenn man seine Erwartungen entsprechend niedrig ansetzt, einen anständigen Fernsehabend garantiert. Einen Gedanken möchte ich aber doch in die Runde werfen: Wenn der Autounfall geschah, während Arabella ihrem Süßen gerade einen geblasen hat, was mag dann im Augenblick des Aufpralls passiert sein? Hat Arabella dann im Schock reflexartig die Zähne zusammengebissen…?
6/10