Cowboys & Aliens – Jon Favreau (2011)
Verfasst: Do 8. Sep 2011, 08:15
Originaltitel: Cowboys & Aliens
Land: USA
Jahr: 2011
Regie: Jon Favreau
Darsteller: Daniel Craig, Harrison Ford, Olivia Wilde, Sam Rockwell, Keth Carradina,…
Handlung:
Jake Lonergan wacht eines Tages ohne Erinnerungen und mit einem sehr seltsamen Armreif ums Handgelenk mitten in der Wüste auf. In der nächstbesten Westernstadt erfährt er, dass er ein gesuchter Verbrecher ist und dem lokalen reichen weißen Bastard Dolarhyde ein wenig Gold abgeluchst hat, welches dieser wieder haben will. Doch allzu viel rauchen die Colts der beiden Kontrahenten nicht, denn ihr Zwist wird unliebsam durch Außerirdische gestört, die einige Leute entführen, darunter Dolarhydes Sohn. Also macht sich eine Gruppe von Leuten auf, das Versteck der Monster ausfindig zu machen und ihre Liebsten zu befreien…
Kritik:
Mit einem Titel, welcher so „Exploitation“ zu schreien schien (vgl. „Zombies unter Kannibalen“, „Django und Sartana“,…) musste ich mir diesen Film einfach ansehen und siehe da, ich wurde positiv überrascht:
Ich mochte es sehr, wie mit der für Mainstream ungewöhnlichen Prämisse umgegangen wurde. Die Idee scheint erst albern zu sein, aber warum sollte eine außerirdische Rasse, die seit tausenden von Jahren existiert immer in der Jetztzeit ihren Weg zur Erde finden und nicht hundert Jahre früher. Akzeptiert man den Alienangriff mal prinzipiell wird man sich an der realistischen Umgehensweise der Menschen mit dieser Extremsituation erfreuen. Logischerweise erkennen die einfältigen Bewohner des Wilden Westen die Außerirdischen nicht als solche an, das Wort „Alien“ fällt kein einziges Mal, sondern sie vermuten die Feinde als Dämonen.
Das Unbekannte sowie die Angst vor demselben wird von Jon Favreau gelungen in Szene gesetzt. Viele Sequenzen erinnern mehr an einen Horrorfilm als an einen Western, so spielen Szenen häufig bei Nacht, das Aussehen der Kreaturen wird anfangs geheim gehalten, um es in Form eines Jumpscares zu enthüllen und die Art wie die Außerirdischen mit ihren gefangenen Menschen umgehen, hätte dem Hirn Eli Roths entstammen können.
Aber auch die typischen Western Topoi werden mit dem nötigen Feingefühl behandelt. Wir bekommen wunderschöne Aufnahmen der Prärielandschaft, eine harte Gesellschaft voller Dreck und Gewalt und einen phänomenalen orchestralen Soundtrack, der die rasant geschnittenen Reit-Szenen epischer macht als in „Die Glorreichen Sieben“.
Daniel Craig gibt uns den üblichen Western-Helden und ich muss gestehen, wenn er nicht gerade als James Bond meine Kindheit vergewaltigt ist der Schauspieler gar nicht mal so hassenswert. Er passt halt nicht in einen Anzug, umso perfekter ist er aber als rauer abgefuckter Cowboy, der viel zu leiden hatte und nun umso härter im Nehmen ist.
Craigs wunderbare Performance war also eine Überraschung für mich, die aber von Harrison Fords Darstellung als Dolarhyde schnell übertroffen wurde. Der sympathische auf Heldenrollen fixierte Ford zeigt sich diesmal in der ersten halben Stunde als skrupelloser Gegenspieler. Bevor er auftritt erfahren wir über ihn, dass er ein geldgieriger indianerhassender Großgrundbesitzer ist und in seiner aller ersten Szene lässt er einen armen Teufel schon von einem Pferd zu Tode schleifen. So oft Ford auch auf der guten Seite der Macht stand, er wirkt als Schurke sehr überzeugend. Sichtliche Freude an seiner Rolle lässt den Darsteller für das Publikum oft eins mit ihr werden, bis man den üben Dolarhyde nicht mehr als alten Indianer Jones wahrnimmt, sondern als der Mistkerl der er ist.
So diabolisch er sich auch in der ersten Hälfte zeigt, die Figur erlebt eine glaubhafte Wendung. Nach und nach erfahren wir eine positive Eigenschaft nach der anderen über sie, angefangen von Vaterliebe, über Tapferkeit und Mut bis hin zu Kooperationsbereitschaft mit den von ihm gehassten Indianern. Dadurch, dass die Aliens ihren Status als abgrundtief böse behalten, haben wir sowohl einen Schurken, der eine interessante Charakterwandlung durchmacht als auch Schurken, welche für die nett anspruchslose und für den Western übliche Schwarzweißmalerei verantwortlich sind.
Ein kleinerer Störfaktor kam von Seiten der weiblichen Hauptrolle. Anfangs wirkte sie einfach zu perfekt und somit unglaubwürdig, da sie mit Stärke, Mut und Härte von männlichen und mit Einfühlsamkeit, Schönheit und Anmut von weiblichen Tugenden strotzte. Die Liebesbeziehung die sie mit Craigs Charakter eingeht scheint nur zu existieren, weil sie in dem Klischee-Unterricht der Stereotypen-Schule gelernt hatten, dass sich Hauptcharaktere einfach ineinander verlieben müssen, weil das halt so ist. Als sie sich gegen Ende als extraterrestrisch entpuppt, ein Wesen, welches weder zur Erde noch zu den anderen Aliens gehört und sich nur als Mensch verkleidet hat, wirkt es zwar nicht mehr übertrieben, dass sie gleichzeitig der perfekte Mann und die perfekte Frau zu sein scheint, allerdings verstörte es mich, dass sie die Tändelei mit Craig fortsetzt. Ich meine, wir wissen nicht mal was für ein Wesen sie ist, sie könnte unter ihrer Verkleidung wie Jabba the Hut aussehen, bin ich der einzige den das stört?
Aber wenigstens hat sie ihre Rolle in der Geschichte also will ich mich nicht zu sehr über sie beklagen. Überhaupt gibt es sehr wenig in diesem Film über das ich mich beklagen kann. Selbst der Einsatz von Computereffekten hat mich nicht wirklich gestört, da die CGI-Animationen nicht die Landschaft ersetzten (zur Hölle mit euch Cameron, Lukas und wie ihr alle heißen mögt ) sondern sich dieser anpassten und meist nur Kleinigkeiten beitrugen wie die Reitszenen ein wenig aufzupäppeln. Es gibt nur einen einzigen Aspekt der mich wirklich wirklich gestört hat:
Die Produktion wollte einen Familienfilm draus machen! Nichts gegen Familienfilme, die Handlung allein hätte sich auch durchaus dafür geeignet, aber der Härtegrad einiger Szenen entlarvt „Cowboys & Aliens“ als Erwachsenenunterhaltung, in welcher kinderfreundliche Elemente einfach fehl am Platz sind. Ihr könnt jetzt aufhören zu lesen, die Kritik ist aus, ich beschwere mich nur noch ein wenig über jene Elemente.
Nehmen wir zum Beispiel die Anfangsszene: Craig prügelt das Leben aus drei bedauernswerten Skalpjägern heraus. Er schlägt auf das Gesicht des einen ein und dessen Blut bespritzt sein eigenes. Eine harte Szene, gekonnt gefilmt, welche die Welt in der wir uns befinden als eine skrupellose Welt definiert…Schnitt auf einen wuscheligen Hund der den Kopf schief hält. Der ganze Kinosaal macht „Ohhh, süüüß“ UND DIE STIMMUNG IST HIN! Nichts gegen Hunde, aber dieser Wuschelpuscheltutsiewutsie-Köter passt nicht in Szenen die nur aus Gewalt bestehen. Und zu meinem größten Bedauern, kam der Hund in jeder zweiten Szene vor.
Und was braucht ein Kinderfilm noch außer einem süßen Hund? Richtig, doofen Humor – hurra! In den spannensten Szenen, die Favreau in atemberaubender Weise inszeniert hat, kommt plötzlich irgendein unbedeutender Nebencharakter und macht einen auf „Uhh, schaut mich an, ich habe Angst und zittere, das ist doch lustig, haha“ . Noch dazu versucht das Drehbuch Craig coole Sprüche in den Mund zu legen, versagen dabei aber so unsagbar kläglich, dass ich ihm die Vergangenheit des Hauptcharakters aus „Il Grande Silenzio“ an den Hals wünschte.
Und was braucht ein Kinderfilm noch außer einem süßen Hund und doofen Humor? Richtig, einen Kinderdarsteller – ahhhhhhhhhh. Nicht das der Kinderdarsteller schlecht gewesen wäre, ich beschwere mich nicht über seine schauspielerischen Fähigkeiten, aber Kinder haben in Geschichten über brutale Bestien, welche Menschen entführen und durch Folter ihre Schwachstellen herausfinden wollen auf der Seite des Rettungstrupps nichts verloren. Ich könnte ihre Existenz akzeptieren, wenn die Kinderrolle irgendwas zur Handlung beigetragen hätte, aber das ist nicht der Fall, sie ist absolut sinnlos. Und das Schlimmste ist, ich wollte so gerne das sie stirbt, so gerne, aber tief in meinem Herzen wusste ich, dass das nicht eintreffen wird und das war so traurig. Und in einer Szene umarmte das Kind den Hund und kein Alien war da, welches mich mit einem einzigen Bissen von diesen beiden Nervensägen hätte erlösen können…
Fazit: Cooler Mix aus Sci-Fi und Western, welcher von Favreau mit Action, Pathos, Spannung und Grusel inszeniert wurde und mit einem harten Daniel Craig und einem überraschend miesepetrigen Harrison Ford die perfekte Hauptrollenbesetzung hat. Leider wollte die Produktion offenbar nicht das selbe wie der Regisseur und versuchte aus der brutalen Inszenierung einen Kinderfilm zu machen, weswegen es ein wenig Abzug gibt. 8/10