Zelle R 17 - Jules Dassin (1947)

Moderator: jogiwan

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Onkel Joe
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Zelle R 17 - Jules Dassin (1947)

Beitrag von Onkel Joe »

zeller17WA2.jpg
zeller17WA2.jpg (99.97 KiB) 194 mal betrachtet
Zelle R 17

USA/1947
Darsteller: Burt Lancaster, Hume Cronyn, Charles Bickford, Yvonne De Carlo, Ann Blyth, Ella Raines, Anita Colby und Sam Levene.

Regie: Jules Dassin

Story:
In dem völlig überfüllten Westgate Gefängnis gehören Gewalt und Angst zur Tagesordnung, der Gefängnisdirektor hat weniger Macht als die Wärter oder die Anführer unter den Insassen. Zu den unterdrückten Gefangenen gehört auch Joe Collins, der besonders unter den Machtspielchen des Captain Munsey leidet. Deshalb plant er gemeinsam mit seinen Zellengenossen einen Ausbruch. Doch das Vorhaben endet in einem Blutbad ...
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untot
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Re: Zelle R 17 - Jules Dassin

Beitrag von untot »

Ein wirklich erstaunlich guter Knastfilm, der für die damalige Zeit ziemlich schonungslos die Zustände in den Haftanstalten der USA anprangert.
Die Atmo ist düster und trostlos, die Darsteller wunderbar, der Film ist auch heute noch so aktuell wie vor 65!!! Jahren, es scheint ganz so als hätte sich in den Haftanstalten in all der Zeit nicht all zu viel geändert.
Toller Filmbeitrag jedenfalls!

7,5/10
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dr. freudstein
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Re: Zelle R 17 - Jules Dassin

Beitrag von dr. freudstein »

Ich bedanke mich dann noch mal sehr herzlich bei meiner Quelle für diesen tollen Film. Die Sichtung liegt schon wieder einige Zeit zurück und ich vergaß darüber zu schreiben (bzw. war nicht in der Lage dazu).
Sehr eindrucksstarker realitätsnaher Film, der teils sehr bedrückend wirkt, aber dem Thema gerecht wird.
Muß man auf jeden Fall sehen, denn hier wird nun wirklich kein Unterhaltungskino geboten, sondern eben die bittere Realität in den damaligen Haftanstalten. Dank sehr guten Schauspielerleistungen (von einem Burt Lancaster erwartet man das ja eh) gut umgesetzt, von Vergnügen kann aber keine Rede sein, zumindest thematisch gesehen.
Einmal schauen reicht aber nicht, gern würd ich den Film sofort wieder sehen wollen, um noch mehr Eindrücke einzufangen. Sehr anspruchsvoll.

7/10
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Onkel Joe
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Re: Zelle R 17 - Jules Dassin

Beitrag von Onkel Joe »

Vor der deutschen DVD Vö. kannte ich diesen Film gar nicht, bin froh den Streifen nun gesehen zu haben.
Der Film hat großes Potenzial das man auf sich wirken lassen kann als geübter Cineast, richtig starke 7/10.
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buxtebrawler
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Re: Zelle R 17 - Jules Dassin

Beitrag von buxtebrawler »

„In diesem Haus gibt es nur Schmerzen!“

„Zelle R17“ ist ein hierzulande anscheinend noch weitestgehend unbekannter Film-noir von US-Regisseur Jules Dassin („Rififi“) aus dem Jahre 1947. Es handelt sich um einen frühen Gefängnisfilm. Im Westgate-Gefängnis plant eine Gruppe Insassen die Flucht vor dem eiskalten Regime des machtgierigen, sadistischen Oberaufsehers Captain Munsey (Hume Cronyn, „Phantom der Oper“).

In einer seiner ersten Rollen spielt Burt Lancaster („Airport“) den Häftling Joe Collins, der als Rädelsführer der R17er-Schicksalsgemeinschaft hervorgehoben wird. Jules Dassin zeichnet ein düsteres, desillusionierendes Bild nicht nur von den unmenschlichen Bedingungen im Gefängnis, sondern auch vom vorausgegangenen Leben der Zellengenossen. Rückblenden charakterisieren diese nach und nach und zeigen, durch welch unglückliche Verkettungen, durch welche Intrigen und Verrate, sie hinter jenen Gittern landeten, die wie eine Radikalisierung, eine Essenz des von Habgier und Egozentrik geprägten Lebens in einer trügerischen Freiheit wirken. Diese negative Weltsicht war damals stilbildend für das Genre und wird auch hier in einem unheimlich starken, in seiner Unerbittlichkeit und Härte auch heute noch verstörenden Finale auf die Spitze getrieben. Ungeschönt und konsequent lässt Dassin Sympathieträger blutig sterben, nachdem sie bis zum Letzten von Verzweiflung getrieben gegen ihr Schicksal angekämpft haben.

Bei allem Pessimismus ist „Zelle R17“ auch provokante, offensichtliche Anklage der Zustände in US-Haftanstalten und der Intriganten und Diktatoren, die in so vielen Mitmenschen lauern. Der von Captain Munsey betriebene Machtmissbrauch lässt sich ebenso problemlos auf andere Lebensbereiche projizieren wie der Verrat, dem die konspirative Gruppe anheimfällt. Wie jedoch auch in anderen Vertretern des Genres gestaltet sich bis zum sich aller Voraussicht nach tief im Gedächtnis festsetzenden Finale die Handlung verhältnismäßig gleichförmig. Grob in drei Abschnitte unterteilbar, braucht sie doch etwas, um in die Gänge zu kommen – was natürlich der gewissen Vorhersehbarkeit von Gefängnisfilmen geschuldet sein mag. Darsteller wie Lancaster, Hume Cronyn und Charles Bickford („Die Tage des Weines und der Rosen“) geben aber alles, um dem Geschehen die nötige Glaubwürdigkeit und Schwere zu verleihen, ohne in schwülstige Melodramatik abzugleiten. Auch Pathos wird größtenteils ausgespart, lediglich die behutsam eingesetzte orchestrale musikalische Untermalung unterstützt die Bilder und Dialoge zeitweise ein wenig in diese Richtung.

„Zelle R17“ ist eine ungeschliffene Desillusion, die den geduldigen Zuschauer mit einer Mutation zum schwarzen Hassbatzen belohnt. Für Gefängnisfilm- und Film-noir-Freunde Pflichtprogramm und für mich eine weitere Inspiration, mich mit letztgenanntem Genre zukünftig näher zu befassen.

„Ich bin ein gewöhnlicher Mensch und trinke Whiskey. Und was macht Sie betrunken? Macht?“

P.S.: Auch ich bedanke mich ganz herzlich bei Onkel Joe für diese dunkle Perle! :prost:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Paco
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Re: Zelle R 17 - Jules Dassin

Beitrag von Paco »

Danke für eure Reviews und Meinungen! Macht mich sehr neugierig auf den mir bislang völlig unbekanntne Film :)
luca canali
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Re: Zelle R 17 - Jules Dassin

Beitrag von luca canali »

Finster, hart und erbarmungslos! Film Noir der Extraklasse mit ultimativem Show-Down! Böser Streifen. 8 / 10
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Onkel Joe
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Re: Zelle R 17 - Jules Dassin

Beitrag von Onkel Joe »

buxtebrawler hat geschrieben:„In diesem Haus gibt es nur Schmerzen!“

„Zelle R17“ ist ein hierzulande anscheinend noch weitestgehend unbekannter Film-noir von US-Regisseur Jules Dassin („Rififi“) aus dem Jahre 1947. Es handelt sich um einen frühen Gefängnisfilm. Im Westgate-Gefängnis plant eine Gruppe Insassen die Flucht vor dem eiskalten Regime des machtgierigen, sadistischen Oberaufsehers Captain Munsey (Hume Cronyn, „Phantom der Oper“).

In einer seiner ersten Rollen spielt Burt Lancaster („Airport“) den Häftling Joe Collins, der als Rädelsführer der R17er-Schicksalsgemeinschaft hervorgehoben wird. Jules Dassin zeichnet ein düsteres, desillusionierendes Bild nicht nur von den unmenschlichen Bedingungen im Gefängnis, sondern auch vom vorausgegangenen Leben der Zellengenossen. Rückblenden charakterisieren diese nach und nach und zeigen, durch welch unglückliche Verkettungen, durch welche Intrigen und Verrate, sie hinter jenen Gittern landeten, die wie eine Radikalisierung, eine Essenz des von Habgier und Egozentrik geprägten Lebens in einer trügerischen Freiheit wirken. Diese negative Weltsicht war damals stilbildend für das Genre und wird auch hier in einem unheimlich starken, in seiner Unerbittlichkeit und Härte auch heute noch verstörenden Finale auf die Spitze getrieben. Ungeschönt und konsequent lässt Dassin Sympathieträger blutig sterben, nachdem sie bis zum Letzten von Verzweiflung getrieben gegen ihr Schicksal angekämpft haben.

Bei allem Pessimismus ist „Zelle R17“ auch provokante, offensichtliche Anklage der Zustände in US-Haftanstalten und der Intriganten und Diktatoren, die in so vielen Mitmenschen lauern. Der von Captain Munsey betriebene Machtmissbrauch lässt sich ebenso problemlos auf andere Lebensbereiche projizieren wie der Verrat, dem die konspirative Gruppe anheimfällt. Wie jedoch auch in anderen Vertretern des Genres gestaltet sich bis zum sich aller Voraussicht nach tief im Gedächtnis festsetzenden Finale die Handlung verhältnismäßig gleichförmig. Grob in drei Abschnitte unterteilbar, braucht sie doch etwas, um in die Gänge zu kommen – was natürlich der gewissen Vorhersehbarkeit von Gefängnisfilmen geschuldet sein mag. Darsteller wie Lancaster, Hume Cronyn und Charles Bickford („Die Tage des Weines und der Rosen“) geben aber alles, um dem Geschehen die nötige Glaubwürdigkeit und Schwere zu verleihen, ohne in schwülstige Melodramatik abzugleiten. Auch Pathos wird größtenteils ausgespart, lediglich die behutsam eingesetzte orchestrale musikalische Untermalung unterstützt die Bilder und Dialoge zeitweise ein wenig in diese Richtung.

„Zelle R17“ ist eine ungeschliffene Desillusion, die den geduldigen Zuschauer mit einer Mutation zum schwarzen Hassbatzen belohnt. Für Gefängnisfilm- und Film-noir-Freunde Pflichtprogramm und für mich eine weitere Inspiration, mich mit letztgenanntem Genre zukünftig näher zu befassen.

„Ich bin ein gewöhnlicher Mensch und trinke Whiskey. Und was macht Sie betrunken? Macht?“

P.S.: Auch ich bedanke mich ganz herzlich bei Onkel Joe für diese dunkle Perle! :prost:
Schön geschrieben Buxte ;) :thup: , gefällt mir sehr der Text und wegen der DVD, kein Thema :prost: .
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buxtebrawler
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Re: Zelle R 17 - Jules Dassin (1947)

Beitrag von buxtebrawler »

Ist mutmaßlich am 05.04.2022 bei Pidax noch einmal auf DVD erschienen:

Bild

Extras:
Deutscher Trailer (2:31 Min.)
Originaltrailer (2:09 Min.)
Bildergalerie (5:10 Min./ 60 Bilder)
Trailershow:
1) Kommissar Freytag (2:06 Min.)
2) Der unheimliche Fremde (1:41 Min.)

Die Gesamtlaufzeit der Extras ist ohne die nicht-filmbezogenen Trailer berechnet.

Bemerkungen:
Wendecover ohne FSK-Logo.
Label: Pidax Film; Vertrieb: AL!VE.
Enthält einen Nachdruck der "Illustrierten Film-Bühne" (4 Seiten).
Disc startet mit Rechte- und FSK-Hinweisen sowie Pidax-Claim.
6 Kapitel, s/w.
Artikelnummer: 9673182.
Falsche Coverangabe: Regionalcode 2 (korrekt 0).

* = Kein Abspann, "THE END"-Einblendung ab 93:49 Min.

Hinweis zum offiziellen VÖ-Termin:
Der offizielle Erstverkaufstag ist der 29.04.2022 - wer aber im Pidax Film-Shop bestellte, wurde bereits am 05.04.2022 (also 3,5 Wochen früher) beliefert.

Quelle: https://www.ofdb.de/view.php?page=fassu ... vid=477612
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Zelle R 17 - Jules Dassin (1947)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 01.12.2023 noch einmal bei Pidax innerhalb der "Die dunkle Seite des Kinos"-9-DVD-Box:

Bild

Enthält:
1. Schonungslos (1959, Regie: Abner Biberman)
2. Lautlos wie die Nacht (1963, Regie: Henri Verneuil)
3. Tatort Paris (1959, Regie: Gilles Grangier)
4. Luzifers Tochter (1957, Regie: Denys de La Patellière)
5. Der Mörder kam um Mitternacht (1959, Regie: Édouard Molinaro)
6. Der Mann mit dem goldenen Arm (1956, Regie: Otto Preminger)
7. Die Maske runter (1952, Regie: Richard Brooks)
8. Die Teuflischen (1955, Regie: Henri-Georges Clouzot)
9. Detective Story - Polizeirevier 21 (1963, Regie: Theo Mezger)
10. Nachts auf den Straßen (1952, Regie: Rudolf Jugert)
11. Stadt ohne Maske (1948, Regie: Jules Dassin)
12. Kennwort 777 (1948, Regie: Henry Hathaway)
13. Die Ratten (1955, Regie: Robert Siodmak)
14. Duell am Steuer (1957, Regie: Cy Endfield)
15. Zelle R 17 (1947, Regie: Jules Dassin)
16. Tiger Bay - Ich kenne den Mörder (1959, Regie: J. Lee Thompson)
17. Die Peitsche (1961, Regie: John Lemont)
18. Stunden der Angst (An einem Tag wie jeder andere) (1964, Regie: Ludwig Cremer)

Bemerkungen:
Sprache: Französisch: Lautlos wie die Nacht, Tatort Paris, Luzifers Tochter, Der Mörder kam um Mitternacht, Die Teuflischen
Nur Deutsch: Detective Story, Nachts auf den Straßen, Die Ratten, Stunden der Angst?
Bildformat: PAL 4:3 / 16:9 (teilw. s/w)
9 DVDs in einem Keepcase mit Wende-Inlay (inwendig ohne FSK-Logo)

Quelle: https://www.ofdb.de/vorabfassung/32845, ... onungslos/
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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