SS Girls - Bruno Mattei
Verfasst: Sa 17. Dez 2011, 20:39
Originaltitel: Casa privata per le SS
Alternativtitel: Private House of the SS Girls; Das Freudenhaus der SS Mädchen
Land: Italien
Jahr: 1977
Regie: Bruno Mattei
Darsteller: Gabriele Carrara, Marina Daunia, Macha Mafall, Ivano Staccioli, Luciano Pigozzi,...
Handlung:
Der Offizier Hans Schellenberg (Gabriele Carrara) bekommt den Auftrag, Verräter in den Reihen hoher Nationalsozialisten ausfindig zu machen und auszuschalten. Um dies zu bewerkstelligen, lässt er sich eine Gruppe Prostituierter beschaffen und eröffnet ein Bordell mit der Hoffnung, abtrünnige Offiziere während obszöner Festivitäten zum Reden zu bringen…
Anmerkung:
Obwohl ich um das gesamte Genre der N-Sploitation in der Regel einen Bogen mache, habe ich über diesen speziellen Film so viel Gutes gehört, dass ich ihn doch mal angesehen habe und angenehm überrascht wurde…
Kritik:
Behandelt man ein so ernstes und kontroverses Thema wie den Nationalsozialismus kann man drei Wege eingehen: Entweder man bleibt seriös und versucht in bewegenden Bildern die Schrecken des dritten Reiches auf die Leinwand zu bannen; oder man will schockieren und lässt eine kontroverse Ekelszene auf die nächste folgen; oder man vergisst den Ernst der Prämisse, augagiert eine Reihe Over-Acting-Künstler und versucht einfach Spaß beim Drehen zu haben…Bruno Mattei entschied sich zum Glück für letzteres!
Nie wirkt der Film bedrückend oder deprimierend; sicher, es gibt Szenen die dies anbieten würden, wie die abartige „Ausbildung“ der Freudenmädchen oder die brutale Schlussszene, Mattei inszeniert solche Szenen jedoch so absurd und übertrieben, dass man sie einfach nicht mehr ernst nehmen kann und zu guter letzt sogar unterhalten wird. Beispielsweise wirkt der Anblick eines Hackenkreuzes erschreckend auf uns, der Anblick eines Zimmers in dem auf allem, sogar auf der Bettdecke Hackenkreuze abgebildet sind, ist dann aber doch mehr zum Lachen. Überall wird einfach so lange übertrieben, bis sich die ganze Szenerie, aus der durchaus ein seriöses Drama hätte werden können (Was Tinto Brass ja in seinem ähnlichen „Salon Kitty“ gemacht hat), zu einem bunten Durcheinander voller spaßiger Verrücktheiten wird.
Die Art, wie hier mit dem historischen Hintergrund umgegangen wird, würde ich am ehesten mit „Sein oder Nichtsein“ oder „Der Große Diktator“ vergleichen, er rückt nie wirklich in den Vordergrund. Die Stellung des Filmes ist selbstverständlich ablehnend dem Nationalsozialismus gegenüber, doch dieses Belehren scheint dem Regisseur nie so wichtig zu sein wie das Unterhalten.
Die meiste Laune macht Gabriele Carrara, dessen Rolle in der Theorie eine interessante und originelle Stellung zum politischen Geschehen einnimmt, der uns aber in der Praxis einen Grimassen schneidenden Cartooncharakter präsentiert, dessen überzeichnete Mimik beim geneigten Zuseher schallendes Lachen hervorruft. In den düstersten Momenten, in den furchtbarsten Situationen verhält er sich wie Kenneth Branagh im Kaffeerausch und das macht einfach Spaß.
Diverse Nebenrollen sind genauso absurd und übertrieben. Ein einäugiger Offizier beispielsweise spielt seine Rolle mit so einem diabolischen Wahnsinn, dass sich jeder Bond-Bösewicht zu schämen hat, nicht zuletzt weil sich an seiner Seite zwei Gehilfen (einer davon ein asiatischer Ninja oder so ) befinden, die eindeutig einem Bond-Film entsprungen zu sein scheinen.
Bei all diesen Albernheiten gerät der Film jedoch nie in Gefahr unerträglich dämlich oder einfach schlecht zu wirken, denn so phantastisch diverse Übertreibungen auch sein mögen, die ganze Crew leistet äußerst professionelle Arbeit. Die Szenerie ist so ästhetisch ausgeleuchtet und die Kameraeinstellungen sind meist so perfekt gesetzt, dass der Film fast schon wie ein Argento oder Bava wirkt (ich sagte FAST! ). Auch wenn er den Intellekt nicht allzu umgarnt, schmeichelt sich der Film wenigstens im Auge ein, wodurch er an keiner Stelle mies oder amateurhaft wirkt.
Der Soundtrack besteht neben dem mehrmals eingespielten „Toccata und Fuge in D-Moll“ aus netten jazzigen Klaviergeklimper, das gewisse Entspannung von den überzeichneten Bildern, zu denen es gespielt wird, bringt.
Fazit: Mattei und sein Team haben den Film, den sie liebevoll umgesetzt haben, nicht wirklich ernst genommen; und wenn der Zuseher ihn auch nicht ernst nimmt, wird er einen großen Spaß damit haben. 9/10 (Unterhaltungswert)