Der Springteufel - Heinz Schirk

Moderator: jogiwan

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CamperVan.Helsing
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Der Springteufel - Heinz Schirk

Beitrag von CamperVan.Helsing »

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D 1974

D: Arno Assmann, Dieter Hallervorden

Ein Mann mit einem unförmigen Koffer steht an einer Autobahnauffahrt, trampend, Frankfurt heißt sein Ziel. Ein LKW hält an, doch der Mann sagt nur „mit dir nicht“. Auch einen Enten-Kutscher verschmäht er, doch als ein Geschäftsmann mit einem großen Cabrio anhält, steigt er gerne ein.

Sofort beginnt der Geschäftsmann von seinen Erfolgen und seinem Sohn zu erzählen, was den Tramper jedoch wenig interessiert. Der wiederum beginnt schnell, seinen Fahrer zu provozieren. Irgendwann wird es ihm zu viel, er hält an und fordert von seinem Gast, auszusteigen. Der aber hat in seinem Koffer nicht nur Spielsachen, sondern auch eine Pistole.

Offenbar handelt es sich um einen entflohenen Geisteskranken, der seinen Pfleger getötet hat. Als nächstes zwingt er den Manager, die Autobahn zu verlassen und eine Gaststätte des Grauens irgendwo im Wald anzusteuern, wo der Geschäftsmann gezwungen, den ekligsten Schweinebauch, den ich je sah, zu verspeisen. Ein Fluchtversuch scheitert. So finden sich beide im Auto wieder, doch mit vertauschten Rollen: Der Tramper sitzt nun am Steuer, hält sich jetzt für den reichen Chef und den Manager für den entflohenen Irren, trägt nun dessen Anzug und wiederholt dessen Platitüden vom Anfang. Immerhin verrät er auch so einiges darüber, was sein „Gast“ in seiner Zelle getan haben soll, ja, er ruft sogar die Polizei, die den „Irren“ wieder in seine Zelle zurückbringen soll. Der Geschäftsmann muss sich darüber gewahr werden, dass nun, mit dreckigen und abgetragenen Klamotten die Polizei ihm nicht abnehmen wird, dass die Rollen vertauscht wurden…

Eigenartigerweise erlebte diese gerade mal 53minütige TV-Produktion des Saarländischen Rundfunks sowohl eine Videoveröffentlichung in den 80ern als auch ein DVD-Release in Turbines Hallervorden-Collection. Jepp, Dieter Hallervorden gibt hier den Anhalter, der zunächst mit starkem Berliner Akzent spricht und auch das berüchtigte „Höhö“ draufhat, mit dem Didi dem Publikum in den nächsten Jahren die Nerven rauben sollte. Der Film ist also sozusagen das „missing link“ zwischen dem „Millionenspiel“ und der kurz darauf folgenden Serie „Nonstop Nonsens“. Nach der Fresspause und dem Kleidungs- und Rollenwechsel ist freilich auch beim Tramper der Akzent verschwunden, in besseren Kreisen spricht man schließlich akzentfrei. Arno Assmann brilliert als der Geschäftsmann.

Ein eigenartiges Werk deutscher TV-Geschichte, dass auf jeden Fall das Ansehen lohnt. Ein Audiokommentar mit Hallervorden und dem Journalisten Holger Kreymeier ist auf der DVD auch mit drauf.
My conscience is clear

(Fred Olen Ray)
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Arkadin
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Re: Der Springteufel - Heinz Schirk

Beitrag von Arkadin »

Scheint gerade gerade in einer neuen Edition herausgekommen zu sein.

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Sehen wollte ich den schon immer mal und ich glaube für 10,90 schlage ich mal zu.
Früher war mehr Lametta
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jogiwan
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Re: Der Springteufel - Heinz Schirk

Beitrag von jogiwan »

Ich weiß nicht so recht... Didi Hallervorden in einer ernsteren Rolle wie auch in "Das Millionenspiel"? Das ist so ein Ding, das ich mir nicht vorstellen kann... genausowenig wie Louis de Funes als grimmiger Auftragskiller, oder Bud Spencer in einem Dario Argento-Film... aber um den Preis kann man ja mal wirklich antesten! ;)
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sergio petroni
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Re: Der Springteufel - Heinz Schirk

Beitrag von sergio petroni »

Dank Tomaso bin ich in den Genuß dieses obskuren Stückes deutscher
Fernsehgeschichte gekommen. Dieter Hallervorden als psychopathischer
Anhalter und Arno Assmann als alleinreisender Geschäftsmann, der
den Anhalter mitnimmt.
Der Mitfahrer entpuppt sich als nicht ausgesprochen dankbar, sondern stellt
nach kurzer Zeit schon recht unverschämte Forderungen an seinen Chauffeur.
Der Zwist zwischen den beiden schaukelt sich hoch, und spätestens als eine
Pistole im Spiel ist, eskaliert die Situation.

Hallervorden als Psychopath Springteufel kramt auch schon vor "Nonstop Nonsens"
sein berühmtes "Höhö" aus und auch sein "Schneuf, schneuf, di schneuf, ...." erklingt
auf der Tonspur. Ebenso huschen immer wieder die bekannten bauernschlauen
Grimassen über sein Gesicht.
Nein, so richtig ernst nehmen kann man Hallervorden als gefährlichen Irren
nicht. Dennoch liegt hier ein sehenswertes Stück deutscher Filmgeschichte vor.
Auffallend ist die gute Kameraarbeit und die schmuddelig-schmierige Autohof-
Lokation. Ein bißchen TCM lugt da aus den Kulissen hervor.
Und Schweinebauch habe ich noch nie gemocht....
übrigens genauso wenig wie Vanillesoße!
Unbedingt sehenswert. Von einem Psyochthriller mit Hallervorden in
einer ernsten Rolle zu reden ist allerdings etwas hoch gegriffen.
Im Audiokommentar läßt Hallervorden die Bemerkung fallen,
Assmann hätte sich kurz nach den Dreharbeiten das Leben genommen.
Tatsächlich lagen da aber fünf Jahre dazwischen.
6/10
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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Tomaso Montanaro
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Re: Der Springteufel - Heinz Schirk

Beitrag von Tomaso Montanaro »

Didi Hallervorden als irrer Anhalter - dieser Film zeigt, wie nahe Komödie und Tragödie oft beieinander liegen, denn aus diesem Stoff hätte man - mit einigen wenigen Änderungen - auch eine typische Didi-Komödie machen können. Doch werden die Erwartungen des nichtsahenden Zuschauers nicht erfüllt, und aus dem anfangs vermeintlich harmlosen Spiel wird bald bitterer Ernst.

Das hebt diesen Film aus der Masse anderer Didi-Komödien (die ich durchaus ebenso schätze) hervor.

7/10 Punkten
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