„
Nuit d´or – Die Nacht aus Gold“ ist ein düsteres, beklemmendes Drama, nahezu erdrückend mit seiner dunklen Atmosphäre. Es wird die Geschichte des Michel Fournier (Klaus Kinski) erzählt, der zwei Jahre nach seinem angeblichen Tod plötzlich wieder quicklebendig in Paris erscheint und seine liebe Verwandschaft peinigt. Fournier wurde damals für den ´Mörder mit der goldenen Halskette´ gehalten, einem Killer, der kleine Mädchen mit eben dieser Kette getötet haben soll. Seine Leiche wurde vom zuständigen Kommissar indentifiziert und später verbrannt. Doch es war nicht Michel Fournier wie sich bald heraus stellen soll.
Wie ein dunkler, bedrohlicher Schatten taucht Michel immer wieder auf und verschickt kleine Voodoo-ähnliche Puppen an die, die ihm damals den Mord in die Schuhe geschoben hatten und dafür gesorgt haben, dass sein Leben zerstört wurde. Besonders sein Bruder Henri (Jean-Luc Bideau) zittert vor ihm. Dessen Frau Veronique (Marie Dubois) hatte ein Verhältnis mit Fournier - von ihm stammt auch die Tochter Katerine. Michel entführt die Kleine und will zusammen mit ihr und Veronique ein neues Leben beginnen.
Doch seine Widersacher bleiben nicht untätig. Veronique wendet sich von ihm ab und Michel flieht ins ´Nuit d´or´, einem Spielsalon, in dem Michel schon früher viel Geld an den zwielichtigen Besitzer(Maurice Ronet) verloren hatte. Dort kommt es schließlich zum Showdown mit Michels altem Kontrahenten, Kommissar Pidoux (Bernard Blier).
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Michel, deprimiert von der Hoffnungslosigkeit seiner Lage, lässt sich vom Kommissar erschießen. Sein Kampf ist verloren, er muss einsehen, dass sein Plan von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Sein Bedürfnis nach Rache weicht einer inneren Leere. Mit der Erkenntnis, dass er Frau und Kind für immer verloren hat, verliert Michel auch jegliche Notwendigkeit, sein Leben weiterzuführen. Er stirbt ein zweites Mal, diesmal für immer. Und aus einer dunklen Nische taucht der wahre Mörder auf, eine goldene Halskette in den Händen. Es ist Michels Bruder Henri ...
Leider lässt der Film von Regisseur Serge Moati dem Zuschauer immens viel Interpretationsspielraum. Zu wenig wird auf das Seelenleben des Michel Fournier eingegangen, zu sehr verliert sich die Kamera in düsteren, oft nicht nachvollziehbaren Bildern. Was sehr zum Gelingen des Films beitragen könnte, verliert an Wirkung, weil es als Stilmittel einfach zu häufig eingesetzt wird. Klaus Kinski ist sehr beeindruckend in seiner Darstellug, kann aber nicht alle Lücken des Drehbuchs ausgleichen. Zumal seine Mitstreiter wieder einmal nicht annähernd sein Niveau erreichen. Allen voran der ausdruckslose Bernard Blier als Kommissar. Mit der Miene einer kranken Filzlaus ruiniert Blier fast jede Szene.
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Allein in der Schlusseinstellung, in der er Kinski/ Fournier tötet zeigt kurz sich einmal eine Regung in seiner Leichenbittermiene.
Außer Kinski zeigt nur noch der großartige Maurice Ronet eine auffallende Leistung, obwohl seine Rolle eher kurz angelegt ist und auch diese leider viel zu wenig ausgeleuchtet wird. Zu keinem Zeitpunkt wird hinreichend erklärt, welche Bedeutung Nuit d´or/Ronet hat, jener düstere Nachtclub-Besitzer, der Fournier haushoch überlegen zu sein scheint und offenbar die dunklen Geheimnisse seines Widersachers kennt.
Trotzdem: „
Nuit d´or“ ist kein schlechter Film, im Gegenteil handelt es sich hier um einen meiner Lieblingsfilme. Man kann dem Streifen eine gewisse morbide Faszination nicht absprechen. Ganz im Stil von „
Lifespan“ ist der Zuschauer hinterher genauso schlau wie vorher, krankt der Film an einer mangelhaften Ausführung, ist jedoch trotzdem noch sehenswert durch die beklemmende Stimmung und einen Kinski, der ein faszinierendes Portrait einer Kreatur abliefert, die von der Gesellschaft verurteilt und ausgestoßen wurde und auf Rache sinnt.
In „
Nuit d´or“ gibt es mehrere Wiedersehen mit altbekannten Filmpartnern von Kinski. So hat Elisabeth Flickenschildt als Michels Mutter Anna eine kleine Nebenrolle. Die große, alte Dame des deutschen Films hatte mit Kinski schon in den 1960er Jahren die Wallace-Krimis „
Das indische Tuch“ und „
Das Gasthaus an der Themse“ gedreht. Bernard Blier hatte zuvor bereits in „
Der Teufelsgarten“ mitgewirkt und wird viele Jahre später auf Kinskis persönlichen Wunsch in dessen Lebenswerk „
Paganini“ mitspielen.
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Zumindest hat man Kinski mal wieder eine schöne Sterbeszene gegönnt, er kann sich erneut so richtig voller Ekstase am Boden wälzen und mit von Kugeln zerfetzter Brust verzerrt am Boden liegen bleiben. Zumal sich hinterher herausstellt, dass Fourniers eigene Waffe gar nicht geladen war. Michel hatte also gar nicht den Willen, jemandem zu verletzten oder zu töten. Aber hatte Michel Fournier das jemals … ?
In einem anderen Film, zu einer anderen Zeit, hätte es vielleicht einer der größeren Erfolge von Klaus Kinski werden können. So aber geht „
Nuit d´or – Die Nacht aus Gold“ leider in der Masse der anderen Kinski-Filme unter. Trotzdem, ein beeindruckender Film, zwar schwerlich zu verdauen und noch weniger zu verstehen – aber vielleicht liegt gerade darin seine Faszination?